VwGH vom 26.06.1996, 95/16/0331

VwGH vom 26.06.1996, 95/16/0331

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der K Österreich registrierte Genossenschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. M, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom , Zl. 3-Gem-361/1/94, betreffend Getränkesteuer 1991 (der mitbeteiligten Stadtgemeinde Villach), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Bürgermeister der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde erster Instanz setzte mit Bescheid vom gegenüber der Beschwerdeführerin für das Jahr 1991 Getränkesteuer fest und verhängte einen Säumniszuschlag. Hiebei wurde § 8 des Kärntner Getränkeabgabegesetzes 1978 idF der authentischen Interpretation LGBl. Nr. 25/1988 zur Anwendung gebracht und eine Einbeziehung der Verpackung in die Steuerbemessungsgrundlage vorgenommen.

Dagegen berief die Beschwerdeführerin, wobei sie sich gegen die Miteinbeziehung des Wertes der im Verkaufspreis enthaltenen und nicht gesondert in Rechnung gestellten Umschließungen der Getränke in die Steuerbemessungsgrundlage mit dem Argument zur Wehr setzte, sie ermittle die Bemessungsgrundlage auf Grund des ihr zustehenden Wahlrechtes gemäß § 12 des Getränkeabgabegesetzes vom Wareneingang und nicht vom Entgelt.

Mit Bescheid des Stadtsenates der mitbeteiligten Stadtgemeinde als Abgabenbehörde zweiter Instanz vom wurde der Berufung keine Folge gegeben.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht Vorstellung an die belangte Behörde. Diese Vorstellung hatte insoweit Erfolg, als die belangte Behörde mit Bescheid vom den Berufungsbescheid aufhob und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die mitbeteiligte Stadtgemeinde zurückverwies, weil die erst am in Kraft getretene Villacher Getränkeabgabeverordnung vom keine rückwirkende Kraft hatte. Die belangte Behörde erachtete daher die Einbeziehung von Umschließungen (Verpackungen) in die Bemessungsgrundlage für den Zeitraum bis zum als unzulässig.

Daraufhin erließ die Abgabenbehörde erster Instanz am eine entsprechende, mit der Rechtsansicht der belangten Behörde im Einklang stehende Berufungsvorentscheidung worauf die Beschwerdeführerin die Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz begehrte. Mit Bescheid vom gab die Abgabenbehörde zweiter Instanz der Berufung im Sinne der Vorstellungsentscheidung vom teilweise statt. Für den Zeitraum ab dem Inkrafttreten der Villacher Getränkeabgabeverordnung vom (also ab ) wurde wiederum eine Einbeziehung der Verpackung in die Bemessungsgrundlage auf Grund der authentischen Interpretation des § 8 Getränkeabgabegesetz 1978 durch LGBl. Nr. 25/1988 vorgenommen.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Vorstellung an die belangte Behörde, wobei sie (wie schon im vorangegangenen Abgabenverfahren) insbesondere auf die Entscheidung des B 1560, 1561/88 verwies.

Die belangte Behörde wies die Vorstellung als unbegründet ab und vertrat die Rechtsauffassung, daß § 8 des Kärntner Getränkeabgabegesetzes idF der authentischen Interpretation durch LGBl. Nr. 25/1988 auch dann anwendbar sei, wenn der Abgabenschuldner von seinem Wahlrecht Gebrauch mache und die Bemessungsgrundlage nach §§ 12 oder 13 des Getränkeabgabegesetzes ermittle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, vom Verfassungsgerichtshof nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, für die Einweggebinde nicht Getränkesteuer entrichten zu müssen, soferne sie den Nachweis nach §§ 12, 13 Kärntner Getränkeabgabegesetz vornehme; ebenso in ihrem Recht auf ein gesetzmäßiges Abgabenverfahren.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Das auf den Beschwerdefall noch anwendbare Kärntner

Getränkeabgabegesetz 1978 LGBl. Nr. 94 bestimmt in seinem § 6

ua folgendes:

"§ 6 Bemessungsgrundlage

(1) Die Bemessungsgrundlage für die Getränkeabgabe kann ermittelt werden


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a)
nach einem Hundertsatz des Entgeltes (§ 8),
b)
auf Grund des Wareneinganges (§ 12) oder
c)
auf Grund des Wareneinsatzes (§ 13).

(2) Der Abgabenschuldner hat das Wahlrecht, ob er die Bemessungsgrundlage für die Getränkeabgabe gemäß § 8, § 12 oder § 13 nachweisen will ..."

Dazu normierte § 8 leg. cit. zunächst auszugsweise folgendes:

"In der Verordnung über die Ausschreibung der Abgabe ist ihr Ausmaß in Hundertsätzen des Entgeltes bis zum Höchstausmaß von 10 v.H., getrennt für Speiseeis und Getränke, festzusetzen.

(2) Als Entgelt gilt der Preis, der vom Letztverbraucher zu entrichten ist, abzüglich


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a)
der Umsatzsteuer,
b)
der Abgabe von alkoholischen Getränken,
c)
der nach diesem Gesetz zu entrichtenen Abgabe und
d)
des Bedienungsgeldes ..."

Im Wege der authentischen Interpretation LGBl. Nr. 25/1988 wurde diesbezüglich folgendes bestimmt:

"§ 8 des Getränkeabgabegesetzes 1978, LGBl. Nr. 94, in der Fassung der Kundmachung LGBl. Nr. 99/1979, ist so auszulegen, daß zum Entgelt mit Ausnahme der im Gesetz genannten Faktoren alles gehört, was aufgewendet werden muß, damit der Verbraucher das Speiseeis oder das Getränk erhält. Das Entgelt umfaßt daher

a) bei Speiseeis auch den Wert der mitverkauften Tüten und der mitverkauften Verpackungen und Löffel und

b) bei Getränken auch den Wert der mitverkauften Einwegverpackungen, ähnlicher Gefäße und Trinkhalme."

Die §§ 12 und 13 des Kärntner Getränkeabgabegesetzes 1978 lauten wie folgt:

"§ 12

Einkaufsversteuerung

(1) Die Bemessungsgrundlage für die Getränkeabgabe kann auch auf Grund des Wareneinganges von Getränken und Speiseeis unter Heranziehung der in dem Unternehmen auf die Einkaufspreise für die einzelnen Getränke und Speiseeis üblichen Rohaufschläge oder der auf die einzelnen Getränkearten (§ 11 Abs. 1) angewendeten durchschnittlichen Rohaufschläge (gewogener Rohaufschlag) errechnet werden. Dabei können jene erworbenen oder hergestellten Waren außer Ansatz gelassen werden, die zur Bewirkung von nicht der Getränkeabgabe unterliegenden oder von der Abgabenpflicht befreiten Lieferungen verwendet werden.

(2) Bei der Berechnung nach Abs. 1 ist der auf den Eigenverbrauch entfallende Teil des Wareneingangs abzuziehen. Ferner kann ein Schwundsatz von 2 Prozent des Wareneinganges berücksichtigt werden; dies schließt nicht aus, die durch außergewöhnliche Umstände eingetretenen Verluste wie durch Diebstahl oder höhere Gewalt gesondert geltend zu machen.

(3) Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf Grund des Wareneinganges ist der im Zeitpunkt des Überganges (§ 6 Abs. 2) auf diese Berechnungsart der Bemessungsgrundlage vorhandene Bestand von Waren im Sinne des Abs. 1 als Wareneingang des ersten Kalendermonates nach dem Übergang zu behandeln.

(4) Im Falle des Abgehens von der Ermittlung der Bemessungsgrundlage auf Grund des Wareneinganges (§ 6 Abs. 2 und 3) ist der vorhandene Lagerbestand aufzunehmen und die dafür bereits entrichtete Getränkeabgabe gutzuschreiben.

§ 13

Wareneinsatz

Die Bemessungsgrundlage für die Getränkeabgabe kann auf Grund des Wareneinsatzes von Getränken und Speiseeis unter Heranziehung der in dem Unternehmen für die einzelnen Getränke und Speiseeis angewendeten Rohaufschläge oder der für die einzelnen Getränkearten (§ 11 Abs. 1) angewendeten durchschnittlichen Rohaufschläge (gewogener Rohaufschlag) errechnet werden. § 12 Abs. 2 gilt sinngemäß."

Am erließ der Gemeinderat der Stadt Villach eine mit in Kraft tretende Verordnung, mit der eine Abgabe von Verbrauch von Speiseeis und Getränken ausgeschrieben wurde (Villacher Getränkeabgabeverordnung), deren § 5 auszugsweise folgenden Wortlaut hat:

"(1) Die Abgabe für den Verbrauch von Speiseeis und Getränken beträgt 10 % des Entgeltes.

(2) Als Entgelt gilt der Preis, der vom Letzverbraucher zu entrichten ist, abzüglich


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a)
der Umsatzsteuer,
b)
der Abgabe von alkoholishen Getränken,
c)
der nach diesem Gesetz zu entrichtenden Abgabe und
d)
des Bedienungsgeldes.

Im Sinne der mit LGBl. Nr. 25/1988 erfolgten authentischen Interpretation des Getränkeabgabengesetzes gehört zum Entgelt mit Ausnahme der o.a. Faktoren alles, was aufgewendet werden muß, damit der Verbraucher das Speiseeis oder das Getränk erhält. Das Entgelt umfaßt daher

a) bei Speiseeis auch den Wert der mitverkauften Tüten und der mitverkauften Verpackungen und Löffel und

b) bei Getränken auch den Wert der mitverkauften Einwegverpackungen, ähnlicher Gefäße und Trinkhalme."

§ 7 der zitierten Verordnung, der die Bemessungsgrundlage regelt, lautet:

"Die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Getränkeabgabe erfolgt nach den Bestimmungen der §§ 8, 12 oder 13 des Getränkeabgabegesetzes 1978, in der geltenden Fassung."

Auszugehen ist davon, daß die mitbeteiligte Stadtgemeinde erst seit der authentischen Interpretation des § 8 GetränkeabgabeG 1978 ermächtigt ist, eine Abgabe auch auf Getränkeverpackungen und Speiseeisumschließungen auszuschreiben (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zlen 90/17/0049, 0050) und daß dies im konkreten Fall mit der Erlassung der Villacher Getränkeabgabeverordnung geschehen ist.

Streitentscheidend ist in diesem Zusammenhang allein die Frage, ob die §§ 5 und 7 der zitierten Verordnung iVm den §§ 6, 8, 12 und 13 des Kärntner GetränkeabgabeG 1978 eine Grundlage auch dafür bieten, Verpackungen in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen, wenn diese nicht gemäß § 8 des GetränkeabgabeG 1978 ermittelt wird.

Diese Frage ist wie folgt zu beantworten:

Mit der authentischen Interpretation des § 8 GetränkeabgabeG 1978 im Wege LGBl. Nr. 25/1988 wurden nicht die Begriffe "Getränke" bzw. "Speiseeis" definiert, sondern der von § 8 leg. cit. verwendete Terminus "Entgelt". Aus diesem Grund hat der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , B 1560 1561/88, Slg. 12.241, auch die Auffassung vertreten, die authentische Interpretation sei nur dann maßgeblich, wenn der Abgabenschuldner von dem ihm nach § 6 GetränkeabgabeG eingeräumten Wahlrecht insofern Gebrauch macht, als er die Bemessungsgrundlage gemäß § 8 leg. cit. nachweist, nicht aber, wenn er den Nachweis gemäß §§ 12 oder 13 GetränkeabgabeG wählt. Dieser Auffassung ist zu folgen, weil die gesetzlich zulässigen Varianten einer Ermittlung der Bemessungsgrundlage gemäß § 12 leg. cit. auf Grund des Wareneinganges bzw. nach § 13 leg. cit. auf Grund des Wareneinsatzes jeweils nicht auf ein Entgelt Bezug nehmen. Die im Rahmen der Ermittlungsvarianten gemäß §§ 12 und 13 GetränkeabgabeG maßgeblichen Komponenten wurden aber von der authentischen Interpretation durch LGBl. Nr. 25/1988, die sich ausdrücklich nur auf den Entgeltsbegriff des § 8 leg. cit. bezieht, nicht erfaßt. Dasselbe gilt für die Bestimmung es § 5 Abs. 2 der Villacher Getränkeabgabeverordnung, welche konform mit der zitieren authentischen Interpretation ebenfalls nur den Begriff "Entgelt" dahin definiert, daß dazu bei Speiseeis auch der Wert der mitverkauften Tüten, Verpackungen und Löffel sowie bei Getränken auch der Wert der mitverkauften Einwegverpackungen, ähnlicher Gefäße und Trinkhalme gehört.

Dies bedeutet aber, daß eine Einbeziehung der entsprechenden Verpackungskomponenten nur dann stattzufinden hat, wenn das Entgelt überhaupt die Steuerbemessungsgrundlage ist. Da § 7 der Villacher Getränkeabgabeverordnung hinsichtlich der Ermittlung der Bemessungsgrundlage gesetzeskonform auf die §§ 8, 12 oder 13 GetränkeabgabeG 1978 verweist und somit am Wahlrecht des Abgabenschuldners nichts ändert, hat die belangte Behörde, indem sie auf einen Fall, in welchem der Abgabenschuldner gerade die Variante der Ermittlung der Bemessungsgrundlage gemäß § 8 GetränkeabgabeG 1978 nicht gewählt hat, die authentische Interpretation dieser Gesetzesstelle durch LGBl. Nr. 25/1988 angewendet hat, ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muß.

Mit Rücksicht auf die durch die zitierte Judikatur des Verfassungsgerichtshofes klargestellte Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.