Suchen Hilfe
VwGH 13.06.1989, 89/11/0032

VwGH 13.06.1989, 89/11/0032

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §56;
IESG §6 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Wird behauptet, daß bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gestellt wurde, und wird ein später gestellter Antrag wegen verspäteter Antragstellung gemäß § 6 Abs 1 IESG "abgelehnt", so wird damit (iZm der Begründung) auch darüber entschieden, daß der Behörde lediglich dieser (verspätete) Antrag vorliegt. Damit ist eine Entscheidung über den behaupteten Antrag ergangen und die Rechtsverletzungsmöglichkeit gegeben.
Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §33 Abs3;
RS 2
Die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an eine Behörde hat der Absender zu tragen. Eine Eingabe gilt nur dann als eingebracht, wenn sie bei der Behörde auch tatsächlich eingelangt ist. (Hinweis auf E vom , VwSlg. 15157 A/1928 ...............)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 1711/64 E RS 4
Normen
AVG §56;
AVG §71 Abs1 lita;
IESG §6 Abs1;
VwRallg;
RS 3
Bei der Frist des § 6 Abs 1 IESG handelt es sich um eine materiellrechtliche Antragsfrist, weshalb (seit der Novelle BGBl 1986/395) bei ihrer Versäumung eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht kommt. Liegt vor der Novelle ein die Wiedereinsetzung begründendes Ereignis, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung aber erst nach der Novellierung gestellt worden, so ist dieser auf Grund der neuen Rechtslage zurückzuweisen (Hinweis E VS , 82/11/0270, VwSlg 11237 A/1983).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hrdlicka und die Hofräte Dr. Dorner, Dr. Waldner, Dr. Bernard und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Vesely über die Beschwerde des HN in M, vertreten durch Dr. Hans-Peter Ullmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 5/1, gegen den Bescheid des Landesarbeitsamtes Oberösterreich vom , Zl. IVa-IESG/7022-B/BNr: 419/46/184 B/1985/Wels, betreffend Insolvenz-Ausfallgeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Beschluss des Kreisgerichtes Wels vom , AZ S 30/85, wurde über das Vermögen der Firma R, Strick- und Wirkwarenfabrik Gesellschaft m.b.H. der Konkurs eröffnet.

Mit Bescheid des Arbeitsamtes Wels vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Insolvenz-Ausfallgeld "vom " gemäß § 6 Abs. 1 IESG "abgelehnt". Seinem (ebenfalls mit Eingabe vom , jedoch nur hilfsweise gestellten) Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der im § 6 Abs. 1 IESG genannten Frist wurde mit Bescheid des Arbeitsamtes Wels vom "keine Folge gegeben", weil "die vorgebrachten Umstände nicht als unvorhergesehenes, unabwendbares Ereignis" hätten "bezeichnet werden können". Der Beschwerdeführer hat gegen beide Bescheide berufen.

Das Landesarbeitsamt Oberösterreich hat mit Bescheid vom über die Berufung des Beschwerdeführers "vom gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Wels vom , mit welchem" sein "Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld vom ... gem. § 6 Abs. 1 IESG abgelehnt wurde, entschieden", dass "der Berufung nicht stattgegeben wird", "die Frist zur Antragstellung auf Insolvenz-Ausfallgeld gem. § 6 Abs. 1 IESG versäumt ist" und der Antrag des Beschwerdeführers "auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 71 Abs. 1 lit. a AVG als unzulässig zurückgewiesen wird".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Der Beschwerdeführer hat schon in seiner an das Arbeitsamt Wels gerichteten Eingabe vom die Behauptung aufgestellt, dass er bereits am einen Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gestellt habe. Jener Eingabe ging voraus, dass der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter dem Arbeitsamt Wels mit Schreiben vom unter Bezugnahme auf einen solchen von ihm gestellten Antrag bekannt gab, dass der Masseverwalter im Konkurs der genannten Gesellschaft nunmehr "die teilweise Bestreitung" seiner Forderung zurückgezogen habe, "sodass eine Entscheidung über den meinerseits eingebrachten Antrag mittlerweile möglich sein sollte", worauf ihm das Arbeitsamt Wels mitteilte, dass kein solcher Antrag vorliege. Die belangte Behörde ging bei Erlassung des angefochtenen Bescheides - wie die Erstbehörde - davon aus, dass ein Antrag vom nicht eingelangt sei und daher eine Antragstellung erst als mit Eingabe vom erfolgt angenommen werden könne. Der von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid insoweit übernommene Spruch des erstinstanzlichen Bescheides vom enthält (im Zusammenhang mit seiner Begründung) auch die Entscheidung darüber, dass vom Beschwerdeführer ein Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld erst mit Eingabe vom gestellt wurde (vgl. hinsichtlich eines auf diese Weise auszulegenden Spruches bei Zurechnung einer Berufung das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 11625/A). Es kann daher nicht gesagt werden, dass in Ansehung des behaupteten Antrages des Beschwerdeführers vom (noch) keine behördliche Entscheidung ergangen sei und der Beschwerdeführer im Hinblick darauf, dass lediglich über seinen (jedenfalls verspäteten) Antrag vom entschieden worden sei, in einem subjektiven öffentlichen Recht nicht habe verletzt werden können.

Nach der Aktenlage besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass ein Antrag des Beschwerdeführers auf Insolvenz-Ausfallgeld vom beim Arbeitsamt Wels (vor der Eingabe vom , der er angeschlossen war) eingelangt ist. Auch der Beschwerdeführer vermag dies nicht konkret vorzubringen, sondern ist vielmehr auf Mutmaßungen angewiesen, indem er zwar dezidiert erklärt, dass sein Vertreter diesen Antrag als normale Postsendung (und demnach ohne jeden Nachweis) aufgegeben habe, woraus er schließt, dass die Sendung entweder am Postweg verloren gegangen oder nach ihrem Einlangen bei der Behörde abhanden gekommen sein müsse, er aber hiebei keine Umstände aufzeigen kann, dass letzteres der Fall gewesen sei. Ihm ist die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach eine Eingabe nur dann als im Sinne des § 13 AVG 1950 eingebracht gilt, wenn sie bei der Behörde auch tatsächlich eingelangt ist, und die Gefahr des Verlustes einer zur Post gegebenen Eingabe an eine Behörde der Absender zu tragen hat (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 1711/64 und Zl. 1712/64, sowie vom , Zl. 1207/75). Der Beschwerdeführer konnte sich nur auf Beweismittel stützen, die seiner Meinung nach den Umstand, dass er den Antrag am zur Post gegeben habe, hinreichend hätten dartun können, und auch die von ihm insoweit gerügte Verletzung von Verfahrensvorschriften betrifft nur dieses Beweisthema. Durch die von ihm vermisste Feststellung der belangten Behörde, dass der Antrag an diesem Tag tatsächlich zur Post gegeben worden sei, wäre aber für seinen Standpunkt nichts zu gewinnen, wäre doch damit nicht auch der Nachweis des Einlangens der betreffenden Sendung bei der Erstbehörde erbracht. Die vom Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend gemachten Verfahrensmängel sind daher nicht als wesentlich anzusehen.

Das bedeutet, dass der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden kann, wenn sie dem angefochtenen Bescheid die Auffassung zugrundegelegt hat, ein Antrag des Beschwerdeführers auf Insolvenz-Ausfallgeld sei nicht bereits am , sondern erstmals am gestellt worden. Damit steht aber fest, dass die Frist des § 6 Abs. 1 IESG versäumt wurde.

Gemäß § 6 Abs. 1 IESG, in der Fassung der Novelle BGBl. Nr. 395/1986, sind, wenn der Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld nach Ablauf der in Frage kommenden vorstehenden Frist gestellt worden ist, von Amts wegen nach Anhörung des Vermittlungsausschusses die Rechtsfolgen der Fristversäumung bei Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Gründen, welche im Gesetz beispielsweise angeführt sind, nachzusehen. Eine solche Nachsicht ist aber nicht mehr möglich, wenn unter anderem seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mehr als drei Jahre verstrichen sind. Diese Regelung ist am in Kraft getreten und war daher im vorliegenden Beschwerdefall anzuwenden. Der Beschwerdeführer wendet sich auch nicht gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die in dieser Regelung vorgesehene Möglichkeit einer Nachsicht der Rechtsfolgen der Fristversäumung von vornherein deshalb nicht in Betracht kam, weil im Zeitpunkt der Stellung seines Antrages vom die absolute Frist von drei Jahren, die ab Eröffnung des Konkurses mit Beschluss vom zu berechnen war, bereits verstrichen war. Er beanstandet in diesem Zusammenhang lediglich, dass die belangte Behörde seine (bereits oben erwähnte, innerhalb der Dreijahresfrist liegende) Eingabe vom nicht als Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gewertet habe. Dieser Vorwurf ist jedoch nicht berechtigt, weil darin nur auf einen bereits gestellten Antrag Bezug genommen wurde und die hiebei gewählte Diktion in Verbindung mit dem Inhalt eine Umdeutung in der Richtung, dass (neuerlich) ein Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld gestellt werde, nicht zulässt.

Es kann - ungeachtet des Umstandes, dass im Kopf des angefochtenen Bescheides nur davon die Rede ist, dass über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Wels vom , betreffend "Ablehnung" seines Antrages auf Insolvenz-Ausfallgeld vom entschieden worden sei - kein Zweifel darüber bestehen, dass mit dem angefochtenen Bescheid zugleich auch eine Entscheidung über die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Arbeitsamtes Wels vom , betreffend Nichtstattgebung seines Wiedereinsetzungsantrages, getroffen worden ist. Dies hat offenbar auch der Beschwerdeführer, berücksichtigt man sein Beschwerdevorbringen, so verstanden, und es kann der belangten Behörde weder unterstellt werden, dass sie dadurch, dass sie den Antrag des Beschwerdeführers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unzulässig zurückgewiesen hat, darüber in erster Instanz entschieden hat, zumal ihr dazu gemäß § 71 Abs. 4 AVG 1950 die Zuständigkeit gefehlt hätte, noch angenommen werden, dass sie die ihr gemäß § 66 Abs. 4 AVG 1950 zustehende Befugnis überschritten hat. Bemerkt wird, dass es der belangten Behörde nicht verwehrt war, im Sinne der zuletzt genannten Gesetzesstelle an Stelle der meritorischen Entscheidung der Erstbehörde über den Wiedereinsetzungsantrag diesen als unzulässig zurückzuweisen.

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides zum Wiedereinsetzungsantrag des Beschwerdeführers ausgeführt, dass es sich bei der im § 6 Abs. 1 IESG normierten Frist von vier Monaten um eine materiell-rechtliche Frist handle, deren Versäumung nicht durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand behoben werden könne, weshalb eine derartige Möglichkeit in dieser Bestimmung vor der Novelle BGBl. Nr. 395/1986 eigens vorgesehen gewesen sei, und dass diese Möglichkeit seit der genannten Novelle weggefallen und durch das "Nachsichtsverfahren" ersetzt worden sei. Mit dieser Rechtsauffassung ist die belangte Behörde im Recht. Es entspricht nämlich der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand grundsätzlich nur bei der Versäumung verfahrensrechtlicher Fristen, nicht aber materiell-rechtlicher Antragsfristen, also solcher Fristen, innerhalb deren ein materiell-rechtlicher Anspruch bei sonstigem Verlust des diesem zugrundeliegenden Rechtes geltend gemacht werden muss, bewilligt werden kann. Diese Rechtsauffassung wurde unter anderem (mit zahlreichen Judikaturhinweisen) im Erkenntnis vom , Zl. 88/11/0157, das den vergleichbaren Fall einer Fristversäumung nach § 41 Abs. 1 HGG zum Gegenstand hatte, niedergelegt, wobei betont wurde, dass auf materiell-rechtliche Antragsfristen die Bestimmungen über die Wiedereinsetzung nur dann anzuwenden sind, wenn dies im Einzelfall ausdrücklich bestimmt wird, und als Beispiel hiefür § 6 Abs. 1 IESG in der Fassung vor der genannten Novelle angeführt wurde (vgl. hiezu auch die damit im Einklang stehende, in JBl. 1989, 335 veröffentlichte Entscheidung des ). Der Beschwerdeführer gibt auch nicht zu erkennen, dass er eine gegenteilige Rechtsansicht vertritt, sondern meint, dass, ausgehend von seiner Tatsachenbehauptung, der Antrag auf Insolvenz-Ausfallgeld sei am zur Post gegeben worden, der "Wiedereinsetzungsfall" bereits an diesem Tag und demnach vor Änderung der bestehenden Rechtslage durch die genannte IESG-Novelle eingetreten sei. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass diese Novelle keine (auch nicht seinem Standpunkt entsprechende) Übergangsbestimmungen enthält und daher über seinen Wiedereinsetzungsantrag nur auf Grund der neuen Rechtslage entschieden werden konnte (vgl. unter anderem das Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 11237/A).

Da sich somit die Beschwerde zur Gänze als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
AVG §13 Abs1;
AVG §33 Abs3;
AVG §56;
AVG §71 Abs1 lita;
IESG §6 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde
subjektive Rechtsverletzung Besondere Rechtsgebiete
Sozialversicherung Fürsorge Kriegsopferversorgung und Opferfürsorge
Grundsätzliches zur Rechtmäßigkeit und zur
Rechtsverletzungsmöglichkeit
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:1989:1989110032.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAE-41221