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VwGH vom 11.05.1992, 92/18/0150

VwGH vom 11.05.1992, 92/18/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Graf als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des V in S, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. 16/5-3/1992, betreffend Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom wies die belangte Behörde die auf Grund des § 67c AVG erhobene Beschwerde des nunmehrigen Beschwerdeführers wegen behaupteter ungerechtfertigter Beschlagnahme seines Reisepasses am durch die Bezirkshauptmannschaft R. samt dem bezüglichen Antrag auf Kostenersatz als unzulässig zurück.

In der Begründung führte die belangte Behörde im wesentlichen aus, die Bezirkshauptmannschaft R. habe sich damit verantwortet, die "vorläufige Abnahme" des Reisepasses habe nur der Anbringung eines Stempels und der Ungültigerklärung des Sichtvermerkes im Zuge eines Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gedient, es sei nie beabsichtigt gewesen, den Reisepaß einzubehalten; der Reisepaß sei dem Beschwerdeführer weder unter Anwendung noch unter Androhung von Gewalt abgenommen, sondern dem einschreitenden Gendarmeriebeamten freiwillig ausgehändigt worden.

Am sei von der vor dem Verwaltungsgerichtshof belangten Behörde eine mündliche Verhandlung durchgeführt worden. Dabei sei die Original-Bestätigung des Gendarmeriepostens R vorgelegt worden, aus welcher hervorgehe, daß der Reisepaß des Beschwerdeführers über Anordnung der Bezirkshauptmannschaft R. am "vorläufig beschlagnahmt" werde. Der Beschwerdeführer habe sich (bei dieser Verhandlung) an die Amtshandlung noch erinnern können. Er habe angegeben, der Gendarmeriebeamte habe zu ihm gesagt: "Bitte schön, ich muß den Paß abnehmen." Der Beschwerdeführer habe nur gesagt: "Bitte schön, das ist Ihre Arbeit" und habe ihm den Paß gegeben, worauf dem Beschwerdeführer eine Bestätigung gegeben worden sei. Er habe gewußt, "daß es üblich sei"; er habe deswegen nicht gefragt, warum ihm der Paß abgenommen werde, weil er ja am Vormittag wegen des zu erlassenden Aufenthaltsverbotes bei der Bezirkshauptmannschaft R. gewesen sei. Er habe Angst gehabt, daß ihm etwas passiere, wenn er den Reisepaß nicht übergebe. Er könne nicht sagen, ob er zum Zeitpunkt der Paßabnahme wegfahren hätte wollen. "Vielleicht fahre er weg."

Der Gendarmeriebeamte - so die vor dem Verwaltungsgerichtshof belangte Behörde weiter - habe (bei dieser Verhandlung) angegeben, er sei vom Postenkommandanten per Funk beim Patrouillendienst aufgefordert worden, den Reisepaß des Beschwerdeführers zur Bezirkshauptmannschaft R. mitzubringen. Er glaube nicht, daß von einer Beschlagnahme gesprochen worden sei. Der Postenkommandant habe nur gesagt, die Bezirkshauptmannschaft brauche den Paß, um den Stempel einzutragen. Ursprünglich habe er (der Gendarmeriebeamte) angenommen, der Beschwerdeführer sei nicht zu Hause. Schließlich habe er ihn doch angetroffen und ihm gesagt, die Bezirkshauptmannschaft R. brauche seinen Reisepaß, ob er ohnehin wisse, worum es gehe. Der Beschwerdeführer habe zuerst gemeint, es ginge um einen Führerscheinentzug, worauf er ihn aber aufgeklärt habe, daß es um das Aufenthaltsverbot ginge. Er habe ihn dann gefragt, ob es ihm lieber wäre, wenn er mit ihm im Auto mitfahren würde oder ob er ihm den Paß gebe. Der Beschwerdeführer habe dann mit den Worten "Polizei gut" zu verstehen gegeben, daß er der "Polizei" vertraue und habe ihm den Paß gegeben. Er (der Gendarmeriebeamte) habe danach gefragt, ob der Beschwerdeführer eine Bestätigung brauche, was dieser abgelehnt habe. Schlußendlich habe er dem Beschwerdeführer aber dann doch eine Bestätigung ausgestellt, da es sich doch um "eine Einschränkung der Freiheit" handeln würde. Er habe deswegen "Beschlagnahme" hineingeschrieben, weil in dieser Bestätigung nur wenig Möglichkeit zum Ausfüllen bestünde. Wenn er für die Verwaltungsbehörde einschreite, müsse er § 39 VStG anwenden. Er habe dem Beschwerdeführer mit nichts für den Fall gedroht, daß er ihm den Reisepaß nicht gebe.

Im gegenständlichen Fall sei - so die vor dem Verwaltungsgerichtshof belangte Behörde - davon auszugehen, daß der Gendarmeriebeamte den Beschwerdeführer höflich gebeten habe, ihm den Reisepaß auszuhändigen, und daß die Ausfolgung des Reisepasses freiwillig geschehen sei. Es wäre dem Beschwerdeführer auch möglich gewesen, mit dem Beamten zur Bezirkshauptmannschaft R. zu fahren, wo der Paß gestempelt und der Sichtvermerk gestrichen worden wäre. Unstrittig sei, daß der Paß dem Beschwerdeführer inzwischen ausgefolgt worden sei und nicht die Absicht bestanden habe, den Beschwerdeführer damit an der Ausreise zu hindern. Es liege somit keine Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt vor, weshalb die Beschwerde unzulässig gewesen sei. Somit habe auch kein Kostenersatz gewährt werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Was zunächst die weitwendigen Ausführungen des Beschwerdeführers in Hinsicht auf behauptete Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides anlangt, so sind diese im Hinblick auf die nachstehenden Erwägungen jedenfalls nicht wesentlich. Es erübrigt sich daher, näher auf die diesbezüglichen Beschwerdeausführungen einzugehen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zlen. 90/03/0050 u.a.) kann von der Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann nicht die Rede sein, wenn die betreffende Person einem behördlichen Verlangen freiwillig nachkam.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag der Verwaltungsgerichtshof allerdings im Rahmen der ihm zustehenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. dazu das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Zl. 85/02/0053) die Feststellung der belangten Behörde, der Beschwerdeführer habe dem einschreitenden Gendarmeriebeamten den Reisepaß freiwillig ausgefolgt, nicht als rechtswidrig zu erkennen:

Abgesehen davon, daß die belangte Behörde zutreffend auf den Umstand verweist, daß dem Beschwerdeführer vom Gendarmeriebeamten anheim gestellt wurde, mit ihm zur Bezirkshauptmannschaft zu fahren, vermag der Verwaltungsgerichtshof auch nicht zu erkennen, daß der Gendarmeriebeamte die Verwendung des Formulars im Zusammenhang mit § 39 VStG nicht plausibel erklärt habe. Selbst die Angaben des Beschwerdeführers in der am durchgeführten mündlichen Verhandlung stehen der erwähnten Annahme der belangten Behörde über die Freiwilligkeit der Ausfolgung des Reisepasses nicht entgegen. Ob der Beschwerdeführer subjektiv Angst vor allfälligen Sanktionen bei Verweigerung der Herausgabe des Reisepasses gehabt hat, ist in diesem Zusammenhang ohne wesentliche Bedeutung. In der Beschwerde wird im übrigen eingeräumt, daß derartige Sanktionen nicht ausgesprochen wurden. Auch läßt sich entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers aus dem Umstand, daß er am nächsten Tag einen Rechtsvertreter mit "dieser Angelegenheit" betraut hat, für die entscheidungswesentliche Frage, ob die Herausgabe des Reisepasses freiwillig erfolgt ist, nichts gewinnen.

Da bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen läßt, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.