VwGH vom 18.07.2001, 2001/13/0150
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der M GmbH in W, vertreten durch Mag. Peter Greifeneder, Wirtschaftsprüfer in Wien VI, Lehargasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/262-06/2001, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 1995 bis 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag strittig. Die Vorschreibung betraf die in den Jahren 1995 bis 1999 an den wesentlich (zu 95 %) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer Ing. M bezahlten Geschäftsführervergütungen.
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, anlässlich einer Lohnsteuerprüfung sei festgestellt worden, dass von den Geschäftsführerbezügen weder der Dienstgeberbeitrag noch der Zuschlag hiezu einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden seien. Ein gegen Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sprechendes Unternehmerwagnis sei nur dann gegeben, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer (und nicht die Stellung als Gesellschafter) beziehe. Die freie Zeitdisposition, das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit und eine Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, Kontrolle und disziplinäre Verantwortlichkeit stünden im Zusammenhang mit der auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung fehlenden Weisungsgebundenheit und seien daher nicht von entscheidender Bedeutung. Urlaub, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und Abfertigung seien keine unabdingbaren Voraussetzungen eines steuerlichen Dienstverhältnisses. Im Beschwerdefall sei die Auszahlung regelmäßiger Bezüge unbestritten. Gegen ein Unternehmerwagnis spreche auch der in drei Jahren konstant gebliebene Geschäftsführerbezug. Insgesamt gelangte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Ansicht, die Beschäftigung des Geschäftsführers weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Mehrheitsgesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er iSd Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Erkenntnis vom , G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom , 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird. Ausgehend von diesen Kriterien ist bei Anwendung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 leg.cit. zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zugrunde zu legen ist (vgl. dazu auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, 2001/13/0063), kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde zu Unrecht die Betätigung des Geschäftsführers als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte. Mit dem Beschwerdevorbringen, wonach sich der wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer "durch nichts vom Einzelunternehmer" unterscheide, übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Rechtsordnung der Beschwerdeführerin als GmbH eigene Rechtspersönlichkeit zubilligt und infolge des Trennungsprinzips auch steuerlich wirksame Leistungsbeziehungen zwischen dem Gesellschafter (auch dem Mehrheitsgesellschafter) und der Kapitalgesellschaft ermöglicht (vgl. dazu im Übrigen ebenfalls das oben zitierte Erkenntnis vom heutigen Tag, 2001/13/0063).
Die ausschließlich inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde war somit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am