VwGH vom 12.11.1997, 95/16/0321

VwGH vom 12.11.1997, 95/16/0321

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des OE in F, vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in Kitzbühel, Anton-Reisch-Straße 11, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ib-8555/1, betreffend Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Fieberbrunn, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.980,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Nach einer Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung über "Frühstücksgetränke 1994" führte der Beschwerdeführer, Inhaber eines Hotelbetriebes, in einer an den Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde gerichteten Eingabe vom aus, eine "globale Pauschalierung einer Frühstücksabgabe für alle Tourismusbetriebe" sei nicht möglich und wirke sich im Falle des Beschwerdeführers besonders wettbewerbsnachteilig aus. Er beharre auf einer Bemessung der "Frühstücksabgabe" in Höhe von S 0,30 pro Person und Nächtigung. Hinsichtlich des Frühstückspreises legte der Beschwerdeführer folgende Kalkulation vor:

" S 590,-- Durchschnittspreis bei Halpension pro Person und Tag:

- S 13,-- Ortstaxe

S 577,-- Zwischensumme

- S 52,45 Mehrwertsteuer

S 524,55 Zwischensumme-Nettopreis

- S 6,29 Fremdenverkehrsförderungsbeitrag

S 518,26 Zwischensumme

abzüglich Gäste-Animation:

- S 10,-- geführte Wanderungen

- S 12,-- Fackelwanderung

- S 34,-- Schlossherrenbuffet

- S 25,-- Musikabend

- S 34,-- Gala-Dinner

- S 8,-- Gymnastik

- S 16,-- Wandermedaillie

- S 12,-- Aufzahlung Landsknechtessen

- S 18,-- Bike-Miete

- S 8,-- Sound- and Light Show

- S 7,50 Österreichabend S 184,50

S 333,76 Zwischensumme

- S 50,-- Hallenbad

- S 173,-- Nächtigung

- S 76,-- Abendessen

- S 14,-- Begrüßung-Snack und Cocktail

- S 15,-- Tiefgaragenplatz S 328,--

S 5,76 ENDSUMME

Der Betrag von S 5,765 ist gleich der kalkulierte Frühstückspreis."

Mit Bescheid vom schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Marktgemeinde dem Beschwerdeführer für das Jahr 1994 eine "Frühstücksgetränkeabgabe" in Höhe von S 34.402,90 vor. Im Spruch des Bescheides wurde als Bemessungsgrundlage dieser Abgabe

49.147 "Gesamtnächtigungen" angeführt. In der Begründung des Bescheides wurde darauf verwiesen, daß die "Frühstücksgetränkeabgabe" mangels Einreichung einer Erklärung zu schätzen gewesen sei. Unter der Annahme, daß "ein so gut geführtes Haus" seinen Gästen ein Frühstücksbuffet biete, sei "die Nächtigung mit S 0,70" zu berechnen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid verwies der Beschwerdeführer im wesentlichen auf seine Eingabe vom .

Mit Bescheid vom wurde die Berufung vom Gemeindevorstand der mitbeteiligten Marktgemeinde Fieberbrunn als unbegründet abgewiesen. Die Berufungsbehörde stützte sich dabei auf § 4 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1993, LGBl. Nr. 88, wonach dann, wenn ein Getränk im Rahmen einer Gesamtgegenleistung oder zusammen mit anderen Waren geliefert und für das Getränk ein Entgelt nicht gesondert in Rechnung gestellt wird, als Bemessungsgrundlage jener Betrag heranzuziehen ist, der sich bei einer verhältnismäßigen Aufteilung des Gesamtentgeltes ergibt. Nach § 14 leg. cit. sei die Möglichkeit gegeben, daß die Abgabenbehörde mit dem Steuerschuldner Vereinbarungen über die Höhe, die Ermittlung, die Bemessungsgrundlagen und die Form der Entrichtung der Steuer treffen kann. In einem Merkblatt der Tiroler Landesregierung sei festgelegt worden, daß bei Frühstücksgetränken ein Mindestbetrag von S 0,50 je Nächtigung und bei einem Frühstücksbuffet entsprechend mehr eingehoben werden müsse. Diese Richtlinien seien nach einer Absprache mit der Kammer der gewerblichen Wirtschaft festgelegt worden. Verlange man in einem Viersterne-Hotel ein zusätzliches Frühstück, so werde dieses in der Regel zu einem Preis von S 130,-- bis 150,-- angeboten. Dieser Betrag könne als "annehmbarer Maßstab für die Steuerbemessungsgrundlage" herangezogen werden. Auch wenn man davon ausgehe, daß einzelne Leistungen ein wenig teurer kalkuliert werden als z.B. das Gesamtangebot "Nächtigung mit Frühstück", so liege man doch bei einem kalkulierten Frückstückspreis von S 60,-- für das Frühstücksbuffet an einer untersten Marke, weshalb der Steuerbetrag von S 0,70 pro abgegebenes Frühstück rechtmäßig gewesen sei. Da das Frühstück zu einem Drittel für Getränke und zu zwei Drittel für Speisen kalkuliert werde, ergebe sich bei einem kalkulierten Frühstückspreis von S 60,-- unter Berücksichtigung von Bedienungsentgelt und Umsatzsteuer einen Mindestbetrag von jedenfalls mehr als S 0,70.

In der Vorstellung gegen diesen Bescheid wurde insbesondere vorgebracht, daß ein zusätzliches Frühstück um S 80,-- verkauft werde, was aber im Jahr nur fünfmal vorkomme.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Abgesehen von rechtlichen Ausführungen wurde in der Begründung dieses Bescheides darauf hingewiesen, es würde eine Umgehung des Getränke- und Speiseeissteuergesetzes bedeuten, wenn der Steuerpflichtige bestimmte Leistungen im Zusammenhang mit Steuern willkürlich unentgeltlich bzw. zu seinem sehr geringen Entgelt abgebe und "somit von der Steuerpflicht ausblendet". Aus diesem Grunde habe die Aufsichtsbehörde "nicht die geringsten Bedenken", wenn der Gemeindevorstand der Marktgemeinde Fieberbrunn "von der Steuerpflicht von S 0,50 bzw. 0,70" für die Frühstücksgetränke ausgegangen sei. Ein erweitertes Frühstück könne ebenso einen höheren Vervielfacher rechtfertigen wie ein überdurchschnittliches Preisniveau. Ein Vervielfacher von S 0,70 für ein Frühstücksbuffet erscheine der Aufsichtsbehörde durchaus angemessen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Nach dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf richtige Ermittlung der Getränkesteuerbemessungsgrundlage verletzt.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 4 Abs. 1 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz, LGBl. Nr. 88/1993, ist Bemessungsgrundlage für die Getränkesteuer und die Speiseeissteuer das Entgelt. Wird ein Getränk im Rahmen einer Gesamtleistung oder zusammen mit anderen Waren geliefert und wird für das Getränk ein Entgelt nicht gesondert in Rechnung gestellt, so ist nach Abs. 2 dieser Gesetzesstelle als Bemessungsgrundlage jener Betrag heranzuziehen, der sich bei einer verhältnismäßigen Aufteilung des Gesamtentgeltes ergibt.

Nach der für das Streitjahr geltenden Verordnung der Marktgemeinde Fieberbrunn vom beträgt der Steuersatz für alkoholhältige Getränke 10 v.H. und für alkoholfreie Getränke 5 v.H. der Bemessungsgrundlage.

Nach § 148 Abs. 2 Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, haben Abgabenbescheide im Spruch die Art und die Höhe der Abgaben, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.

Der im Beschwerdefall vom Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde erlassene erstinstanzliche Bescheid ist im Gesetz nicht begründet:

Im Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz ist weder eine "Frühstücksgetränkeabgabe" normiert, noch enthält das Gesetz Bestimmungen darüber, daß eine Nächtigung (gemeint eines Gastes in einem Beherberungsbetrieb) die Bemessungsgrundlage einer solchen Abgabe darstellen könnte. Bemessungsgrundlage nach diesem Gesetz ist einzig und allein das Entgelt bzw. im Beschwerdefall der verhältnismäßige Anteil für das jeweilige Getränk am Gesamtentgelt für die Beherbergungsleistung. Schon aus diesem Grund erweist sich der Berufungsbescheid, der als die Berufung abweisender Bescheid so zu werten ist, als ob die Rechtsmittelbehörde einen mit dem erstinstanzlichen Bescheid übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen hätte, als inhaltlich rechtswidrig. Dadurch aber, daß die belangte Behörde diese Rechtswidrigkeit im angefochtenen Bescheid nicht wahrgenommen hat, hat sie ihrerseits den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.

Aus verfahrensökonomischen Gründen ist weiters auf folgendes hinzuweisen:

Die bescheidmäßige Festsetzung einer Selbstbemessungsabgabe hat sich auf die gesamte im Bemessungszeitraum zu entrichtende Abgabe und nicht bloß auf eine restliche und nur bestimmte Sachverhalte in Betracht ziehende Abgabenforderung zu erstrecken (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. 86/17/0195, und vom , Zl. 90/17/0406). Die Abgabe nach dem Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz stellt sich als eine einheitliche Steuer dar, die jeweils für einen bestimmten Kalendermonat entsteht (vgl. § 7 leg. cit.). Wie aus den - nur unvollständig vorgelegten - Akten des Verwaltungsverfahrens geschlossen werden kann, wurden vom Beschwerdeführer in seinem Unternehmen nicht allein beim Frühstück dieser Steuer unterliegende Getränke und Speiseeis geliefert. Da die im Beschwerdefall vorgenommene Abgabenfestsetzung sich demgegenüber allein auf die zusammen mit einem Frühstück gelieferten Getränke bezogen hat, erweist sich die Abgabenfestsetzung auch aus diesem Grunde als rechtswidrig.

Weiters ist der Beschwerdeführer im Recht, wenn er sich gegen die Festsetzung eines festen Steuerbetrages wendet. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 92/17/0086, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und seine eigene Vorjudikatur ausgesprochen, daß es für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage (nicht der Abgabe) auf das Verhältnis des für Frühstücks-, Halb- oder Vollpension geforderten Gesamtpreises zum Entgelt der darin enthaltenen Frühstücksgetränke ankommt.

Entsprechende Feststellungen über das jeweilige Gesamtentgelt einer Gesamtleistung und dessen verhältnismäßiger Aufteilung auf das gelieferte Getränk beim jeweiligen Steuerpflichtigen kann dabei durch eine "Absprache" der Aufsichtsbehörde mit der gesetzlichen Berufsvertretung nicht ersetzt werden. Dazu bietet das Gesetz keinerlei Handhabe. Wenn in diesem Zusammenhang im Berufungsbescheid auf § 14 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes verwiesen wird, so wird damit der Regelungsinhalt dieser Bestimmung verkannt: Danach kann die Abgabenbehörde mit dem - jeweiligen - Steuerschuldner - keineswegs aber mit seiner Berufsvertretung - Vereinbarungen über die Ermittlung der Bemessungsgrundlagen, die Höhe und die Form der Entrichtung der Steuer, den Eintritt der Fälligkeit und die Führung von Büchern und Aufzeichnungen abschließen. Im Beschwerdefall wurde aber eine solche Vereinbarung zwischen der Abgabenbehörde und dem Beschwerdeführer eben gerade nicht abgeschlossen.

Aus den oben angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Da zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Beschwerde der angefochtene Bescheid nur in einfacher Ausfertigung anzuschließen ist, war als Ersatz von Beilagengebühr nur der Betrag von S 120,-- zuzusprechen.