VwGH vom 28.05.1998, 95/16/0280
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des CS in W, Thimiggasse 44, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom , Zl. 3/4/S-78/1/1/95, betreffend einen Devolutionsantrag in einer Eingangsabgabensache, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer führte aus Italien einen Kamin aus Beton mit Gußteilen in das Zollgebiet ein. Mittels zollamtlicher Bestätigung vom wurde ausgehend von dem durch einen Kassabeleg nachgewiesenen Kaufpreis von
Lire 2,200.000,--, entsprechend dem aktuellen Zollwertkurs die Bemessungsgrundlage mit ÖS 15.400,-- bestimmt und davon die 20%ige Einfuhrumsatzsteuer mit S 3.080,-- festgesetzt; die Einfuhrumsatzsteuer wurde vom Beschwerdeführer entrichtet.
Mit Schreiben vom erhob der Beschwerdeführer gegen die zollamtliche Bestätigung Berufung. Darin führte er aus, aus dem von ihm vorgelegten Zahlungsbeleg sei deutlich ersichtlich, daß im Kaufpreis 19 % italienische Umsatzsteuer enthalten sei. Da die italienische Umsatzsteuer in die Bemessungsgrundlage einbezogen worden sei, liege eine Doppelbesteuerung vor.
Mit Schreiben vom forderte das Zollamt den Beschwerdeführer auf, bis u.a. Nachweise über die erfolgte Vergütung der italienischen Mehrwertsteuer (z.B. Überweisungsauftrag) vorzulegen. Mit Schreiben vom ersuchte er diesbezüglich um Fristerstreckung und legte die Originalrechnung vor; die Frist wurde bis zum antragsgemäß verlängert. Mit Schreiben vom ersuchte er das Zollamt um Rückübermittlung des Zahlungsbeleges (Rechnung), damit er diesen den italienischen Behörden im Original vorlegen könne. Weiters ersuchte er um eine Fristerstreckung bis .
Am stellte der Beschwerdeführer den hier gegenständlichen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht gemäß § 311 BAO. Obwohl er die vom Zollamt nachträglich geforderten Nachweise rechtzeitig vorgelegt habe, sei über seine Berufung nicht entschieden worden. An der Säumigkeit treffe ihn kein Verschulden und seien die Voraussetzungen eines Devolutionsantrages gegeben. Er begehrt von der Finanzlandesdirektion, seiner Berufung stattzugeben und die Vorschreibung der Eingangsabgaben zu widerrufen, hilfsweise die Bemessungsgrundlage zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung neu festzusetzen.
Am 22. August übermittelte das Zollamt den vom Beschwerdeführer seinerzeit angeforderten Originalbeleg (Rechnung) an den Beschwerdeführer.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Devolutionsantrag als unbegründet ab. Den Beschwerdeführer hätte eine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes (Rückerstattung der italienischen Mehrwertsteuer) getroffen, weil wesentliche Sachverhaltsmomente auslandsbezogen seien, weshalb er verhalten gewesen sei, einen entsprechenden Nachweis der Rückerstattung der italienischen Mehrwertsteuer zu erbringen. Der Beschwerdeführer habe zwar den Eingangsabgabenbescheid und die bezughabende Originalrechnung, nicht aber den entscheidungswesentlichen Nachweis über die Rückvergütung der italienischen Mehrwertsteuer erbracht. Durch eine vom Beschwerdeführer an das Bundesministerium für Finanzen gerichtete Anfrage sei eine Unterbrechung der Rechtsmittelbearbeitung in der Zeit vom bis eingetreten. Die Verspätung sei nicht ausschließlich auf das Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen gewesen.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, die gemäß § 24 Abs. 2 zweiter Satz VwGG in der damals geltenden Fassung einer Unterschrift eines Rechtsanwaltes entbehrte, weil der Beschwerdeführer rechtskundiger Bediensteter der Stadt Wien ist. Er erachtet sich in seinem aus § 311 BAO resultierenden Recht verletzt, daß aufgrund seines Antrages auf Übergang der Zuständigkeit die Abgabenbehörde zweiter Instanz anstelle der säumigen Abgabenbehörde erster Instanz eine Sachentscheidung fällt. Er begehrt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 311 Abs. 1 BAO sind die Abgabenbehörden verpflichtet, über die in Abgabenvorschriften vorgesehenen Anbringen der Parteien ohne unnötigen Aufschub zu entscheiden. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung geht, wenn Bescheide der Abgabenbehörde erster Instanz der Partei nicht innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Einlangen der Anbringen bekanntgegeben werden, auf schriftliches Verlangen der Partei die Zuständigkeit zur Entscheidung auf die Abgabenbehörde zweiter Instanz über. Derartige Anträge sind gemäß § 311 Abs. 4 BAO bei der Abgabenbehörde zweiter Instanz einzubringen; sie sind abzuweisen, wenn die Verspätung nicht ausschließlich auf ein Verschulden der Abgabenbehörde erster Instanz zurückzuführen ist.
Im vorliegenden Fall ist die Berufung nicht innerhalb von sechs Monaten erledigt worden, der Devolutionsantrag wurde nach Ablauf der Sechsmonatsfrist gestellt. Nach dem Rechtsmittel des Beschwerdeführers war die Bemessungsgrundlage für die Einfuhrumsatzsteuer zu prüfen; nach dem im Akt befindlichen Kassazettel des italienischen Verkäufers hat der Kaufpreis Lire 2,200.000,-- ausgemacht.
Gemäß § 5 Abs. 1 UStG 1972 wird der Umsatz bei der Einfuhr nach dem Zollwert der eingeführten Ware bemessen. Unterliegt eine einfuhrumsatzsteuerpflichtige Ware nicht einem Wertzoll, so ist gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung Bemessungsgrundlage bei der Einfuhr das dem Lieferer für die eingeführte Ware geschuldete Entgelt. Dieses Entgelt betrug im vorliegenden Fall Lire 2,200.000,-- bzw. S 15.400,--.
Im Kaufpreis enthaltene ausländische Zölle und sonstige Abgaben gehören zum Entgelt, sofern sie nicht rückerstattet wurden oder werden. Wurden ausländische Zölle oder sonstige Abgaben im Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung bereits rückerstattet und kann der Käufer dies nachweisen, so sind sie bei der Ermittlung des Entgelts in Abzug zu bringen. Wird die Rückerstattung später gewährt, so können die ausländischen Zölle oder sonstigen Abgaben bei der Ermittlung des Entgelts dann abgezogen werden, wenn der Käufer die nachträgliche Rückerstattung durch Vorlage entsprechender Unterlagen, wie eines vom ausländischen Zollamt bestätigten Ausfuhrnachweises, glaubhaft macht. Grundsätzliche Voraussetzung für die Abzugsfähigkeit ist, daß eine vom Käufer geltend gemachte Rückerstattung ausländischer Zölle oder sonstiger Abgaben ihm tatsächlich zugute kommt (Kranich-Siegl-Waba, Mehrwertsteuer-Kommentar, Lieferung April 1998, Rz. 79a zu § 5 UStG 1972).
Sache des Beschwerdeführers war es somit, nachzuweisen, daß ihm die italienische Umsatzsteuer rückerstattet wurde. Unmittelbar nach der Erhebung der Berufung, nämlich schon am wurde ihm aufgetragen, die Rechnung und den Nachweis über die erfolgte Vergütung der italienischen Umsatzsteuer vorzulegen. Dem Auftrag, einen Nachweis über die erfolgte Vergütung vorzulegen, ist der Beschwerdeführer nie nachgekommen; dies allein hätte aber eine andere Beurteilung der Bemessungsgrundlage im Sinne des § 5 Abs. 2 UStG 1972 bewirkt. Allein dadurch, daß die Behörde dem Beschwerdeführer noch weiter Gelegenheit gab, den erforderlichen Nachweis zu erbringen, kann von einem ausschließlichen Verschulden auf ihrer Seite an der Verzögerung keine Rede sein (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, unter E. 332 bis 334 wiedergegebenen Nachweise aus der hg.Judikatur).
Somit erwies sich die Beschwerde insgesamt als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war. Die Entscheidung konnte in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
BGBl. Nr. 416/1994.