VwGH vom 25.06.1999, 97/19/1776
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
97/19/1777
97/19/1778
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerden 1.) der 1964 geborenen N K, 2.) der 1987 geborenen F K, sowie 3.) des 1993 geborenen O K, alle in A, alle vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom , 1.) Zl. 120.300/2-III/11/96 (betreffend die Erstbeschwerdeführerin), 2.) Zl. 120.300/3-III/11/96 (betreffend die Zweitbeschwerdeführerin, sowie 3.) Zl. 120.300/4-III/11/96 (betreffend den Drittbeschwerdeführer), jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von je S 12.500,-- (insgesamt S 37.500,--) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Mutter der Zweit- und des Drittbeschwerdeführers. Am beantragten die Erst-und Zweitbeschwerdeführerin sowie eine weitere Tochter der Erstbeschwerdeführerin (die am geborene D K) die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bzw. eines unbefristeten Sichtvermerkes zum Aufenthaltszweck der Familiengemeinschaft mit dem (von der Erstbeschwerdeführerin geschiedenen und mit einer Österreicherin verheirateten) Vater der Zweitbeschwerdeführerin.
Mit Schriftsatz vom zog der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer den Antrag betreffend die minderjährige D K zurück.
Die Bezirkshauptmannschaft Bregenz wies mit Bescheid vom die Anträge der Beschwerdeführer gemäß den §§ 1, 3, 4, 5 Abs. 1 und 13 des Aufenthaltsgesetzes sowie § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. Im Betreff des Bescheides ist ausdrücklich auch der - erst am geborene - Drittbeschwerdeführer als Bescheidadressat genannt; der Kopf des Bescheides bezieht sich allerdings auf den Antrag vom . Dieser Bescheid wurde dem damaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführer, Rechtsanwalt Dr. M., am zugestellt. Bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz langte am ein mit datierter Schriftsatz des damaligen Rechtsvertreters der Beschwerdeführer ein, der folgenden Wortlaut hatte:
"IIIc-370-62396/91
C N
K F
K O
Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsberechtigung Beendigung des Vollmachtsverhältnisses
Sehr geehrte Damen und Herren!
In obiger Sache wurde mir am der Bescheid vom , IIIc-370-62396/91 zugestellt.
Ich gebe bekannt, dass ich Herrn M K nicht mehr vertrete.
Ich ersuche daher um Kenntnisnahme, dass mein Vollmachtsverhältnis beendet ist und empfehle mich"
Daraufhin wies die Behörde erster Instanz mit Bescheid vom , ebenfalls gestützt auf §§ 1,3,4,5 Abs. 1 und 13 AufG sowie § 10 Abs. 1 Z 4 FrG (neuerlich) den Antrag der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung ab. Gegen diesen Bescheid vom , der der Erstbeschwerdeführerin zugestellt wurde, erhoben die Beschwerdeführer Berufung.
Die Berufungen der Erst- und Zweitbeschwerdeführerinnen wurden mit den nunmehr erst- und zweitangefochtenen Bescheiden gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 6 Abs. 2 sowie mit § 5 Abs. 1 AufG in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 4 FrG abgewiesen.
Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Drittbeschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 3 Abs. 1 und § 4 Abs. 3 AufG abgewiesen.
Gegen diese Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom , B 5001-5003/96-4, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese mit Beschluss vom gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die ergänzte Beschwerde erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass die Beschwerdeführer noch nie über eine Aufenthaltsbewilligung verfügten, weshalb die Bestimmung des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 auf den Beschwerdefall keine Anwendung findet.
Seit Jänner 1995 wurden die Beschwerdeführer durch Rechtsanwalt Dr. M. sowohl im fremdenpolizeilichen als auch im aufenthaltsrechtlichen Verfahren vertreten (vgl. OZl. 55). So wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführer nach dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten auch anlässlich eines mit ihm geführten Telefonates vom angekündigt, dass die anhängigen Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bescheidmäßig abgelehnt werden würden (vgl. Aktenseite 80). Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom wurde auf Grund des bestehenden Vollmachtsverhältnisses dem damaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführer am zugestellt. Dieser gab mit dem obzitierten Schreiben vom gegenüber der Aufenthaltsbehörde das Erlöschen des Vollmachtsverhältnisses zu Beschwerdeführern bekannt. Abgesehen davon ,dass aus dem Inhalt dieses Schreibens (arg.: "nicht mehr vertrete; ....mein Vollmachtsverhältnis beendet ist") nicht hervorgeht, dass dieses bereits im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom beendet gewesen wäre, treten die Wirkungen der Kündigung einer Vollmacht der Behörde gegenüber solange nicht ein, solange sie dieser (ohne ihr Verschulden) unbekannt war (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/21/0450). Es ist daher davon auszugehen, dass das Vollmachtsverhältnis zwischen dem damaligen Rechtsvertreter der Beschwerdeführer und diesen im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides vom (noch) bestand. Dies bedeutet, dass der Bescheid vom mit seiner Zustellung an den damaligen Rechtsvertreter am erlassen wurde und - mangels Einbringung einer rechtzeitig erhobenen Berufung gegen diesen Bescheid - in Rechtskraft erwachsen ist.
Der Bescheid der Behörde erster Instanz vom , mit welchem die Anträge der Beschwerdeführer neuerlich als unbegründet abgewiesen wurden, stellt daher eine weitere Entscheidung über die
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- | nicht mehr offenen - Anträge der Beschwerdeführer dar. Nur gegen diese Entscheidung und nicht gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom richtet sich aber | |||||||||
- | entgegen der Ansicht der belangten Behörde - ihrem eindeutigen Wortlaut nach die Berufung der Beschwerdeführer vom . |
Mit den angefochtenen Bescheiden sprach der Bundesminister für Inneres über die Berufung "gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom " ab. Eine gegen diesen Bescheid (vom ) gerichtete Berufung existiert jedoch nicht. Entscheidet eine Behörde aber über eine Berufung, ohne dass eine solche überhaupt vorliegt, so belastet sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/1825).
Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
Für das fortgesetzte Verfahren ist festzuhalten, dass der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom in Rechtskraft erwachsen und der Bescheid derselben Behörde vom somit eine Entscheidung in einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache darstellt. In Erledigung der Berufung gegen den letztgenannten Bescheid wäre dieser daher gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen res iudicata ersatzlos aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am
Fundstelle(n):
AAAAE-41085