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VwGH vom 13.11.1998, 97/19/1616

VwGH vom 13.11.1998, 97/19/1616

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):

97/19/1617

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde 1.) der 1959 geborenen ZK und

2.) des 1980 geborenen SK, beide in Wien, beide vertreten durch Mag. K, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres je vom , Zlen. 1.) 115.434/16-III/11/97 und

2.) 115.434/17-III/11/97, jeweils betreffend Aufenthaltsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer verfügten über einen am ausgestellten Wiedereinreisesichtvermerk mit Geltungsdauer bis . Am beantragten die Beschwerdeführer jeweils die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften. Diese Anträge wurde mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien jeweils vom gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Die Zustellung dieser Bescheide an die Beschwerdeführer erfolgte am .

Gegen diese Bescheide richteten sich am persönlich überreichte Berufungen der Beschwerdeführer. Diese Berufungen wurden mit Bescheiden der nunmehr belangten Behörde jeweils vom infolge Versäumung der Berufungsfrist zurückgewiesen. Gegen die letztgenannten Bescheide erhoben die Beschwerdeführer Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof, welche mit hg. Erkenntnis vom , Zlen. 97/19/0601 bis 0603, als unbegründet abgewiesen wurden.

Mit Eingabe vom beantragten die Beschwerdeführer bei der Bundespolizeidirektion Wien die Erteilung eines Sichtvermerkes. Als Anschrift gaben sie jeweils eine inländische Adresse an. Diese Anträge wurden mit Schreiben vom von der Bundespolizeidirektion Wien dem Landeshauptmann von Wien zur Entscheidung übermittelt, weil es sich bei den Beschwerdeführern um "keine Assoziationstürken" handle. Die Anträge langten am beim Landeshauptmann von Wien ein. Mit Bescheiden vom wies diese Behörde den Antrag der Erstbeschwerdeführerin gemäß § 6 Abs. 2 AufG, jenen des Zweitbeschwerdeführers gemäß § 4 Abs. 3 AufG ab.

Die Beschwerdeführer erhoben Berufung. Darin machten sie insbesondere geltend, daß die erstinstanzliche Behörde unzuständig sei. Die Erstbeschwerdeführerin habe im Jahr 1989 die Erlaubnis erhalten, zu ihrem damals in Österreich rechtmäßig aufhältigen Ehegatten, der Zweitbeschwerdeführer jene zu seinem rechtmäßig in Österreich aufhältigen Vater zu ziehen. Die Beschwerdeführer hätten nunmehr bereits mehr als fünf Jahre lang ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz in Österreich. Sie erfüllten daher die Voraussetzungen des Art. 7 zweiter Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom über die Entwicklung der Assoziation zwischen der EWG und der Türkei (im folgenden: ARB). Die Erstbeschwerdeführerin sei bereits seit mehr als vier Jahren im Bundesgebiet beschäftigt. Sie erfülle daher darüber hinaus die Voraussetzungen des Art. 6 dritter Gedankenstrich ARB.

Mit den angefochtenen Bescheiden vom wies der Bundesminister für Inneres die Berufungen der Beschwerdeführer gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit - unter anderem - § 6 Abs. 2 AufG ab. Begründend führte die belangte Behörde (in Ansehung dieses Versagungsgrundes) aus, beide Beschwerdeführer hätten über einen Sichtvermerk mit Geltungsdauer bis verfügt. Ihre Anträge auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung vom seien mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Wien vom abgewiesen worden. Die gegen diesen Bescheid erhobenen Berufungen seien mit Bescheid des Bundesminister für Inneres vom zurückgewiesen worden. Gegen den letztgenannten Bescheid hätten die Beschwerdeführer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof erhoben. Diesen Beschwerden sei die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Dessenungeachtet hielten sich die Beschwerdeführer jedoch seit unrechtmäßig im Bundesgebiet auf. Insbesondere seien die Beschwerdeführer auch im Zeitpunkt der Stellung des gegenständlichen Antrages in Österreich aufhältig gewesen. Die Beschwerdeführer verfügten über kein aus dem ARB ableitbares Aufenthaltsrecht, zumal die Erstbeschwerdeführerin unerlaubt einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sei. Die Erstbeschwerdeführerin sei nicht im Besitz einer Arbeitserlaubnis, einer Beschäftigungsbewilligung oder eines Befreiungsscheines. Ihre zuletzt ausgestellte Beschäftigungsbewilligung sei für den Zeitraum vom bis gültig gewesen. Sie sei jedoch durch Beendigung des Dienstverhältnisses "vorzeitig ruhend gestellt" worden. Seit sei die Erstbeschwerdeführerin nicht mehr beschäftigt. Zuletzt habe sie bis Arbeitslosengeld bezogen. Mit ihrer Antragstellung zu einem Zeitpunkt, in dem sie sich im Inland aufhielten, hätten die Beschwerdeführer der Bestimmung des § 6 Abs. 2 AufG nicht Genüge getan. Die Erteilung einer Bewilligung sei daher (auch) aus diesem Grunde zu versagen. Die Beschwerdeführer seien im Jahre 1989 nach Österreich eingereist. Die Erstbeschwerdeführerin sei verwitwet und Mutter von drei Kindern. Sie habe am Asyl beantragt. Der Flüchtlingsstatus sei ihr nicht zuerkannt worden. Mit kurzfristigen Unterbrechungen habe die Erstbeschwerdeführerin über Sichtvermerke vom bis verfügt. Der Zweitbeschwerdeführer habe keine Schulausbildung abgeschlossen und sei bisher keiner rechtmäßigen Erwerbstätigkeit nachgegangen. Beide Beschwerdeführer seien nicht im Besitz einer Krankenversicherung. Die öffentlichen Interessen überwögen die persönlichen Interessen der Beschwerdeführer im Sinne des Art. 8 Abs. 2 MRK.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Beschlußfassung verbundenen Beschwerden erwogen:

§ 6 Abs. 2 und § 13 Abs. 1 AufG in der Fassung der am ausgegebenen Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lauteten (auszugsweise):

"§ 6. ...

(2) Der Antrag auf Erteilung einer Bewilligung ist vor der Einreise nach Österreich vom Ausland aus zu stellen. ... Eine Antragstellung im Inland ist ausnahmsweise zulässig: ...; schließlich für jene im Bundesgebiet aufhältige Personen, für die dies in einer Verordnung gemäß § 2 Abs. 3 Z 4 festgelegt ist. Der Antrag auf Verlängerung einer Bewilligung und auf Änderung des Aufenthaltszwecks kann bis zum Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung auch vom Inland aus gestellt werden. ...

§ 13. (1) Die Berechtigungen zum Aufenthalt von Fremden, auf die dieses Bundesgesetz Anwendung findet und die sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, bleiben unberührt. Sie können mit Ablauf der Geltungsdauer dieser Berechtigung die Erteilung einer Bewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften (§ 4 Abs. 2) beantragen."

Im Hinblick auf das Datum der Zustellung der angefochtenen Bescheide () ist für ihre Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof die Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, maßgeblich. § 4 Z. 3 und 4 dieser Verordnung lauteten:

"§ 4. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung kann ausnahmsweise im Inland gestellt werden von:

...

3. Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z 1 des Aufenthaltsgesetzes auf Grund allgemein anerkannter Regeln des Völkerrechts oder eines Staatsvertrags aufenthaltsberechtigt sind oder waren und

4. Personen, für die eine Beschäftigungsbewilligung, eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein ausgestellt ist und deren Familienangehörigen im Sinne des § 3 des Aufenthaltsgesetzes, die eine Aufenthaltsbewilligung hatten."

§ 6 Abs. 3 AufG in seiner Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 lautete:

"§ 6. ...

...

(3) Anträge auf Verlängerung einer Bewilligung sind so rechtzeitig zu stellen, daß darüber vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden werden kann; solche Anträge sind jedenfalls spätestens vier Wochen vor diesem Zeitpunkt zu stellen. Wird über einen solchen Antrag nicht rechtzeitig vor Ablauf der Geltungsdauer der Bewilligung entschieden, so verlängert sich die Geltungsdauer bis zum Zeitpunkt der Entscheidung, längstens aber um sechs Wochen."

§ 7 Abs. 7 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) lautete:

"§ 7. ...

...

(7) Ergibt sich aus den Umständen des Falles, daß der Antragsteller für den Aufenthalt eine Bewilligung gemäß den §§ 1 und 6 des Bundesgesetzes, mit dem der Aufenthalt von Fremden in Österreich geregelt wird (Aufenthaltsgesetz), BGBl. Nr. 466/1992, benötigt, so darf dem Fremden kein Sichtvermerk nach diesem Bundesgesetz erteilt werden. Das Anbringen ist als Antrag gemäß § 6 des Aufenthaltsgesetzes unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten, der Antragsteller ist davon in Kenntnis zu setzen."

Art. 6 und 7 ARB lauten:

"Artikel 6

(1) Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat

nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;

nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung - vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs - das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingegangenes anderes Stellenangebot zu bewerben;

nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis.

Artikel 7

Die Familienangehörigen eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers, die die Genehmigung erhalten haben, zu ihm zu ziehen,

haben vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs das Recht, sich auf jedes Stellenangebot zu bewerben, wenn sie dort seit mindestens drei Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben;

haben Zugang zu jeder von ihnen gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis, wenn sie dort seit mindestens fünf Jahren ihren ordnungsgemäßen Wohnsitz haben.

Die Kinder türkischer Arbeitnehmer, die im Aufnahmeland eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, können sich unabhängig von der Dauer ihres Aufenthalts in dem betreffenden Mitgliedstaat dort auf jedes Stellenangebot bewerben, sofern ein Elternteil in dem betreffenden Mitgliedstaat seit mindestens drei Jahren ordnungsgemäß beschäftigt war."

Die gegenständlichen Anträge wurden gestellt, nachdem im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG rechtzeitige Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung unter sinngemäßer Anwendung der für die Verlängerung von Bewilligungen geltenden Vorschriften mit in Rechtskraft erwachsenen erstinstanzlichen Bescheiden abgewiesen worden waren. Hieraus folgt zunächst, daß ein Fall des § 113 Abs. 6 oder 7 FrG 1997 nicht vorliegt. Die angefochtenen Bescheide blieben vom Inkrafttreten des FrG 1997 daher unberührt.

Weiters ist aus dem Vorgesagten abzuleiten, daß die belangte Behörde die gegenständlichen Anträge zu Recht als Erstanträge wertete, für deren Beurteilung § 6 Abs. 2 AufG maßgeblich ist.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die Feststellung, die Beschwerdeführer hätten sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten, sei "unrichtig". Diesem Beschwerdevorbringen ist aber zu entgegnen, daß die belangte Behörde ihrer diesbezüglichen Tatsachenfeststellung die eigenen Angaben der Beschwerdeführer in ihren mit datierten Anträgen betreffend ihre inländische Anschrift - auch ohne einen entsprechenden Vorhalt (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0391) - zugrundelegen konnte.

Ausgehend von der sohin unbedenklichen Feststellung, die Beschwerdeführer hätten sich im Zeitpunkt ihrer Antragstellung im Bundesgebiet aufgehalten, kann der belangten Behörde auch nicht entgegengetreten werden, wenn sie die Auffassung vertrat, die Beschwerdeführer hätten der Bestimmung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG nicht Genüge getan. Bei dem dort umschriebenen Erfordernis handelt es sich um eine Erfolgsvoraussetzung, deren Nichterfüllung die Abweisung des Antrages nach sich zieht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/19/1010).

Von der Anwendung des § 6 Abs. 2 erster Satz AufG wären die Beschwerdeführer nur dann ausgenommen, wenn sie zu dem in § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG oder einer darauf beruhenden Verordnung umschriebenen Personenkreis zählten.

Dafür bestehen aber vorliegendenfalls keine Anhaltspunkte. Unter die Ausnahmebestimmung des § 4 Z. 4 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1997, BGBl. Nr. 707/1996, fielen die Beschwerdeführer schon deshalb nicht, weil sie über keine Aufenthaltsbewilligung verfügten. Mit dem Begriff "Aufenthaltsbewilligung" im Sinne der zitierten Verordnungsbestimmung ist nämlich die in § 1 Abs. 1 AufG vorgeschriebene besondere Bewilligung gemeint. Diese - im Aufenthaltsgesetz "Bewilligung" genannte - Berechtigung ist Gegenstand des Antrages nach § 6 Abs. 2 AufG. § 4 der Verordnung BGBl. Nr. 707/1996 bezeichnet diesen als "Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung". Die Verordnung bietet keinen Anhaltspunkt dafür, daß der Begriff "Aufenthaltsbewilligung" in § 4 erster Satz etwas anderes bedeuten soll als jener in Z. 4 leg. cit. Die Berechtigung zum Aufenthalt aufgrund eines vor dem ausgestellten Wiedereinreisesichtvermerkes gehört nicht dazu (vgl. das zu den inhaltsgleichen Bestimmungen des § 3 erster Satz und der Z. 3 der Verordnung der Bundesregierung über die Anzahl der Bewilligungen nach dem Aufenthaltsgesetz für 1995, BGBl. Nr. 408/1995, ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/19/1794).

Der Gesetzgeber der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, hat mit den Bestimmungen des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG und des § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG sowie der darin enthaltenen - von der Bundesregierung genützten - Verordnungsermächtigung in Ansehung von Angehörigen in Österreich aufhältiger Fremder bereits auf die durch Art. 8 MRK geschützten Interessen Bedacht genommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/19/0161). Aus Anlaß des Beschwerdefalles sind keine Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes dahin entstanden, daß die dort umschriebene Verordnungsermächtigung ihrerseits zu eng wäre und gegen Art. 8 MRK verstieße. Der von den Beschwerdeführern gerügte "Verstoß gegen Art. 8 MRK" liegt daher nicht vor.

Wenn die Beschwerdeführer schließlich darauf verweisen, daß sie eine gesicherte Unterkunft, einen gesicherten Lebensunterhalt und eine alle Risken abdeckende Krankenversicherung, die Erstbeschwerdeführerin darüber hinaus die Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit und eine aufrechte Beschäftigungsbewilligung - zumindest für den Zeitpunkt der Antragstellung - nachgewiesen hätten, ist ihnen zu entgegnen, daß dieser Umstand nicht zur Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung entgegen § 6 Abs. 2 AufG zu führen hätte.

Insoweit sich die Beschwerdeführer jedoch auf Art. 6 und/oder Art. 7 ARB berufen, ist ihnen zunächst folgendes zu entgegnen:

Ein solches, auf einem unmittelbar anwendbaren Rechtsakt der Europäischen Union beruhendes Recht im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG stünde ihnen unabhängig von einer Bewilligung gemäß § 1 Abs. 1 leg. cit. zu. In ein allenfalls danach bestehendes Aufenthaltsrecht wäre durch die bekämpften Bescheide nicht eingegriffen worden. Andererseits zeigt schon die Verordnungsermächtigung des § 2 Abs. 3 Z. 4 AufG, welche die Bundesregierung berechtigt, Personen, die gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG aufenthaltsberechtigt sind, unter näher umschriebenen Voraussetzungen von der Anrechnung auf die Zahl der Bewilligungen auszunehmen, daß auch für Personen, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG erfüllen, eine Aufenthaltsbewilligung ausgestellt werden kann. Daher ist die Frage, ob den Beschwerdeführern eine Bewilligung nach dem Aufenthaltsgesetz erteilt werden durfte, allein danach zu beurteilen, ob die Voraussetzungen nach diesem Gesetz vorlagen oder nicht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/19/0897).

Dennoch war die Frage, ob den Beschwerdeführern nach dem in Rede stehenden Assoziationsratsbeschluß ein Aufenthaltsrecht im Inland zustand, im vorliegenden Zusammenhang inhaltlich zu prüfen, weil - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - die erstinstanzliche Behörde zur Entscheidung über die Anträge der Beschwerdeführer auf Ausstellung eines Sichtvermerkes gemäß § 7 Abs. 7 FrG nur dann zuständig gewesen wäre, wenn die Beschwerdeführer eine Bewilligung gemäß § 1 AufG benötigt hätten. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn sie aufgrund des ARB, also gemäß § 1 Abs. 3 Z. 1 AufG Niederlassungsfreiheit genossen hätten.

Insoweit sich die Erstbeschwerdeführerin in diesem Zusammenhang auf Art. 6 Abs. 1 ARB beruft, ist ihr folgendes zu entgegnen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ausgeführt hat, ist unter "ordnungsgemäßer" Beschäftigung i.S. des Art. 6 Abs. 1 ARB nur eine solche zu verstehen, die im Einklang mit den ausländerbeschäftigungsrechtlichen und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaates steht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 95/18/1215, und vom , Zl. 97/21/0480, mit eingehenden Hinweisen auf die Rechtsprechung des EuGH).

Verfügte aber ein türkischer Staatsangehöriger zu dem Zeitpunkt, in welchem durch den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union () der genannte Assoziationsratsbeschluß für ihn hätte wirksam werden können, nicht über eine Aufenthaltsberechtigung und war er daher auch nicht im oben aufgezeigten Sinn ordnungsgemäß beschäftigt, so kommt ihm ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 ARB nicht zu (vgl. das bereits zitierte Erkenntnis vom ).

Vorliegendenfalls hat sich das den Beschwerdeführern aufgrund ihres mit befristeten Wiedereinreisesichtvermerkes zustehende Aufenthaltsrecht durch ihre im Sinne des § 13 Abs. 1 AufG rechtzeitige (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 94/18/0631) Antragstellung am gemäß § 6 Abs. 3 AufG in seiner Fassung vor Inkrafttreten der Novelle BGBl. Nr. 351/1995 bis zum Ablauf der sechsten Woche nach dem verlängert. Ungeachtet der weiteren Anhängigkeit ihres Antrages in erster Instanz bis zur Erlassung der Bescheide des Landeshauptmannes von Wien vom waren die Beschwerdeführer daher im Zeitpunkt des Beitrittes Österreichs zur Europäischen Union am nicht zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt. In diesem Zusammenhang sei auch noch angemerkt, daß das Aufenthaltsverfahren der Beschwerdeführer über ihre Anträge vom mit Eintritt der Rechtskraft der Bescheide vom , also mit Ablauf des endete. Ihre verspäteten Berufungen vermögen daran nichts zu ändern. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden der Beschwerdeführer gegen die diese Berufungen zurückweisenden Bescheide des Bundesministers für Inneres vom verschaffte den Beschwerdeführern lediglich die Stellung, die sie vor Erlassung dieser Bescheide hatten, als jene von Fremden, die gegen einen bereits rechtskräftigen Bescheid eine verspätete Berufung erhoben hatten. Ein Aufenthaltsrecht verschafften diese Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes den Beschwerdeführern hingegen nicht. Sie bewirkten auch nicht, daß ihre Aufenthaltsverfahren bei Inkrafttreten der Novelle zum Aufenthaltsgesetz, BGBl. Nr. 351/1995, am oder danach als noch anhängig gewesen zu gelten hätten.

Nach dem Vorgesagten konnte die Erstbeschwerdeführerin mangels ordnungsgemäßer Beschäftigung am daher kein Aufenthaltsrecht gemäß Art. 6 ARB erworben haben.

Damit ist aber auch ausgesagt, daß die Erstbeschwerdeführerin selbst seit mangels Berechtigung zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht dem regulären Arbeitsmarkt Österreichs angehörte. Die Erstbeschwerdeführerin gab bereits in ihrem Antrag vom an, verwitwet zu sein. Es bestehen daher keine Hinweise darauf, daß der Ehegatte der Erstbeschwerdeführerin bzw. der Vater des Zweitbeschwerdeführers seit dem dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört hätte.

Damit handelte es sich aber weder am noch zum Zeitpunkt der Erlassung der Bescheide vom (Zustellung am ) durch den Landeshauptmann von Wien bei den Beschwerdeführern um "Familienangehörige eines dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehörenden türkischen Arbeitnehmers" im Sinne des Art. 7 Abs. 1 ARB. Dafür, daß der Zweitbeschwerdeführer die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 2 ARB erfüllte, ergeben sich aus dem Akteninhalt ebenfalls keine Anhaltspunkte. Der Landeshauptmann von Wien hat daher als gemäß § 7 Abs. 7 FrG zuständige Behörde über die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung eines Sichtvermerkes vom entschieden.

Die Beschwerden waren daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen ließen, daß die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten läßt, und Art. 6 Abs. 1 MRK dem nicht entgegensteht.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-41036