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VwGH vom 29.01.2002, 2001/14/0076

VwGH vom 29.01.2002, 2001/14/0076

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der D Gesellschaft m.b.H. in V, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , RV 728/1-7/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen u.a. für den Zeitraum bis , zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH hat die Befugnis zur Ausübung des Berufs eines Wirtschaftstreuhänders.

Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung stellte das Finanzamt fest, dass die Bezüge des ab zu 60 % an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführers Mag. S. bisher zu Unrecht nicht dem Dienstgeberbeitrag unterzogen worden seien.

Gegen die entsprechende Abgabenfestsetzung für den Zeitraum der Jahre 1996 (ab Mai) und 1997 erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Begründend wurde ausgeführt, Mag. S. sei bis zu 20 % an der Gesellschaft beteiligt und "als Dienstnehmer gemeldet" gewesen. Seit Übernahme weiterer 40 % der Geschäftsanteile mit erfülle seine Tätigkeit die Merkmale eines Dienstverhältnisses nicht mehr. Der Geschäftsführer werde nicht auf vertraglicher Basis, sondern auf der Grundlage des Gesetzes über die Gesellschaft mit beschränkter Haftung für die Gesellschaft tätig. Als Hauptgesellschafter könne er alle wesentlichen Entscheidungen treffen und unterliege somit keinen Weisungen. Die Festsetzung der Geschäftsführerbezüge erfolge im Wege eines Gesellschafterbeschlusses bzw. nach den wirtschaftlich vorgegebenen Möglichkeiten. Der Geschäftsführer habe weder Anspruch auf Abfertigung noch auf eine Pensionszahlung. Seine Arbeitszeit sei nicht limitiert; innerhalb des gesetzlich und beruflich zulässigen Rahmens stehe es dem Geschäftsführer frei, sich vertreten zu lassen. Als Wirtschaftstreuhänder sei der Geschäftsführer persönlich zugelassen, was Voraussetzung der berufsrechtlichen Existenzberechtigung der von ihm vertretenen juristischen Person sei. Das Unternehmerwagnis des Geschäftsführers ergebe sich daraus, dass der wirtschaftliche Erfolg der Gesellschaft von den "Fähigkeiten und Möglichkeiten des eigenverantwortlich und typisch freiberuflich tätigen Wirtschaftstreuhänders und Geschäftsführers" abhängig sei.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. In der Begründung wird ausgeführt, die Beschäftigung des Geschäftsführers weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als wesentlich beteiligter Gesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er nach § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag abzuführen.

Sachverhaltsbezogen stellte die belangte Behörde fest, dass der wesentlich beteiligte Geschäftsführer von der Gesellschaft ein erfolgsunabhängiges Entgelt laufend (vierzehnmal jährlich) erhalten habe (und zwar ab Mai 1996 monatlich 52.000 S zuzüglich Sonderzahlung von 34.667 S, sowie im Jahr 1997: siebenmal 55.000 S, fünfmal 52.000 S zuzüglich Sonderzahlung von einmal 50.000 S und einmal 52.000 S). Darüber hinaus seien ihm von der Gesellschaft auch die Reisespesen ersetzt worden. In den Einkommensteuererklärungen habe der Geschäftsführer an Betriebsausgaben in Zusammenhang mit seiner Geschäftsführertätigkeit neben den Sozialversicherungs- und Kammerbeiträgen im Jahr 1996 lediglich Aufwendungen in Höhe von insgesamt 1.739 S und 1997 solche in Höhe von 3.338 S (jeweils für Literatur und Telefoneintragung) geltend gemacht.

Sozialversicherungsbeiträge und Beiträge zu Berufs- und Interessensvertretungen würden auch bei "klassischen" Dienstnehmern anfallen und kein Unternehmerwagnis begründen. Die übrigen Kosten seien geringfügig und könnten in dieser Höhe auch von jedem sonstigen Arbeitnehmer aus eigenem getragen werden. Insgesamt liege daher weder ein einnahmen- noch ein ausgabenseitiges Unternehmerrisiko des Geschäftsführers vor.

Zur Frage der Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft führte die belangte Behörde aus, Mag. S. nehme unbestritten die wirtschaftstreuhänderischen Aufgaben für einen längeren Zeitraum wahr. Durch die Übernahme weiterer Geschäftsanteile im Jahr 1996 hätten sich Art und Umfang des Tätigkeitsbereiches des Geschäftsführers nicht geändert. Der Geschäftsführer leiste (wie zuvor unstrittig als Dienstnehmer) weiterhin im Auftrag und für Rechnung der Beschwerdeführerin wirtschaftlich unselbständige Arbeiten. Auch der Einwand, der Dienstnehmerbegriff könne auf Mag. S. wegen berufsrechtlicher Vorschriften nicht zutreffen, gehe ins Leere, da für die steuerrechtliche Beurteilung berufsrechtliche Vorschriften nicht maßgeblich seien. Die von Mag. S. persönlich zu erbringenden Dienstleistungen erfolgten nach der Aktenlage am Unternehmenssitz in den Räumlichkeiten und mit Betriebsmitteln der Gesellschaft. Die Aufgabenerfüllung bewirke die faktische Eingliederung des Geschäftsführers in den betrieblichen Ablauf der beschwerdeführenden GmbH, und zwar sowohl in zeitlicher, örtlicher als auch organisatorischer Hinsicht. Nach dem Gesamtbild der erbrachten Arbeitsleistung werde der Geschäftsführer in der Art eines Dienstnehmers tätig, wobei es für die Qualifikation der Gehälter als solche iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 auf die Weisungsgebundenheit nicht ankomme.

Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom , B 692/00, abgelehnt. Die Beschwerde wurde über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00, entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Beschwerdeführerin wendet ein, das Gesetz stelle in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 darauf ab, dass beim Geschäftsführer sonst (also außer der gegebenenfalls hinzuzudenkenden Weisungsunterworfenheit) alle Merkmale eines Dienstverhältnisses vorlägen, was gegenständlich nicht zuträfe.

Diesem Vorbringen ist die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 96/15/0121, SlgNF 7118/F) entgegenzuhalten, wonach dem angesprochenen Tatbestandmerkmal des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 das Verständnis beizulegen ist, dass es - gleich wie bei jedem herkömmlichen Dienstverhältnis iSd § 47 EStG - bloß darauf ankommt, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses vorliegen.

Das Dienstverhältnis ist ein Typusbegriff. Die Merkmale eines Typusbegriffes sind nicht immer in gleicher Intensität ausgebildet, die Entscheidung hat letztlich nach dem Gesamtbild zu erfolgen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0054, unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 109/00). Typusbegriffen sind die realen Erscheinungen an Hand einer Mehrzahl von Merkmalen zuzuordnen, wobei die Entscheidung nach dem Gesamtbild zu erfolgen hat. Gleichartig wie die dargestellte Regelung beim Dienstverhältnis ist aber auch der normative Inhalt des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 erster Satz EStG 1988 - sieht man von der zusätzlichen Regelung hinsichtlich der gegebenenfalls hinzuzudenkenden Weisungsgebundenheit ab (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0117).

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/13/0063, und vom , 2001/14/0054, verwiesen. Wie aus den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (vgl. § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte iSd § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,


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dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlich und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,
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dass ihn nicht ein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft, und
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dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen hat die belangte Behörde die Eingliederung in den Organismus der Beschwerdeführerin zutreffend aus der auf Dauer angelegten Geschäftsführungstätigkeit abgeleitet.
Auf den Umstand, ob der Geschäftsführer in den Betriebsräumlichkeiten der Gesellschaft oder von der im selben Gebäude gelegenen Ehewohnung aus "über Netzanschluss verbunden" für die Beschwerdeführerin tätig geworden ist, kommt es nach der Judikatur, die von einem funktionalen Verständnis des Begriffes der "Eingliederung in den betrieblichen Organismus" geprägt ist (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0076), nicht entscheidend an. Der sich darauf beziehenden Verfahrensrüge fehlt es daher an Relevanz.
Da gerade das Merkmal der Weisungsgebundenheit bei Prüfung der Voraussetzungen des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 auszublenden ist, ist die in der Beschwerde betonte (gemäß § 28 Abs. 1 WT-BO auch auf berufsrechtliche Gründe zurückgehende) Weisungsfreiheit des Gesellschafter-Geschäftsführers nicht von Bedeutung. Dasselbe gilt für die mit der Weisungsfreiheit in Zusammenhang stehenden Merkmale, wie gegenständlich die in der Beschwerde hervorgehobene Möglichkeit der freien Arbeitszeiteinteilung. Der Beschwerdevorwurf, die belangte Behörde habe zu Unrecht eine Bindung an die Betriebsöffnungszeiten der Gesellschaft angenommen, muss daher von vornherein ins Leere gehen.
Der auf der Grundlage der im angefochtenen Bescheid getroffenen, oben wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen über die tatsächlichen Verhältnisse (der Gesellschafter-Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei in den Organismus ihres Betriebes eingegliedert, einem auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und würde laufend entlohnt) vorgenommenen Beurteilung der belangten Behörde haftet keine Rechtswidrigkeit an.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am