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VwGH vom 28.03.1996, 95/16/0269

VwGH vom 28.03.1996, 95/16/0269

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der C GmbH in W, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-396/15/95, betreffend Rechtsgebühr,

Spruch

1. den Beschluß gefaßt:

Der in der Gegenschrift vom gestellte Antrag der belangten Behörde, die Beschwerde zurückzuweisen, in eventu das Verfahren einzustellen, wird abgewiesen und

2. zu Recht erkannt:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.950,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheiden vom und setzte das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern betreffend die Zeiträume von AUGUST UND SEPTEMBER 1994, sowie OKTOBER BIS DEZEMBER 1994 für im Karten-Casino der Beschwerdeführerin veranstaltete Kartenspiele (und zwar Seven Card Stud Poker, Concord Aces und Lucky 9) Rechtsgebühr gemäß § 33 TP 17 Abs. 1 Z. 7 lit. b GebG idF der Novelle BGBl. Nr. 965/1993 fest und forderte mit dem erstgenannten Bescheid überdies eine Gebührenerhöhung an.

Auf Grund der dagegen erhobenen Berufungen hob die belangte Behörde die Gebührenerhöhung auf, wies aber die Berufungen in der Hauptsache als unbegründet ab. Sie vertrat dabei im Kern der Begründung ihrer Berufungsentscheidung die Auffassung, daß es sich bei den in Rede stehenden Kartenspielen, insbesondere auch beim Spiel Seven Card Stud Poker um reine Glücksspiele handle. Hinsichtlich der im Schätzungsweg ermittelten Bemessungsgrundlage führte die belangte Behörde ua ausdrücklich aus, daß wegen der Komplexität der Schätzungsberechnungen von einer detaillierten Aufstellung Abstand genommen worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sch die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem antragsgemäß nach Ablehnung ihrer Behandlung an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich ua in ihrem Recht auf Gebührenfreiheit verletzt.

Der Bundesminister für Finanzen legte die Verwaltungsakten und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift vor, in der primär die Zurückweisung der Beschwerde bzw. die Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, in eventu die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.) Zum Antrag der belangten Behörde, die Beschwerde zurückzuweisen bzw. das gegenständliche Verfahren gemäß §§ 33 Abs. 1 und 34 Abs. 2 VwGG einzustellen, ist folgendes zu sagen:

In der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Bescheidbeschwerde gemäß Art. 144 B-VG wurde ausdrücklich der Bescheid der belangten Behörde vom , Zl. GA 9-396/15/95 als angefochten bezeichnet.

Da der dann vom Verfassungsgerichtshof antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretenen Beschwerde hinsichtlich des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens diverse Mängel anhafteten, wurde der Beschwerdeführerin mit Beschluß vom gemäß § 34 Abs. 2 VwGG ein insgesamt 4 Punkte umfassender Mängelbehebungsauftrag erteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird dazu auf den zitierten hg. Beschluß Zl. 95/16/0269-2 verwiesen.

Daraufhin erstattete die Beschwerdeführerin (abgesehen von der Vorlage einer ursprünglich fehlenden weiteren Beschwerdeausfertigung) mit Eingabe vom in dreifacher Ausfertigung ein umfangreiches, insgesamt 61 Seiten umfassendes ergänzendes Vorbringen, wodurch dem hg. Mängelbehebungsauftrag vollständig entsprochen wurde. In der Folge wurde daher vom Berichter mit hg. Verfügung vom gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren eingeleitet und der in § 36 Abs. 1 VwGG vorgesehene Vorgang veranlaßt.

Dabei wurde allerdings übersehen, daß im Mängelbehebungsschriftsatz ungeachtet der dort auf Seite 2 Abs. 1 vorgenommenen, mit der Urbeschwerde übereinstimmenden Bezeichnung des angefochtenen Bescheides auf Seite 7 im Rahmen der Formulierung des Beschwerdeantrages in Punkt III lit. a) ein anderer Bescheid als angefochten genannt wurde, nämlich ein Bescheid vom , Zl. GA 9-601/94, hinsichtlich dessen auch der Aufhebungsantrag gestellt wurde.

Dies wurde in der Folge von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift dahin gerügt, daß die Beschwerde die Aufhebung eines anderen als des angefochtenen Bescheides begehre und daher zurückzuweisen sei, bzw. daß dem hg.

Mängelbehebungsauftrag nur teilweise entsprochen worden sei, weshalb eine Einstellung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens zu erfolgen hätte.

Daraufhin wurde die Beschwerdeführerin mit hg. Beschluß vom aufgefordert, binnen zwei Wochen bekanntzugeben, ob sie tatsächlich die Aufhebung des Bescheides vom , Zl. GA 9-601/94 begehrt oder ob es sich bei dieser Bescheidbezeichnung nicht bloß um einen Schreibfehler handelt.

In einer daraufhin fristgerecht erstatteten "Gegenäußerung zur Gegenschrift" stellte die Beschwerdeführerin klar, daß es sich bei der in Rede stehenden Bescheidbezeichnung auf Seite 7 in Punkt III lit. a) des Mängelbehebungsschriftsatzes um eine "auf einem Versehen beruhende offensichtliche Unrichtigkeit" handelt wobei sie auch eine entsprechende ausdrückliche Richtigstellung vornahm, indem das Aufhebungsbegehren jetzt ausdrücklich auf den Bescheid vom , Zl. GA 9-396/15/95 bezogen wurde. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sowohl in der ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof gerichteten Urbeschwerde als auch auf Seite 2 des Mängelbehebungsschriftsatzes der letztgenannte Bescheid als angefochten bezeichnet war, ist die oben näher geschilderte Bezeichnung desjenigen Bescheides, dessen Aufhebung im Mängelbehebungsschriftsatz begehrt wurde, in der Tat als bloßes Versehen und damit als Schreibfehler zu qualifizieren, den die Beschwerdeführerin numehr zulässigerweise berichtigt hat. Es besteht insgesamt kein Zweifel an der Identität des angefochtenen Bescheides, dessen Aufhebung begehrt wird.

Für die von der belangten Behörde begehrte Zurückweisung der Beschwerde fehlt es daher ebenso wie für die beantragte Verfahrenseinstellung an jeglicher Grundlage. Wie oben schon ausgeführt wurde nämlich auch die Mängelbehebung vollständig duchgeführt. Anders als es die belangte Behörde sehen will, hat die Bfin nämlich im Wege der Formulierung unter Punkt I.1) auf Seite 2 ihres Mängelbehebungsschriftsatzes auch den Beschwerdepunkt gesetzmäßig zur Darstellung gebracht, indem sie sich ua ausdrücklich in ihrem "Recht, für die Veranstaltung oder Organisation von nicht unter den Begriff "Glücksspiele" (§ 1 Abs. 1 GSpG) fallende Spiele, nicht die Gebühren ... entrichten zu müssen" verletzt erachtete.

2.) In der Hauptsache ist der vorliegende Fall, abgesehen davon, daß er zwei andere Zeiträume betrifft, vollkommen gleichgelagert mit dem mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/16/0047 entschiedenen. Zur Vermeidung von Wiederholungen genügt es daher, auf das zitierte Erkenntnis zu verweisen (§ 43 Abs. 2 VwGG), weil dem jetzt angefochtenen Bescheid ebenso wie dem dort betroffenen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anhaftet, was gemäß § 42 Abs. 2 z. 3 lit. b und c VwGG zur Aufhebung führen muß.

Mit Rücksicht auf die vom angefochtenen Bescheid betroffenen Zeiträume, unter Bedachtnahme auf den gemäß § 4 Abs. 1 BAO (im Beschwerdefall iVm § 16 Abs. 5 lit. a bis c GebG) maßgeblichen Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgaben sowie angesichts des Fehlens entsprechender Übergangsbestimmungen (vgl. dazu insbesondere Ritz, BAO-Kommentar Rz 11 Abs. 2 zu § 289 BAO und Rz 14 Beispiel 7 zu § 4 BAO) und den Zeitpunkt des Inkrafttretens des EU-Beitrittsvertrages, BGBl. Nr. 45/1995 mit , konnte von einem Eingehen auf die sowohl von der Beschwerdeführerin als auch von der belangten Behörde aufgeworfenen Fragen des EU-Rechtes abgesehen werden.

Angesichts der durch das oben zitierte hg. Erkenntnis klargestellten Rechtslage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden, wobei auch von der beantragten mündlichen Verhandlung gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden konnte.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994. Die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft einerseits zusätzlich zum Schriftsatzaufwand angesprochene Umsatzsteuer (vgl. dazu die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3 687 Abs. 3 referierte hg. Judikatur) und andererseits Beilagengebühren, die die Beschwerdeführerin für zahlreiche vorgelegte, aber nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Beilagen entrichtet hat.