VwGH vom 28.06.1995, 95/16/0153
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des G in T, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in I, gegen den Bescheid (Beschwerdeentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , Zl. 40.625-4/95, betreffend Einleitung eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die (Administrativ-)Beschwerde gegen einen Einleitungsbescheid des Zollamtes Innsbruck als unbegründet abgewiesen, mit dem dem Beschwerdeführer zur Last gelegt worden war, in fortgesetzter Weise in den Jahren 1987 bis 1992 beim Import von Kraftfahrzeugen aus Deutschland durch unrichtige Wertangaben Eingangsabgaben hinterzogen und damit ein Finanzvergehen nach § 35 Abs. 2 FinStrG begangen zu haben. In der Begründung stellte die belangte Behörde zum Sachverhalt fest, Reinhard F., K., L.-Weg 2, habe am dem Finanzamt K. mitgeteilt, der Beschwerdeführer habe ihm am einen gebrauchten Personenkraftwagen der Marke Mercedes 300 D um ca. S 380.000,-- brutto verkauft, wobei S 280.000,-- mittels eines Kredites finanziert und S 100.000,-- bar entrichtet worden seien. Die vom Beschwerdeführer ausgestellte Rechnung habe jedoch einen Kaufpreis von S 280.000,--
(netto S 212.121,--) ausgewiesen. Reinhard F. habe die Rechnung und eine Urkunde über einen Abstattungskredit vorgelegt. Weitere Ermittlungen hätten ergeben, daß das Fahrzeug am beim Zollamt K. zum freien Verkehr durch Verzollung abgefertigt worden sei, wobei von einem Zollwert von S 205.435,-- ausgegangen worden sei. Der Anmeldung sei eine Rechnung, ausgestellt von Jürgen K. in A., Deutschland, über einen Kaufpreis von DM 29.000,-- beigelegt worden. Im Hinblick auf den hohen Differenzbetrag zwischen diesem Wert und in Verbindung mit dem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen Einfuhr und Weiterverkauf bestehe der dringende Verdacht, daß durch unrichtige Wertangaben anläßlich des Importes des Personenkraftwagens vorsätzlichen Eingangsabgaben verkürzt worden seien. Außerdem liege der Finanzstrafbehörde auch die Anzeige einer ihr bekannten Person vor, die den Beschwerdeführer dahingehend belaste, er habe in einer Vielzahl von Fällen beim Import von Gebrauchtfahrzeugen durch Vorlage von Rechnungen mit geringerer Kaufsumme Eingangsabgaben hinterzogen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid werden dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Die in der Beschwerde enthaltene Sachverhaltsdarstellung stimmt dabei im wesentlichen mit der der belangten Behörde überein. So wird der Darstellung der belangten Behörde, es sei ihr eine Mitteilung des Reinhard F. über die Ausstellung einer Rechnung über einen Personenkraftwagen sowie weiters eine Anzeige einer der Finanzstrafbehörde bekannten Person vorgelegen, nicht entgegengetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die einer Finanzstrafbehörde erster Instanz zukommenden Anzeigen und Mitteilungen über begangene Finanzvergehen sind gemäß § 82 Abs. 1 FinStrG dahingehend zu überprüfen, ob die darin enthaltenen Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ausreichen. Dabei können von der Finanzstrafbehörde auch Vorerhebungen zur Prüfung der Frage angestellt werden, ob genügend Verdachtsgründe für die Einleitung des Strafverfahrens vorhanden seien. Der Beschwerdeführer ist dabei im Recht, wenn er die Auffassung vertritt, daß solche Vorerhebungen grundsätzlich bereits zum Finanzstrafverfahren zu rechnen sind (vgl. das Erkenntnis vom , 81/16/0187). Die Finanzstrafbehörde ist aber nicht jedenfalls zu solchen Vorerhebungen verpflichtet, da sich schon aus der äußeren Erscheinung der der Finanzstrafbehörde vorliegenden Verständigungen und Mitteilungen der Verdacht eines Finanzvergehens gegen einen bestimmten Verdächtigen ergeben kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom , 93/13/0256). Lag der Finanzstrafbehörde somit - wie noch auszuführen sein wird - mit der Anzeige des Reinhard F. eine Mitteilung vor, die den Verdacht eines Finanzvergehens gegen den Beschwerdeführer ergab, so war vor der Einleitung des Finanzstrafverfahrens die Vornahme von Vorerhebungen durch die Finanzstrafbehörde nicht erforderlich.
Wie aus der Systematik des Finanzstrafgesetzes, insbesondere aus der Gliederung in den Hauptstücken IV und VI des zweiten Unterabschnittes des zweiten Abschnittes (Finanzstrafverfahren) und den Überschriften vor den §§ 80 und 115 FinStrG ersichtlich ist, nimmt das Untersuchungsverfahren (erst) mit der Einleitung des Finanzstrafverfahrens seinen Gang. Wenn auch ein allfälliges vor der Einleitung des Finanzstrafverfahrens durchzuführendes "Vorverfahren" zweifellos nach rechtsstaatlichen Grundsätzen zu gestalten ist, betrifft die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Bestimmung des § 115 FinStrG über die Gewährung von Parteiengehör die Durchführung des Untersuchungsverfahrens, also des bereits eingeleiteten Finanzstrafverfahrens. Als Ergebnis dieses Verfahrens, in dem das Parteiengehör zu wahren ist, ist erst die Frage, ob der Verdächtige das Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, endgültig zu beantworten.
Die belangte Behörde hat ihren Verdacht zunächst auf die Mitteilung einer mit Namen und Anschrift identifizierten Person gestützt. Hat diese Person in ihrer Mitteilung behauptet, der Beschwerdeführer habe in der von ihm ausgestellten Rechnung den Rechnungsbetrag um S 100.000,-- verkürzt, so ist dadurch allein der Verdacht der belangten Behörde gerechtfertigt, daß es anläßlich der in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgten Einfuhr des Personenkraftwagens zu einer Eingangsabgabenverkürzung gekommen ist. Einem solchen Verdacht steht nicht entgegen, wenn der in Deutschland ansässige Lieferant des Fahrzeugs - wie in der Beschwerde behauptet wird - die Richtigkeit seiner Faktura bestätigt hat. Auch in der Beschwerde monierte Ermittlungen über den Preis vergleichbarer Fahrzeuge in Deutschland können einem solchen Verdacht nicht entgegengehalten werden. Vielmehr wird es Aufgabe der Finanzstrafbehörde erst im Untersuchungsverfahren sein, sich mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers substantiell auseinanderzusetzen und allfällige in Betracht kommende Beweisaufnahmen durchzuführen.
Soweit sich der Beschwerdeführer weiters dagegen wendet, daß sich die belangte Behörde ferner auf die Anzeige einer der Finanzstrafbehörde zwar bekannten, dem Beschwerdeführer gegenüber aber geheimgehaltenen Person stützt, wonach der Beschwerdeführer in einer Vielzahl von Fällen Eingangsabgaben im Zusammenhang mit der Einfuhr von Gebrauchtfahrzeugen Eingangsabgaben hinterzogen habe, ist ihm zwar einzuräumen, daß es mit einem rechtsstaatlichen Verfahren grundsätzlich nicht vereinbar ist, einen Bescheid auf Beweismittel zu stützen, die dem Beschuldigten nicht zugänglich sind. Für die - wie ausgeführt das Untersuchungsverfahren erst in Gang setzende - Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es jedoch, daß ausreichende Verdachtsgründe vorliegen. Einen derartigen Verdacht können auch die Aussagen geheimgehaltener Personen begründen (vgl. das Erkenntnis vom , 89/13/0159).
Die Einwendungen des Beschwerdeführers gegen die mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes belegte Ansicht der belangten Behörde, das Vorsteuerabzugsrecht des Unternehmers nach § 12 UStG schließe eine nach § 35 Abs. 2 FinStrG strafbare Verkürzung der Einfuhrumsatzsteuer nicht aus, wurden nicht näher begründet.
Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.