VwGH vom 03.10.1996, 95/16/0191
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des Dr. M in W, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. GA 9-1353/13/94, betreffend Schenkungssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer und seine Mutter (Miterbin) waren Erben nach dem am ohne Hinterlassung einer letztwilligen Anordnung verstorbenen Dr. Ernst B.
Nach Abgabe unbedingter Erbserklärungen durch die gesetzlichen Erben, die mit Beschluß des Bezirksgerichtes vom angenommen wurden, schlossen die Erben am ein "Erbteilungs-Übereinkommen", wonach der Beschwerdeführer aus dem Nachlaß die in einem Depot erliegenden Wertpapiere mit einem Kurswert zum Todestag in Höhe von S 8,939.165,06 sowie Liegenschaften und die Miterbin verschiedene Bankguthaben sowie ein Kraftfahrzeug im Gesamtwert von S 117.796,82 erhalten sollten.
Mit Beschluß vom wurde der Nachlaß dem Beschwerdeführer und der Miterbin unter Zugrundelegung des Erbteilungs-Übereinkommens vom eingeantwortet. Nach Abgabe der Erbschaftssteuererklärung vom erging an den Beschwerdeführer der Erbschaftssteuerbescheid vom .
Mit Bescheid vom schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern dem Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das Erbteilungs-Übereinkommen auf Grundlage der vom Finanzamt errechneten Bereicherung in Höhe von
S 3,022.850,-- Schenkungssteuer mit S 119.701,-- vor.
In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, das Finanzamt übersehe, daß der Nachlaß zwischen dem Beschwerdeführer und der Miterbin nach dem Erbteilungs-Übereinkommen aufgeteilt worden sei. Demzufolge sei das Erbteilungs-Übereinkommen der Erbschaftsteuerbemessung zugrundezulegen und für eine Schenkung zwischen den beiden Erben kein Raum. Da die Miterbin den ihr nach dem Gesetz zustehenden Drittel-Anteil im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung nicht angetreten habe und somit weder an diesem Anteil Besitzrechte noch Eigentum erworben habe, konnte sie somit auch mangels Besitz und Eigentumserwerbes nichts weiterschenken. Es sei auch an den Beschwerdeführer ein entsprechender Erbschaftssteuerbescheid erlassen worden, dies auf Grund der von ihm richtig abgegebenen Erbschaftsteuererklärung. Schließlich wurde Verjährung des Abgabenanspruches eingewendet.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung teilweise Folge gegeben und die Abgabenfestsetzung auf S 44.210,-- abgeändert. Begründend wurde ausgeführt, das zwischen den Erben abgeschlossene Erbteilungs-Übereinkommen stelle ein Rechtsgeschäft unter Lebenden dar und könne nicht als Verzicht auf den Erbanspruch angesehen werden. Mit dem Erbteilungs-Übereinkommen hätten der Beschwerdeführer und die Miterbin den Nachlaß in einer Weise aufgeteilt, daß nicht mehr davon gesprochen werden könne, die jeweils übernommenen Werte entsprächen zwei Dritteln bzw. einem Drittel des Wertes des gesamten Nachlasses. Da der Beschwerdeführer bis auf geringe Werte den gesamten Nachlaß übernommen habe, übersteige die Zuteilung an ihn seinen Zwei-Drittel-Anteil am Nachlaß. Darin sei eine freigebige Zuwendung durch seine Miterbin gelegen. Es sei sohin eine Schenkung im Sinne des § 3 Abs. 1 ErbStG gegeben. Hinsichtlich des Einwandes der Verjährung wurde ausgeführt, das Finanzamt habe vom Erwerb erst durch die im Jahre 1989 erfolgte Übermittlung des Abhandlungsaktes Kenntnis erlangt. Die Geltendmachung der Schenkungssteuer sei sohin im Rahmen der fünfjährigen Verjährungsfrist erfolgt.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde werden inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Aus der Beschwerde erkennbar erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Nichtvorschreibung der Schenkungssteuer verletzt.
Der Bundesminister für Finanzen legte die Akten des Verwaltungsverfahrens sowie die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde, vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Tatbestand des Erwerbes durch Erbanfall mit der Annahme der Erbschaft, also der Abgabe der Erbserklärung erfüllt (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , 1230/57, vom , 81/15/0119, und insbesondere das an die Miterbin ergangene Erkenntnis vom , 95/16/0098). Mit der Abgabe der Erbserklärung ist der Erwerb durch Erbanfall erbschaftsteuerrechtlich vollzogen (vgl. das Erkenntnis vom , 88/16/0128).
Die Miterbin hat mit der am vom Gericht angenommenen unbedingten Erbserklärung die Verlassenschaft zu einem Drittel und der Beschwerdeführer zu zwei Dritteln angetreten. Damit entstand in diesem Umfang die Steuerschuld durch Erwerb von Todes wegen. Soweit der Beschwerdeführer auf das mit der Miterbin nach Abgabe der Erbserklärungen abgeschlossene Erbteilungs-Übereinkommen verweist, ist ihm entgegenzuhalten, daß ein solches unter Lebenden abgeschlossenes Rechtsgeschäft nichts an der bereits durch die Abgabe der Erbserklärung entstandenen Steuerschuld - weder dem Grunde noch der Höhe nach - zu ändern vermag. Wenn die Erben nach Abgabe der Erbserklärung ein Abkommen über die Aufteilung des Nachlasses schließen, wird die Bemessung der Erbschaftssteuer vom Erbanfall dadurch nicht berührt. In diesem Fall gilt der Anteil am steuerlich bewerteten Nachlaßvermögen und nicht der effektiv zugeteilte Vermögensgegenstand als angefallen (vgl. die Erkenntnisse vom , 86/16/0021, 0022, vom , 91/16/0119, sowie vom , 95/16/0098).
Ist die Erbschaft angefallen, dann kann der Erbe bis zur Einantwortung sein Recht entgeltlich oder unentgeltlich veräußern (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts II10, 410 f). Werden, wie im Beschwerdefall, nach Abgabe der unbedingten Erbserklärung auf Grund eines Erbteilungs-Übereinkommens dem Beschwerdeführer von der Miterbin Teile der Erbschaft unentgeltlich überlassen, die ihr aufgrund der Erbfolge zustünden, dann ist auch dieser Vorgang nach dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz zu beurteilen. Jeder einzelne, einen Tatbestand im Sinne des Erbschaftssteuergesetzes erfüllende Erwerb unterliegt nämlich als selbständiger Vorgang für sich der Steuer; die Steuer entsteht für jeden einheitlichen Rechtsvorgang jeweils mit der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestandes (vgl. Erkenntnis vom , 94/16/0058, 0059).
Gemäß § 3 Abs. 1 ErbStG gilt als Schenkung unter Lebenden i. S.d. § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 ErbStG jede Schenkung i.S.d. bürgerlichen Rechtes und jede andere freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird.
Bei Schenkungen unter Lebenden entsteht die Steuerschuld gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 ErbStG mit dem Zeitpunkt der Ausführung der Zuwendung. Eine Schenkung gilt an dem Tag als ausgeführt, an dem die Bereicherung im Vermögen des Beschenkten tatsächlich eintritt und der Beschenkte in den Besitz des Geschenkes kommt. Kommt dabei im Einzelfall weder eine Übergabe von Hand zu Hand (§ 426 ABGB) noch eine Übergabe durch Zeichen (§ 427 ABGB) in Betracht, weil sich der Gegenstand der Schenkung - im Beschwerdefall auch Wertpapiere - in der Gewahrsame eines Dritten befindet, dann kann die Sache in analoger Anwendung des § 428 ABGB auch durch "Besitzanweisung", also durch die Anweisung an den Gewahrsamsinhaber, sie künftig für den Beschenkten innezuhaben, wirklich übergeben werden
(vgl. Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Erbschafts- und Schenkungssteuer Rz. 23 ff zu § 12 ErbStG, samt angeführter Rechtsprechung).
Die Miterbin hat dem Beschwerdeführer mit dem Erbteilungs-Übereinkommen Teile der ihr aufgrund der gesetzlichen Erbfolge zustehenden Verlassenschaft unentgeltlich überlassen. Wenn in der Beschwerde vorgebracht wird, die Miterbin habe den ihr nach dem Gesetz zustehenden Ein-Drittel-Anteil im Zuge der Verlassenschaftsabhandlung nicht angetreten und somit daran weder Besitzrechte noch Eigentumsrechte erworben, dann wird damit übersehen, daß die Miterbin die unbedingte Erbserklärung gegenüber dem Abhandlungsgericht, somit die unwiderrufliche Erklärung, die Erbschaft anzunehmen, abgegeben hat und weiters verkannt, daß die Miterbin schon mit Erbanfall über ihr ERBRECHT verfügen, dieses daher auch teilweise verschenken konnte. Als Beschenkter trat der Beschwerdeführer mit der Schenkung insoweit vollständig in die Position der Miterbin ein und erwarb das Eigentum an den Nachlaßsachen anstelle der Miterbin durch Einantwortung. Mit der Einantwortung kam der Beschwerdeführer in den Besitz der infolge der Erbschaftsschenkung erworbenen Nachlaßsachen. Steuerrechtlich war damit die Zuwendung ausgeführt und die Steuerschuld entstanden.
Soweit in der Beschwerde vorgebracht wird, das Erbteilungs-Übereinkommen habe dem Willen des Erblassers entsprochen, dann genügt es darauf hinzuweisen, daß der Erblasser, wie in der Einantwortungsurkunde vom angeführt, keine letztwillige Verfügung hinterlassen hat.
Soweit schließlich der Beschwerdeführer Verjährung des Abgabenanspruches einwendet, erweist sich auch dies als unbegründet. Wird nämlich ein der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegender Erwerbsvorgang nicht ordnungsgemäß der Abgabenbehörde angezeigt, so beginnt die Verjährung des Rechtes zur Festsetzung dieser Abgabe gemäß § 208 Abs. 2 BAO nicht vor Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde von dem Erwerbsvorgang Kenntnis erlangt. Ordnungsgemäß angezeigt heißt in diesem Zusammenhang richtig, vollständig und bei der richtigen Behörde angezeigt. Der Lauf der Bemessungsverjährungsfrist wird also erst dann in Gang gesetzt, wenn die Abgabenbehörde vom steuerpflichtigen Umfang tatsächlich in einer Weise und in einem Umfang Kenntnis erlangt hat, daß ein vollständiges Bild über den abgabenrechtlich relevanten Sachverhalt gewonnen werden kann und demgemäß eine sachgerechte Festsetzung objektiv möglich ist (vgl. z.B. die Erkenntnisse vom , 93/16/0026, 0027, und 93/16/0028, sowie das bereits mehrfach zitierte Erkenntnis vom , 95/16/0098). Im Beschwerdefall wurde am eine Erbschaftssteuererklärung abgegeben. Eine Schenkungssteuererklärung wurde nicht eingereicht. Selbst dann, wenn mit der Erbschaftssteuererklärung auch eine ordnungsgemäße Anzeige der Schenkungssteuer erfolgt wäre, war ungeachtet der durch die Ermittlungen erfolgten Unterbrechungshandlungen im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz im Oktober 1994 Verjährung noch nicht eingetreten. Weiters ist im Beschwerdefall darauf hinzuweisen, daß der Abgabenbehörde der Wert eines in Deutschland gelegenen Grundstückes erst nach einem lange andauernden Vorhalteverfahren und nach zahlreichen, vom nunmehrigen Beschwerdevertreter eingebrachten Fristverlängerungsansuchen am bekannt wurde. Erst mit diesem Zeitpunkt erlangte die Abgabenbehörde im Sinne des § 208 Abs. 2 BAO vom erbschaftssteuerrechtlichen Erwerbsvorgang vollständig Kenntnis (vgl. das in der Erbschaftsteuersache an die Miterbin ergangene Erkenntnis vom , 95/16/0098). Vom schenkungssteuerrechtlichen Erwerbsvorgang, das auch dieses Grundstück mitumfaßte, konnte die Abgabenbehörde daher nicht früher Kenntnis erlangt haben. Ob nun das Abhandlungsgericht dem Finanzamt den Verlassenschaftsakt noch im Dezember 1988 übermittelt hat - wie die Beschwerde behauptet - oder nicht, ist bei dieser Sachlage unerheblich.
In der Beschwerdeergänzung rügt der Beschwerdeführer zwar, die belangte Behörde habe die Einvernahme der Miterbin und seine Einvernahme unterlassen, bringt aber dazu weiter nichts vor. Verfahrensmängel können nur dann zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich sind, wobei die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels von der Beschwerde darzutun ist (vgl. Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 591). Die Wesentlichkeit des behaupteten Verfahrensmangels wurde in der Beschwerde nicht dargetan.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Mit Rücksicht auf die durch die bisherige Rechtsprechung klargestellte Rechtsfrage konnte die Entscheidung in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.