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VwGH vom 13.10.1995, 95/17/0055

VwGH vom 13.10.1995, 95/17/0055

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der HS in X, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in S, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 13/11-2289/146-1994, betreffend Vorschreibung von Müllabfuhrgebühren (mitbeteiligte Partei: Gemeinde X), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde X erließ für die vier Quartale 1992 und die ersten beiden Quartale 1993 je einen Zahlungsauftrag an die Beschwerdeführerin zur Entrichtung von Müllabfuhrgebühren. Die Beschwerdeführerin erhob dagegen als Einsprüche im Sinne des § 27 des Salzburger Abfallgesetzes 1991, LGBl. Nr. 65 (im folgenden: Sbg AbfallG 1991), zu wertende "Berufungen".

In dem in der Folge vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erlassenen Bescheid vom heißt es unter anderem (wobei zum leichteren Verständnis bemerkt wird, daß unter dem im Zitat verwendeten Begriff der "Tonnen" bzw. "Mülltonnen" Ringtonnen im Sinne der Müllabfuhrordnung der Gemeinde X, also bestimmte Müllgefäße, verstanden werden):

"I. Die Zahlungsaufträge vom betreffend die Vorschreibung Müllabfuhr 1. Quartal 1992, vom betreffend die Vorschreibung Müllabfuhr 2. Quartal 1992, vom betreffend die Vorschreibung Müllabfuhr

3. Quartal 1992, vom betreffend die Vorschreibung Müllabfuhr 4. Quartal 1992, vom die Abrechnung, vom betreffend die Vorschreibung Müllabfuhr

1. Quartal 1993 und vom betreffend die Vorschreibung Müllabfuhr 2. Quartal 1993 treten hiermit außer Kraft.

II. Die pauschalierte Anzahl von Müllgefäßen für das Objekt St-Platz 5 wird mit 154 Tonnen pro Jahr festgelegt. Die Abholung des Mülls erfolgt jede Woche für die Wohnungen und jede 3. Woche für die Geschäfte und Kanzleien. Zu verwenden sind Müllgefäße mit 90 l Fassungsvermögen.

III. Die Müllabfuhr für das Jahr 1992 beträgt - bei einer Berechnungsgrundlage von S 48,-- pro Tonne x 154 Tonnen - S 8.131,20 (incl. 10 % Mehrwertsteuer). Von dieser Summe werden die bereits geleisteten Zahlungen in der Höhe von

S 1.136,85 abgezogen und die Müllabfuhr für das Jahr 1992 mit

S 6.994,35 festgesetzt. Dieser Betrag ist gemäß § 145 Abs. 1 LAO LGBl. Nr. 58/1963 i.d.g.F. innerhalb eines Monats auf das Konto der Gemeinde X einzuzahlen.

IV. Die Müllabfuhr für das Jahr 1993 beträgt - bei einer Berechnungsgrundlage von S 59,-- pro Tonne x 154 Tonnen - berechnet für die Quartale 1-3 des Jahres 1993 S 7.495,95 (incl. 10 % Mehrwertsteuer). Von dieser Summe werden die bereits geleisteten Zahlungen in der Höhe von S 1.000,-- abgezogen und die Müllabfuhr für das Jahr 1993 mit S 6.495,95 festgesetzt. Dieser Betrag ist ebenfalls gemäß § 145 Abs. 1 LAO LGBl. Nr. 58/1963 i.d.g.F. innerhalb eines Monats auf das Konto der Gemeinde X einzuzahlen.

V. Insgesamt beträgt die aushaftende Müllabfuhr für das Jahr 1992 und für das 1.-3. Quartal 1993 S 13.490,30.

BEGRÜNDUNG

Gegen die Zahlungsaufträge der Gemeinde X, mit welchen die Müllabfuhr für das Objekt St-Platz 5 in X vorgeschrieben wurden, hat die Berufungswerberin fristgerecht Berufung erhoben. Nach Durchführung der amtlichen Ermittlungen wurden folgende Mindestpauschalmengen für das Objekt St-Platz 5 festgestellt:

Geschäfte: Uhren A 17 Mülltonnen, Atelier B 17 Mülltonnen

Kanzleien: Dr. S 17 Mülltonnen und Dr. Z 17 Mülltonnen

Wohnungen: C 17 Mülltonnen, D 52 Mülltonnen, E 17 Mülltonnen.

Dies ergibt eine Gesamtsumme von 154 Mülltonnen für das Objekt St-Platz 5 in X.

Die Gemeindevertretung der Gemeinde X hat in ihrer Sitzung vom für die Gemeinde X eine Müllabfuhrordnung beschlossen. In dieser wurde bestimmt, daß die Müllabfuhrmenge pauschaliert und unter Berücksichtigung des Müllabfuhrplanes und der Anzahl der erforderlichen Gefäße bescheidmäßig festgesetzt wird. Als Mindestanzahl gelangen 17 Müllgefäße zu je 90 l pro Jahr zur Verrechnung. Für das Objekt St-Platz 5 ist daher die im Spruch angeführte Anzahl von 154 Mülltonnen erforderlich. Kommen hinsichtlich eines Grundstückes mehrere Personen als Teilnehmer in Betracht, so sind sie zur ungeteilten Hand Gebührenschuldner. Die Aufteilung der Müllabfuhrgebühr an die Mieter ist von den Berufungswerbern selbst vorzunehmen. Da die Firma Y eine eigene Mülltonne hat, ist diese getrennt zu verrechnen. Lt. Müllabfuhrordnung der Gemeinde X sind die für das Kalenderjahr zu entrichtenden Müllabfuhrgebühren in Teilzahlungen zu leisten, die vierteljährlich zu den jeweiligen Terminen der Grundsteuer zur Zahlung fällig werden."

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.

1.2. Mit Bescheid vom gab die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde der Berufung der Beschwerdeführerin gemäß "§ 63 Abs. 1 AVG 1991" in Verbindung mit der Müllabfuhrordnung der Gemeinde X vom nicht statt und bestätigte den Bescheid des Bürgermeisters vom .

Die Beschwerdeführerin erhob Vorstellung.

1.3. Mit Bescheid vom wies die Salzburger Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab.

1.4. Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

1.5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 25 Sbg AbfallG 1991 ist die Abfallgebühr eine Gemeindeabgabe. Die bescheidmäßige Vorschreibung der Abfallgebühr obliegt gemäß § 27 Abs. 1 leg. cit. dem Bürgermeister. Gemäß § 30 Abs. 1 leg. cit. sind die von der Gemeinde aufgrund dieses Gesetzes zu besorgenden Aufgaben solche des eigenen Wirkungsbereiches.

In der Müllabfuhrordnung der Gemeinde X vom heißt es auszugsweise:

"II. Hausmüllabfuhr

Müllgefäße und deren Beschaffung

1. Die Teilnehmer sind verpflichtet, nur die von der Gemeinde vorgeschriebenen einheitlichen Gefäße für die Einsammlung des Hausmülls zu verwenden. Folgende genormte Gefäßtypen kommen im Müllabfuhrbereich der Gemeinde zur Anwendung:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
a)
90 l Behälter, Ringtonnen
b)
...

Anzahl der Müllgefäße


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. Jeder Teilnehmer hat Gefäße in der Anzahl und Größe aufzustellen, die unter Berücksichtigung der im Müllabfuhrplan vorgesehenen Häufigkeit ihrer Entleerung sicherstellen, daß der Hausmüll in den Gefäßen ohne Einstampfen, Einpressen oder Einschlemmen untergebracht und die Deckel der Gefäße immer geschlossen werden können.
2. Bei der Feststellung des Bedarfes der Teilnehmer geht die Gemeinde von folgenden Bedarfsmengen aus:
a)
Entleerung eines 90/110 l Müllgefäßes in Abständen von zwei Wochen bei Ein- und Zwei-Personen-Haushalten
b)
Wöchentliche Entleerung eines 90/110 l Müllgefäßes ab einem Drei-Personen-Haushalt
c)
...
e)
Für gewerbliche Unternehmungen, Hotels etc. wird einvernehmlich mit dem Gemeindeamt eine ausreichende Anzahl von Mülltonnen festgelegt.
...

Müllabfuhrgebühr


Tabelle in neuem Fenster öffnen
1. Für die Teilnahme an der Hausmüllabfuhr haben die Teilnehmer eine Gebühr als Gemeindeabgabe (Müllabfuhrgebühr) zu entrichten.
2. ...

Vorschreibung und Verrechnung der Müllabfuhrgebühr

Der Jahresbeitrag der Gebühr für die Teilnahme an der Müllabfuhr wird dem Teilnehmer von der Gemeinde mit Bescheid, pauschaliert auf der Grundlage der Anzahl und des Volumens der bei ihm aufgestellten Müllgefäße und der im Müllabfuhrplan vorgesehenen Häufigkeit ihrer Entleerung vorgeschrieben. Diese Vorschreibung gilt auch für die folgenden Jahre, soweit nicht infolge einer Abänderung der Voraussetzungen für die Vorschreibung des Jahresbeitrages ein neuer Bescheid zu erlassen ist.

Bei jedem Teilnehmer gelangen pro Jahr mindestens

17 Entleerungen eines 90 l Müllgefäßes zur Verrechnung.

..."

§ 31 Abs. 6 der Salzburger Gemeindeordnung 1976, LGBl. Nr. 56, in der Fassung der im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides in Geltung stehenden Fassung der Gemeindeordnungs-Novelle 1988, LGBl. Nr. 67, lautete:

"(6) Neben den sonstigen der Gemeindevorstehung nach diesem Gesetz oder in anderen Verwaltungsvorschriften übertragenen Aufgaben kommen ihr insbesondere folgende Aufgaben zu:

1. die Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide des Bürgermeisters in Gemeindeabgabensachen. Gegen ihre Entscheidung findet ein weiterer Rechtszug im Verwaltungswege nicht statt;

2. ..."

2.2. Entgegen der zuletzt zitierten Vorschrift der Salzburger Gemeindeordnung über die Zuständigkeit der Gemeindevorstehung als Berufungsbehörde in Gemeindeabgabensachen wurde der mit Vorstellung bekämpfte zweitinstanzliche Abgabenbescheid von der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde erlassen. Diese war zur Erlassung des Berufungsbescheides nicht zuständig. Dabei geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, daß nicht nur die Punkte I und III bis V des erstinstanzlichen Bescheides eine Abgabensache (Vorschreibung von Müllabfuhrgebühren) zum Gegenstand haben, sondern auch dessen Spruchpunkt II. Letzterer ist nämlich im vorliegenden Zusammenhang als die in den Bescheidspruch aufzunehmende (§ 45 Abs. 2 Sbg LAO) Feststellung der Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) aufzufassen, wie sie sich - nach Auffassung der Gemeindebehörden - aufgrund des Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit den Bestimmungen der Müllabfuhrordnung der Gemeinde X ergeben haben. Mit anderen Worten, der Verwaltungsgerichtshof erblickt im erwähnten Punkt II keine administrativ-rechtliche bescheidmäßige Aufstellungsverpflichtung für Müllgefäße, zumal weder das Sbg AbfallG 1991 noch die Müllabfuhrordnung der mitbeteiligten Gemeinde eine solche bescheidförmige Konkretisierung der Abfuhrverpflichtung des Liegenschaftseigentümers vorsehen. Vielmehr bestimmt nämlich § 8 Abs. 5 Sbg AbfallG 1991, daß die Liegenschaftseigentümer die sich aus der Abfallordnung (§ 10) ergebende Anzahl der Abfall- und sonstigen Sammelbehälter in der jeweils vorgeschriebenen Größe auf ihren Liegenschaften aufzustellen und zu den im Abfuhrplan festgelegten Zeitpunkten am hiefür bestimmten Aufstellungsort zur Entleerung bereitzuhalten haben. Gemäß § 10 Abs. 1 lit. b leg. cit. hat die Abfuhrordnung die Häufigkeit der Entleerungen sowie die Anzahl und Größe der Abfallbehälter unter Bedachtnahme auf den durchschnittlichen Bedarf entsprechend der Zahl der in den einzelnen Haushalten gemeldeten Personen oder der Zahl der Haushalte bzw. entsprechend der Art und Größe der Betriebe oder der Arbeitsstätten zu enthalten. Vor dem Hintergrund dieser Gesetzes- und Verordnungsrechtslage mangelte somit der Gemeindevertretung - jedenfalls - auch die Zuständigkeit zu einer Sachentscheidung in Angelegenheit des Spruchpunktes II des erstinstanzlichen Bescheides.

2.3. Dadurch, daß die belangte Salzburger Landesregierung als Vorstellungsbehörde diese in der Unzuständigkeit der Gemeindevertretung zur Erlassung des Berufungsbescheides gelegene Rechtswidrigkeit nicht wahrgenommen hat, belastete sie ihrerseits den angefochtenen Vorstellungsbescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen schon aus diesem Grunde gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.5. Es wird darauf hingewiesen, daß die Beendigung des Beschwerdeverfahrens, für dessen Dauer die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt wird, einen Abspruch über diesen Antrag entbehrlich macht (vgl. z.B. den hg. Beschluß vom , Zlen. 1902, 1903/78 = ZfVB 1979/2/513).