VwGH vom 19.01.2005, 2001/13/0235

VwGH vom 19.01.2005, 2001/13/0235

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde der P GmbH in W, vertreten durch Schönherr Rechtsanwälte OEG in 1014 Wien, Tuchlauben 17, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/495-06/2001, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag (Bescheidberichtigung gemäß § 293b BAO), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schriftsatz vom stellte die beschwerdeführende Gesellschaft einen "Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung" der "im folgenden angeführten richtigen Jahresbeträge für die angegebenen Abgaben:


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Dienstgeberbeitrag
1995
mit
S
61.750,-
DZ
1995
mit
S
7.273,-
Dienstgeberbeitrag
1996
S
59.690,-
DZ
1996
S
7.031,-
Dienstgeberbeitrag
1997
S
70.244,-
DZ
1997
S
8.275,-
Dienstgeberbeitrag
1998
S
61.271,-
DZ
1998
S
7.218,-
Dienstgeberbeitrag
1999
S
68.842,-
DZ
1999
S
8.108,-

da sich die Selbstberechnung (unter schließlicher Einbeziehung des Geschäftsführer-Honorars) als unrichtig herausgestellt hat".

Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, die entsprechenden (pro Abgabenart und Jahr angeführten) Differenzbeträge von insgesamt 235.907 S zu den bisher eingezahlten Abgaben der Beschwerdeführerin zurückzuzahlen. Für den Fall, dass das Finanzamt die "oben dargestellten richtigen Beträge als 'nicht richtig errechnet' erachten sollte", werde die Bescheiderlassung "zur Beseitigung der Divergenzen in den Berechnungs-Auffassungen" beantragt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, infolge eines Gesetzesprüfungsantrages des Verwaltungsgerichtshofes an den Verfassungsgerichtshof betreffend § 41 Abs. 2 und 3 FLAG werde es zu einer Aufhebung jener gesetzlichen Bestimmungen kommen, nach denen ein (wie im vorliegenden Fall gegeben) mit 100 % beteiligter GmbH-Gesellschafter wie ein Dienstnehmer mit seinem Geschäftsführerhonorar in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag (samt Zuschlag) einbezogen wird. Die Selbstberechnung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages (Einzahlungsbeträge vom ) habe sich somit als unrichtig erwiesen.

In der Folge erging ein mit datierter "Bescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit b BAO" des Finanzamtes, der folgenden Spruch aufweist:

"Auf Grund Ihres Antrages um Feststellung/Rückzahlung vom wird festgestellt:

Die Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsgesetz gemäß § 41 FLAG (=DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (=DZ) sowie die Abgaben für die unten angeführten Zeiträume betragen:


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Zeitraum
Bemessungsgrundlage
Abgaben
Dienstgeberbeitrag 1995
1.372.222
61.750,--
Dienstgeberbeitrag 1996
1.326.444
59.690,--
Dienstgeberbeitrag 1997
1.560.978
70.244,--
Dienstgeberbeitrag 1998
1.361.578
61.271,--
Dienstgeberbeitrag 1999
1.529.822
68.842,--
Zuschlag zum DB 1995
1.372.222
7.273,--
Zuschlag zum DB 1996
1.326.444
7.031,--
Zuschlag zum DB 1997
1.560.978
8.275,--
Zuschlag zum DB 1998
1.361.578
7.218,--
Zuschlag zum DB 1999
1.529.822
8.108,--"

In der Begründung des Bescheides wird ausgeführt, zur Beitragsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zählten auch die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art für Personen, die an Kapitalgesellschaften zu mehr als 25 % beteiligt seien, vorausgesetzt, dass die Merkmale eines Dienstverhältnisses - ausgenommen die persönliche Weisungsgebundenheit - vorliegen. Die Tätigkeit des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise die Merkmale eines Dienstverhältnisses auf. Die Lohnabgaben DB und DZ seien im Wege der Selbstberechnung "somit zu Recht berechnet" worden.

Mit Datum erließ das Finanzamt einen gemäß § 293b BAO berichtigten Bescheid nach § 92 Abs. 1 lit. b BAO, der im Spruch folgenden Wortlaut hat:

"Auf Grund Ihres Antrages um Feststellung/Rückzahlung vom wird festgestellt:

Die Bemessungsgrundlagen für den Dienstgeberbeitrag zum Familienlastenausgleichsgesetz gemäß § 41 FLAG (=DB) und des Zuschlages zum Dienstgeberbeitrag (=DZ) sowie die Abgaben für die unten angeführten Zeiträume betragen:


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Zeitraum
Bemessungsgrundlage
Abgaben
Dienstgeberbeitrag 1995
2.172.222
97.750
Dienstgeberbeitrag 1996
2.226.444
100.190
Dienstgeberbeitrag 1997
2.560.978
115.244
Dienstgeberbeitrag 1998
2.651.578
119.321
Dienstgeberbeitrag 1999
2.229.822
100.342
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1995
2.172.222
11.513
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1996
2.226.444
11.801
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1997
2.560.978
13.575
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1998
2.651.578
14.055
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1999
2.229.822
11.818"

Zur Begründung hielt das Finanzamt fest, da das von der beschwerdeführenden Partei "gelieferte Zahlenmaterial betreffend DB und DZ mit Antrag auf bescheidmäßige Festsetzung unrichtig war, wurde der Bescheid gemäß § 293b BAO berichtigt, und die Bemessungsgrundlage von amtswegen ermittelt".

Gegen den berichtigten Bescheid vom erhob die Beschwerdeführerin mit Schriftsatz vom Berufung. Der Bescheid werde hinsichtlich der Berichtigung, "nämlich der gegenüber dem ursprünglichen Bescheid des dortigen Finanzamtes vom abgeänderten ('berichtigten') Höhe der Bemessungsgrundlagen für den DB und den DZ 1995 bis 1999 sowie hinsichtlich der Höhe der festgesetzten Beträge für DB und DZ 1995 bis 1999 angefochten".

Es werde beantragt, die Bemessungsgrundlagen entsprechend dem Spruch des Erstbescheides vom festzusetzen. Im Antrag vom auf bescheidmäßige Festsetzung des Dienstgeberbeitrages samt Zuschlag für die Jahre 1995 bis 1999 seien die entsprechenden Beträge angeführt und festgehalten worden, dass sich die ursprüngliche Selbstberechnung unter Einbeziehung des Geschäftsführerhonorars als unrichtig herausgestellt habe. Der Bescheid vom habe im Spruch die richtigen (im Antrag auf Festsetzung aufscheinenden) Zahlen enthalten und es sei somit keine Berufung möglich gewesen (keine Beschwer). Allerdings habe das Finanzamt die finanzkassenmäßige Einbuchung der Bescheide trotz diesbezüglicher Urgenzen bzw. Rückzahlungsanträge vom 26. April und nicht vorgenommen. Wie weit es sich um einen einer Bescheidberichtigung "gemäß § 293 BAO zugänglichen offensichtlichen Rechenfehler handelt", werde im Berufungsverfahren zu prüfen sein. Jedenfalls werde die Bescheidberichtigung angefochten und die Aufhebung des Berichtigungsbescheides oder die Abänderung im Sinne des Berufungsbegehrens beantragt. Im Übrigen wird in der Berufung ausgeführt, dass die Tätigkeit des an der beschwerdeführenden Gesellschaft zu 100 % beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers nicht "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses" im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 aufweise.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung "gegen den berichtigten Abweisungsbescheid (§ 92 BAO) vom " keine Folge. Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, das Finanzamt habe den Antrag vom mit dem mit datierten Bescheid gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO mit der Begründung "abgewiesen", dass die Tätigkeit des Geschäftsführers die Merkmale eines Dienstverhältnisses aufgewiesen habe. In der Folge habe das Finanzamt mit dem bekämpften Bescheid eine Berichtigung gemäß § 293b BAO mit der Begründung vorgenommen, dass das vom Antragsteller gelieferte Zahlenmaterial unrichtig gewesen sei. Die Berufung führe den § 293 BAO an, übersehe dabei aber § 293b BAO, wonach ein Bescheid auch insoweit berichtigt werden kann, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht. Da das Finanzamt von den Angaben des Beschwerdeführers ausgegangen sei, "die sich als unrichtig herausgestellt haben, war die Berichtigung geboten". Nach Auffassung der belangten Behörde habe ein derartiger Bescheid "überhaupt keine Feststellungswirkung (§ 92 BAO), da der Antrag um Rückzahlung der in Streit stehenden Beträge an DB und DZ mit diesem Bescheid abgewiesen wurde". Daher seien weitere in der Folge eingebrachte Anträge nach dem Grundsatz "ne bis in idem" zurückzuweisen. In der Folge begründete die belangte Behörde, weshalb ihrer Ansicht nach hinsichtlich des Alleingesellschafter-Geschäftsführers die Voraussetzungen zur Anwendung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 erfüllt seien. Sie wies u.a. darauf hin, dass die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung für eine Eingliederung "in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers" spreche.

In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin "in ihrem Recht auf Erstattung zu Unrecht entrichteter Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag" sowie "in ihrem Recht auf Nichtfestsetzung rechtswidriger Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag" verletzt, wobei sie dazu u.a. die Unzulässigkeit einer "Berichtigung" nach § 293b BAO geltend macht.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 293b BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag einer Partei (§ 78) oder von Amts wegen einen Bescheid insoweit berichtigen, als seine Rechtswidrigkeit auf der Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen beruht.

§ 293b BAO setzt voraus, dass die Abgabenbehörde den Inhalt einer Abgabenerklärung übernimmt, wobei diesem Inhalt eine offensichtliche Unrichtigkeit zu Grunde liegt. Dies wird dann zu bejahen sein, wenn die Abgabenbehörde bei ordnungsgemäßer Prüfung der Abgabenerklärung die Unrichtigkeit hätte erkennen müssen, ohne ein weiteres Ermittlungsverfahren durchzuführen. Die Unrichtigkeit kann sowohl in einer unzutreffenden Rechtsauffassung als auch in einer in sich widersprüchlichen oder eindeutig gegen menschliches Erfahrungsgut sprechenden Sachverhaltsdarstellung zum Ausdruck kommen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 97/13/0230).

Die Abgabenbehörde ist zum Vollzug von ordnungsgemäß kundgemachten Gesetzen verpflichtet. Die bloße Möglichkeit der Verfassungswidrigkeit eines Gesetzes ändert daran nichts. Selbst wenn sich die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen ein Gesetz als zutreffend erweisen, scheidet das Gesetz erst nach seiner Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof (gegebenenfalls unter Setzung einer Frist nach Art 140 Abs. 7 B-VG) aus dem Rechtsbestand aus. Da die Abgabenbehörde das ordnungsgemäß kundgemachte Gesetz bis zu seiner Aufhebung ungeachtet der Möglichkeit seiner Verfassungswidrigkeit anzuwenden hat, bildet dieses auch den Rahmen für die Beurteilung der zur Bescheidberichtigung nach § 293b BAO berechtigenden offensichtlichen Unrichtigkeit einer Rechtsauffassung (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2003/15/0110).

Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage wurde die Beschwerdeführerin durch die im Beschwerdefall strittige Bescheidberichtigung nach § 293b BAO nicht in ihren in der Beschwerde geltend gemachten Rechten verletzt. Festzuhalten ist, dass die Beschwerdeführerin in ihrem auch als Abgabenerklärung über selbst zu berechnende Abgaben zu wertenden Antrag vom auf bescheidmäßige Festsetzung (nach Ansicht der Beschwerdeführerin bisher unrichtig berechneter) Dienstgeberbeiträge samt Zuschlag sich ausschließlich auf eine von ihr erwartete Gesetzesaufhebung durch den Verfassungsgerichtshof betreffend § 41 Abs. 2 und Abs. 3 FLAG stützte. Wenn das Finanzamt mit Bescheid vom ungeachtet der bis zu einer allfälligen tatsächlichen Gesetzesaufhebung noch anzuwendenden Rechtslage dem Begehren der Beschwerdeführerin auf Festsetzung der Abgaben in der von ihr angegebenen Höhe Rechnung trug, war der Bescheid rechtswidrig infolge Übernahme offensichtlicher Unrichtigkeiten aus Abgabenerklärungen im Sinne des § 293b BAO. Eine Rechtswidrigkeit der demnach im Grunde des § 293b BAO vorgenommenen Bescheidberichtigung zeigt die Beschwerde, die sich im Wesentlichen lediglich darauf beruft, die Beschwerdeführerin habe aus der Sicht ihrer Berechnung der strittigen Abgaben (unter Außerachtlassung der Bezüge des Geschäftsführers) im Antrag vom keine unrichtigen Angaben gemacht, nicht auf.

Den Gegenstand des Beschwerdefalles bildet im Übrigen die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag aus den Vergütungen, die dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft im Zeitraum der Jahre 1995 bis 1999 gewährt wurden. Strittig ist allein die Frage, ob die vom Gesellschafter-Geschäftsführer für seine Tätigkeit bezogenen Vergütungen rechtlich als Einkünfte im Sinne des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu qualifizieren sind.

Die rechtlichen Voraussetzungen der Erzielung von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , 2003/13/0018, klargestellt. Aus den Gründen dieses Erkenntnisses, auf welche gemäß § 43 Abs. 2 Z 2 VwGG verwiesen werden kann, sind auch die im Beschwerdefall gewährten Vergütungen als Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu beurteilen, weil an der Eingliederung des für die Gesellschaft tätigen Geschäftsführers in die Organisation des Betriebes der beschwerdeführenden Gesellschaft nach Maßgabe des im genannten Erkenntnis des verstärkten Senates dargelegten Verständnisses von diesem Kriterium sachbezogen (der Alleingesellschafter übt seine Geschäftsführungstätigkeit unstrittig seit vielen Jahren aus) kein Zweifel besteht.

Die Beschwerde war damit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am