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VwGH vom 14.04.1993, 92/18/0477

VwGH vom 14.04.1993, 92/18/0477

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll, Dr. Zeizinger, Dr. Sauberer und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des I in K, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in F, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom , Zl. FrB-4250/91, betreffend Aufenthaltsverbot, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 3 Abs. 1 Z. 2 und Z. 3 in Verbindung mit § 4 des Fremdenpolizeigesetzes (im folgenden: FPG) ein bis zum befristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet erlassen.

In der Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer sei wegen versuchten Schmuggels und vorsätzlichen Eingriffes in die Rechte des Tabakmonopoles im Sinne der §§ 13, 35 Abs. 1 und 44 Abs. 1 lit. c Finanzstrafgesetz am mit einer Geldstrafe von S 1.200,--, am mit einer Geldstrafe von S 400,-- und am mit einer Geldstrafe von S 400,-- bestraft worden. Weiters sei er am nach § 35 Abs. 1 und teilweise auch nach § 44 Abs. 1 lit. c Finanzstrafgesetz mit einer Geldstrafe von S 15.000,-- bestraft worden. Neben anderen Verwaltungsübertretungen habe der Beschwerdeführer zwei Übertretungen nach § 16 (Abs. 1) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Kraftfahrliniengesetzes begangen, wofür über ihn je eine Geldstrafe von S 5.000,-- verhängt worden sei. Vom Landesgericht Innsbruck sei er mit Urteil vom für schuldig befunden worden, am als Omnibuslenker infolge schuldhaften Nichteinhaltens des Rechtsfahrgebotes, wodurch er mit einem entgegenkommenden Pkw zusammengestoßen sei, fahrlässig den Tod einer Person herbeigeführt zu haben. Er habe hiedurch das Vergehen der fahrlässigen Tötung nach § 80 StGB begangen und sei hiefür zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Beschwerdeführer habe somit - so die belangte Behörde weiter - mehrmals im Inland wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen sowie zweier gravierender Verwaltungsübertretungen (nach dem Kraftfahrliniengesetz wegen unbefugter Ausübung eines konzessionierten Gewerbes) bestraft werden müssen. Es lägen somit die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes sowohl nach § 3 Abs. 2 Z. 3 als auch nach Z. 2 FPG vor. An persönlichen und familiären Verhältnissen sei zu berücksichtigen gewesen, daß der Beschwerdeführer seit 1971 in Vorarlberg aufhältig sei. Neben seinem Bruder wohnten seine Schwester und sein Schwager sowie deren Kinder in Vorarlberg. Der Beschwerdeführer wohne bei seiner Lebensgefährtin mit dem gemeinsamen Kind. Die Tätigkeit eines Buschauffeurs bzw. -unternehmers könne von ihm auch im Ausland ausgeübt werden. Auf Grund des langjährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sei davon auszugehen, daß er integriert sei. Auch in Anbetracht der angeführten Lebensgemeinschaft sowie des Kindes seien die Folgen eines Aufenthaltsverbotes für den Beschwerdeführer und seine Angehörigen nicht unbedeutend. Gegen ihn sei jedoch bereits mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom ein Aufenthaltsverbot erlassen worden, welches von der belangten Behörde mit Bescheid vom aufgehoben worden sei. Bereits in diesem Berufungsbescheid sei angeführt worden, daß die Voraussetzungen gemäß § 3 Abs. 1 FPG zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegeben seien; auf Grund des langjährigen Aufenthaltes und der damit verbundenen Integration des Beschwerdeführers sei jedoch die Ansicht vertreten worden, daß die Interessenabwägung gemäß § 3 Abs. 3 FPG zu seinen Gunsten auszuüben sei. Dem Beschwerdeführer sei jedoch mit Nachdruck vor Augen geführt worden, daß er für den Fall eines neuerlichen gravierenden Rechtsbruches mit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu rechnen habe. Dessen ungeachtet habe er wegen zweier gravierender Verwaltungsübertretungen bestraft werden müssen. In Anbetracht dieses Verhaltens erscheine die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten, zumal nicht zu erwarten sei, daß sich der Beschwerdeführer in Hinkunft gesetzestreu verhalten werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher die Behandlung derselben mit Beschluß vom , Zl. B 844/92, ablehnte und sie in der Folge gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abtrat. Dieser hat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 1, Abs. 2 Z. 2 und Z. 3 sowie des Abs. 3 FPG lauten:

"§ 3 (1) Gegen einen Fremden kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, daß sein Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom , BGBl. Nr. 210/1958, genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder

2. im Inland mehr als einmal wegen schwerwiegender Verwaltungsübertretungen oder mehrmals wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes, des Paßgesetzes, des Grenzkontrollgesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

3. im Inland wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist.

(3) Würde durch ein Aufenthaltsverbot in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist seine Erlassung nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom genannten Ziele dringend geboten ist. In jedem Fall ist ein Aufenthaltsverbot nur zulässig, wenn nach dem Gewicht der maßgebenden öffentlichen Interessen die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unverhältnismäßig schwerer wiegen, als seine Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie. Bei dieser Abwägung ist insbesondere auf folgende Umstände Bedacht zu nehmen:

1. die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen;


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2.
die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen;
3.
die mögliche Beeinträchtigung des beruflichen oder persönlichen Fortkommens des Fremden oder seiner Familienangehörigen.
Zu Recht konnte die belangte Behörde davon ausgehen, daß sowohl der Tatbestand der Z. 2 (erster Fall) als auch der Z. 3 (erster Fall) des § 3 Abs. 2 FPG erfüllt ist. Was zunächst die vom Beschwerdeführer begangenen Finanzvergehen anlangt, so ist es keineswegs "schwer nachvollziehbar", weshalb diese trotz des inzwischen verstrichenen Zeitraumes dem § 3 Abs. 2 Z. 3 (erster Fall) FPG subsumierbar sind, zumal eine Tilgung nicht eingetreten ist (vgl. dazu § 186 Finanzstrafgesetz). Auch ist es rechtlich unerheblich, ob sich der Beschwerdeführer diesbezüglich in der Folge "nachweislich und nachhaltig" wohlverhalten habe. Weiters unterscheidet § 3 Abs. 2 Z. 3 FPG nicht, ob es sich um "geringe" Finanzvergehen gehandelt hat oder nicht.
Zu den beiden Bestrafungen des Beschwerdeführers wegen Übertretung nach § 16 Abs. 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Kraftfahrliniengesetzes 1952 infolge unbefugter Konzessionsausübung ist zunächst festzustellen, daß es dem Beschwerdeführer im Hinblick auf die Rechtskraft der Bestrafungen verwehrt ist, deren Rechtmäßigkeit in Frage zu stellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 91/19/0308, 0309). Aber auch die Wertung dieser beiden Verwaltungsübertretungen als "schwerwiegende" im Sinne des § 3 Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) FPG durch die belangte Behörde ist nicht als rechtswidrig zu erkennen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0312).
Waren aber die Tatbestände des § 3 Abs. 2 Z. 2 und Z. 3 (jeweils erster Fall) FPG erfüllt, so konnte die belangte Behörde sogar in zweifacher Hinsicht mit Recht vom Vorliegen einer "bestimmten Tatsache" im Sinne des § 3 Abs. 1 leg. cit. und auch davon ausgehen, daß die Annahme gerechtfertigt ist, der Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gefährde die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit oder laufe anderen im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwider.
Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, daß die belangte Behörde bei der Vornahme der nach § 3 Abs. 3 FPG gebotenen Interessenabwägung rechtswidrig gehandelt hätte. Zutreffend hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, daß der Beschwerdeführer seine Tätigkeit nicht nur in Österreich ausüben kann. Ob er diese Tätigkeit in den nächsten Jahren in seinem Heimatland ausüben kann, fällt dabei nicht entscheidend ins Gewicht. Hingegen hat die belangte Behörde zu Recht hervorgehoben, daß der Beschwerdeführer trotz der ausdrücklichen Androhung der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes im Berufungsbescheid vom neuerlich zwei schwerwiegende Verwaltungsübertretungen - die den Tatbestand des § 3 Abs. 2 Z. 2 erster Fall FPG erfüllen - begangen hat. Abgesehen davon fallen dem Beschwerdeführer insgesamt VIER vorsätzlich begangene Finanzvergehen zur Last.
Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.