VwGH vom 22.09.2005, 2001/14/0082
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner sowie die Hofräte Mag. Heinzl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des A E in , vertreten durch Dr. Otto Hauck, Rechtsanwalt in 4560 Kirchdorf a.d. Krems, Dietlstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (Berufungssenat I) vom , Zl. RV 940/2-10/2000, betreffend Abgabenhinterziehung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Schuldspruch nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG, seinem Strafausspruch und seinem Kostenausspruch wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen, somit in seinem Schuldspruch nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG bleibt der Bescheid als unangefochten bestehen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis des Spruchsenates wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe vorsätzlich a) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 des Umsatzsteuergesetzes entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer betreffend die Monate Februar bis Dezember 1992, Jänner bis November 1993, Mai bis Dezember 1995 und Jänner bis Dezember 1996 im Gesamtbetrag von rund S 932.000,-- bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten, sowie b) Selbstbemessungsabgaben, nämlich Lohnsteuern, Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlägen zu den Dienstgeberbeiträgen für näher angeführte Zeiträume im Gesamtausmaß von rd S 50.000,-- nicht spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit entrichtet bzw. abgeführt und auch die Höhe der geschuldeten Beträge der zuständigen Abgabenbehörde nicht bekannt gegeben.
Rechtlich wertete der Spruchsenat das Verhalten des Beschwerdeführers als Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG (Spruchpunkt a) und als Finanzordnungswidrigkeit nach § 49 Abs. 1 lit. a FinStrG (Spruchpunkt b) und verurteilte den Beschwerdeführer hiefür unter Anwendung des § 21 FinStrG nach den Strafsätzen der §§ 33 Abs. 5 und 49 Abs. 2 FinStrG zu einer Geldstrafe in Höhe von S 300.000,-- , im Fall deren Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von einem Monat.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung insofern teilweise Folge gegeben und das angefochtene, im Übrigen unverändert bleibende Erkenntnis hinsichtlich des Spruchpunktes a) insofern abgeändert, als das Verfahren bezüglich der Voranmeldungszeiträume Juli, September, Oktober und November 1993 sowie Mai, Juli und Dezember 1995 eingestellt und der strafbestimmende Wertbetrag auf rund S 855.000,-- herabgesetzt wurde.
Die Geldstrafe wurde mit S 250.000,-- neu bemessen, die Ersatzfreiheitsstrafe blieb unverändert, wobei die belangte Behörde diesbezüglich unter anderem darauf hinwies, dass der Spruchsenat, welcher die Ersatzfreiheitsstrafe "offenkundig global mit einem Monat ausgemessen" habe, an dieser Ausmessung auch bei der sich nunmehr ergebenden geringfügigen Reduzierung des strafbestimmenden Wertbetrages um rund 8 Prozent gegenüber dem erstinstanzlichen Wert (dies entspräche bei gleichförmiger Verringerung der Ersatzfreiheitsstrafe einer solchen auf 27,57 Tage) nichts geändert hätte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass die Strafbarkeit einer Abgabenhinterziehung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG jedenfalls dann ausgeschlossen ist, wenn einer Strafbarkeit infolge der nachfolgenden Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 1 leg. cit. wegen des gleichen Umsatzsteuerbetrages für den selben Zeitraum kein Hindernis entgegensteht, weil in einem solchen Fall die Tathandlung im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als eine - durch die Ahndung nach § 33 Abs. 1 FinStrG - nachbestrafte Vortat zu betrachten ist, was auch für solche Fälle gilt, in denen sowohl die Abgabenverkürzung nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG als auch die nach § 33 Abs. 1 leg. cit. durch Unterlassung der Einbringung der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und der Jahresumsatzsteuererklärungen bewirkt oder zu bewirken versucht wird. Für die Bestrafung eines Täters nach § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG sind klare und eindeutige Feststellungen erforderlich, die eine Beurteilung der Frage zulassen, ob der Täter nicht ohnehin den Tatbestand nach § 33 Abs. 1 FinStrG hinsichtlich der Jahresumsatzsteuer erfüllt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 98/13/0121). An solchen Feststellungen fehlt es im angefochtenen Bescheid.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher insoweit als inhaltlich rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid erweist sich aber auch aus einem weiteren Grund als inhaltlich rechtswidrig.
Gemäß § 161 Abs. 3 erster Satz FinStrG ist eine Änderung des Erkenntnisses zum Nachteil des Beschuldigten oder der Nebenbeteiligten nur bei Anfechtung durch den Amtsbeauftragten zulässig.
Wird in zweiter Instanz das Strafverfahren in einem Punkt eingestellt, dann darf durch die im übrigen bestätigende Rechtsmittelentscheidung das von der ersten Instanz verhängte Strafausmaß nicht aufrecht erhalten werden, wenn nicht der Amtsbeauftragte seinerseits Berufung eingelegt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0134, und die dort angeführte Vorjudikatur).
Das in § 161 Abs. 3 zum Ausdruck gebrachte Verschlimmerungsverbot gilt auch hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe (vgl. etwa das hg Erkenntnis vom , 99/15/0154).
Im Beschwerdefall wurde nach Erhebung einer Berufung (ausschließlich) durch den Beschwerdeführer das Strafverfahren hinsichtlich einzelner Voranmeldungszeiträume eingestellt. Der strafbestimmende Wertbetrag von rund S 932.000,-- im Erkenntnis des Spruchsenates verringerte sich auf rund S 855.000,--, somit um rund 8 %. Die mit dem Erkenntnis des Spruchsenates verhängte Geldstrafe von S 300.000,-- wurde mit dem angefochtenen Bescheid auf S 250.000,-- herabgesetzt, die für den Fall der Uneinbringlichkeit festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe blieb jedoch (mit einem Monat) unverändert.
Damit verstößt die Aufrechterhaltung der Ersatzfreiheitsstrafe für die verbliebenen Abgabenvergehen gegen § 161 Abs. 3 erster Satz FinStrG. An dieser Beurteilung kann auch die Annahme der belangten Behörde nichts ändern, dass auch der Spruchsenat wegen der "offenkundig mit einem Monat global ausgemessenen" Ersatzfreiheitsstrafe diese vor dem Hintergrund der "relativ geringen" Reduzierung des strafbestimmenden Wertbetrages nicht geändert hätte.
Der angefochtene Bescheid war daher im spruchgemäßen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren wird unter Berücksichtigung der Verfahrensdauer auf Art. 6 Abs. 1 EMRK verwiesen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II 333/2003.
Wien, am