VwGH vom 20.12.1996, 95/17/0001
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Puck, Dr. Höfinger, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Fegerl, über die Beschwerde der H-GmbH in I, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Stadtgemeinde Innsbruck vom , Zl. MD/Präs.Abt.II-6778/1994, betreffend Erschließungsbeitrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom schrieb der Stadtmagistrat Innsbruck der Beschwerdeführerin nach erteilter Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnanlage auf Grund § 19 Tiroler Bauordnung und der Verordnung der Landesregierung vom über die Festsetzung des Erschließungskostenfaktors in Verbindung mit dem Beschluß des Gemeinderates vom über die Festsetzung des Einheitssatzes den Erschließungsbeitrag in der Höhe von S 721.632,-- vor.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, die Wohnanlage sei durch eine Wasserleitung bisher nicht erschlossen. Die Stadtgemeinde sei von der Beschwerdeführerin mehrmals aufgefordert worden, eine Wasserleitung zu verlegen. Auf Grund vertraglicher Verpflichtungen und der Weigerung der Stadtgemeinde, für die Wasserversorgung Sorge zu tragen, sei die Beschwerdeführerin gezwungen gewesen, eine Wasserleitung auf eigene Kosten errichten zu lassen. Diese Kosten seien von dem vorgeschriebenen Erschließungsbeitrag in Abzug zu bringen.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde der Berufung keine Folge gegeben. Nach Stellung des Antrages auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung vollinhaltlich. Dies mit der Begründung, die Argumentation der Beschwerdeführerin, die Kosten der Verlegung der Wasserleitung bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages zu berücksichtigen, sei nicht zielführend. § 19 Abs. 8 der Tiroler Bauordnung (TBO) sehe eine Anrechnung derartiger Aufwendungen lediglich unter der Voraussetzung vor, daß diesbezüglich eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen der Gemeinde und dem Eigentümer des Bauplatzes bzw. seines Rechtsvorgängers über Anlagen der Verkehrserschließung abgeschlossen worden sei. Die Existenz einer solchen privatrechtlichen Vereinbarung, wonach die Stadtgemeinde auf Grund der von der Beschwerdeführerin angeführten Aufwendungen auf Aufschließungskostenbeiträge verzichte, könne jedoch nach der Aktenlage verneint werden, weshalb das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet sei, eine Änderung des Bescheides herbeizuführen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die maßgebenden Bestimmungen der TBO, LGBl. für Tirol Nr. 33/1989, lauten auszugsweise wie folgt:
"Erschließung
§ 16
Erschließungspflicht
(1) Die verkehrsmäßige Erschließung der im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesenen Fläche ist Aufgabe der Gemeinde. Darüber hinaus hat die Gemeinde besorgt zu sein, daß die Errichtung der Anlagen, die für die Wasser- und Energieversorgung sowie für die Abwasser- und die Abfallbeseitigung erforderlich sind, sichergestellt ist.
(2) Die Verpflichtung nach Abs. 1 erster Satz besteht nicht für die als Aufschließungsgebiete gekennzeichneten Teile des Baulandes sowie für jene Teile des Baulandes, für deren Erschließung privatrechtliche Vereinbarungen mit der Gemeinde bestehen.
...
§ 17
Erschließungslasten
Die Eigentümer von Bauplätzen haben die Verpflichtung, für die von der Gemeinde durchzuführende verkehrsmäßige Erschließung Leistungen zu erbringen (Erschließungslasten). Die Erschließungslasten umfassen die Grundabtretung für öffentliche Verkehrsflächen und die Leistung von Erschließungsbeiträgen.
...
§ 19
Beiträge zu den Kosten der Verkehrserschließung
(1) Mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung für den Neubau eines Gebäudes oder für die Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird, entsteht für den Eigentümer des Bauplatzes die Verpflichtung, der Gemeinde einen Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung (Erschließungsbeitrag) zu leisten. Als Vergrößerung der Baumasse gilt auch, wenn landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude oder Teile davon durch bauliche Änderungen diesen Verwendungszweck verlieren.
...
(8) Soweit auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde (§ 16 Abs. 2) vom Eigentümer des Bauplatzes oder von einem seiner Rechtsvorgänger Aufwendungen für Anlagen zur Verkehrserschließung bereits erbracht worden sind, sind diese Aufwendungen bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen."
Die Aufgabe der Gemeinde im Sinne des § 16 Abs. 1 TBO besteht in der VERKEHRSMÄßIGEN ERSCHLIEßUNG der als Bauland ausgewiesenen Fläche für den öffentlichen Verkehr durch ÖFFENTLICHE VERKEHRSFLÄCHEN (vgl. hg. Erkenntnis vom , Zl. 83/17/0139). Die Wasserversorgung gehört nicht zu einer solchen verkehrsmäßigen Erschließung der als Bauland ausgewiesenen Fläche. Dies ergibt sich aus § 16 Abs. 1 TBO, wonach im ersten Satz dieser Bestimmung der Gemeinde die Aufgabe zukommt, die verkehrsmäßige Erschließung vorzunehmen, und im zweiten Satz der Bestimmung der Gemeinde DARÜBER HINAUS auferlegt wird, besorgt zu sein, daß die Errichtung der Anlagen, die für die Wasserversorgung erforderlich sind, sichergestellt ist. Es wird demnach zwischen der verkehrsmäßigen Erschließung einerseits und der Errichtung von Anlagen für die Wasserversorgung andererseits unterschieden. Nach § 19 Abs. 1 TBO ist ein Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung zu leisten und nicht auch für die Errichtung von Anlagen für die Wasserversorgung.
Für die Gemeinde besteht die Verpflichtung zur verkehrsmäßigen Erschließung nicht für jene Teile des Baulandes, bezüglich der sich die Gemeinde vertraglich zur Aufschließung verpflichtet hat. Auch die Erschließung im Sinne des § 16 Abs. 2 TBO ist daher eine solche VERKEHRSMÄßIGE ERSCHLIEßUNG, die durch die Gemeinde erfolgt. Dies jedoch nicht auf Grund der gesetzlichen Verpflichtung des ersten Satzes in § 16 Abs. 1 TBO, sondern auf Grund einer Vereinbarung. Daß diese etwas anderes zum Inhalt haben könnte, als die verkehrsmäßige Erschließung durch öffentliche Verkehrsflächen, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom ).
Wenn die Beschwerdeführerin die Ansicht vertritt, die Kosten für die Errichtung einer Wasserleitung seien von dem gemäß § 19 TBO vorgeschriebenen Beitrag in Abzug zu bringen, dann ist sie damit nicht im Recht. Der Eigentümer des Bauplatzes hat einen Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung zu leisten. Die Wasserversorgung ist nicht Teil der verkehrsmäßigen Erschließung. Der Erschließungsbeitrag steht in keinem Zusammenhang mit den Aufwendungen für die Errichtung der Anlage für die Wasserversorgung. Aus § 16 Abs. 1 TBO ergibt sich nämlich keineswegs die Verpflichtung der Gemeinde, Anlagen für die Wasserversorgung zu errichten, der dann die Verpflichtung zur Entrichtung des Erschließungsbeitrages (§ 19 TBO) gegenüberstünde.
Die belangte Behörde konnte daher bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages die für die Errichtung der Wasserversorgungsanlage geltend gemachten Aufwendungen der Beschwerdeführerin mit Recht unberücksichtigt lassen, zumal weitere Gründe für eine allfällige Kompensation nicht geltend gemacht wurden, die im übrigen nicht die Erschließungsbeitragsvorschreibung betreffen könnte, sondern allein die Tilgung des vorgeschriebenen Beitrages.
Die Beschwerde erweist sich als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
W i e n , am
Fundstelle(n):
CAAAE-41563