VwGH vom 31.03.2000, 95/15/0207
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl sowie Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde des EG in K, vertreten durch Dr. Rudolf Tobler, Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in 7100 Neusiedl am See, Untere Hauptstraße 72 gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) vom , Zl. 157-GA3BK-Dln/94, betreffend Feststellung gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO für die Jahre 1987 und 1988, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer war als atypischer stiller Gesellschafter an der IMMAG Revitalisierungs- und Altstadterneuerungs GesmbH & Co KG Serie 20 (im Folgenden: Gesellschaft) beteiligt. Über das Vermögen der Gesellschaft wurde am der Konkurs eröffnet und die Gesellschaft am von Amts wegen gelöscht.
Das Finanzamt Salzburg-Stadt hatte zuvor mit Bescheiden vom gemäß § 92 Abs. 1 lit. b BAO festgestellt, dass eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte für die Streitjahre nach § 188 BAO unterbleibe, weil für sämtliche Gesellschafter die Beteiligung keine Einkunftsquelle darstelle. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die vom Beschwerdeführer dagegen erhobene Berufung als unbegründet abgewiesen.
In der Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Gesellschaft habe ihre Tätigkeit im Jahr 1986 aufgenommen, aus den eingereichten Erklärungen bzw Bilanzen ergäben sich folgende Verluste (Angaben in Mio S 1986: 75,4; 1987: 75,9; 1988: 161,8; 1989: 87,7; 1990: 10,1; 1991: 10,2; 1992: 35,8. Selbst auf Grund der Feststellungen im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung betreffend die Jahre 1986 bis 1988 hätten sich folgende Verluste ergeben:
1986: 75,9; 1987: 9,2; 1988: 200,8. Im abgeschlossenen Beobachtungszeitraum seien von der Gesellschaft durchwegs Verluste erwirtschaftet worden. Auch auf der Gesellschafterebene habe objektiv gesehen kein Gesamtgewinn erzielt werden können. Das Prospektmaterial für Anleger (also auch für den Beschwerdeführer) aus den Jahren 1986 bis 1988 habe für den Fall der Beteiligung die Reduzierung des Eigenkapital-Einsatzes durch Verlustzuweisung von ca 98 % und eine Steuerrückerstattung bis zu 62 % versprochen. Der Beschwerdeführer sei auch verpflichtet gewesen, bei Ausscheiden aus der Gesellschaft sein negatives Kapitalkonto aufzufüllen. Selbst wenn die Gesellschaft auf die Einhaltung dieser Verpflichtung durch den Beschwerdeführer Verzicht geleistet hätte, seien die ihm zugewiesenen Verluste im Vergleich zum Aufgabegewinn so hoch, dass im Beobachtungszeitraum kein Gesamtgewinn hätte erzielt werden können.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht verletzt, dass der ihm von der Gesellschaft in den Streitjahren zugewiesene "Verlust steuerlich anerkannt, mithin seine Beteiligung an der genannten Gesellschaft nicht als Liebhaberei qualifiziert werde".
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die in den Mittelpunkt der Beschwerde gerügte Rechtsfrage, ob die belangte Behörde die Liebhabereiverordnung BGBl 322/1990 hätte anwenden müssen, hat der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinem ebenfalls eine Beteiligung als atypischer stiller Gesellschafter an der Gesellschaft betreffenden Erkenntnis vom , 96/15/0129, verneint. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen.
Auch das weitere Argument der Beschwerde, § 307 Abs. 2 BAO gebiete die Anwendung der Liebhabereiverordnung, ist verfehlt, weil die in Rede stehende Gesetzesstelle nur im Zusammenhang mit der Wiederaufnahme eines Verfahrens Anwendung finden kann, ein solcher Zusammenhang aber im Beschwerdefall nicht besteht und auch nicht behauptet wird. Infolgedessen gehen die auf die Anwendung der Liebhabereiverordnung gestützten Beschwerdeausführungen mit der Schlussfolgerung, eine nach ihrem Typus ertragsorientierte Betätigung könne dann als Einkunftsquelle eingestuft werden, wenn sie von einem subjektiven Ertragsstreben getragen ist, eine rein objektive Betrachtung sei außerhalb des Anwendungsbereiches des § 1 Abs. 2 Liebhabereiverordnung unzulässig, auf dem Boden der hier anzuwendenden Rechtslage vor Erlassung der in Rede stehenden Verordnung ins Leere. Diese Rechtslage stellt sich vielmehr wie folgt dar:
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom , 93/13/0171, durch einen verstärkten Senat ausgesprochen, dass eine Betätigung nur dann als Einkunftsquelle anzusehen ist, wenn nach der ausgeübten Art der Betätigung objektive Ertragsfähigkeit vorliegt, dh wenn nach der konkreten Art der Wirtschaftsführung ein positives steuerliches Gesamtergebnis innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erzielbar ist. Ergibt die Prüfung der objektiven Ertragsfähigkeit kein eindeutiges Bild, so ist zu prüfen, ob die Betätigung mit subjektivem Ertragsstreben, also dem Streben nach Erzielung eines positiven steuerlichen Gesamtergebnisses, ausgeübt wird, wobei dieses Streben durch das Handeln nach Wirtschaftlichkeitsprinzipien zu identifizieren ist.
Eine Zeitspanne ist dann als absehbarer Zeitraum anzusehen, wenn sie nach den wirtschaftlichen Gepflogenheiten der betroffenen Verkehrskreise als übliche Rentabilitätsdauer des geleisteten Mitteleinsatzes kalkuliert wird.
In dem mit Erkenntnis vom , 95/14/0146, abgeschlossenen Beschwerdeverfahren war vom Verwaltungsgerichtshof die Einkunftsquelleneigenschaft einer Veranlagung von Kapital in Form einer echten stillen Beteiligung zu prüfen. Der Gerichtshof hat damals zu Recht erkannt, dass auch in einem solchen Fall eine Einkunftsquelle nur vorliege, wenn ein positives steuerliches Gesamtergebnis innerhalb eines absehbaren Zeitraumes erzielbar sei, wobei eine solche Zeitspanne absehbar sei, die zum getätigten Mitteleinsatz bei Betrachtung der Umstände des konkreten Falles in einer nach der Verkehrsauffassung vernünftigen, üblichen Relation stehe. Maßgebend sei dabei die Übung jener Personen, bei denen das Streben nach Erzielung von Einkünften beherrschend im Vordergrund stehe. Es liege auf der Hand, dass es nach der bestehenden Übung von Personen, die eine stille Beteiligung zur Erzielung von Einnnahmen eingehen, nicht mehr als übliche Rentabilitätsdauer angesehen werden könne, wenn erst nach 17 Jahren ab Eingehen der Beteiligung das eingesetzte und durch Verlustzuweisung im ersten Jahr weitgehend aufgebrauchte Kapital wiederum erwirtschaftet und Einnahmen in Höhe von ca. 11 % des Nominalbetrages der stillen Beteiligung erzielt würden.
Aus dieser Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem einen echten stillen Gesellschafter an der nämlichen Gesellschaft, an der sich der nunmehrige Beschwerdeführer beteiligte, betreffenden Erkenntnis vom , 97/15/0107, geschlossen, dass im Zusammenhang mit einer stillen Beteiligung dann keine Einkunftsquelle anzunehmen sei, wenn keine objektive Ertragsfähigkeit gegeben ist. Dabei komme es darauf an, ob innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein positives Gesamtergebnis erzielbar sei. Ausgehend davon, dass der damalige Beschwerdeführer bereits im ersten Jahr einen den Ausgabepreis übersteigenden Verlust erzielt habe, könne das Halten der stillen Beteiligung nur dann als Einkunftsquelle angesehen werden, wenn eine konkrete Prognose auf einen absehbaren Zeitraum die Erzielbarkeit eines positiven Gesamtergebnisses erweise. Mit dem damals allgemein gehaltenen Vorbringen, der Beschwerdeführer habe auf Dauer gesehen mit positiven steuerlichen Ergebnissen rechnen können, es wäre nicht unmöglich gewesen, dass die Gesellschaft positiv wirtschafte und der Beschwerdeführer aus der stillen Beteiligung einen Gesamtüberschuss erziele, werde nicht einmal dargetan, innerhalb welchen (absehbaren) Zeitraumes dieses positive Gesamtergebnis hätte erzielbar sein sollen. Bei der Prüfung der Ertragsfähigkeit gehe es nicht um die Möglichkeit eines ertragsorientierten Wirkens, sondern darum, ob bei der konkret gewählten Art der Bewirtschaftung die Ertragsfähigkeit gegeben sei.
Bei der Frage, ob eine konkrete Betätigung objektiv geeignet ist, Einnahmenüberschüsse (innerhalb eines bestimmten Zeitraumes) zu erwirtschaften, handelt es sich um eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage (vgl. hiezu das hg Erkenntnis vom , 97/15/0146). Die Verneinung dieser Frage durch die belangte Behörde wegen der schon zu Beginn des abgeschlossenen Beobachtungszeitraumes bei der Gesellschaft eingetretenen und anteilig dem Beschwerdeführer zugewiesenen, nach den Anlegerinformationen auch vom Beschwerdeführer schon bei Eingehen der Beteiligung zu erwartenden und dann auch im abgeschlossenen Beobachtungszeitraum tatsächlich eingetretenen hohen Verluste hält der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der im angefochtenen Bescheid Niederschlag findenden Beweiswürdigung stand. Aus den schon in den Streitjahren gegebenen, in einem mängelfreien Verfahren festgestellten objektiven Umständen konnte die belangte Behörde nämlich ohne Verstoß gegen die Denkgesetze und die Erfahrungen des täglichen Lebens ableiten, dass auch auf Gesellschafterebene von Anfang an nicht mit Überschüssen gerechnet werden konnte. Dem subjektiven Gewinnstreben desjenigen, der sich betätigt, käme hingegen nach dem oben Gesagten jedenfalls auf dem Boden der Rechtslage vor Anwendung der Liebhabereiverordnung nur dann Bedeutung zu, wenn die Prüfung der objektiven Komponente der Ertragsfähigkeit der Betätigung anhand von nach außen erkennbaren Umständen kein eindeutiges Bild ergäbe. Gerade davon kann aber im Beschwerdefall keine Rede sein, zumal der Beschwerdeführer auch seine schon im Verwaltungsverfahren aufgestellte Behauptung, seitens der Gesellschaft sei gegenüber ausscheidenden Gesellschaftern auf die Auffüllung eines im Zeitpunkt seines Ausscheidens negativen Kapitalkontos verzichtet worden, weswegen ein zu erwartenden Aufgabegewinn in die Betrachtung der Ertragsaussichten der Beteiligung des Beschwerdeführers rechtswidrig nicht einbezogen worden sei, nach der Aktenlage weder unter Beweis gestellt noch zumindest glaubhaft gemacht hat. Soweit der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Dkfm. H. die Auffassung vertritt, Liebhaberei könne wegen zu erwarten gewesener Wertsteigerungen der IMMAG-Aktien nicht angenommen werden, hält ihm die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, dass die Gesellschaft selbst in den Streitjahren angeschaffte IMMAG-Aktien schon in der Bilanz für das Jahr 1988 - also schon vor dem wirtschaftlichen Zusammenbruch des Bautreuhand-IMMAG-Konzerns bzw vor dem "Aussetzen der IMMAG-Aktien" an der Luxemburger Börse im Juli 1989 - auf 50 % der Anschaffungskosten wertberichtigt hat, weswegen die Darstellung des Beschwerdeführers, die Ertragsaussichten seiner Beteiligung an der Gesellschaft seien erst durch den hervorgerufenen "WEB/Bautreuhandskandal" ab dem Sommer 1989 negativ verändert worden, nicht richtig sein könne.
Bei dem somit unbedenklich dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Sachverhalt kann auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde, die Beteiligung des Beschwerdeführers stelle in den Streitjahren keine Einkunftsquelle dar, nicht als rechtswidrig erkannt werden. Infolgedessen musste die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl 416/1994.
Wien, am