VwGH vom 29.10.1993, 93/01/0257
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Herberth und die Hofräte Dr. Dorner und Dr. Kremla als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Mayer, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch Dr. E, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 4.282.401/3-III/13/90, betreffend Asylgewährung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 505,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland vom wurde festgestellt, daß der Beschwerdeführer - ein rumänischer Staatsangehöriger, der am in das Bundesgebiet eingereist ist und am den Asylantrag gestellt hat - nicht Flüchtling im Sinne des Asylgesetzes sei. Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, daß aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides, in dem lediglich von seiner Berufung "gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion" die Rede ist, nicht hervorgeht, um welchen erstinstanzlichen, von ihm bekämpften Bescheid es sich hiebei gehandelt hat. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides ergibt sich aber das Datum () und die Zl. (FrA-1653/89) des betreffenden erstinstanzlichen Bescheides, und unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens ist auch im übrigen, nämlich hinsichtlich der näheren Bezeichnung der Erstbehörde (Sicherheitsdirektion für das Bundesland Burgenland), nicht zu erkennen, daß der Beschwerdeführer darüber im unklaren gewesen wäre, über welches Rechtsmittel mit dem angefochtenen Bescheid entschieden worden ist. Der Beschwerdeführer wurde daher durch diesen Mangel nicht in seinen Rechten verletzt.
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer, ohne sich mit seiner Flüchtlingseigenschaft gemäß § 1 Z. 1 Asylgesetz 1991 auseinanderzusetzen, deshalb kein Asyl gemäß § 3 leg. cit. gewährt, weil sie der Ansicht war, daß bei ihm der Ausschließungsgrund des § 2 Abs. 2 Z. 3 leg. cit. gegeben sei, wonach einem Flüchtling kein Asyl gewährt wird, wenn er bereits in einem anderen Staat vor Verfolgung sicher war. Sie ging hiebei von den Angaben des Beschwerdeführers anläßlich seiner niederschriftlichen Befragung am , daß er vom bis legal in Ungarn gelebt, sich dort als Flüchtling "gemeldet" und einen ungarischen Reisepaß für Fremde bekommen habe, aus. Da der Beschwerdeführer in Ungarn, einem Mitgliedstaat der Genfer Flüchtlingskonvention, keinerlei Verfolgungen ausgesetzt gewesen und auch nicht Gefahr gelaufen sei, in sein Heimatland abgeschoben zu werden, habe er Verfolgungssicherheit erlangt. Eine solche sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Asylwerber vor seiner Einreise nach Österreich in einem Drittland keiner Verfolgung ausgesetzt gewesen sei und nicht habe befürchten müssen, ohne Prüfung der Fluchtgründe in sein Heimatland "bzw. in einen Verfolgerstaat" abgeschoben zu werden. Zur Erfüllung dieses Tatbestandes sei ein bewußtes Zusammenwirken zwischen der Person des Asylwerbers und den Behörden des Drittstaates nicht notwendig. Es hätten lediglich die rechtlichen Voraussetzungen für den geforderten Schutz bestehen und tatsächlich die Möglichkeit bestanden haben müssen, "ihn durch oder bei Kontaktaufnahme mit der Behörde zu aktualisieren".
Der Beschwerdeführer vermag dieser Argumentation weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht etwas Entscheidendes entgegenzusetzen. Die Rechtsausführungen der belangten Behörde stehen im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Begriff der "Verfolgungssicherheit" gemäß § 2 Abs. 2 Z. 3 Asylgesetz 1991 (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 93/01/0256, und vom , Zl. 93/01/0340), welches Gesetz von der belangten Behörde bei Erlassung des angefochtenen Bescheides - auch vom Beschwerdeführer unbestritten - auf Grund der Bestimmung des § 25 Abs. 2 Asylgesetz 1991 bereits anzuwenden war. Der Beweggrund, warum sich der Beschwerdeführer in der von ihm angegebenen Zeit in Ungarn aufgehalten hat (nach seinen Angaben schon bei der Vernehmung am wegen einer Operation, der er sich habe unterziehen müssen), ist in diesem Zusammenhang rechtlich ohne Bedeutung, ebenso der von ihm behauptete Umstand, daß er in Ungarn nicht um politisches Asyl angesucht habe. Maßgeblich ist nur, daß er bereits in diesem Staat die Asylgewährung hätte beantragen können, wobei er nicht dargetan hat, daß bzw. aus welchen Gründen er daran gehindert gewesen wäre. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, Ungarn sei zwar im März 1989 der Genfer Flüchtlingskonvention beigetreten, diese sei aber "erst im Oktober 1989 ratifiziert" worden, sodaß zum Zeitpunkt seines Aufenthaltes in Ungarn eine Asylgewährung "schon aus rechtlichen Gründen nicht möglich war", ist entgegenzuhalten, daß Ungarn am die Beitrittsurkunde zur Genfer Flüchtlingskonvention hinterlegt hat (siehe BGBl. Nr. 260/1992) und dies gemäß Art. 43 der Konvention zur Folge hatte, daß sie am 90. Tage danach und demnach am in Kraft getreten ist. Daraus folgt, daß der Beschwerdeführer, der wegen angeblicher Verfolgung in Rumänien sein Heimatland verlassen hat, sich noch zu einem Zeitpunkt in Ungarn aufgehalten hat, in dem der Beitritt dieses Landes zur Genfer Flüchtlingskonvention (mit der für ihn zutreffenden Alternative a des Abschn. B des Art. 1) bereits wirksam war, sodaß er schon in diesem Land Verfolgungssicherheit erlangt hat. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er habe sich in Ungarn "auch wegen der zahlreichen in Ungarn befindlichen Rumänen insbesondere Securitateangehörigen nicht sicher gefühlt" und es sei "zu zahlreichen unliebsamen Vorfällen" gekommen, "die bewirkten, daß politisch verfolgte Personen auch in Ungarn vor den rumänischen Geheimdienstaktivitäten nicht sicher waren", so ist zu bemerken, daß dieses bloß allgemein gehaltene Vorbringen, mit dem keine konkreten, individuell gegen ihn selbst gerichteten Handlungen aufgezeigt werden, nicht geeignet ist, eine andere rechtliche Beurteilung herbeizuführen.
Da sich somit die Beschwerde als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.
Fundstelle(n):
TAAAE-41634