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VwGH vom 04.02.1993, 92/18/0512

VwGH vom 04.02.1993, 92/18/0512

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des P in L, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom , Zl. Fr 1536/92, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Aufhebung des gegen ihn bestehenden Aufenthaltsverbotes gemäß § 8 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden: FPG) abgewiesen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei mit rechtskräftigem Urteil des Kreisgerichtes vom 24. Februar "1991" (richtig wohl: 1981) nach den §§ 127 Abs. 1 und 2 Z. 1, 128 Abs. 2, 129 Z. 1, 130 und 136 Abs. 1 und 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 1/2 Jahren verurteilt worden. In der Folge habe die Bezirkshauptmannschaft Schärding mit Bescheid vom gegen ihn ein bis befristetes Aufenthaltsverbot verhängt. Mit Urteil des Kreisgerichtes Krems vom sei der Beschwerdeführer nach § 287 Abs. 1 (in Verbindung mit den §§ 125 und 126 Abs. 1) StGB mit einer Geldstrafe von S 13.500,-- bestraft worden. Da der Beschwerdeführer sohin während des befristeten Aufenthaltsverbotes einen neuerlichen schweren Verstoß gegen die österreichische Rechtsordnung begangen habe, sei nunmehr von der Bezirkshauptmannschaft Krems mit Bescheid vom gegen ihn ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden, wobei der dagegen eingebrachten Berufung mit Bescheid vom keine Folge gegeben worden sei. In diesem Berufungsbescheid sei neben dem Hinweis auf die genannten gerichtlichen Verurteilungen ausgeführt worden, daß der Beschwerdeführer mehrmals wegen Übertretung gemäß Art. IX EGVG und vom Strafbezirksgericht Wien am wegen Übertretung nach § 146 StGB mit einer Geldstrafe von S 4.800,-- bestraft worden sei.

In der Folge sei der Beschwerdeführer - so die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides vom weiter - mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom nach § 287 Abs. 1 (in Verbindung mit den §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 2 Z. 4, 125 und 126 Abs. 1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten und vom Strafbezirksgericht Wien am nach § 125 StGB verurteilt worden, wobei mit letzterem Urteil unter Bedachtnahme auf die vorerwähnte Verurteilung durch das Landesgericht für Strafsachen keine Zusatzstrafe verhängt worden sei. Am sei der Beschwerdeführer aus der Strafhaft entlassen und am in seine Heimat (Polen) abgeschoben worden. In den Jahren 1990 und 1991 sei der Beschwerdeführer wiederholt nach Österreich eingereist und habe hier auch seine nunmehrige Gattin kennengelernt. Durch die obgenannten gerichtlichen Verurteilungen seien nicht nur das für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes geforderte "Mindestausmaß" erheblich überschritten worden, sondern beruhten die Verurteilungen teilweise auf der gleichen schädlichen Neigung. Es sei zwar richtig, daß die letzte Verurteilung bereits fünf Jahre zurückliege, jedoch sei nicht nur wegen der Schwere der Erstverurteilung, sondern insbesondere durch die Häufung der gerichtlich strafbaren Handlungen die offensichtliche Neigung zur Mißachtung der hiesigen Rechtsordnung erkennbar. Die dem Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden strafgerichtlichen Verurteilungen seien nicht getilgt. Die Gründe für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes seien noch nicht weggefallen und seien seit der Erlassung desselben bereits wieder Verurteilungen und Sachverhalte bekannt, die die Erlassung eines neuerlichen Aufenthaltsverbotes rechtfertigen würden. So seien die beiden zitierten Urteile des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom und des Strafbezirksgerichtes Wien vom bei der Erlassung des Aufenthaltsverbotes noch nicht berücksichtigt. Weiters sei der Beschwerdeführer entgegen dem bestehenden Aufenthaltsverbot mehrmals in den Jahren 1990 und 1991 in das Bundesgebiet eingereist, wobei neben den damit bewirkten Übertretungen des FPG offensichtlich auch keine polizeiliche Anmeldung vorgenommen worden sei. Mit Urteil des Bezirksgerichtes Krems vom sei die Vaterschaft des Beschwerdeführers zum Kind Michael Z. festgestellt worden. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (Ehe mit einer Österreicherin) sei der Beschwerdeführer im Besitz eines Befreiungsscheines des Arbeitsamtes, er arbeite hier als Hilfsarbeiter. Wenn auch das Aufenthaltsverbot nicht unbeträchtlich in das nunmehrige Familienleben eingreife, so sei dem entgegenzuhalten, daß die Ehe erst seit kurzem bestehe und die persönliche Lebenssituation vom Beschwerdeführer bewußt in Kauf genommen worden sei. Sein berufliches Fortkommen sei auch außerhalb des Bundesgebietes gewährleistet. Die Beibehaltung des Aufenthaltsverbotes sei zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Gründe notwendig und würden durch die Aufhebung desselben die maßgebenden öffentlichen Interessen erheblich mehr beeinträchtigt als - bei Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes - die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom , Zl. B 1760/92, ablehnte und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Gemäß § 8 FPG ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhang mit § 3 FPG gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die für die Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zu Gunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen, wobei allerdings auch solche Umstände zu berücksichtigen sind, welche seit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten sind und gegen die Aufhebung desselben sprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0389).

Ausgehend davon vermag der Beschwerdeführer eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides nicht darzutun. Daß der Beschwerdeführer Vater eines in Österreich lebenden Kindes mit österreichischer Staatsbürgerschaft ist, ist nicht von entscheidender Bedeutung. Der vom Beschwerdeführer mit einer österreichischen Staatsbürgerin im Jänner 1992 trotz aufrechtem Aufenthaltsverbot geschlossenen Ehe kommt kein maßgebliches Gewicht zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0341). Gleiches gilt für die damit im Zusammenhang stehende "Beschäftigungsbewilligung" (gemeint wohl: Befreiungsschein nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz). In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, daß die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Integration im Hinblick auf das bestehende Aufenthaltsverbot von vornherein nicht zu berücksichtigen war (vgl. dazu das zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0389).

Hingegen hat die belangte Behörde zu Recht hervorgehoben, daß die erwähnten gerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers nach Erlassung des Aufenthaltsverbotes sogar (neuerlich) den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllen. Dazu kommt - worauf die belangte Behörde gleichfalls zutreffend verweist - daß der Beschwerdeführer unter Mißachtung des Aufenthaltsverbotes mehrmals nach Österreich eingereist ist (und sich sogar entgegen diesem Verbot in Österreich aufhält), was schwer ins Gewicht fällt, bringt doch gerade dieses Verhalten sehr augenfällig zum Ausdruck, daß der Beschwerdeführer keine Bedenken hat, sich über die für ihn maßgebenden fremdenpolizeilichen Vorschriften hinwegzusetzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0305). Das Gewicht der für die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes sprechenden öffentlichen Interessen hat sich demnach auch unter der Annahme, daß die letzte gerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers fünf Jahre zurück liegt, wesentlich erhöht. Im Hinblick darauf kann die Auffassung der belangten Behörde, daß die nachteiligen Folgen der Beseitigung des Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wögen als dessen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie selbst dann nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn es zutreffen sollte, daß der Beschwerdeführer bei Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes der Gefahr der Arbeitslosigkeit ausgesetzt und damit nicht imstande wäre, seinen Unterhaltsverpflichtungen nachzukommen, was allerdings bei der von ihm ausgeübten Beschäftigung keineswegs auf der Hand liegt.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.