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VwGH vom 11.09.1998, 97/19/1556

VwGH vom 11.09.1998, 97/19/1556

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des Dr. GK in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Justiz vom , Zl. 710.283/32-I.5/1997, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesministers für Justiz vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf bescheidmäßige Feststellung nachstehender behaupteter Rechte:


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1.
auf Genehmigung einer Drittschuldnererklärung nur in solchen Fällen, die mit den strikten Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 EO (gemeint wohl: MRK) im Einklang stehen sowie nach vorangegangener Befassung seiner Person als Verfahrenspartei
2.
daß Akte der Zwangsvollstreckung nur nach vorangegangener Befassung seiner Partei genehmigt werden dürfen;
3.
auf Rückgabe der Originale der Drittschuldnererklärungen sowohl aus den Akten des BG Döbling als auch aus denjenigen des Bez.Pol.Koat. Döbling, die Untersagung der Verwendung der Informationen welcher Art und Weise auch immer, die Untersagung der Weitergabe an andere Organisationen, Ämter, Gerichte oder Behörden im weiteren Sinn und die automationsunterstützte Verarbeitung der Daten"
zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, die Durchführung des Exekutionsverfahrens falle in die Zuständigkeit der unabhängigen Gerichte, weshalb die vom Antragsteller begehrten bescheidmäßigen Feststellungen nicht getroffen werden könnten. Der belangten Behörde als Verwaltungsbehörde sei es aus verfassungsrechtlichen Gründen verwehrt, in die Rechtsprechung der unabhängigen Gerichte einzugreifen.

Entscheidungen der Gerichte könnten nur im Rechtsmittelweg von übergeordneten Gerichten überprüft werden. Es sei daher mit einer Zurückweisung des Antrages vorzugehen gewesen.

Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er vertritt die Auffassung, ein Feststellungsbescheid sei dann ein zulässiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung, wenn eine Partei Gefahr laufe, mit ihrer Auffassung über ihre Rechte nicht durchzudringen. Anlaß hiefür könne die drohende Gefahr von Nachteilen sein. Außerdem basiere der Feststellungsbescheid auf den "Normen des direkt anwendbaren Verfassungsrechtes der MRK", zu welchem §§ 55, 301 und 345 Abs. 1 Z. 2 EO in Widerspruch stünden. Unter Berufung auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 11.500, vertritt der Beschwerdeführer die Auffassung, die Zuständigkeit der belangten Behörde zur Entscheidung über die gegenständlichen Feststellungsanträge sei aus der Leitungskompetenz der obersten Organe des Bundes zu gewinnen. Auch sei sie aus der Verordnungsermächtigung des Art. XLI EGEO abzuleiten. Diese Verordnungsermächtigung begründe auch die Zuständigkeit zur Erlassung von Bescheiden im Rahmen derselben. Schließlich habe gemäß § 59 Abs. 1 AVG jeder Bescheid die Gesetzesbestimmung anzuführen, auf deren Grundlage die Entscheidung ergehe. Der angefochtene Bescheid führe jedoch keine solche Bestimmung an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Art. 83 Abs. 1 und Art. 94 B-VG lauten:

"Art. 83. (1) Die Verfassung und Zuständigkeit der Gerichte

wird durch Bundesgesetz festgestellt.

...

Art. 94. Die Justiz ist von der Verwaltung in allen Instanzen

getrennt."

§ 2 Abs. 1, 2 und 3 des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 76, lautet auszugsweise:

"§ 2. (1) Der Wirkungsbereich der Bundesministerien umfaßt:


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1.
...
2.
Die Sachgebiete, die gemäß dem Teil 2 der Anlage einzelnen Bundesministerien zur Besorgung zugewiesen sind.

(2) Die Bundesministerien haben gemäß den Weisungen (Art. 20 Abs. 1 B-VG) und unter der Verantwortung (Art. 74, 76 und 142 B-VG) des mit ihrer Leitung (Art. 77 Abs. 3 B-VG) betrauten Bundesministers im Rahmen ihres Wirkungsbereiches aufgrund der Gesetze, die ihnen durch bundesverfassungsgesetzliche Vorschriften, allgemeine Entschließungen des Bundespräsidenten, durch dieses Bundesgesetz oder andere bundesgesetzliche Vorschriften oder durch Verordnungen aufgrund des § 15 übertragenen Geschäfte der obersten Bundesverwaltung in zweckmäßiger, wirtschaftlicher und sparsamer Weise zu besorgen.

(3) Geschäfte der obersten Bundesverwaltung im Sinne des Abs. 2 sind Regierungsakte, Angelegenheiten der behördlichen Verwaltung oder der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten."

In Teil 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 heißt es:

"I. Bundesministerium für Justiz

...

6. Angelegenheiten des Vollzuges der Entscheidungen und Verfügungen der Gerichte in Zivil- und Strafrechtssachen.

Dazu gehören insbesondere auch:

Exekutionswesen."

Art. I Abs. 1 und Art. XLI Einführungsgesetzes zur Exekutionsordnung (EGEO) lauten:

"Art. I. (1) Das Gesetz über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung) ist gleichzeitig mit dem Gesetz über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten (Zivilprozeßordnung) als Vorschrift für das Verfahren bei Exekutionen und einstweiligen Verfügungen, die den ordentlichen Gerichten zugewiesen sind, in Wirksamkeit getreten.

Art. XLI (1) Mit der Vollziehung dieses Einführungsgesetzes ist das Bundesministerium für Justiz betraut.

(2) Das Bundesministerium für Justiz hat alle zur Durchführung dieses Einführungsgesetzes und der Exekutionsordnung erforderlichen Verordnungen, und zwar insoweit diese den Wirkungsbereich der anderen Bundesministerien berühren, im Einvernehmen mit diesen zu erlassen."

§ 3 Abs. 1,§ 17 Abs. 1 und § 301 Abs. 1 EO lauten:

"§ 3. (1) Zur Bewilligung der Exekution auf Grund der in §§ 1 und 2 angeführten Exekutionstitel sind die Zivilgerichte berufen.

§ 17. (1) Die den Zivilgerichten durch das gegenwärtige Gesetz übertragene Beteiligung am Exekutionsvollzuge obliegt, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, dem Bezirksgericht (Exekutionsgericht).

§ 301. (1) Sofern der betreibende Gläubiger nichts anderes beantragt, hat das Gericht dem Drittschuldner gleichzeitig mit dem Zahlungsverbot aufzutragen, sich binnen vier Wochen darüber zu erklären:

1. ob und inwieweit er die gepfändete Forderung als begründet anerkennen und Zahlung zu leisten bereit sei; ..."

Eine bestimmte Kompetenz der ordentlichen Gerichtsbarkeit ist im B-VG nicht ausdrücklich festgelegt. Gemäß Art. 83 Abs. 1 B-VG ist die Zuständigkeit der Gerichte durch Bundesgesetz festzustellen. Art. I Abs. 1 EGEO3 Abs. 1 und § 17 Abs. 1 EO verweisen jedenfalls die Kompetenz zur Setzung individueller Vollzugsakte im Bereich des Vollzuges der EO an die ordentlichen Gerichte. Gegenteiliges ist aus der Vollzugsklausel des Art. XLI Abs. 1 EGEO (zur Bedeutung der Nennung des Bundesministeriums für Justiz in einer Vollzugsklausel in Angelegenheiten, deren Vollzug primär den Gerichten zukommt, vgl. Barfuß, Ressortzuständigkeit und Vollzugsklausel, 104 ff) ebensowenig ableitbar, wie aus der nach dem klaren Gesetzeswortlaut ausschließlich auf die Setzung genereller Vollzugsakte eingeschränkten Verordnungsermächtigung des Abs. 2 dieser Bestimmung.

Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers ermächtigt die Zuweisung eines allgemeinen Wirkungsbereiches zu einem Bundesministerium durch das Bundesministeriengesetz 1986 für sich allein noch nicht zur Setzung von Verwaltungsakten (Art. 18 Abs. 1 und 2 B-VG). Mit dieser Zuweisung wird dem betreffenden Bundesminister nur ganz allgemein die Leitung und Verwaltung bestimmter Sachgebiete übertragen. Nach den EB zur RV zum Bundesministeriengesetz 1973 (483 BlgNR, 13. GP, 22) hat die im BMG vorgenommene Festlegung des allgemeinen Wirkungsbereiches der Bundesministerien etwa die Bedeutung für die Zuständigkeit zur Vorbereitung einer Regierungsvorlage; darüber hinaus wird auch eine gewisse Präzisierung verfassungsrechtlicher Vorschriften, die vom zuständigen Bundesministerium sprechen, erreicht (vgl. zum Ganzen Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 685).

Eine Verwaltungsbehörde ist aber zur Erlassung von Feststellungsbescheiden, von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall, daß sie in einem Gesetz ausdrücklich hiezu berufen wird, abgesehen, nur zuständig, wenn die Angelegenheit auch dann, wenn es sich nicht um die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtes handeln würde, in ihre Zuständigkeit fiele, ihr also im Bereich des Vollzuges der jeweiligen Materie eine abstrakte Kompetenz zukäme (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Slg. Nr. 2918/A;

Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz. 407).

Eine solche abstrakte Kompetenz zum Vollzug der Bestimmungen der Exekutionsordnung betreffend die Bewilligung von Exekutionen und die Erteilung von Aufträgen zur Drittschuldneräußerung kommt aber nach dem Vorgesagten den Verwaltungsbehörden nicht zu. Gegenteilige Aussagen sind dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , Slg. Nr. 11.500, nicht zu entnehmen.

Aus dem Vorgesagten folgt, daß die belangte Behörde zur Feststellung der in der Wiedergabe des angefochtenen Bescheides unter Punkt 1. und 2. angeführten behaupteten Rechte nicht zuständig war.

Insoweit der Antrag auf Feststellung des in der Wiedergabe des angefochtenen Bescheides unter Punkt 3. angeführten behaupteten Rechtes darauf abzielt, die belangte Behörde möge feststellen, daß dem Beschwerdeführer das Recht auf Rückgabe der in den Akten des Exekutionsgerichtes befindlichen Drittschuldnererklärungen und auf Unterbleiben der Verwendung der Information, ihrer Weitergabe und ihrer automationsunterstützten Verarbeitung durch das Exekutionsgericht zusteht, ist er auf die obigen Ausführungen zu verweisen, wonach die Durchführung des Exekutionsverfahrens und damit auch die Entscheidung darüber, ob und wem Originale der im Gerichtsakt befindlichen Drittschuldneräußerungen auszufolgen sind, in welcher Weise die in den Drittschuldnererklärungen enthaltene Information verwendet, an wen sie weitergegeben und ob sie informationsunterstützt verarbeitet wird, ausschließlich den Gerichten zusteht.

Insoweit aber ein vermeintliches Recht des Beschwerdeführers auf Rückgabe des Originales der Drittschuldnererklärungen und auf Unterbleiben ihrer Verwendung, Weitergabe oder automationsunterstützter Verarbeitung durch bestimmte Parteien des Exekutionsverfahrens festgestellt werden soll, steht bereits folgende Erwägung der Zuständigkeit der belangten Behörde zur Sachentscheidung über diesen Feststellungsantrag entgegen:

Stünde dem Beschwerdeführer - wie er behauptet - ein subjektiv-öffentliches, bescheidmäßig zu konkretisierendes Recht dieser Art zu, so hätte die Rechtsverwirklichung durch Erlassung eines Leistungsbescheides (hinsichtlich der Rückgabe der Originale der Drittschuldnererklärungen), bzw. eines Unterlassungsbescheides (hinsichtlich der geforderten Unterlassungen) gegenüber der individuell bestimmten gegnerischen Partei des Exekutionsverfahrens zu erfolgen. Der vom Beschwerdeführer diesbezüglich beantragte Feststellungsbescheid wäre ebenfalls unzulässig; sein darauf gerichteter Antrag zurückzuweisen (vgl. in Ansehung von Feststellungsbescheiden die bei Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, Rz 407, angeführte Judikatur).

Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde die Auffassung vertrat, Verwaltungsbehörden seien zur meritorischen Entscheidung über den Feststellungsantrag des Beschwerdeführers nicht zuständig. Gemäß § 6 Abs. 1 AVG hatte die belangte Behörde daher ihre sachliche Unzuständigkeit von Amts wegen wahrzunehmen. Da für die meritorische Erledigung des - unzulässigen - Antrages auf Erlassung des beantragten Feststellungsbescheides über die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechte keine Verwaltungsbehörde zuständig war, ging die belangte Behörde zutreffend mit Zurückweisung des darauf gerichteten Antrages des Beschwerdeführers vor (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2551/76).

Insoweit der Beschwerdeführer unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt, daß der Spruch des angefochtenen Bescheides die angewendete Rechtsnorm nicht nennt, ist ihm folgendes zu entgegnen:

Lediglich ein Bescheid, der nicht erkennen läßt, auf welche gesetzliche Grundlage er sich stützt, verletzt die Vorschrift des § 59 Abs. 1 AVG. Wenn der Inhalt eines Bescheides jedoch eindeutig erkennen läßt, auf welche Vorschrift er sich gründet, muß der Bescheid als in Vollziehung dieser Norm angesehen werden, auch wenn er die angewendete Vorschrift nicht ausdrücklich nennt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/09/0209). Vorliegendenfalls läßt der angefochtene Bescheid eindeutig erkennen, daß die belangte Behörde in Vollzug der Bestimmung des § 6 Abs. 1 AVG ihre sachliche Unzuständigkeit von Amts wegen angenommen hat. Daher liegt auch der behauptete Verfahrensmangel nicht vor.

Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Damit entfiel auch die Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages durch Einholung einer Anwaltsunterschrift (vgl. die bei Dolp,

Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, 533, wiedergegebene Judikatur).