VwGH vom 23.04.2002, 2001/14/0060
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S-Gesellschaft m.b.H. in P, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in 4722 Peuerbach, Steegenstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom , Zl. RV 380/1-8/1998, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für die Jahre 1995 bis 1997, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für den genannten Zeitraum Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz und Beträge an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben. Begründend wurde u.a. ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass die Vergütungen des zu 99,5 % an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführers GS nicht in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag einbezogen worden seien. Die an die Beschwerdeführerin gestellten Fragen seien dahin beantwortet worden, dass der Geschäftsführer für seine Tätigkeit laut Geschäftsführervertrag monatlich eine Vergütung von S 200.000,-- erhalte. Im Jahr 1995 habe er Bezüge von insgesamt S 2,7 Millionen und in den Kalenderjahren 1996 und 1997 solche in Höhe von je S 3 Millionen erhalten. Für die Privatnutzung des von der Firma bereitgestellten Pkw werde ein monatlicher Sachbezug angesetzt. Auf den am abgeschlossenen Geschäftsführervertrag werde hingewiesen. Der Geschäftsführer habe sich gegenüber der Beschwerdeführerin verpflichtet, seine Arbeitskraft für unbestimmte Zeit zur Verfügung zu stellen. Der Umstand, dass dem Geschäftsführer monatliche Vergütungen zugestanden und auch tatsächlich gewährt worden seien, sei ein gewichtiges Indiz dafür, dass eine nichtselbständige Tätigkeit vorliege. Nicht unbeachtlich sei auch die Tatsache, dass neben den monatlich ausbezahlten Bezügen Auslagenersätze und Diäten für die Reisetätigkeit vergütet würden. Die Erfüllung der dem Geschäftsführer übertragenen Tätigkeitsbereiche erforderte eine faktische Eingliederung in den betrieblichen Ablauf in zeitlicher, örtlicher und organisatorischer Hinsicht. Ein Unternehmerwagnis liege u.a. dann vor, wenn die mit der Tätigkeit verbundenen Auslagen nicht vom Auftraggeber ersetzt, sondern vom Unternehmer aus eigenen Mitteln getragen würden, wenn also der Erfolg der Tätigkeit und daher auch die Höhe der erzielten Einnahmen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der Ausdauer und der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des "wirtschaftlichen Verkehrs" abhängig seien. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der Geschäftsführer seine Arbeitskraft gegenüber der Beschwerdeführerin schulde, regelmäßige Vergütungen für seine Tätigkeit ohne Unternehmerrisiko erhalte und in den geschäftlichen Organismus der Gesellschaft - auf Grund des Beteiligungsverhältnisses nicht weisungsgebunden - eingegliedert sei. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse liege abgesehen von der auf Grund der gesellschaftlichen Beziehungen fehlenden und hier hinzudenkenden Weisungsgebundenheit ein Dienstverhältnis vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde erwogen:
Im Erkenntnis vom , G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u.a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren würden und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar seien. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gezeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, würden vor allem folgende gehören: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/14/0194).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen eines Unternehmerwagnisses ab.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2001/14/0194). Das Beschwerdevorbringen, der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin sei auf Grund seiner Beteiligung in der Lage, Beschlüsse der Generalversammlung nicht nur zu verhindern, sondern sie selbst eigenverantwortlich zu treffen und damit seine Arbeitsbedingungen, die Kontrolle und Aufsicht sowie die disziplinäre Verantwortlichkeit selbst zu bestimmen, weshalb eine Eingliederung in einen fest vorgegebenen Organismus nicht angenommen werden könne, geht somit nach den obigen Darlegungen ebenso fehl wie das weitere Vorbringen, es sei eine Entgeltregelung für den Fall des Urlaubes und der Krankheit nicht getroffen worden.
Soweit die Beschwerde auf den Inhalt des Geschäftsführervertrages verweist, dem zufolge ausdrücklich kein Dienstverhältnis vereinbart worden sei, ist zu entgegnen, dass die zivilrechtliche Einordnung des Leistungsverhältnisses eines wesentlich Beteiligten einer Kapitalgesellschaft zu dieser für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 irrelevant ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/14/0073). Im Übrigen kommt es auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit und nicht auf einen allenfalls entgegenstehenden Vertragsinhalt an. Dass der Geschäftsführer keinen betrieblichen Ordnungsvorschriften hinsichtlich Arbeitszeit und -ort unterliegt, ist - da diese Merkmale typischerweise mit der Weisungsgebundenheit zusammenhängen - ohne Bedeutung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2001/14/0133, 0134).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Unbestritten bezog der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin in den streitgegenständlichen Jahren Bezüge von 2,7 bzw. 3 Millionen S. Die Beschwerde verweist darauf, dass sich der Geschäftsführer vertraglich bereit erklärt hätte, im Fall eines negativen operativen Ergebnisses des Unternehmens der Beschwerdeführerin vor Steuern eine Kürzung des Entgelts in Kauf zu nehmen. Dem gegenüber lässt sich allein aus der erklärten Absicht des Geschäftsführers, gegebenenfalls Verzicht zu üben, ein relevantes Unternehmerrisiko nicht ableiten, weil dem wesentlich beteiligten Geschäftsführer ein Abgehen von der sich selbst auferlegten Verpflichtung im Fall verschlechterter Unternehmensdaten ohne Weiteres möglich wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/14/0067). Im Zusammenhang mit dem Vorbringen, die tatsächliche Auszahlung des Geschäftsführungsbezuges sei allein von der Liquiditätslage der Gesellschaft abhängig, räumt die Beschwerde zutreffend aber auch ein, dass die liquiditätsmäßige Erfüllbarkeit seitens der Gesellschaft auch für andere Gläubiger gelte. Im Übrigen kommt es - wie bereits dargelegt - auf die tatsächlichen Verhältnisse an; dass den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin im streitgegenständlichen Zeitraum tatsächlich ein Unternehmerwagnis getroffen hätte, kann weder den behördlichen Feststellungen noch dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entnommen werden.
Soweit letztlich die Beschwerde die Feststellung bekämpft, dass dem Geschäftsführer Auslagen und Diäten vergütet würden und er einen Sachbezug erhalte, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass die Feststellungen über einen Sachbezug in Form eines Pkw und über den Ersatz von Nächtigungskosten mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren übereinstimmen und zum anderen der aufgeworfenen Frage angesichts der übrigen unbestrittenen Umstände der Entlohnung keine Bedeutung zukommt.
Der Verwaltungsgerichtshof kann somit zusammenfassend nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen habe.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am