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VwGH vom 26.06.1996, 95/16/0227

VwGH vom 26.06.1996, 95/16/0227

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch die F, Rechtsanwaltskanzlei in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) des Berufungssenates III bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde II. Instanz vom , Zl. GA 13-1/A-196/1/7/95, betreffend Bestrafung wegen des Finanzvergehens des versuchten Schmuggels, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.920,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer reiste am von Miami (USA), über London kommend, per Flug in Wien Schwechat nach Österreich ein, wobei er im Zollamt Flughafen Wien den "Grünausgang" benützte. Unmittelbar danach wurde er von Rev.Insp. X zur Gepäcksrevision gebeten, wobei vier antike Bilder im Wert von S 143.910,-- gefunden wurden, die der Beschwerdeführer bei zwei Gemäldehändlern in New Orleans für seine private Gemäldesammlung erworben hatte.

In einem am genannten Tag aufgenommenen Protokoll findet sich unter der Überschrift "Aussagen des Beschuldigten" (auszugsweise) folgende Passagen:

"... Der Wahrheit entsprechend gebe ich an, daß ich einsehe, mich unrichtig verhalten zu haben. Es war mir klar, daß ich die vier Bilder dem Zollamt gegenüber hätte anmelden müssen, doch wollte ich mir die auf die erwähnten Gegenstände entfallenden Abgaben ersparen ..."

Am Tag darauf wurde die Beschuldigtenvernehmung fortgesetzt und darüber (auszugsweise) folgende Niederschrift aufgenommen:

"Ich halte meine am gemachten Angaben vollinhaltlich aufrecht ...

Ich nehme die Aufhebung der Beschlagnahme zur Kenntnis und bestätige gleichzeitig den Erhalt der vier Stück Bilder. Diese habe ich in unbeschädigtem Zustand übernommen..."

Am langte beim Zollamt Flughafen Wien ein mit datierter Schriftsatz des (ab diesem Verfahrensschritt rechtsfreundlich vertretenen) Beschwerdeführers ein, worin erstmals behauptet wurde, der Beschwerdeführer habe sich vor dem Ankauf der Bilder bei Kunsthändlern in New Orleans erkundigt, ob diese bei der Einfuhr nach Österreich zu verzollen seien. Dies sei von beiden Kunsthändlern verneint worden, wobei dem Beschwerdeführer seitens der beiden Händler versichert worden sei, daß sie Kunstgegenstände nicht nur in die ganze Welt sondern auch schon nach Österreich geliefert hätten und daher auf diesem Gebiet Erfahrung besäßen. Vorsichtshalber habe der Beschwerdeführer darüberhinaus einen ihm bekannten Spediteur in Österreich kontaktiert, der ihm ebenfalls erklärt habe, daß bei der Einfuhr antiker Bilder nach Österreich kein Zoll zu entrichten sei. Der Beschwerdeführer sei daher davon ausgegangen, daß ihn bei der Einreise nach Österreich keine Stellungs- oder Erklärungspflicht treffe, wobei er als Laie zwischen Zoll und sonstigen Eingangsabgaben nicht unterschieden habe.

Obwohl er diesen Sachverhalt den Beamten des Zollamtes Flughafen Wien bei seiner Vernehmung sofort zur Kenntnis gebracht hätte, sei dies nicht so zu Protokoll genommen worden. Der Beschwerdeführer sei vielmehr durch verschiedene Erklärungen "massiv unter Druck gesetzt und auf diese Weise genötigt worden, ein Geständnis zu unterfertigen, das nicht den Tatsachen entspricht". Es sei ihm insbesondere erklärt worden, daß - wenn er kein Geständnis ablegen sollte - die Bilder für verfallen erklärt werden müßten, wobei es äußerst fraglich sei, ob und zu welchen Konditionen er sie später wieder zurückkaufen könne. Weiters sei ihm erklärt worden, daß, falls er nicht gestehe, die Zollfahndung einschreiten müßte und er den Flughafen erst nach deren Eintreffen und in ihrer Begleitung verlassen dürfe. Dem Beschwerdeführer sei keine Gelegenheit eingeräumt worden, mit seinem Rechtsberater zu telefonieren. Zu diesem Zeitpunkt hätte der Beschwerdeführer schon 30 Stunden nicht geschlafen gehabt; er sei auf Grund der anstrengenden Reise völlig übermüdet gewesen. Dazu sei der Umstand gekommen, daß der Beschwerdeführer die Bilder keinesfalls habe verlieren wollen. Aus diesen Gründen habe er die von den vernehmenden Beamten formulierten Aussagen unterfertigt.

Am nächsten Tag habe er diese Aussage deshalb bestätigt, weil er zu den Beamten kein Vertrauen mehr gehabt und befürchtet habe, daß sie ihm andernfalls die Herausgabe der Bilder verweigern würden.

Nachdem ihm aber inzwischen eine klare Überlegung möglich gewesen sei und er sich habe beraten lasse, erkläre er, seine Aussagen zu widerrufen, weil sie nicht den Tatsachen entsprächen. Er habe hinreichend sorgfältig gehandelt und sich in einem entschuldbaren Irrtum befunden, der die Strafbarkeit ausschließe. Jedenfalls habe er kein Vorsatzdelikt gesetzt.

Aus einem Aktenvermerk des Zollamtes Wien als Finanzstrafbehörde I. Instanz vom ergibt sich, daß der Beschwerdeführer in der zentralen Finanzstrafkartei nicht aufscheint.

Am erließ das Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde erster Instanz gegen den Beschwerdeführer gemäß § 143 FinStrG eine Strafverfügung, worin ihm das Finanzvergehen des versuchten Schmuggels nach §§ 13, 35 Abs. 1 FinStrG zur Last gelegt und über ihn gemäß §§ 13, 35 Abs. 4 leg. cit. eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage) verhängt wurde. Außerdem wurde gemäß § 35 Abs. 4 iVm §§ 17 und 89 Abs. 7 FinStrG der für die Bilder erlegte Geldbetrag von S 143.910,-- für verfallen erklärt. In der Begründung wurde auf die Tatbeschreibung vom und die Verantwortung des Beschwerdeführers vom 12. Mai und Bezug genommen, außerdem auf die "sonstigen amtlichen Ermittlungsergebnisse".

Der Beschwerdeführer erhob gegen die Strafverfügung fristgerecht Einspruch.

Der Spruchsenat beim Zollamt Wien als Finanzstrafbehörde

I. Instanz fällte nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am folgendes Erkenntnis:

"R ist schuldig, er hat am anläßlich seiner Einreise über das Zollamt Flughafen Wien versucht, eingangsabgabepflichtige Waren, nämlich 4 antike Bilder, und zwar 3 antike Ölgemälde mit Landschaftsmotiven des Malers Richard WILSON (RA 1714-1782) in der jeweiligen Größe von 34-29 cm und 1 antikes Ölgemälde eines unbekannten Malers darstellend "Pferd mir Reiter" in der Größe von 34,5x28 cm, vorsätzlich unter Verletzung der zollrechtlichen Stellungs- und Erklärungspflicht dem Zollverfahren zu entziehen (strafbestimmender Wertbetrag: S 14.391,--).

Er hat hiedurch das Finanzvergehen des versuchten Schmuggels nach §§ 13,35 Abs. 1 FinStrG begangen.

Gemäß § 35 Abs. 4 FinStrG wird über den Beschuldigten hiefür eine Geldstrafe in der Höhe von S 6.000,-- (sechstausend) verhängt. Gemäß § 20 FinStrG wird die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe an deren Stelle tretende Ersatzfreiheitsstrafe 6 (sechs) Tagen festgesetzt.

Gemäß §§ 17 Abs. 1 und Abs. 2 lit. a, 35 Abs. 4, 89 Abs. 7 FinStrG wird auf Verfall des erlegten (dem Wert der oben bezeichneten Gegenstände entsprechenden) Geldbetrages von S 143.910,-- erkannt.

Gemäß § 185 FinStrG hat der Beschuldigte die Kosten des Strafverfahrens un eines allfälligen Strafvollzuges zu ersetzen; der Pauschalkostenbeitrag wird mit S 600,-- festgesetzt."

In der Begründung ging der Spruchsenat von dem vom Beschwerdeführer ursprünglich abgelegten Geständnis aus und schenkte dem späteren Vorbringen des Beschwerdeführers keinen Glauben.

Gegen dieses Erkenntnis berief der Beschwerdeführer.

Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab, wobei sie sich der erstinstanzlichen Beweiswürdigung anschloß.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der Beschwerdeführer macht in erster Linie Unschlüssigkeit der Beweiswürdigung geltend und erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, nicht wegen des Finanzvergehens des vorsätzlichen versuchten Schmuggels bestraft zu werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 1 FinStrG setzt der Tatbestand des Schmuggels u.a. voraus, daß eingangsabgabepflichtige Waren vorliegen.

Gemäß § 31 Abs. 2 Z. 1 ZollG idF der Novelle BGBl. 463/1992 sind die völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs aus dem sogenannten UNESCO-Abkommen BGBl. 180/1958 von den Zollämtern entsprechend den geltenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen zu vollziehen.

In Art. I Z. 1 lit. b des zitierten Abkommens verpflichteten sich die Vertragsstaaten, anläßlich oder im Zusammenhang mit der Einfuhr u.a. für Gegenstände der Anlage B des Abkommens (wozu u.a. Malereien und Zeichnungen gehören) KEINE ZÖLLE ODER SONSTIGE BELASTUNGEN zu erheben.

Daraus folgt aber, daß für die vom Beschwerdeführer eingeführten Gemälde auch keine Einfuhrumsatzsteuer zu entrichten war, weil die Begünstigungen nach dem UNESCO-Abkommen grundsätzlich auch für die Einfuhrumsatzsteuer gelten (§ 31 Abs. 3 ZollG; vgl. dazu auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 361/94-12).

Somit ist aber im Beschwerdefall der Tatbestand des § 35 Abs. 1 FinStrG von vornherein nicht erfüllt, weshalb der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war (§ 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG).

Aus diesem Grund konnte auch von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden (§ 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.