VwGH vom 13.04.2005, 2001/13/0172
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Keidel LL.M., über die Beschwerde des MC in F, vertreten durch Dr. Walter Strigl und Dr. Gerhard Horak, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Tuchlauben 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde 2. Instanz vom , Zl. RV/163- 10/99, betreffend Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 51,50 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Erkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom wurde der Beschwerdeführer schuldig gesprochen, er habe als für die abgabenrechtlichen Belange verantwortlicher Geschäftsführer der M. GmbH fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkt, dass Kapitalertragsteuer für 1993 in Höhe von 52.272 S und Kapitalertragsteuer für 1994 in Höhe von 574.993 S nicht entrichtet worden sei. Der Beschwerdeführer habe hiedurch das Finanzvergehen der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 Finanzstrafgesetz (FinStrG) begangen, wobei unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Spruchsenates vom eine (Zusatz-)Geldstrafe in Höhe von 120.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Tagen) verhängt werde.
Nach der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses sei die M. GmbH mit Gesellschaftsvertrag vom gegründet worden. Betriebsgegenstand sei der Handel mit Waren aller Art und der Beschwerdeführer fungiere seit der Gründung als Geschäftsführer. Er sei auch für die abgabenrechtlichen Belange des Unternehmens verantwortlich gewesen. Zur Erfüllung seiner steuerlichen Verpflichtungen habe sich der Beschwerdeführer des W.R. als Vertreter bedient. Da der Beschwerdeführer seinen Überwachungspflichten nicht ausreichend nachgekommen sei und gegen die ihm als Geschäftsführer obliegenden Sorgfaltspflichten schuldhaft verstoßen habe, seien für den Zeitraum 12/1993 und 1 bis 11/1994 Umsatze nicht gemeldet und entrichtet worden. Diese Beträge hätten auch zu verdeckten Gewinnausschüttungen geführt, für welche vom Beschwerdeführer Kapitalertragsteuer in Höhe von insgesamt 627.265 S einzubehalten und abzuführen gewesen wäre. Der festgestellte Sachverhalt stütze sich auf das umfassende Geständnis des Beschwerdeführers im Zusammenhalt mit dem Akteninhalt. Gegen die Höhe der anlässlich der abgabenbehördlichen Nachschau festgestellten Verkürzungsbeträge sei kein Einwand erhoben, der Sicherheitszuschlag ohnedies außer Ansatz gelassen worden. Bei der Strafbemessung sei das Geständnis als mildernd zu berücksichtigen gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde u.a. der Berufung des Beschwerdeführers gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis dahin Folge gegeben, dass die über ihn verhängte Zusatzgeldstrafe auf 100.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) herabgesetzt wurde. Das in der Berufung zum Schuldspruch enthaltene Vorbringen erweise sich insgesamt als nicht geeignet, die in erster Instanz angenommenen Tatsachengrundlagen entscheidend zu problematisieren. Da sich der Beschwerdeführer - auch nach seiner Einlassung in der Berufungsverhandlung - einer fahrlässigen Vernachlässigung der gebotenen Überwachung des von ihm mit der Erledigung steuerlicher Agenden betrauten W.R. schuldig bekannt habe und dieses Geständnis in den Verfahrensergebnissen auch hinreichend Deckung finde, beschränke sich sein Anfechtungswillen im Kern auf die allein die objektive Tatseite betreffende Reklamation, die abgabenbehördliche Schätzung des ihm angelasteten Verkürzungsvolumens erweise sich mangels objektivierter Grundlagen als nicht nachvollziehbar und lasse insbesondere unberücksichtigt, dass die M. GmbH im Zusammenhang mit der Lieferung mangelhafter Bademäntel aus der Türkei zur Führung eines aufwändigen Zivilprozesses gezwungen gewesen und dabei ausschließlich infolge verspäteter Rüge des Warenmangels durch ein Urteil des Handelsgerichtes Wien zur Bezahlung von 280.000 S zuzüglich 12 % Zinsen sowie Prozesskosten in Höhe von weiteren 90.157,80 S verurteilt worden sei (dies habe sich in einer der weiteren Umsatzentwicklung abträglichen Einschränkung des Betriebskapitals wirtschaftlich gravierend zum Nachteil des Unternehmens ausgewirkt, was bei der abgabenbehördlichen Schätzung keinen Niederschlag gefunden habe). Auf dieser Argumentationsbasis "hält der Berufungswerber eine Halbierung des in erster Instanz festgestellten strafbestimmenden Wertbetrages für eine realitätsnahe Konsequenz, ohne allerdings damit im Recht zu sein". Mangels Verfügbarkeit entsprechender Unterlagen über die im strittigen Zeitraum vereinnahmten Entgelte sei die Abgabenbehörde nicht bloß berechtigt, sondern gezwungen gewesen, sich an jenen Unternehmensumsätzen zu orientieren, die in den Monaten Jänner bis November 1993 auch belegt gewesen seien. Vom Fehlen nachvollziehbarer Schätzungsgrundlagen könne demnach keine Rede sein (Tz 14 des Betriebsprüfungsberichtes vom ). Demgegenüber könne der Hinweis in der Berufung auf eine Vernachlässigung wirtschaftlicher Auswirkungen im Zusammenhang mit dem zivilgerichtlichen Verfahren des Handelsgerichtes Wien keinen im Rechtsmittelverfahren korrekturbedürftigen Mangel des erstinstanzlichen Erkenntnisses aufzeigen. Die M. GmbH sei zwar mit Urteil vom zur Bezahlung von 280.300 S samt Zinsen sowie zum Ersatz der mit 90.157,80 S bestimmten Verfahrenskosten verurteilt worden, jedoch ergebe sich schon aus dem Datum dieser Verurteilung eindeutig, dass eine darauf beruhende zahlungsbedingte Einschränkung des für die M. GmbH im Jahr 1994 verfügbaren Betriebskapitals nach Maßgabe der zeitlichen Konstellation nicht plausibel ableitbar sei. Davon ausgehend fehle es an "jedweder fassbaren Grundlage" für die vom Beschwerdeführer angestrebte Halbierung des dem Schuldspruch zu Grunde liegenden strafbestimmenden Wertbetrages. In seiner gegen den Strafausspruch gerichteten Berufung mache der Beschwerdeführer im Ergebnis zutreffend geltend, dass durch die angespannten wirtschaftlichen Verhältnisse und die Rahmenbedingungen, unter denen er seinem Mitarbeiter W.R. ein hohes Maß an Vertrauen entgegengebracht habe (Fortsetzung eines vom Vater begründeten Vertrauensverhältnisses), der Schuldgehalt der Pflichtverletzung soweit reduziert werde, dass sich die auf 100.000 S herabgesetzte Zusatzgeldstrafe als sachadäquate Sanktion erweise, wobei aber auch der ein Jahr übersteigende Tatzeitraum zu berücksichtigen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Im vorliegenden Finanzstrafverfahren wurde unter Anwendung des § 21 Abs. 3 FinStrG eine Zusatzstrafe unter Bedachtnahme auf das (zufolge eines abgegebenen Rechtsmittelverzichts) in Rechtskraft erwachsene Straferkenntnis der Finanzstrafbehörde erster Instanz vom , SpS 400/97, verhängt. Mit diesem Erkenntnis war der Beschwerdeführer der fahrlässigen Abgabenverkürzung nach § 34 Abs. 1 FinStrG schuldig gesprochen worden, weil er als für die steuerlichen Belange verantwortlicher Geschäftsführer der M. GmbH fahrlässig unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht bewirkt habe, dass Kapitalertragsteuer 1993 in Höhe von 379.051 S nicht festgesetzt worden sei. Die Verurteilung lautete auf eine Geldstrafe in Höhe von 75.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage). Zur Begründung wurde auf die Vernachlässigung der Beaufsichtigungspflicht durch den Beschwerdeführer und - im Zusammenhalt mit der Aktenlage - auf das umfassende Geständnis des Beschwerdeführers hingewiesen.
Auch in dem dem nunmehr angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsstrafverfahren hat sich der Beschwerdeführer mehrmals gegenüber dem Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit geständig gezeigt und beispielsweise in der Berufungsschrift vom einbekannt, dass er die ihm als Geschäftsführer der M. GmbH obliegenden Verpflichtungen durch Vernachlässigung der Überwachung seines Generalbevollmächtigten W.R. verletzt habe. Auf Grund welcher Verfahrensergebnisse die belangte Behörde dennoch Bedenken gegen die Schuldform der Fahrlässigkeit hätte hegen sollen, wird in der Beschwerde, die erstmals den Fahrlässigkeitsvorwurf in Zweifel zieht, nicht nachvollziehbar dargelegt.
Mit der bereits im Verwaltungsstrafverfahren erfolgten Bestreitung der Bemessungsgrundlagen für die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer für das Jahr 1994 hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid auseinander gesetzt. Sie hat dazu auf die Notwendigkeit einer Schätzung wegen des Fehlens von Unterlagen hingewiesen, wobei sich die Schätzung ohnehin an jenen Unternehmensumsätzen orientiert habe, die für die Monate Jänner bis November 1993 belegt gewesen seien (vom Fehlen nachvollziehbarer Schätzungsgrundlagen könne demnach keine Rede sein, auf Tz 14 des Betriebsprüfungsberichtes werde verwiesen). Dass der Akt des Handelgerichtes Wien 35 Cg 221/94 b lt. Beschwerde nicht beigeschafft worden wäre, ist aktenwidrig (vgl. z.B. die Verlesung dieses Aktes lt. der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor der belangten Behörde am ), vielmehr hat daraus die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die - in der Beschwerde auch nicht konkret bekämpfte - Schlussfolgerung gezogen, dass aus der erst im Jahr 1996 erfolgten Verurteilung der M. GmbH hervorgehe, dass eine darauf beruhende zahlungsbedingte Einschränkung des der M. GmbH im Jahr 1994 zur Verfügung stehenden Betriebskapitals nicht plausibel sei. In der Beschwerde wird die Befugnis zur Schätzung nicht bestritten. In der Berufungsschrift hat der Beschwerdeführer zur Höhe der Bemessungsgrundlagen 1994 im Wesentlichen den verlorenen Zivilprozess ins Spiel gebracht, warum sonst die aus dem Abgabenverfahren übernommenen Bemessungsgrundlagen unrichtig sein sollten, aber nicht konkret dargestellt (und diesbezüglich auch in der mündlichen Berufungsverhandlung kein weiter gehendes Vorbringen erstattet). Damit war es aber auch nicht Aufgabe der belangten Behörde, diesbezüglich von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen, zumal die aus dem Betriebsprüfungsbericht übernommenen Daten ohnedies auch auf konkreten Erhebungsergebnissen für das Jahr 1993 beruhten.
Zur Strafbemessung bringt der Beschwerdeführer vor, vergleiche man das prozentuelle Ausmaß der vorliegenden Geldstrafe (Zusatzgeldstrafe) mit jener des vorangegangenen Verfahrens, so zeige sich, dass die belangte Behörde ihr Ermessen zum Nachteil des Beschwerdeführers überschritten habe (die nunmehr verhängte Strafe von 100.000 S betrage nämlich 15,95 % des strafbestimmenden Wertbetrages von insgesamt 627.255 S, währenddessen die im ersten Verfahren verhängte Strafe von 75.000 S nur 11,34 % des strafbestimmenden Wertbetrages von insgesamt 661.045 S ausgemacht habe). Bei diesem Vorbringen übersieht der Beschwerdeführer, dass nach § 21 Abs. 3 letzter Satz FinStrG nur die Summe der Strafen jeweils nicht die Strafen übersteigen darf, die nach den Abs. 1 und 2 zulässig und bei gemeinsamer Bestrafung zu verhängen wären. Dass bei einem insgesamt gegebenen strafbestimmenden Wertbetrag von rd. 1,288.000 S die Straffestsetzung (auch in Ansehung des insgesamt zu beurteilenden Deliktszeitraumes) mit zusammen 175.000 S, somit rd. 14 % des strafbestimmenden Wertbetrages, der nach § 34 Abs. 4 FinStrG auch die mögliche Höchststrafe darstellte, außerhalb der vom Gesetz vorgegebenen Grenzen der Ermessensübung gelegen wäre, vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.
Soweit der Beschwerdeführer Bedenken gegen das System der Verhängung von Ersatzfreiheitsstrafen an sich vorträgt (zahlungskräftige Finanzstraftäter würden besser behandelt als zahlungsunfähige, weil sich diese durch Entrichtung der Geldstrafe von der Haft befreien könnten), verkennt er die rechtspolitische Zielsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe, zumal sonst Verbots- und Gebotsnormen weitgehend zu leges imperfectae degradiert würden (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2002/15/0014, Slg. Nr. 7727/F). Mit den in der Beschwerde angestellten hypothetischen Überlegungen, wäre das Finanzstrafverfahren nicht erst am eingeleitet worden (obwohl R.W. schon seit 12/1992 keine monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen mehr erstattet habe), sondern schon im Jahr 1993, dann hätte es zu keinen Abgabenverkürzungen im Jahr 1994 mehr kommen können, weil der Geschäftsbetrieb zwangsläufig schon 1993 eingestellt worden wäre, wird keine Unterbrechung des Risikozusammenhanges etwa im Sinne des in der Beschwerde hiezu angesprochenen hg. Erkenntnisses vom , 81/16/0193, dargestellt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am