VwGH vom 18.12.1995, 95/16/0135
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner und Dr. Fellner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch S, Rechtsanwalt in T, gegen den Bescheid (Berufungsentscheidung) der Finanzlandesdirektion für Tirol vom , Zl. 60.949-6/93, betreffend Rechtsgebühr, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer und M errichteten am im Hinblick auf ihre beabsichtigte Eheschließung einen Notariatsakt mit (auszugsweise) folgendem Inhalt:
"...
II.
Die Ehegatten vereinbaren für den Fall der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigkeit der Ehe die Anwendbarkeit österreichischen Rechts. Im einzelnen vereinbaren sie die folgenden Rechtsfolgen der Auflösung der Ehe:
...
7. Der Ehemann verzichtet für den Fall der Auflösung der Ehe aus welchem Grund immer, gegen die Ehefrau einen Unterhaltsanspruch geltend zu machen. Dieser Unterhaltsverzicht gilt auch im Falle geänderter Verhältnisse, selbst wenn diese Änderung nicht vorhersehbar war.
Allenfalls bestehende Unterhaltsansprüche der Ehegattin werden vom Ehegatten durch eine Einmalzahlung abgegolten, wobei die Ehegattin auf alle darüber hinausgehenden Unterhaltsansprüche verzichtet. Dieser Unterhaltsverzicht gilt auch im Falle geänderter Verhältnisse, selbst wenn die Änderung nicht vorhersehbar war. Diese Einmalzahlung beträgt, wenn die Ehe mehr als ein Jahr, höchstens aber fünf Jahre gedauert hat, US $ 1,000.000,--. Hat die Ehe mehr als fünf, aber höchstens zehn Jahre gedauert, beträgt die Einmalzahlung US
$ 1,500.000,--; hat die Ehe mehr als zehn, aber weniger als fünfzehn Jahre gedauert, US $ 2,000.000,--; hat die Ehe mehr als fünfzehn, aber weniger als zwanzig Jahre gedauert, US $ 2,250.000,--; hat die Ehe zwanzig Jahre oder länger gedauert, US $ 2,500.000,--
Die Dauer der Ehe wird für die Bemessung der Einmalzahlung so berechnet, daß sie in dem Zeitpunkt als beendet gilt, in dem die Klage oder der Antrag, der zur Auflösung der Ehe führte, bei Gericht eingebracht worden ist. Ist bei Einbringung der Klage oder des Antrags die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten bereits aufgehoben gewesen, so gilt die Ehe als im Zeitpunkt der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft beendet.
Die vereinbarten Beträge verdoppeln sich, wenn die Ehe wegen des Scheidungsgrundes des Ehebruchs aus dem alleinigen Verschulden des Ehemannes geschieden wird. Wenn die Ehe aus dem alleinigen Verschulden der Ehegattin wegen Ehebruchs geschieden wird, hat sie keinen Anspruch auf die Einmalzahlung oder auf Unterhalt.
Die Einmalzahlung ist fällig binnen fünf Monaten nach Rechtskraft der die Scheidung, Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe aussprechenden gerichtlichen Entscheidung.
Sollten sich die Vermögensverhältnisse des Ehemannes zwischen dem Tag des Abschlusses dieser Vereinbarung und dem Tag der Entscheidung über die Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe so entscheidend verschlechtert haben, daß bei Zahlung des oben vereinbarten Betrags dem Ehegatten unter Berücksichtigung seiner Bedürfnisse und Unterhaltspflichten kein angemessenes Auskommen verbleibt, so ist der vereinbarte Betrag entsprechend zu vermindern.
Die oben vereinbarten Beträge sind derart wertgesichert, daß sie sich im selben Verhältnis ändern, wie der in der USA verlautbarte Index der Verbraucherpreise. Ausgangspunkt für die Wertberechnung ist die für den Monat Oktober 1992 verlautbarte Indexzahl."
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck forderte auf Grund dieser Vertragsbestimmungen mit Bescheid vom gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebG Rechtsgebühr an.
Dagegen berief der Beschwerdeführer mit der Behauptung, es liege ein Ehepakt vor, der grundsätzlich gemäß § 33 TP 11 GebG gebührenpflichtig sei; weil aber weder ein Heiratsgut bestellt noch eine Gütergemeinschaft abgeschlossen worden sei, falle keine Gebühr an. Hilfsweise vertrat der Beschwerdeführer die Auffassung, es liege ein seit der Novelle BGBl. Nr. 48/1981 nicht mehr gebührenpflichtiger Alimentationsvertrag vor.
Gegen die daraufhin ergangene abweisliche Berufungsvorentscheidung begehrte der Beschwerdeführer fristgerecht die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.
Die belangte Behörde wies die Berufung als unbegründet ab und vertrat gestützt auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Auffassung, auch eine in einem Ehepakt für den Fall der Auflösung der Ehe getroffene Unterhaltsvereinbarung stelle einen dem Tatbestand nach § 33 TP 20 GebG unterliegenden Vergleich dar. Das Vorliegen eines Alimentationsvertrages verneinte die belangte Behörde mit der Begründung, ein solcher liege nur vor, wenn eine bereits feststehende gesetzliche Unterhaltspflichtung lediglich der Höhe nach geregelt werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die ursprünglich an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde. Der Beschwerdeführer macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend und erachtet sich in seinem Recht auf Nichtfestsetzung einer Rechtsgebühr verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b GebG unterliegt ein außergerichtlicher Vergleich einer Rechtsgebühr von 2 v.H. vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen.
Ehepakte, das sind Verträge, die in Absicht auf die eheliche Verbindung geschlossen werden, hingegen unterliegen der Bestimmung des § 33 TP 11 leg. cit. Dem Hauptargument der Beschwerde, die in Rede stehende Vereinbarung sei nicht als außergerichtlicher Vergleich, sondern als Ehepakt zu qualifizieren, ist entgegenzuhalten, daß sowohl nach der herrschenden zivilrechtlichen Meinung (vgl. dazu Petrasch in Rummel, ABGB II2 Rz 2 zu § 1217 ABGB unter Berufung auf EvBl. 1964/219) als auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vertraglich getroffene Regelungen des Unterhaltes (im weiten Rahmen) nicht zu den Ehepakten gehören. Auch eine noch vor der Eheschließung von den künftigen Gatten getroffene Vereinbarung über die Gewährung von Unterhaltsleistungen im Falle der Auflösung der künftigen Ehe, stellt im Hinblick auf die Bestimmung des § 17 Abs. 4 GebG einen (bedingten) Vergleich iSd § 33 TP 20 GebG dar (vgl. dazu die bei Fellner, MGA Stempel- und Rechtsgebühren5 unter E 19 zu § 33 TP 20 referierte hg. Judikatur, und zwar die Erkenntnisse vom , 1026/56 Slg. N.F. Nr. 1655/F;
, Zl. 1529/58; 22. Juni 10959, Zl. 297/59 und vom , Zl. 532/67, Slg. N.F. Nr. 3686/F, auf die zwecks Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen werden kann).
Da des weiteren nach der hg. Judikatur ein Übereinkommen zum Zwecke der konstitutiven Unterhaltsregelung für den Fall der Ehescheidung kein sogenannter Alimentationsvertrag (iSd früheren § 33 TP 3 GebG) war (vgl. die bei Fellner aaO. unter E 5, 7 bis 9 referierten hg. Erkenntnisse vom , Zl. 249/54; , Zl. 1026/56, Slg. N.F. Nr. 1655/F;
, Zl. 632/58; , Zl. 1529/58;
, Zl. 297/59 und vom , Zl. 532/67, Slg. N.F. Nr. 3686/F) liegt die behauptete Rechtswidrigkeit des Inhaltes nicht vor. Davon nämlich, daß die getroffene Vereinbarung (wie der Beschwerdeführer meint) lediglich der Höhe nach diejenigen Unterhaltsleistungen festlegte, die nach einer Ehescheidung auch gesetzlich entstünden, kann schon mit Rücksicht auf den Charakter der vereinbarten, von der Ehedauer abhängigen Einmalzahlung sowie deshalb nicht gesprochen werden, weil die getroffene Vereinbarung nicht nur für den Fall der Auflösung der Ehe durch Scheidung gilt, und weil schließlich das Gesetz betreffend den Unterhaltsanspruch einer schuldlos geschiedenen Ehefrau keine Verdoppelung für den Fall vorsieht, daß den Ehemann das alleinige Verschulden an dem Scheidungsgrund des Ehebruches anzulasten ist (vgl. § 66 EheG).
Auf die weitwendigen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 17 Abs. 4 GebG, die der Beschwerdeführer in wörtlicher Wiederholung seiner Verfassungsgerichtshofbeschwerde auch zum Gegenstand seines Mängelbehebungsschriftssatzes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren machte (wobei er eine Antragstellung zur Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens anregt) brauchte mit Rücksicht darauf, daß der Verfassungsgerichtshof mit eben diesen Bedenken bereits konfrontiert war, die Behandlung der Beschwerde aber abgelehnt hat, nicht mehr eingegangen zu werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen, wobei die Entscheidung mit Rücksicht auf die durch die zitierte hg. Judikatur klargestellte Rechtslage in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat getroffen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.