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VwGH vom 22.05.1997, 95/16/0313

VwGH vom 22.05.1997, 95/16/0313

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde der B AG in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-912/94, betreffend Gesellschaftsteuer, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft ist Rechtsnachfolgerin der A Sparkasse. In einem Prospekt dieser Sparkasse wurde die Ausgabe von "Anteilscheinen (Partizipationsscheinen)" folgendermaßen angekündigt:

"Bezugsbedingungen

Die Emission von Anteilscheinen (Partizipationsscheinen) erfolgt aufgrund der Bestimmungen des Kreditwesengesetzes i. d.F. Novelle 1986, BGBl. 1986/325, mit .

Vor diesem Termin erfolgte Zeichnungen von Anteilscheinen (Partizipationsscheinen) verbriefen die unwiderrufliche Anwartschaft des Zeichners gegenüber der X-Sparkasse und Kommerzialbank, Wien auf Verschaffung dieser WERTPAPIERE ZUM

1. JÄNNER 1987.

Bezugsfrist: -

Bezugspreis: S 3.750,-- für einen Anteilschein

(Partizipationsschein) a Nom. S 1.000,--

Zeichnungen: ab erfolgen mit Valuta

".

Mit einer Eingabe vom teilte die

A Sparkasse dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien mit, es seien 1987 70.579 Partizipationsscheine mit einem Nominale von je S 1.000,-- und einem Preis von je S 3.750,-- verkauft worden. Der gesamte Kaufpreis habe daher

S 264.671.250,-- betragen.

Auf einen entsprechenden Vorhalt vom gab die A Sparkasse an, daß ein "Kaufpreis" für Partizipationsscheine im Nominale von S 229,421.000,-- deshalb nicht angezeigt worden sei, weil "diese Nominale" bereits im Jahre 1986 begeben worden sei. Da Sparkassen keine Kapitalgesellschaften seien, habe (1986) keine Gesellschaftsteuerpflicht bestanden.

Mit Bescheid vom erhob das obgenannte Finanzamt von den bis dahin nicht erklärten Verkäufen von Partizipationsscheinen im Nominale von S 229,421.000,-- zu einem (Gesamt-)Kaufpreis von S 860,328.750,-- Gesellschaftsteuer in Höhe von S 17,206.575,--.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde eingewendet, die Erwerber der Anteile hätten im Jahre 1986 Anwartschaftsrechte erworben. Diese Erwerbe seien zwar als Erwerbe von Forderungsrechten an einer Gesellschaft zu werten, doch sei der gesellschaftssteuerrechtliche Tatbestand nicht erfüllt, weil Sparkassen keine Kapitalgesellschaften seien. Die Steuerpflicht für die genannten Rechte an Sparkassen bestehe erst seit .

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die belangte Behörde vertrat sinngemäß die Auffassung, die jeweiligen Rechtsgeschäfte seien auf den Erwerb von Partizipationsscheinen zum gerichtet gewesen.

In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht "auf Freistellung von der Gesellschaftsteuer" verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.

Die Beschwerdeführerin brachte eine "Gegenäußerung" ein.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 2 Z. 1 KVG unterliegen der Gesellschaftsteuer der Erwerb von Gesellschaftsrechten an einer inländischen Kapitalgesellschaft durch den ersten Erwerber.

Durch die KWG-Novelle 1986, BGBl. Nr. 325, wurde im § 12 Abs. 6 KWG der Begriff des Partizipationskapitals neu eingeführt (vgl. Fremuth in Fremuth/Laurer/Pötzelberger/Ruess, KWG2, Rz 16 zu § 12).

Nach Abschnitt VIII der KWG-Novelle 1986 gelten die mit dem Partizipationskapital i.S.d. des KWG verbundenen Rechte ohne Rücksicht auf die Rechtsform der Bank als Gesellschaftsrechte und Dividendenwerte, auf welche die Bestimmungen des KVG anzuwenden sind.

Nach Abschnitt XI Abs. 1 KWG-Novelle 1986 trat dieses Bundesgesetz mit in Kraft.

Nach der von der Beschwerdeführerin nicht bestrittenen Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde wurden bereits im Jahre 1986, also vor Inkrafttreten der KWG-Novelle 1986, Anwartschaftsrechte für den Bezug von Partizipationsscheinen eingeräumt. Den Gläubigern wurde die Verschaffung der Partizipationsscheine zum zugesichert. Daraus folgt aber, daß die Gläubiger die mit dem Partizipationskapital der A Sparkasse verbundenen Rechte am erworben haben. In diesem Zeitpunkt war somit der Tatbestand verwirklicht, an den das Gesetz (§ 2 Z. 1 KVG i.V.m. Abschnitt VIII KWG-Novelle 1986) die Steuerpflicht anknüpft, sodaß damit die Gesellschaftssteuerschuld entstanden ist.

Die demgegenüber von der Beschwerdeführerin vertretene Auffassung, der Tatbestand des Erwerbs von Beteiligungen am Partizipationskapital sei (im für den Beschwerdefall maßgeblichen Umfang) bereits im Jahre 1986 (nämlich mit der Einräumung einer Anwartschaft) erfüllt worden, ist dabei verfehlt, weil nach der klaren Inkrafttretensbestimmung des Abschnittes XI der KWG-Novelle 1986 vor dem ein Partizipationskapital rechtlich gar nicht existent sein konnte. Da die A Sparkasse frühestens mit Partizipationskapital ausweisen konnte, konnte der Erwerb der damit verbundenen Rechte gleichfalls frühestens an diesem Tag erfolgen, wie übrigens auch im Zeichnungsanbot selbst ausgeführt worden ist.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte dahingestellt bleiben, ob ein Anwartschaftsrecht wie das hier den Gläubigern vor dem eingeräumte ein Forderungsrecht im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 3 KVG sein kann. Ein solches Anwartschaftsrecht ist jedenfalls ein aliud im Vergleich zu den Rechten an dem seit bestehenden Partizipationskapital. Auch der Umstand, daß der Bezugspreis bereits 1986 entrichtet wurde, ändert nichts an dem Umtand, daß der Erwerb der in Rede stehenden Rechte erst am erfolgen konnte.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei von der Durchführung der beantragten Verhandlung aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abzusehen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.