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VwGH vom 27.09.1995, 95/16/0125

VwGH vom 27.09.1995, 95/16/0125

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Steiner, Dr. Fellner, Dr. Höfinger und Dr. Kail als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peternell, über die Beschwerde des J sen. in L, vertreten durch Dr. C, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Wels vom , Zl. Jv 578-33a/95, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im Verfahren 24 Cga 30/89 des Kreisgerichtes (jetzt Landesgerichtes) Wels, als Arbeits- und Sozialgericht als Kläger beteiligt und begehrte (nach Klagsausdehnung) vor Schluß der Verhandlung erster Instanz den Zuspruch von S 2,397.354,82 s.A., sowie eine mit S 301.000,-- bewertete Feststellung.

Die erstbeklagte Partei hatte gegen das Zahlungsbegehren eine Gegenforderung von S 13,5 Millionen eingewendet.

Mit Teilurteil vom , GZ 24 Cga 30/89-40, fällte das Erstgericht (auszugsweise) folgenden Spruch:

"1) Die Klagsforderung besteht mit S 2,364.106,01 zu Recht und mit S 33.248,81 nicht zu Recht.

2) Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand bei Exekution schuldig, dem Kläger binnen 14 Tagen den Betrag von

S 2,364.106,01 samt ... zu bezahlen.

3) Das Mehrbegehren, die beklagten Parteien seien darüber hinaus schuldig, dem Kläger den Betrag von S 33.248,81 samt ... zu bezahlten, wird abgewiesen.

4) Es wird festgestellt, daß der zwischen dem Kläger und der erstbeklagten Partei mit Geltung ab abgeschlossene Geschäftsführervertrag aufrecht besteht.

5) Die Kostenentscheidung wird der Endentscheidung vorbehalten."

Gegen dieses Urteil berief der Kläger, wobei er die gemäß § 467 Z. 3 ZPO erforderliche Berufungserklärung formulierte wie folgt:

"Gegen das Teilurteil wird ausschließlich insofern Berufung erhoben, als

1. das Urteil als Teil- anstelle eines Endurteiles ergangen ist,

2. in Punkt 5. des Urteiles die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten wurde und

3. über die eingewendete Gegenforderung nicht meritorisch entschieden wurde"

und folgenden Berufungsantrag stellte:

"Das Oberlandesgericht Linz möge der Berufung Folge geben, das Urteil als Endurteil erlassen, die Gegenforderung der beklagten Parteien in Höhe von S 13,5 Millionen als nicht zu Recht bestehend feststellen und die beklagten Parteien schuldig erkennen, dem Kläger die Verfahrenskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen."

Im Rubrum des Berufungsschriftsatzes findet sich dazu folgende Passage:

"WEGEN: S 2,364.106,01 s.A. und Feststellung Berufungsinteresse: Nebengebühr (Kosten)"

Der Kostenbeamte schrieb dem Beschwerdeführer dafür Pauschalgebühr nach TP 2 des GGG auf der Basis des Streitwertes des Verfahrens erster Instanz vor.

Dem dagegen mit dem Argument, die Berufung habe nur die Gegenforderung betroffen, die nicht Teil des Streitwertes sei, erhobenen Berichtigungsantrag gab die belangte Behörde nicht statt. Sie vertrat vielmehr - gestützt auf § 18 Abs. 1 Z. 3 GGG - die Ansicht, das relevante Rechtsmittelinteresse des Beschwerdeführers habe in Höhe der ihm mit dem Teilurteil zugesprochenen Geldforderung bestanden. Die Gegenforderung könne nicht unberücksichtigt bleiben, wenn sie den alleinigen Berufungsgegenstand darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtwidrigkeit seines Inhaltes. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht darauf verletzt, für seine Berufung keine Pauschalgebühr entrichten zu müssen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 18 Abs. 1 GGG bleibt die Bemessungsgrundlage für das ganze Verfahren gleich.

Nach Abs. 2 leg. cit. treten hievon ua folgende Ausnahmen

ein:

"...

3. Betrifft das Rechtsmittelverfahren ... nur einen Teil

des ursprünglichen Streitgegenstandes, so ist in diesem

Verfahren für die Berechnung nur der Wert dieses Teiles

maßgebend ... Ist der von der Anfechtung betroffene Teil nicht

nur ein Geldanspruch, so hat ihn der Rechtsmittelwerber in der

Rechtsmittelschrift zu bewerten; unterläßt er dies, ist der

Bemessung der Pauschalgebühr für das Rechtsmittelverfahren der

ganze Wert des ursprünglichen Streitgegenstandes

zugrundezulegen."

Wird im Zivilprozeß vom Beklagten eine Aufrechnungseinrede erhoben, so handelt es sich dabei um einen Sachantrag (und zwar eine Prozeßhandlung mit Eventualcharakter), mit dem der Beklagte die Entscheidung des Gerichtes durch Urteil begehrt, daß die Klagsforderung durch Aufrechnung (ganz oder teilweise) erloschen und deshalb das Klagebegehren (in diesem Umfang) abzuweisen ist (vgl. Fasching, Zivilprozeßrecht, Lehr- und Handbuch2 Rz 1283, 1288 und 1289; derselbe im Kommentar III, 577); die Aufrechnungseinrede begründet solcherart einen eigenen Streit- bzw. Urteilsgegenstand (Fa aaO. Rz 1291 bzw. im Kommentar III, 579).

Indem nun der Kläger im Wege seiner Berufung das erstinstanzliche Teilurteil eingeschränkt darauf bekämpfte, daß er dessen Abänderung in ein Endurteil mit Feststellung des Nichtbestehens der Gegenforderung samt Kostenzuspruch begehrte, machte er nur einen Teil des ursprünglichen Streitgegenstandes (eben das Compensando-Sachbegehren des Beklagten) zum Gegenstand des von ihm angestrebten Rechtsmittelverfahrens. Damit traf ihn aber zufolge der Bestimmung des § 18 Abs. 2 Z. 3 Satz 3 GGG die dort normierte Bewertungspflicht, weil über eine im Wege der Prozeßkompensation eingewendete Gegenforderung festellend zu entscheiden ist (vgl. die in der Anm. 5 zu § 391 ZPO in MGA JN-ZPO 14 abgedruckte Bestimmung des § 545 Abs. 3 GeO bzw. die bei Fasching aaO. Rz 1293 bzw. im Kommentar III, 580 formulierten Beispiele sowie die in MGA JN-ZPO14 unter E 43 zu § 391 ZPO referierte Judikatur) und es sich daher dabei nicht um einen Geldzahlungsanspruch handelt.

Ausgehend davon ergibt sich in jedem Fall die Richtigkeit des angefochtenen Bescheides; selbst dann, wenn man die im Rubrum der Berufung enthaltende Passage "wegen: S 2,364.106,01 s. A. ..." nicht als Bewertung des Berufungsgegenstandes ansehen wollte, wäre vom ursprünglichen Streitgegenstand auszugehen und kann daher die vom Kostenbeamten vorgenommene Vorschreibung der Pauschalgebühr für die Berufung auf der Basis des ursprünglichen Streitwertes nicht beanstandet werden.

Was das Argument der Beschwerde anlangt, das Berufungsinteresse des Beschwerdeführers sei gemäß § 56 Abs. 2 JN nur mit S 30.000,-- zu bewerten, ist darauf zu verweisen, daß dem die für das Rechtsmittelverfahren geltende Sondervorschrift des § 18 Abs. 2 Z. 3 Satz 3 GGG entgegensteht, die im Falle der Nichtbewertung des eingeschränkten Anfechtungsgegenstandes durch den Rechtsmittelwerber (anders als § 56 Abs. 2 JN) die Heranziehung des ganzen Wertes des ursprünglichen Streitgegenstandes ausdrücklich anordnet.

Da schließlich der vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren und auch jetzt wiederholt zitierten allgemeinen Weisung des BMfJ, Zl. 10.473-8/56 (vgl. bei Tschugguel-Pötscher, Gerichtsgebühren4 E 6 zu § 14 GGG) - wie die belangte Behörde zutreffend ausführte - keine Normqualität zukommt, erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. Nr. 416/1994.