VwGH vom 22.05.1996, 95/16/0158

VwGH vom 22.05.1996, 95/16/0158

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. DDr. Jahn, über die Beschwerde der Marktgemeinde Lustenau, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in X, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. IIIa-230/90, betreffend Getränkesteuer (mitbeteiligte Partei: G in X, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat der beschwerdeführenden Marktgemeinde Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen; das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Mitbeteiligte (ein Gastwirt) erklärte gegenüber der Beschwerdeführerin, er werde ab Oktober 1993 für folgende Eisbecher keine Getränkesteuer mehr entrichten, weil die mit dem Speiseeis verabreichten Früchte wertmäßig dominierten:

Heidelbeerbecher, Coppa Cabana, Hausbecher, Erdbeerbecher, Früchtebecher, Fitnessbecher, Schlumpfentraum und Waldbeerenbecher.

Der Bürgermeister der Beschwerdeführerin setzte dagegen mit Bescheid vom für den Zeitraum Oktober 1993 Getränkesteuer auch für die in Rede stehenden Eisbecher fest, welcher Umstand (unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen) zu einer Nachforderung im Ausmaß von S 89,45 führte. Rechtlich vertrat die Abgabenbehörde erster Instanz den Standpunkt, es komme nach § 2 Abs. 1 lit. b des Vorarlberger Getränkesteuergesetzes, LGBl. 51/1993 nicht darauf an, daß die Fruchtkomponente bestimmend sei.

Die dagegen vom Mitbeteiligten erhobene Berufung wies die Abgabenkommission der Beschwerdeführerin mit Bescheid vom unter Hinweis auf die FAG-Novelle BGBl. Nr. 693/1991 als unbegründet ab, weil der vom Mitbeteiligten angestrebten Auslegung auf Grund der neuen Rechtslage der Boden entzogen sei.

Gegen diesen Bescheid erhob der Mitbeteiligte Vorstellung an die belangte Behörde als Aufsichtsbehörde worauf diese mit Bescheid vom den Bescheid der Berufungsbehörde aufhob und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an diese zurückverwies.

Die belangte Behörde vertrat dazu die Auffassung, auch nach der FAG-Novelle BGBl. Nr. 450/1992 komme es darauf an, daß der Eisanteil wertmäßig dominieren müsse. Waren hingegen, bei denen ungeachtet eines Speiseeisanteils die Fruchtkomponente überwiege, seien nicht Gegenstand der Speiseeisbesteuerung. Der Vorstellungswerber habe daher die in Rede stehenden Früchtespezialitäten zu Recht nicht in die Steuerbemessungsgrundlage eingerechnet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht darauf verletzt, daß ihr Bescheid nicht aufgehoben wird bzw. in ihrem Recht auf Erhebung einer Getränkesteuer auf Speiseeis einschließlich darin verarbeiteter oder dazu verabreichter Früchte.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor; sie und der Mitbeteiligte erstatteten Gegenschriften, in denen die Zurück- bzw. Abweisung der Beschwerde begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Während in § 14 Abs. 1 Z. 7 (und § 15 Abs. 3 Z. 2) FAG 1989, BGBl. Nr. 687/1988 von "Abgaben vom Verbrauch von Speiseeis ..." gesprochen wurde, ist seit der FAG-Nov. BGBl. Nr. 693/1991 (im damals neu geschaffenen Abs. 2 des § 14) und insbesondere auf Grund der (mit in Kraft getretenen) Neufassung des § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG durch die Nov. BGBl. Nr. 450/1992 folgender Text maßgeblich:

"Abgaben auf die entgeltliche Lieferung von Speiseeis einschließlich darin verarbeiteter oder dazu verabreichter Früchte ...".

Dementsprechend normiert das Vorarlberger Gesetz über die Erhebung einer Gemeindeabgabe von Getränken und Speiseeis (Getränkesteuergesetz), LGBl. 51/1993, das nach seinem § 9 Abs. 1 am in Kraft getreten ist, in seinem § 2 Abs. 1 auszugsweise folgendes:

"§ 2 Steuergegenstand

(1) Der Getränkesteuer unterliegt die entgeltliche Lieferung von


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a)
Getränken,
b)
Speiseeis, einschließlich darin verarbeiteter oder dazu verabreichter Früchte, ..."
Einzige Rechtsfrage des vorliegenden Rechtsstreites ist somit das Problem, ob jene Kriterien, die der Verwaltungsgerichtshof in seinem (zu § 8 des Tir. Getränke- und SpeiseeissteuerG LGBl. Nr. 102/1973 ergangenen) Erkenntnis vom , Zl. 81/17/0118, erarbeitet hat, auch im Beschwerdefall noch maßgeblich sind. Damals vertrat der Verwaltungsgerichtshof zur Abgrenzung von steuerpflichtigem Speiseeis und nicht steuerpflichtigen Früchtespezialitäten die Auffassung, es komme darauf an, ob der Eisanteil oder der Früchteanteil mengen- und wertmäßig überwiege. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird in diesem Zusammenhang gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des zitierten hg. Erkenntnisses verwiesen. Diese Judikatur liegt auch ganz offensichtlich der Begründung des jetzt angefochtenen Bescheides zugrunde, wiewohl sie von der belangten Behörde nicht ausdrücklich zitiert wird.
Diese Rechtsprechung, die noch zu einer Rechtslage ergangen ist, die nur den Terminus "Speiseeis" zur Umschreibung des Steuertatbestandes verwendet hat, ist mit Rücksicht auf die für den Beschwerdefall maßgebliche andere Rechtslage nicht fortzusetzen. Für den Beschwerdefall ist vielmehr zu beachten, daß der Vorarlberger Landesgesetzgeber (im Einklang mit § 14 Abs. 1 Z. 7 FAG idF der Nov. BGBl. Nr. 450/1992) unter anderem ausdrücklich die entgeltliche Lieferung von Speiseeis "einschließlich der dazu verabreichten Früchte" der Getränkesteuer unterwirft. Da das Gesetz in diesem Zusammenhang wert- bzw. mengenmäßig in keiner Weise weiter differenziert, war es rechtswidrig, daß die belangte Behörde eine Einschränkung dahin vornahm, daß die zu Speiseeis "dazu verabreichten Früchte" nicht dominieren dürften. Die zitierte Gesetzesstelle ist nach Meinung des erkennenden Senates so zu verstehen, daß - soferne überhaupt Speiseeis iS des Gesetzes entgeltlich geliefert wird (was im Beschwerdefall außer Streit steht) - auch die dazu verabreichten Früchte zum Steuergegenstand gehören (arg: "einschließlich"), und zwar ohne Rücksicht auf das Verhältnis zwischen der Eis- und der Fruchtkomponente.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, wobei - anders als der Mitbeteiligte es primär anstrebte - in keiner Weise zu ersehen ist, wieso der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung der dargelegten einfach-gesetzlichen Auslegungsfrage unzuständig sein sollte.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994; die Abweisung des Kostenmehrbegehrens betrifft Eingaben- und Beilagengebühren und gründet sich auf die Gebührenfreiheit der Beschwerdeführerin gemäß § 2 Z. 2 GebG.