VwGH vom 29.01.2002, 2001/14/0070
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der Z GmbH in Innsbruck, vertreten durch Mag. Dr. Kurt Braito, Wirtschaftsprüfer in 6300 Wörgl, Speckbacherstraße 10, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen Innsbruck vom , Zl. I-4392/1999, betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum Jänner 1994 bis Dezember 1997 sowie Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der beschwerdeführenden GmbH wurde mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom Kommunalsteuer für den Zeitraum der Jahre 1994 bis 1997 für die Bezüge des zu 60 % an ihr beteiligten Geschäftsführers Dipl.Ing. B. vorgeschrieben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen die Abgabenfestsetzung gerichtete Berufung ab. Begründend wurde u.a. ausgeführt, der Arbeitsbereich des Gesellschafter-Geschäftsführers erstrecke sich nach den Angaben der Beschwerdeführerin (ein schriftlicher Geschäftsführervertrag liege nicht vor) auf Planungsarbeiten für diverse Bauvorhaben und interne Kontrollfunktionen. Er schulde der beschwerdeführenden GmbH - ungeachtet der fehlenden Bindung an betriebliche Ordnungsvorschriften - seine persönliche Arbeitskraft. Die Besorgung der Geschäftsführeragenden (großteils mit Mitteln der beschwerdeführenden GmbH) bewirke eine Integration in die (wenn auch selbst geschaffenen) betrieblichen Strukturen des Unternehmens. Die Geschäftsführerbezüge seien erfolgsunabhängig und würden in monatlichen Abständen ausbezahlt. Die von Dipl.Ing. B. in Ausübung seines geschäftlichen Aufgabenbereiches getätigten Aufwendungen erfolgten in überwiegendem Ausmaß im Namen und auf Rechnung der GmbH. Für die eigenen Sozialversicherungsbeiträge habe jeder in einem Arbeitsverhältnis stehende Beschäftigte selbst aufzukommen. Auch die Benützung eines in der Wohnung des Geschäftsführers eingerichteten Büros zur Erledigung betrieblicher Agenden und eine damit verbundene Kostentragung könnten ein relevantes Unternehmerrisiko nicht begründen, da es im Wirtschaftsleben durchaus üblich sei, Auslagenersätze pauschal über den Geschäftsführerbezug abzugelten. Ein Eingehen auf den Einwand, die Bezüge des Dipl.Ing. B. seien im Jahr 1998 um 10 % reduziert worden, erübrige sich schon deshalb, weil die von der belangten Behörde zu beurteilende Abgabenfestsetzung die Jahre 1994 bis 1997 betreffe.
Bei einer Gesamtschau der Tätigkeit des Dipl.Ing. B. sei unter Berücksichtigung des zu dieser Frage vorliegenden näher angeführten Schrifttums davon auszugehen, dass der Geschäftsführer in der Art eines Dienstnehmers tätig werde. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, die an den Geschäftsführer bezahlten Entschädigungen in die Bemessungsgrundlage der Kommunalsteuer einzubeziehen.
Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 155/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 109/00, entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Erkenntnis vom , G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom , 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Ausgehend von diesen Kriterien ist bei Anwendung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 leg.cit. zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde zu Unrecht die Betätigung des Geschäftsführers als solche im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert hätte.
Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin in Abrede gestellten Eingliederung ihres Geschäftsführers in den betrieblichen Organismus ihres Unternehmens ist auf die oben angeführte Rechtsprechung zu verweisen, welche in einem funktionalen Verständnis des Begriffes der "Eingliederung in den betrieblichen Organismus" diese Eingliederung bereits mit einer kontinuierlichen und über einen längeren Zeitraum andauernden Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung verwirklicht sieht. Dass Tätigkeiten (auch) vom häuslichen Büro aus erbracht werden und Dipl.Ing. B. seine Leistung anderen Marktteilnehmern anbieten könnte, sind demnach Umstände, die einer Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft nicht entgegenstehen (vgl. insbesondere das schon angeführte hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0054).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich - in seiner Stellung als Geschäftsführer - das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen aus nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.
Ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko des Geschäftsführers ist bei der kontinuierlichen Auszahlung monatlich gleich bleibender Bezüge von S 77.000,-- im Verfahren nicht hervorgekommen. Es mag zwar ungewöhnlich sein, wenn eine Entlohnung - wie dies die Beschwerdeführerin behauptet - seit dem Jahr 1990 unverändert geblieben ist und eine Inflationsabgeltung nicht stattgefunden hat. Dies trifft aber unabhängig davon zu, ob die entlohnten Leistungen im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbracht werden oder nicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , 99/14/0226). Dass es im Jahr 1998 (dem Jahr, in dem die Gemeindeabgabenrevision stattgefunden hat) zu einer Reduzierung der Bezüge um 10 % kam, musste die belangte Behörde schon deshalb nicht als Indiz für das Tragen eines Unternehmerrisikos werten, da die Beschwerdeführerin nicht einmal einen Zusammenhang dieser Maßnahme mit den von ihr erzielten Betriebsergebnissen behauptet hat.
Was die Ausgabenseite betrifft, konnte die belangte Behörde zutreffend darauf verweisen, dass im Tragen der Sozialversicherungsbeiträge kein "Wagnis" gelegen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0115). Dass dem Geschäftsführer durch die Benutzung des häuslichen Büros für Tätigkeiten der Geschäftsführung nennenswerte Ausgaben erwachsen wären, wurde nicht aufgezeigt.
Soweit die Beschwerdeführerin hervorhebt, dass der Geschäftsführer keinen Urlaubsanspruch und keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall habe, genügt es auf die eingangs zitierte Rechtsprechung hinzuweisen, wonach diese Merkmale zu jenen zu zählen sind, die für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nichts beitragen. Auch auf das in der Beschwerde angesprochene Kriterium der Vertretungsbefugnis kommt es im gegebenen Zusammenhang nicht entscheidend an (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0084).
Welche ergänzenden Ermittlungen zu einem anders lautenden Bescheid hätten führen können, zeigt die Beschwerde nicht auf. Aus den Gründen der insgesamt zitierten Erkenntnisse war daher auch die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am