VwGH vom 27.09.1995, 95/16/0138
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des G in W, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ GA 9-903/94, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist mit einer Quote von einem Drittel Erbe nach der am verstorbenen Gertrudis R. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine Berufung gegen einen an den Beschwerdeführer gerichteten vorläufigen Erbschaftssteuerbescheid als unbegründet abgewiesen. In der Berufung war beantragt worden, die auf im Sinne des § 28 Abs. 5 EStG gebildete steuerfreie Beträge entfallende Einkommensteuer - die bei Anwendung eines Höchststeuersatzes von 50 % S 2,430.845,-- ausmachen würde - bei der Ermittlung des Erwerbes abzuziehen.
In der Beschwerde gegen diesen Bescheid wird dessen inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht.
Der Bundesminister für Finanzen legte die von der belangten Behörde verfaßte Gegenschrift sowie die Akten des Verwaltungsverfahrens vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hat erst kürzlich mit Erkenntnis vom , 95/16/0172, 0173, unter Hinweis auf die Bestimmungen des § 28 Abs. 5 EStG - insbesondere der Z. 5 dieser Gesetzesstelle - ausgesprochen, daß beim Erwerb eines Gebäudes von Todes wegen im Zusammenhang mit einem steuerfreien Betrag nach § 28 Abs. 5 EStG zu dem für die Erbschaftssteuer maßgeblichen Zeitpunkt keine den Nachlaß betreffende Einkommensteuerschuld besteht. Noch nicht entstandene Steuerschulden können bei der Berechnung des Nachlaßvermögens aber nicht als Nachlaßschulden berücksichtigt werden (vgl. neuerlich das Erkenntnis 95/16/0172, 0173 mwH).
Die Ausführungen der Beschwerde können den Verwaltungsgerichtshof nicht veranlassen, von dieser Auffassung abzugehen. Insbesondere kann der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keineswegs - wie dies der Beschwerdeführer vermeint - ein "Vorrang des Bereicherungsprinzips" gegenüber dem Stichtagsprinzip entnommen werden. Soweit sich der Beschwerdeführer dabei auf das - noch zum ErbStG 1925 ergangene - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 1631/57, Slg.Nr. 2106/F, bezieht, ist darauf hinzuweisen, daß schon die einkommensteurrechtliche Position, von der damals der Gerichtshof ausgegangen ist, der nunmehrigen Auffassung des Gerichtshofes zum geltenden Einkommensteuerrecht nicht entspricht (vgl. insbesondere das Erkenntis vom , 85/14/0015, das eingehende Ausführungen zur Zurechnung eines Aufgabegewinnes insbesondere im Falle des Todes eines freiberuflich Tätigen enthält). Im Falle des Erkenntnisses vom , 92/16/0190, auf das sich der Beschwerdeführer weiters stützt, hatte der Erblasser bis zum Todestag Einkünfte aus selbständiger Arbeit erzielt, wobei er den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt hatte. Die Einkommensteuerschuld - deren Höhe unter anderem auch durch die erst nach dem Todestag eingegangenen, aber als Forderung schon bestandenen Honorarforderungen beeinflußt worden ist - war somit im Zeitpunkt des Todestages des Erblassers bereits entstanden (vgl. § 4 Abs. 2 lit. a Z. 2 BAO letzte Alternative; siehe dazu das Erkenntnis vom , 94/16/0034).
Überdies ist ein Fall, in dem nach dem Tod eines freiberuflich Tätigen der Einkommensteuer unterliegende Honorarforderungen der Verlassenschaft zufließen, mit dem dem Beschwerdefall zugrunde liegenden Sachverhalt in keiner Weise zu vergleichen. Vielmehr sind im Falle des Erwerbes eines mit einem steuerfreien Betrag belasteten Gebäudes zahlreiche Möglichkeiten gegeben, bei deren Eintritt eine Einkommensteuer nicht anfällt, wobei diese Sachverhalte durchaus vom Erben beeinflußt werden können (vgl. die bei Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch Rz 72.1 zu § 28 EStG genannten Beispiele). Solche Umstände können sich aber erst nach dem Eintritt der Erbschaftssteuerschuld (vgl. § 12 Abs. 1 Z. 1 ErbStG) ereignen, sodaß sie auf deren Höhe ohne Einfluß zu bleiben haben. Der Umfang der Zeiträume nach dem Todestag betreffenden Einkommensteuer wird überdies allein von den nach dem Todestag des Erblassers entstandenen, in der Sphäre des Erben gelegenen Umständen bestimmt (vgl. das Erkenntnis vom , 94/16/0034). Dabei wird vom Beschwerdeführer selbst zugestanden, daß die Einkommensteuer dann nicht erbschaftssteuerlich zu berücksichtigen ist, wenn sie durch ein Verhalten des Erben entsteht. Auch wenn die Verfügung des Erben über die einem steuerfreien Betrag zugeführten Mieteinnahmen beschränkt ist, unterliegt die Entstehung der Einkommensteuer dennoch wie ausgeführt dem Einfluß des Erben.
Bei dieser Sachlage kann auch entgegen der Meinung des Beschwerdeführers von einer Kumulierung von Erbschafts- und Einkommensteuer nicht die Rede sein, wobei überdies darauf zu verweisen ist, daß diese Abgaben grundsätzlich nebeneinander bestehen (vgl. das Erkenntnis vom , 88/14/0022).
Soweit vom Beschwerdeführer beim vorliegenden Sachverhalt eine Ungleichbehandlung seiner steuerlichen Beurteilung erblickt wird, ist er darauf zu verweisen, daß diese eine Folge des im § 18 ErbStG normierten Stichtagsprinzip darstellt. Eine solche Regelung ist aber bei einer Steuer, die auf den Erwerb von Vermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt abstellt, zweifellos sachlich gerechtfertigt.
Auch mit dem Hinweis auf die deutsche Fachliteratur ist für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen. Gerade nach Kapp/Ebeling, dErbStG11, § 10 Rz 85, sind latente Steuerschulden nicht als Nachlaßverbindlichkeiten anzusehen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.