VwGH vom 19.02.1998, 95/16/0291
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des HG in I, vertreten durch Dr. Christian J. Winder und Dr. Klemens Stefan Zelger, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Müllerstraße 16, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom , Zl. MD/Präs.Abt.II-2975/1993, betreffend Getränkesteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Landeshauptstadt Innsbruck Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Ausgehend von einer im Cafehausbetrieb des Beschwerdeführers durchgeführten Getränkesteuerprüfung setzte der Magistrat der Landeshauptstadt Innsbruck mit Bescheid vom für den Zeitraum vom bis unter Abzug der selbst bemessenen Abgabe die Getränkesteuer mit S 90.073,-- zuzüglich Säumniszuschlag in Höhe von 2 %, das sind S 1.801,--, sohin zusammen S 91.874,-- fest.
In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung machte der Beschwerdeführer geltend, er habe zu Recht von der Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer die Umsatzsteuer abgezogen. Der Beschwerdeführer sei aufgrund seiner Blindheit gemäß § 6 Z. 10 UStG 1972 von der Umsatzsteuer befreit, woraus jedoch nicht folge, daß er die Umsatzsteuer nicht von der Getränkesteuerbemessungsgrundlage in Abzug bringen könne, da es nicht Wille oder Absicht des Gesetzgebers sein könne, die oben genannte Begünstigung durch eine Schlechterstellung bei der Getränkesteuer wieder aufzuheben.
Mit Berufungsvorentscheidung vom wurde die Berufung unter Hinweis auf § 147 TLAO als unbegründet abgewiesen und unter Bezugnahme auf § 2 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1973 angeführt, daß aus dieser Aufzählung der Bestandteile des dem Letztverbraucher in Rechnung gestellten Preises erkennbar sei, daß ausschließlich solche Beträge erfaßt seien, die nicht dem Steuerschuldner zukommen, sondern die er für andere vereinnahmt. Eine Reduktion der Getränkesteuerbemessungsgrundlage um nicht an das Finanzamt abzuführende Umsatzsteuer sei daher unbegründet.
Aufgrund des innerhalb offener Frist gestellten Antrages auf Entscheidung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz wurde die Berufungsvorentscheidung mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vollinhaltlich bestätigt. In § 2 Abs. 2 Tiroler Getränkesteuergesetz 1973 seien erschöpfend jene Bestandteile des dem Letztverbraucher in Rechnung gestellten Preises aufgezählt, die nicht als getränkesteuerpflichtiges Entgelt zu qualifzieren seien. Nur solche Beträge könnten als die Bemessungsgrundlage für die in Rede stehende Steuer mindernd anerkannt werden, welche nicht dem Steuerschuldner zukommen, welche er also als "Durchlaufposten" für andere vereinnahme.
Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der dagegen erhobenen, ursprünglich an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluß vom ab und trat die Beschwerde antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In seinem ergänzenden Schriftsatz brachte der Beschwerdeführer nunmehr ausschließlich vor, in seinem Recht auf richtige Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Ermittlung der Getränkesteuer gemäß § 3 Abs. 1 und 3 Getränke- und Speisesteuerordnung in Verbindung mit § 2 Abs. 2 Tiroler Getränkesteuergesetz 1973 verletzt zu sein. Bei rechtsrichtiger Anwendung der zitierten Gesetzesstellen hätte die Getränkesteuerbemessungsgrundlage lediglich ÖS 9.658.390,-- und nicht wie im angefochtenen Bescheid festgestellt,
ÖS 10.559.117,--, betragen. Der bekämpfte Bescheid sei daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 6 Z. 10 Satz 1 des im vorliegenden Fall anzuwendenden UStG 1972 sind die unter § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 UStG 1972 fallenden Umsätze von Blinden steuerfrei, wenn der Blinde nicht mehr als drei sehende Arbeitnehmer beschäftigt und die Voraussetzungen der Steuerfreiheit durch eine näher beschriebene Bescheinigung nachweist. Bei dieser Befreiung handelt es sich um eine sogenannte "unechte" Umsatzsteuerbefreiung, weil hinsichtlich der somit nicht steuerpflichtigen Umsätze gemäß § 12 Abs. 3 Z. 1 UStG 1972 der Vorsteuerabzug ausgeschlossen ist.
Gemäß § 2 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1973 (LGBl. Nr. 102 idF LGBl. Nr. 58/1989) gilt als getränkesteuerpflichtiges Entgelt das dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt, einschließlich des Entgeltes für Zugaben, die üblicherweise im Preis für Getränke enthalten sind, wie Milch, Zucker, Zitrone und dergleichen, jedoch ausschließlich des Entgeltes für rückverrechenbare Verpackungen (Gebinde), die gesondert in Rechnung gestellt werden, der Getränkesteuer, der Umsatzsteuer, der Abgabe von alkoholischen Getränken und des Bedienungsgeldes.
Die Erfüllung der gemäß § 6 Z. 10 UStG 1972 statuierten Voraussetzung der Befreiung von der Umsatzsteuer ist im vorliegenden Fall nicht strittig. Der Beschwerdeführer macht geltend, daß die belangte Behörde entgegen den Bestimmungen des Tiroler Getränke- und Speiseieissteuergesetzes die Umsatzsteuer nicht von der Bemessungsgrundlage der Getränkesteuer abgezogen hat.
Der zitierten Bestimmung sei nichts darüber zu entnehmen, daß die Umsatzsteuer zu berücksichtigen wäre, wäre der Abgabepflichtige von der Abfuhr der Umsatzsteuer befreit. Ratio legis des § 6 Z. 10 UStG 1972 sei, dem Blinden eine entsprechende Erleichterung sowohl in organisatorischer, aber auch insbesondere in finanzieller Hinsicht zu geben. Die Republik Österreich verzichte damit auf die Abschöpfung der Umsatzsteuer bei Blinden, berechtige den Blinden aber auch nicht, eine Vorsteuer geltend zu machen. Die Argumentation, daß eine Umsatzsteuer dem Letztverbraucher nicht in Rechnung gestellt wurde, gehe ins Leere, da der Beschwerdeführer ja grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig sei; in den kalkulierten und den Letztverbrauchern verrechneten Preisen sei ja fiktiv eine Umsatzsteuer enthalten. Der Beschwerdeführer könne seine Vorsteuer nicht geltend machen und habe diese Summe in seiner Preiskalkulation zu berücksichtigen.
Dieser Rechtsansicht kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anschließen. § 2 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1973 spricht unmißverständlich von dem dem Letztverbraucher "in Rechnung gestellten" Entgelt, wovon bestimmte Entgeltbestandteile abgezogen werden können. Der Abzugsposten Umsatzsteuer kann nur dann zur Anwendung gebracht werden, wenn in dem an den Letztverbraucher in Rechnung gestellten Entgelt auch Umsatzsteuer enthalten war. Im vorliegenden Fall trifft dies jedoch nicht zu. Sinn dieser erschöpfenden Aufzählung jener abziehbaren Bestandteile des dem Letztverbraucher in Rechnung gestellten Preises ist es, ausschließlich solche Beträge aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden, die in Wahrheit nicht dem Unternehmer zukommen, sondern die er für andere vereinnahmt (hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/16/0108 m.w.H.). Daß aufgrund kalkulatorischer Notwendigkeiten nicht abziehbare Vorsteuern in der Kalkulationsgrundlage des Beschwerdeführers allenfalls enthalten sind, vermag daran nichts zu ändern, daß der Gesetzgeber in § 2 Abs. 2 Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz 1973 nur in Rechnung gestellte Umsatzsteuer meint. Im vorliegenden Fall ist daher der begehrte Abzug nicht möglich, da das "dem Letztverbraucher in Rechnung gestellte Entgelt" keine Umsatzsteuer beinhaltet hat. Wäre das Gegenteil der Fall gewesen, d.h. wäre trotz der Umsatzsteuerbefreiung eine Umsatzsteuer an den Letztverbraucher in Rechnung gestellt worden, dann würde diese aufgrund der Rechnungslegung geschuldet werden (§ 11 Abs. 12 UStG 1972). Da jedoch die vom Beschwerdeführer erzielten Entgelte keine Umsatzsteuer beinhaltet haben, kann dieses bei der Ermittlung der Getränkesteuerbemessungsgrundlage auch nicht ausgeschieden werden.
Für eine Bedachtnahme darauf, ob der Abgabenpflichtige vorsteuerabzugsberechtigt ist oder nicht, bietet das Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetz keine Handhabe. Es entspricht schließlich dem Wesen der unechten Umsatzsteuerbefreiung, daß sie nicht uneingeschränkt als "Begünstigung" anzusehen ist (siehe die Darlegungen bei Doralt-Ruppe, Grundriß des österreichischen Steuerrechtes I 6, 417f).
Insoweit der Beschwerdeführer auf die analoge Bestimmung des § 3 Abs. 3 der Getränke- und Speiseeissteuerordnung der Landeshauptstadt Innsbruck verweist, ist darauf hinzuweisen, daß diese Verordnung erst mit in Kraft getreten ist (vgl. § 9 Abs. 1 leg. cit.), sodaß schon deshalb aus dieser Norm für den vorliegenden Beschwerdefall nichts gewonnen werden kann.
Der angefochtene Bescheid erweist sich sohin als frei von der behaupteten Rechtswidrigkeit, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.