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VwGH vom 20.09.1996, 95/17/0017

VwGH vom 20.09.1996, 95/17/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der Stadtgemeinde H, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-6683/1-1994, betreffend Vergnügungssteuer (mitbeteiligte Partei: A in H), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Stadtgemeinde hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der beschwerdeführenden Stadtgemeinde H der mitbeteiligten Partei für die im Gasthof der mitbeteiligten Partei betriebenen Billardtische für den Zeitraum Oktober 1992 bis Mai 1993 Vergnügungssteuer in der Höhe von insgesamt S 2.240,-- vor.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung vertrat die mitbeteiligte Partei unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0078, die Auffassung, ein Billardtisch gelte nicht als "Apparat", sodaß die Bestimmung des § 14 Abs. 1 Tiroler Vergnügungssteuergesetz 1982 (TirVergnStG 1982) keine Anwendung finden könne.

Der Stadtrat der Beschwerdeführerin wies die Berufung mit Bescheid vom als unbegründet ab. In der Begründung heißt es, bei einem Billardtisch handle es sich um einen Spielapparat im Sinne des § 14 Abs. 1 TirVergnStG 1982. Ein solcher Apparat sei ein aus mehreren Bauelementen zusammengesetzes technisches Gerät, das bestimmte Funktionen erfülle bzw. eine bestimmte Arbeit leiste. Die Funktion eines Spielapparates bestehe darin, durch seine Inbetriebnahme ein "Spiel" zu ermöglichen. Dabei müsse ein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit und technischer Funktionsweise bestehen. Zur Ausstattung eines Billardtisches gehörten der Tisch selbst mit den spezifischen inneren Seitenwänden und den beim Pool-Billard ausgenommenen vier Ecklöchern, den unverzichtbar zugehörigen Billardkugeln und dem Queue. Bei Betrachtung des Spieles kann dabei von Bestandteilen (Bauelementen) des Spielapparates gesprochen werden, ohne die ein Billardspiel unmöglich sei. Primär ausschlaggebend sei wohl die menschliche Tätigkeit, die jedoch ohne Vorhandensein des Spielapparates im Gesamten nicht zum Spiel führe. Jeder Bestandteil erfülle eine bestimmte Funktion. Beispielsweise gewährleisteten die "Banden" durch ihre spezielle Form die Eigenart des Spieles und unterstützten die Fähigkeit des Spielers. Der Queue führe direkt den Stoß des Spielers aus. So funktioniere jedes Element des Spielapparates durch seine Eigenart in Material und Form. Nur das Zusammenspiel der Komponenten "menschliche Tätigkeit" und "Funktionsweise" des Billardtisches führten zum Gelingen des Billardspieles. Insofern entspreche der Billardtisch auch der Definition des Spielapparates im Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0078, wonach es sich dann um einen Spielapparat handle, wenn ein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit (Spiel) und technischer Funktionsweise bestehe. Ein Billardtisch weise somit die für die Qualifikation als Spielapparat erforderlichen Kriterien auf und sei steuerrechtlich als solcher im Sinne des § 14 TirVergnStG 1982 zu behandeln. Mit dem Hinweis auf das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes sei für die mitbeteiligte Partei deshalb nichts zu gewinnen, weil die gesetzliche Grundlage dazu, nämlich das Burgenländische Lustbarkeitsabgabegesetz 1969 in entscheidungswesentlichen Punkten vom TirVergnStG 1982 abweiche. Außerdem habe der Verwaltungsgerichtshof im Anlaßfall die Qualifikation des Billardtisches deshalb verneint, weil die belangte Behörde die Beurteilung ausschließlich auf den Umstand gestützt habe, daß durch das Einwerfen von Münzen der Ausgabemechanismus für die Billardkugeln in Gang gesetzt und damit das Spiel erst ermöglicht werde. Wesentlich komme es jedoch, wie der Verwaltungsgerichtshof im selben Erkenntnis ausführe, darauf an, daß ein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit (Spiel) und technischer Funktionsweise bestehe. Dieser Zusammenhang bestehe.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung vertrat die mitbeteiligte Partei die Auffassung, ein tuchbespannter Tisch falle nicht unter den Begriff "Apparat".

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Vorstellung Folge, behob den angefochtenen Bescheid und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Stadtsenat der beschwerdeführenden Stadtgemeinde. Begründend wurde ausgeführt, bei der Frage der Qualifikation als "Spielapparat" sei grundsätzlich zu prüfen, ob das Spiel nur unter Zuhilfenahme der technischen Funktionen des Apparates ablaufen könne oder nicht. Die Funktion eines Spielapparates bestehe nämlich darin, durch seine Inbetriebnahme ein Spiel zu ermöglichen; dabei müsse ein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit (Spiel) und technischer Funktionsweise bestehen. Nicht würde es zur Annahme eines Spielapparates hinreichen, wenn sich seine Funktion darin erschöpfte, lediglich die Voraussetzungen für das Spiel zu schaffen, das Spiel selbst aber ohne Zuhilfenahme der technischen Funktionen des Apparates abliefe. Unter Bedachtnahme darauf, daß die Durchführung eines Billardspieles unter Zuhilfenahme des vom Spieler betätigten Queues erfolge, sei daher davon auszugehen, daß (herkömmliche) Billardtische nicht vergnügungssteuerpflichtig im Sinne des § 14 TirVergnStG 1982 seien. Es sei im Verfahren weder behauptet worden noch sonst wie hervorgekommen, daß es sich im vorliegenden Fall nicht um herkömmliche Billardtische handeln würde. Entgegen der Rechtsansicht der Abgabenbehörde zweiter Instanz sei daher bei einem Billardspiel der vom Verwaltungsgerichtshof geforderte "untrennbare Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit (Spiel) und technischer Funktionsweise" nicht gegeben, zumal das Billardspiel selbst ohne Zuhilfenahme der technischen Funktionen des Apparates, nämlich durch Betätigung des Queues, ablaufe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Die beschwerdeführende Stadtgemeinde erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erhebung der Vergnügungssteuer verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 14 Abs. 1 TirVergnStG 1982, Kundmachung der Landesregierung vom über die Wiederverlautbarung des Vergnügungssteuergesetzes 1959, LGBl. für Tirol 60/1982, wird für das Halten von Schau-, Scherz-, Spiel- oder ähnlichen Apparaten, die gegen Entgelt betrieben werden und nicht unter § 18 fallen die Pauschsteuer nach dem Anschaffungswert des Apparates berechnet.

Die Steuer beträgt gemäß Abs. 2 leg. cit. für jeden angefangenen Betriebsmonat 1 v.H. des Anschaffungswertes, mindestens aber 20 Schilling je Apparat.

Unstrittig ist, daß es sich bei den Billardtischen um keine Spielapparate des § 18 TirVergnStG 1982 handelt.

Voraussetzung für die Abgabepflicht nach § 14 TirVergnStG 1982 ist das Vorliegen eines Spielapparates und somit eines Apparates überhaupt.

Unter einem Apparat wird nach allgemeinem Sprachgebrauch ein aus mehreren Bauelementen zusammengesetztes technisches Gerät verstanden, das bestimmte Funktionen erfüllt bzw. eine bestimmte Arbeit leistet (vgl. Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache, 1976, I, Seite 174; Duden Bedeutungswörterbuch, 1970, Seite 58).

Die Funktion eines Spielapparates besteht nun darin, durch seine Inbetriebnahme ein "Spiel" - das ist eine zweckfreie Beschäftigung aus Freude an ihr selbst und/oder ihren Resultaten zur Unterhaltung, Entspannung oder zum Zeitvertreib (vgl. Erkenntnis vom , Zl. 85/17/0111) - zu ermöglichen. Dabei muß ein untrennbarer Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit (Spiel) und technischer Funktionsweise bestehen; nicht würde es zur Annahme eines Spielapparates hinreichen, wenn sich seine Funktion darin erschöpfte, lediglich die Voraussetzungen für das Spiel zu schaffen, das Spiel selbst aber ohne Zuhilfenahme der technischen Funktionen des Apparates abliefe.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid von einem Halten von Billardtischen im herkömmlichen Sinn ausgegangen, verneinte unter Hinweis auf die Rechtsprechung den "untrennbaren Zusammenhang zwischen menschlicher Tätigkeit (Spiel) und technischer Funktionsweise" und damit die Spielapparateeigenschaft der in Rede stehenden Spielgeräte.

Wenn nun in der Beschwerde dagegen vorgebracht wird, das Billardspiel erfordere die Geschicklichkeit des Spielers, eine bestimmte technische Ausstattung - Tisch mit Seitenbande, Kugeln und Queue - und das Spiel könne nur gelingen, wenn die technischen Funktionen des Gerätes in Anspruch genommen werden, dann wird damit eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht aufgezeigt. Die Geschicklichkeit des Spielers ist für die Apparateeigenschaft von Spielgeräten unerheblich. Auch die Ausstattung eines Gerätes allein ist nicht entscheidend, sie schafft nur die Grundlage für das Spiel. Um von einem technischen Gerät sprechen zu können, ist vielmehr die Erfüllung einer technischen Funktion und ein Zusammenhang zwischen der menschlichen Tätigkeit und der technischen Funktionsweise erforderlich. In der Beschwerde wird hiezu nur geltend gemacht, zur technischen Funktion eines Billardtisches gehörten speziell technisch ausgeführte innere Seitenwände, die als Banden die Funktion zu erfüllen hätten, die ankommenden Billardkugeln in einem bestimmten Winkel zu reflektieren. Eine solche "Funktion" ist aber keine Funktion eines technischen Gerätes. Wird eine Kugel Richtung Seitenbande gespielt, dann hängt der weitere Weg der Kugel davon ab, wie diese mit dem Queue gestoßen wurde, und nicht von der "technischen Funktion" der Seitenbande. Diese ist vielmehr, wie der Tisch, die Kugel und der Queue, ein das Wesen des Spiels bestimmender Bestandteil, dessen "Funktion" sich im bloßen Vorhandensein erschöpft, damit die gestoßenen Kugeln davon abprallen können. Damit kommt der Seitenbande aber keine Funktion eines technischen Gerätes oder allenfalls auch nur Teiles davon zu. Weitere entscheidungserhebliche Gründe für die Apparateeigenschaft von Billardtischen im herkömmlichen Sinn wurden nicht vorgebracht, solche sind auch nicht erkennbar. Handelt es sich um Billardtische im herkömmlichen Sinn, bei dem das Spiel lediglich unter Zuhilfenahme des vom Spieler bedienten Queues durchgeführt wird, dann kann von einem Spielapparat nicht gesprochen werden (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/17/0078).

Wenn in der Beschwerde weiters gerügt wird, die belangte Behörde habe kein Ermittlungsverfahren über die Beschaffenheit der Billardtische geführt und habe es unterlassen, ein Gutachten eines Sachverständigen darüber einzuholen, ob es sich bei den Billardtischen um solche handle, deren technische Ausstattung und Funktionsweise eine wesentliche Voraussetzung hiefür sei, daß das Billardspiel auf diesen Tischen gelingen könne, dann vermag die beschwerdeführende Stadtgemeinde auch damit eine Rechtswidrigkeit nicht aufzuzeigen. Im gesamten Abgabenverfahren ist von "Billardtischen" die Rede. Wenn Zusätzliches nicht erwähnt ist, wird nach allgemeiner Auffassung unter "Billardtisch" ein solcher "im herkömmlichen Sinn" verstanden werden können. Haben doch auch die Behörden der beschwerdeführenden Stadtgemeinde selbst darüber keine Ermittlungen gepflogen, sodaß mit Recht angenommen werden kann, daß im verwaltungsbehördlichen Verfahren keine Zweifel über die Beschaffenheit der Billardtische bestand. Daß es sich um keine solchen "im herkömmlichen Sinn" gehandelt hat, wird auch in der Beschwerde nicht behauptet.

Die Einholung eines Gutachtens mit dem in der Beschwerde angegebenen Beweisthema konnte im verwaltungsbehördlichen Verfahren unterbleiben, ohne den angefochtenen Bescheid deswegen mit Rechtswidrigkeit zu belasten. Stand doch die technische Ausstattung und Funktionsweise der Billardtische während des verwaltungsbehördlichen Verfahrens nie in Streit. Zur rechtlichen Beurteilung, ob ein Billardtisch im herkömmlichen Sinn ein Spielapparat ist, bedurfte es keines Gutachtens.

Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides war somit nicht gegeben. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.