VwGH vom 05.07.2004, 2001/14/0038

VwGH vom 05.07.2004, 2001/14/0038

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, über die Beschwerde des Dr. Roland Paumgarten als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T Ges.m.b.H., vertreten durch die Waldbauer & Paumgarten & Naschberger, Rechtsanwälte Partnerschaft in 6332 Kufstein, Josef-Egger-Straße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , GZ. RV 612/1-T7/00, betreffend Umsatzsteuervorauszahlungen für Dezember 1999 sowie Jänner und Februar 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der T GmbH, die seit Juni 1998 auf einer von Erich T. gepachteten Liegenschaft eine Tischlerei betrieb. Im Oktober und November 1998 zerstörten Brände große Teile der gepachteten Produktions- und Lagerhallen.

Die Wiederherstellung der beschädigten Gebäude erfolgte durch die T GmbH, die sich ihrerseits zum einen Fremdfirmen bediente, zum anderen auch selbst umfangreiche Eigenleistungen erbrachte. Entsprechend dem Baufortschritt legte die T GmbH Erich T. in den Monaten März bis Juni 1999 sowie im Februar 2000 über die erbrachten bzw. weiterverrechneten Arbeiten Ausgangsrechnungen mit Umsatzsteuerausweis. Die Rechnungen wurden der Versicherung, bei der die Liegenschaft zum Neubauwert gegen Feuer versichert war, vorgelegt und von dieser in Höhe des ausgewiesenen Nettobetrages von 18,546.872 S laut Abfindungsvereinbarung mit Erich T. vom beglichen.

Mit Kaufvertrag vom veräußerte Erich T. die gegenständliche Liegenschaft an die T GmbH um 21 Mio. S zuzüglich 4,2 Mio. S Umsatzsteuer. Von diesem Kaufpreis entfielen laut Pkt. 3 des Vertrages 6,3 Mio. S auf den Grund und 18,9 Mio. S auf die Gebäude.

In Pkt. IV des Kaufvertrages findet sich (auszugsweise) folgende Vereinbarung:

"... Die Vertragsteile halten nunmehr einvernehmlich fest,

dass nach den auf der Liegenschaft ausgebrochenen Bränden am und große Teile der Produktions- und Lagerhallen völlig zerstört wurden. Hinsichtlich der nicht zerstörten Teile erfolgte zum Teil durch den Brand eine doch recht erhebliche Beeinträchtigung des Zustandes. Die gegenständliche

Liegenschaft ist bei der ... zum Neubauwert feuerversichert, die

Feuerversicherung ist zu Gunsten der (Bank) vinkuliert.

Der Verkäufer wird mit Hilfe der Versicherungsentschädigungen die abgebrannten Baulichkeiten wieder neu errichten, sodass die volle Funktionsfähigkeit im Sinne der bisherigen Benützung der Liegenschaft samt Gebäude wiederhergestellt wird. Der Verkäufer hat hierzu die Käuferin beauftragt die beim Brand zerstörten Gebäudeteile neu zu errichten und ihm die in diesem Zusammenhang erbrachten Leistungen in Rechnung zu stellen. Der Verkäufer verpflichtet sich dafür Sorge zu tragen, dass zur Begleichung der Rechnungen der Käuferin die Versicherungssumme an diese zur Auszahlung gelangen kann. Es verstehen sich sämtliche Verpflichtungen der Käuferin aus dem gegenständlichen Vertrag unter der ausdrücklichen Bedingung, dass alle im Rahmen der Neuerrichtung des Gebäudes erwachsenen Aufwendungen vom Verkäufer bzw. aus der Versicherungssumme bezahlt werden. Dementsprechend verpflichtet sich die Käuferin zum Wiederaufbau. ..."

Anlässlich einer im Mai 2000 durchgeführten Prüfung der Umsatzsteuervoranmeldungen für die Monate Dezember 1999 sowie Jänner und Februar 2000 wurde festgestellt, dass die T GmbH die in den Monaten März bis Juni 1999 in Rechnung gestellten Wiederaufbauleistungen im Gesamtbetrag von rund 12 Mio. S im Dezember 1999 storniert und die Forderungen zur Gänze abgeschrieben hatte. Der Prüfer sah die Forderungsabschreibung mit der Begründung, die Nettobeträge sämtlicher Ausgangsrechnungen seien nachweislich beglichen worden, als unzulässig an. Eine Forderungsabschreibung sei lediglich hinsichtlich der weder von Erich T. noch von der Versicherungsanstalt bezahlten Umsatzsteuer gerechtfertigt. Weiters seien in den Monaten Juni und Juli 1999 sowie Februar 2000 über Wiederaufbauleistungen gelegte Rechnungen im Gesamtbetrag von rund 5 Mio. S zu Unrecht nicht in der Buchhaltung (den Umsatzsteuervoranmeldungen) erfasst worden.

Das Finanzamt erließ - teilweise nach Wiederaufnahme des Verfahrens - den Feststellungen des Prüfers entsprechende Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide für Dezember 1999 sowie Jänner und Februar 2000.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die T GmbH vor, ein Leistungsaustausch zwischen ihr und Erich T. liege nicht vor. Die Wiedergutmachung des Schadens sei vielmehr als Leistung des Versicherungsunternehmens anzusehen. Die Zession der Versicherungsvergütung gemäß Treuhandvereinbarung begründe keinen Leistungsaustausch. Die von ihr ausgestellten "Rechnungen" sollten lediglich als "Kostenaufstellungen zum Nachvollzug des Versicherungsschadens" dienen und seien mangels Leistungsaustausches zu Recht berichtigt worden.

Nach Ergehen einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung dem Grunde nach ab, verringerte die Umsatzsteuerfestsetzung für Dezember 1999 aber insoweit, als sie die in den Monaten Juni und Juli ausgestellten Ausgangsrechnungen aus der Steuerbemessungsgrundlage mit der Begründung ausschied, in Ansehung dieser Rechnungen sei die Steuerschuld gemäß § 19 UStG 1994 bereits mit Ende Juni bzw. Juli 1999 entstanden.

Zum strittigen Punkt verwies die belangte Behörde zunächst auf die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 und führte sodann aus, ein steuerbarer Umsatz setze eine Leistung und eine Gegenleistung, zwei Beteiligte und einen Kausalzusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung voraus. Mangle es an einer Gegenleistung, fehle das für die Steuerbarkeit der Leistung geforderte Tatbestandsmerkmal des Leistungsaustausches.

Im Beschwerdefall lägen zwei Leistungen vor, welche steuerlich getrennt von einander zu betrachten seien: Zum einen bestehe das Vertragsverhältnis zwischen Erich T. und der Versicherungsanstalt, das dadurch erfüllt worden sei, dass die Versicherung die Versicherungssumme zweckgewidmet für die Wiedererrichtung der Gebäude an den den als Treuhänder bestellten Rechtsanwalt Mag. K. geleistet habe. Leistungen von Versicherungsgesellschaften im Zusammenhang mit eingetretenen Versicherungsfällen stehe keine Gegenleistung des Versicherungsnehmers gegenüber, sodass die Leistung der Versicherung nicht steuerbar sei.

Zum anderen bestehe ein Vertragsverhältnis zwischen Erich T. und der T GmbH, das dadurch entstanden sei, dass Erich T. die Gesellschaft als Generalunternehmerin mit dem Wiederaufbau der durch den Brand zerstörten Gebäude beauftragt habe. Die von der T GmbH an Erich T. erbrachten Arbeiten stellten Dienstleistungen zur Behebung des Brandschadens dar. Dadurch sei ein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch zwischen der T GmbH und Erich T. begründet worden. An diesem Leistungsaustausch ändere auch die in der Berufung behauptete (konkludente) Zession der Versicherungsansprüche an die T GmbH nichts. Die behauptete Zession würde lediglich die Abtretung des Anspruches des Erich T. gegenüber der Versicherungsanstalt auf Geldleistung zum Inhalt haben. Ein Gläubigerwechsel und die nachfolgende Zahlung des Schadenersatzbetrages an die T GmbH änderten jedoch nichts daran, dass die Leistung der Wiedererrichtung ausschließlich an Erich T. erbracht worden sei.

Auch der Umstand, dass die gegenständliche Liegenschaft von der T GmbH noch während der Wiederaufbauphase erworben worden sei, könne zu keiner abweichenden steuerlichen Beurteilung führen. Wie im Kaufvertrag ausdrücklich festgehalten, habe sich Erich T. als Verkäufer zur Wiederrichtung der abgebrannten Baulichkeiten und Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit im Sinne der bisherigen Benutzung der Liegenschaft samt Gebäuden verpflichtet. Gegenstand des Kaufes sei demzufolge die Liegenschaft samt der wieder errichteten Gebäude gewesen. Dies zeige sich auch in dem Umstand, dass der auf das Gebäude entfallende Kaufpreis nahezu mit der Höhe der Abfindungszahlung der Versicherungsanstalt übereinstimme. Daneben hätten die Vertragsparteien im Kaufvertrag auch das zwischen ihnen bereits bestehende Auftragsverhältnis über den Wiederaufbau der Gebäude bekräftigt. Da auch nach Abschluss des Kaufvertrages das Auftragsverhältnis zur Wiedererrichtung aufrecht geblieben sei, lägen zwei verschiedene, von einander zu trennende Vereinbarungen vor.

Die von der T GmbH an Erich T. gelegten Rechnungen würden demnach nicht bloße Kostenaufstellungen zum Nachvollzug des Versicherungsschadens darstellen, sondern den Leistungsaustausch zwischen der T GmbH und Erich T. belegen. Solcherart sei die im Voranmeldungszeitraum Dezember 1999 vorgenommene Stornierung der Rechnungen zu Unrecht erfolgt und auch für Jänner und Februar 2000 entsprechende Umsatzsteuer vorzuschreiben.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Wie im Verwaltungsverfahren vertritt der Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, es fehle an einem "echten Leistungsaustausch" zwischen der T GmbH und Erich T. Zur Leistungserbringung verpflichtet und damit "Leistender" im Sinne des Umsatzsteuergesetzes sei auf Grund der vertraglichen Beziehungen (Versicherungsvertrag, Zession, Treuhandvereinbarungen) die Versicherungsanstalt. Erich T. sei zur "Restitution des Schadens" sowohl der Versicherung als auch der T GmbH gegenüber "aus dem Pachtverhältnis (infolge Kaufvertragsverpflichtung)" verpflichtet. Die Zahlung der Versicherungsleistung sei auftragsgemäß bzw. gemäß der Treuhandvereinbarung (Zession) durch den Rechtsanwalt Mag. K an die T GmbH erfolgt, welche den Wiederaufbau im Wesentlichen durchgeführt habe. Die Zession der Versicherungsansprüche sei mangels Leistungsaustausches nicht steuerbar. Es liege eine im Kaufvertrag erfolgte "Überbindung der versicherungsbedingten Wiederaufbaupflicht" an die T GmbH und kein Leistungsaustausch vor.

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer.

Gemäß Art. 2 Nr. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom (im Folgenden: RL) unterliegen der Mehrwertsteuer Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt.

Eine Dienstleistung wird nur dann im Sinne von Art. 2 Nr. 1 der RL gegen Entgelt erbracht und ist somit steuerpflichtig, wenn zwischen Leistendem und dem Leistungsempfänger ein Rechtverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (vgl. das - Tolsma, EuGHE 1994, I-743).

Im Beschwerdefall steht außer Streit, dass der Wiederaufbau der durch den Brand beschädigten Gebäude durch die T GmbH erfolgt ist.

Dass ihr der Auftrag hiezu von Erich T. erteilt wurde, konnte die belangte Behörde unbedenklich den im Kaufvertrag vom März 1999 festgehaltenen Bekundungen der Vertragspartner entnehmen. Das Beschwerdevorbringen, ein Auftragsverhältnis habe nicht bestanden, ist zum einen mit der Aktenlage nicht in Einklang zu bringen; zum anderen legt der Beschwerdeführer auch nicht dar, was unter der - an Stelle einer Beauftragung behaupteter Weise erfolgten - "Zession der Wiederaufbauverpflichtungen" zu verstehen ist, insbesondere worin sich dieses vom Beschwerdeführer gesehene Rechtsgeschäft von einem Werkauftrag an die T GmbH betreffend den Wiederaufbau der Gebäude unterscheiden sollte.

Ob Erich T., wie in der Beschwerde unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot vorgetragen wird, nicht nur auf Grund seiner im Kaufvertrag übernommenen Verpflichtung der T GmbH gegenüber zur Wiederherstellung der Gebäude verpflichtet war, sondern sich eine derartige Verpflichtung (entgegen der Bestimmung des § 1104 ABGB) schon aus dem zwischen den Vertragsteilen bestehenden Pachtverhältnis ergeben hätte, ist unerheblich. Entscheidend für das Vorliegen eines Leistungsaustausches ist, dass Erich T. - auch nach dem Beschwerdevorbringen unbestritten - Empfänger der von der T GmbH erbrachten Leistungen war.

Auch deutet der Umstand, dass die Versicherungsanstalt zur Finanzierung des Wiederaufbaus verpflichtet war und die (in Geld bestehende) Versicherungsleistung im Wege eines als Treuhänder fungierenden Rechtsanwaltes an die T GmbH weitergeleitet wurde, anders als der Beschwerdeführer meint, nicht auf einen fehlenden Leistungsaustausch hin. Die an die T GmbH geflossene Versicherungsleistung, auf die der Versicherungsnehmer Erich T. auf Grund des Versicherungsvertrages Anspruch hatte, bildete die Gegenleistung (das Entgelt) für die von der T GmbH an Erich T. erbrachten Leistungen. Damit waren - wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt wird - alle Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, um von einem der Umsatzsteuer unterliegenden Leistungsaustausch ausgehen zu können.

Dass die Steuerschuld gemäß § 19 UStG 1994 (noch) nicht entstanden war und solcherart auch die vorgenommene Rechnungsberichtigung zu Recht erfolgt wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am