VwGH vom 19.12.2001, 2001/13/0151
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde der R Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Maria Pöltner, Rechtsanwalt in Wien VIII., Tulpengasse 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/79-06/2001, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum der Jahre 1996 bis 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen für den Zeitraum der Jahre 1996 bis 1999 aus den dem zu 75% an der beschwerdeführenden Partei beteiligten Gesellschafter für seine Tätigkeit für die Gesellschaft gewährten Vergütungen allein im Umfang der Frage strittig, ob die vom betroffenen Gesellschafter aus der Tätigkeit für die Gesellschaft bezogenen Vergütungen rechtlich als Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu qualifizieren waren.
Die beschwerdeführende Gesellschaft hatte einem gegen sie erlassenen Bescheid, in welchem das Finanzamt die dem betroffenen Gesellschafter in den Jahren 1996 bis 1999 gleichmäßig zugeflossenen Vergütungen dem Dienstgeberbeitrag unterzogen hatte, in ihrer Berufung entgegengesetzt, der betroffene Gesellschafter sei handelsrechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft nur im Jahre 1999 gewesen und sei im Hauptberuf Rechtsanwalt. Die Leistungen, für welche das Entgelt bezahlt worden sei, ließen sich mit "rechtlicher Beratung und Vertretung" sowie mit "Unternehmensberatung" umschreiben. Als rechtlicher Berater und Vertreter prüfe der Gesellschafter u.a. Werbeprojekte der Gesellschaft und Werbemaßnahmen von Konkurrenzunternehmen auf ihre wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit und Manuskripte für die Lernunterlagen auf mögliche Urheberrechtsverletzungen; der Gesellschafter habe die Gesellschaft anlässlich des illegalen Verkaufs von Tonbandaufnahmen der Kurse beraten und vertreten, bereite formelle Gesellschafterbeschlüsse und Firmenbucheingaben vor, berate die Gesellschaft in arbeitsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Belangen und mache offene Forderungen der Gesellschaft gerichtlich geltend. Als Unternehmensberater plane der Gesellschafter u.a. langfristige Geschäftsstrategien, überprüfe Großinvestitionen auf ihre Wirtschaftlichkeit, erarbeite ein Werbekonzept, erstelle ein Werbebudget und führe die nötigen Verhandlungen mit Graphikern und Medieninhabern sowie die Verhandlungen mit Kursvortragenden und Skriptenautoren. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer im Jahre 1999 überwache der betroffene Gesellschafter die Abfuhr von Abgaben und Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Buchführung und kontrolliere in regelmäßigen Abständen den "Geschäftsleiter". Alle diese Tätigkeiten übe der Gesellschafter in den Räumen seiner Anwaltskanzlei aus, wobei er in seiner Arbeits- und Zeiteinteilung völlig frei sei und sich beliebig vertreten lassen könne; er habe sich auch regelmäßig durch Mitarbeiter seiner Anwaltskanzlei vertreten lassen, die hiefür nicht von der Gesellschaft, sondern von ihm honoriert worden seien. Jeweils zum Ende eines Geschäftsjahres habe der Gesellschafter eine Honorarnote gelegt; abgesehen von Gerichtsgebühren sei ihm von der Gesellschaft kein Spesenersatz geleistet worden. Mit der laufenden Geschäftsführung sei der betroffene Gesellschafter nicht befasst gewesen, das Tagesgeschäft habe bis Dezember 1996 das Sekretariat der Gesellschaft besorgt, ab dem sei ein Geschäftsleiter angestellt worden. Von einer Eingliederung des Gesellschafters in den betrieblichen Organismus der Gesellschaft könne demnach nicht die Rede sein, sei er doch in die laufende Geschäftstätigkeit nicht eingebunden, sondern nur mit einzelnen Rechtsproblemen und ausgesuchten Fragen der Unternehmensführung befasst gewesen. Die Vertretung durch Mitarbeiter seiner Anwaltskanzlei spreche gegen ein Dienstverhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft ebenso wie das Fehlen einer laufenden Entlohnung.
Im angefochtenen Bescheid wird die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des betroffenen Gesellschafters weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Mehrheitsgesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Mehrheitsgesellschafter der beschwerdeführenden Partei erziele aus seiner Tätigkeit für die Gesellschaft demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den diesem Gesellschafter geleisteten Vergütungen den Dienstgeberbeitrag abzuführen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung des betroffenen Gesellschafters "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die zu den Fällen wesentlich beteiligter Geschäftsführer ergangenen hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,
.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und
.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Der auf der Basis des wiedergegebenen - und dem angefochtenen Bescheid auf der Sachverhaltsebene erkennbar zugrundegelegten - Parteienvorbringens über die tatsächlichen Verhältnisse vorgenommenen Beurteilung der belangten Behörde, der im vorliegenden Fall für die Gesellschaft tätig gewordene Mehrheitsgesellschafter sei in den Organismus des Betriebes der Beschwerdeführerin eingegliedert, einem auf seine Tätigkeit für die Gesellschaft bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und werde laufend entlohnt, haftet auf dem Boden der von der oben zitierten Judikatur entwickelten Grundsätze im Ergebnis aus folgenden Erwägungen keine Rechtswidrigkeit an:
Dass der hier betroffene Mehrheitsgesellschafter handelsrechtlicher Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei nur im Jahre 1999, nicht aber auch in den Vorjahren war, steht einer Übernahme der für den Gesellschafter-Geschäftsführer in der oben genannten Judikatur erarbeiteten Grundsätze im Beschwerdefall deswegen nicht entgegen, weil die Bestimmung des § 41 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes und die Vorschrift des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, auf welche die erstgenannte Norm verweist, auf die Eigenschaft der für die Gesellschaft tätig gewordenen Person als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht abstellen. Entscheidend ist für die Erzielung von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nur das Vorliegen einer Beschäftigung des wesentlich Beteiligten für die Gesellschaft, welche die oben wiedergegebenen, von der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes entwickelten Kriterien erfüllt. Dies aber ist im Beschwerdefall zu bejahen.
Entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung bot das von der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren gegebene Tätigkeitsbild ihres Mehrheitsgesellschafters für die Gesellschaft auch in den Jahren von 1996 bis 1998 ein ausreichendes Indiz für seine Eingliederung in den betrieblichen Organismus ihres Unternehmens. Da der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung mit einem funktionalen Verständnis des Begriffes der "Eingliederung in den betrieblichen Organismus" diese Eingliederung mit einer kontinuierlichen und über einen längeren Zeitraum andauernden Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung bereits verwirklicht sieht (siehe hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2001/15/0061, vom , 2001/13/0076, 2001/13/0082 und 2001/13/0084, und vom , 2001/14/0092 und 2001/14/0146), muss dies auch für die vom Mehrheitsgesellschafter der Beschwerdeführerin für diese kontinuierlich erbrachten Leistungen gelten, die ihrem Inhalt nach zumal auf dem Gebiet der im Verwaltungsverfahren mit "Unternehmensberatung" umschriebenen Tätigkeiten einen zentralen Bereich der Unternehmensführung abdeckten. Wie auch im Dienstverhältnis stehende Fremdgeschäftsführer vielfach für die strategische Führungsarbeit und nicht zur Abwicklung der täglichen Routine angestellt werden (siehe das hg. Erkenntnis vom , 99/14/0270), so steht es der Annahme einer Eingliederung in den betrieblichen Organismus der tätigen Person nicht entgegen, wenn sie die essenziellen Führungsentscheidungen trifft und die Besorgung des "Tagesgeschäfts" anderen überlässt.
Von einem mit der Tätigkeit des Mehrheitsgesellschafters für die Gesellschaft einnahmenseitig verbundenes Unternehmerwagnis kann angesichts der dem Mehrheitsgesellschafter jährlich in gleich bleibender Höhe ausbezahlten Vergütungen die Rede umso weniger sein, als die Beschwerdeführerin in der Beschwerdeschrift ausdrücklich darstellt, dass die Vergütungen ungeachtet - durch Aufwandserhöhungen im Gesellschaftsbereich bedingter - stark wechselnder Betriebsergebnisse in gleich bleibender Höhe ausbezahlt wurden, weil die Tätigkeit des Mehrheitsgesellschafters in allen Jahren "gleich bleibend erfolgreich" gewesen sei. Die beschwerdeführende Partei spricht zwar von einem ausgabenseitigen Unternehmerrisiko des Mehrheitsgesellschafters durch das Fehlen von Spesenersätzen, insbesondere auch im Zusammenhang mit der Entlohnung von Dienstnehmern der Anwaltskanzlei für Verrichtungen für die Gesellschaft in Vertretung des Mehrheitsgesellschafters, hat es aber durch im Allgemeinen verbleibende Ausführungen schon im Verwaltungsverfahren unterlassen, das bloß behauptete Risiko von Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben solcher Art auch nur einigermaßen annähernd konkret darzustellen; auch vor dem Verwaltungsgerichtshof lässt es die Beschwerdeführerin in dieser Hinsicht mit unkonkret bleibenden Ausführungen bewenden.
Dass es nicht monatliche Intervalle waren, in denen dem Mehrheitsgesellschafter seine Vergütungen für seine Tätigkeit für die Gesellschaft ausbezahlt wurden, steht der Qualifizierung dieser Einkünfte als solche nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der oben angeführten Judikatur ebenso wenig entgegen wie der Umstand, dass er diese Tätigkeit nur im Nebenberuf ausgeübt hat; gerade unter diesem Gesichtspunkt kommt dem von der Beschwerdeführerin hervorgehobenen Umstand einer jeweils jährlichen Auszahlung der Tätigkeitsvergütung an den Mehrheitsgesellschafter kein entscheidendes Gewicht gegen die Unterstellung dieser Vergütungen unter die Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 zu.
Die zivilrechtliche Einordnung des Leistungsverhältnisses eines wesentlich Beteiligten einer Kapitalgesellschaft zu dieser ist, wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 irrelevant (siehe neben dem bereits zitierten Erkenntnis vom , 2001/15/0061, auch die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0077, vom , 2001/14/0103, vom , 2001/15/0057, und vom , 2001/13/0121). Dass es nicht Dienstnehmer der Gesellschaft waren, durch die der Mehrheitsgesellschafter in seiner Tätigkeit für die Gesellschaft sich vertreten ließ, sondern Dienstnehmer seiner Anwaltskanzlei, spielt, da die Vertretungsmöglichkeit ihre sonst bestehende Indizwirkung gegen das Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Falle der Prüfung einer Erzielung von Einkünften nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 verliert (vgl. für viele erneut das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0054), auch keine Rolle.
Zur in mehrfacher Hinsicht gerügten Unstimmigkeit einzelner Begründungselemente des angefochtenen Bescheides ist daran zu erinnern, dass zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides eine Unzulänglichkeit seiner Begründung nur dann führt, wenn diese Unzulänglichkeit zur Folge hat, dass einem Beschwerdeführer damit die Verfolgung seiner Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof oder diesem die inhaltliche Prüfung einer durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bewirkten Verletzung der verfolgten Rechte des Beschwerdeführers verwehrt bleibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0060, mwN.). Eine solche Relevanz der gerügten Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides liegt im Beschwerdefall deswegen nicht vor, weil auf der Basis des Vorbringens der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren und des unstrittig feststehenden Sachverhaltes über die dem Mehrheitsgesellschafter gleich bleibend für seine Tätigkeit ausbezahlten Vergütungen der Spruch des angefochtenen Bescheides die beschwerdeführende Partei im geltend gemachten Recht auf Unterbleiben der bekämpften Vorschreibung nicht verletzt hat.
Die Beschwerde erwies sich somit als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen hat.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am