VwGH vom 25.02.1993, 92/18/0495
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des M M in B, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in K, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Klagenfurt vom , Fr-3089/92, betreffend Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Klagenfurt (der belangten Behörde) vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 und 2 Z. 1 in Verbindung mit § 4 Fremdenpolizeigesetz ein bis zum befristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
In der Begründung dieses Bescheides nahm die belangte Behörde als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer bereits vor Erreichen der Strafmündigkeit straffällig geworden sei. Am habe er die Cousine seiner Ehefrau mit einem Küchenmesser bedroht. Im August und September 1989 habe er an vier Raubüberfällen im Stadtgebiet Klagenfurt teilgenommen. Er sei auf Grund dieser Straftaten wegen gefährlicher Drohung nach § 107 Abs. 1 und 2 StGB und wegen Raubes nach § 142 Abs. 1, teilweise in Verbindung mit § 15 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten, davon 10 Monate bedingt auf drei Jahre, rechtskräftig verurteilt worden. Im Hinblick auf diese Straftaten stelle der weitere Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Der Beschwerdeführer halte sich zwar seit 1974 (mit vielen Unterbrechungen) im Bundesgebiet auf. Er sei mit einer jugoslawischen Staatsangehörigen verheiratet, von der er getrennt lebe. Er habe keine Kontakte zu österreichischen Staatsangehörigen geltend gemacht und sei nicht als integriert anzusehen. Er habe keine Einwendungen gegen die Erlassung des Aufenthaltsverbotes vorgebracht, weshalb auch allenfalls vorhandene Bindungen an seine Familie (jugoslawische Staatsangehörige, die in Österreich einer Saisonarbeit nachgehen) nicht zu berücksichtigen gewesen seien.
Mit dem am bei der belangten Behörde eingelangten Schriftsatz beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Aufenthaltsverbotes und brachte dazu vor, durch die Trennung von seiner Familie sei er "nervlich erheblich belastet". Er könne nicht schlafen, habe Angst, sei schlecht gelaunt und unsicher. In einem Befund eines Nervenfacharztes sei angeführt, daß autoaggressive Handlungen und Gedanken sowie Depressionen aufträten. Nach diesem Befund sei es notwendig, daß er mit seiner Mutter in Österreich zusammen wohne, die sich um ihn kümmern könne und ihn regelmäßig zur Kontrolle seiner Therapie bringe. Er sei mittlerweile von seiner jugoslawischen Frau geschieden. In seiner Heimat herrsche Kriegszustand. Er müsse teilweise im Freien schlafen und der Kontakt zu seinen Eltern sei erheblich erschwert. Da seine Interessen schwerer wögen als die maßgeblichen öffentlichen Interessen, sei das Aufenthaltsverbot aufzuheben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde diesen Antrag ab und führte in der Begründung aus, die vorgebrachten Gründe seien in keiner Weise geeignet, eine für den Beschwerdeführer positive Entscheidung herbeizuführen. Laut Befund des Facharztes trinke der Beschwerdeführer seit seinem 15. Lebensjahr Alkohol, sei aggressiv und prügle sich mit anderen Menschen. Auf Grund seines allgemeinen Zustandes sei er arbeitsunfähig. Seit seiner Abschiebung nach Jugoslawien, der er zugestimmt habe, hätten sich seine persönlichen Verhältnisse nicht positiv geändert, sondern verschlechtert. Seine Eltern könnten zur Pflege ihres Sohnes in ihre Heimat reisen und auch dort bleiben. Der Beschwerdeführer stelle weiterhin eine eminente Gefahr für die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar, weshalb sein Antrag abzuweisen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 8 Fremdenpolizeigesetz ist das Aufenthaltsverbot von der Behörde, die es erlassen hat, auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.
Nach dieser Bestimmung, die ihren Inhalt nur aus dem Zusammenhang mit § 3 Fremdenpolizeigesetz gewinnt, hat sich die Behörde mit der Frage auseinanderzusetzen, ob sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes jene Umstände, die für die Beurteilung der öffentlichen Interessen einerseits und der privaten und familiären Interessen andererseits maßgebend sind, zugunsten des Fremden geändert haben, und daran anschließend diese Interessen gegeneinander abzuwägen (siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/18/0389, mit weiterem Judikaturhinweis).
Entscheidend ist, ob eine Änderung der maßgebenden Umstände in diesem Sinne seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes eingetreten ist. Die Rechtmäßigkeit jenes Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot verhängt worden ist, ist bei der Entscheidung über einen Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes nicht zu überprüfen.
Der Beschwerdeführer meint, die belangte Behörde hätte begründen müssen, warum von ihm ein erhebliches Maß an krimineller Energie ausgehe.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die vom Beschwerdeführer bis zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes begangenen Straftaten den von der belangten Behörde gezogenen Schluß rechtfertigen. Soweit der Beschwerdeführer die Straftaten zu bagatellisieren versucht und auf seine "jugendliche Unvernunft" zurückführt, ist ihm die rechtskräftige Bestrafung zu einer (teilbedingten) Freiheitsstrafe von 15 Monaten und die Rechtskraft des darauf gestützten Aufenthaltsverbotes entgegenzuhalten.
Daß der Beschwerdeführer - wie sich aus dem vorgelegten Befund ergibt - trinkt und psychische Probleme hat, führt nicht dazu, daß die Interessenabwägung nun zu seinen Gunsten ausfällt, werden doch dadurch im Gegenteil die maßgebenden öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes verstärkt. Selbst wenn sich im Falle des Zusammenlebens des Beschwerdeführers mit seiner Mutter in Österreich bessere Aussichten für seine Therapie ergeben sollten, fällt dies bei der Interessenabwägung nicht entscheidend ins Gewicht. Im übrigen ist nicht erkennbar, warum dieses Zusammenleben nur in Österreich möglich sein soll, ergibt sich doch aus dem vorgelegten Facharztbefund vom , daß der Beschwerdeführer in Begleitung seiner Mutter zur ärztlichen Kontrolle (in Modrica) erschienen ist. Im Hinblick auf das Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen können auch die Kriegsereignisse in der Heimat des Beschwerdeführers nicht zu einem für ihn positiven Ergebnis der Interessenabwägung führen.
Aus den dargelegten Gründen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.