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VwGH vom 12.06.1992, 92/18/0135

VwGH vom 12.06.1992, 92/18/0135

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Ing. G in X, vertreten durch Dr. A, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Ge-50.334/3-1992/Pan/Neu, betreffend Bestrafung wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig befunden, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer bestimmten Ges.m.b.H., die wiederum persönlich haftende Gesellschafterin einer näher angeführten Kommanditgesellschaft sei, als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1950 zur Vertretung nach außen berufenes Organ zu verantworten, daß am auf einer näher angeführten Baustelle drei namentlich genannte Arbeitnehmer in einer ca. 2,20 bis 3 m tiefen, 2 bis 2,90 m breiten und ca. 6 m langen ungepölzten Künette beschäftigt worden seien; gemäß § 16 Abs. 4 der Bauarbeiterschutzverordnung (BGBl. Nr. 267/1954, im folgenden kurz: BV) müßten Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankomme, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden. Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 4 BV begangen. Gemäß § 31 Abs. 2 lit. p in Verbindung mit § 33 Abs. 1 lit. a Z. 12 und Abs. 7 des Arbeitnehmerschutzgesetzes wurde über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von S 20.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 20 Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Dieser hat erwogen:

Was zunächst den Einwand der eingetretenen Verfolgungsverjährung durch den Beschwerdeführer anlangt, weil ihm erstmals mit dem angefochtenen Bescheid seine Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der erwähnten Ges.m.b.H. (die persönlich haftender Gesellschafter der Kommanditgesellschaft ist) vorgeworfen sei, so genügt es, zur Unhaltbarkeit dieses Vorwurfes auf das Erkenntnis eines hg. verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12 375/A, zu verweisen, wonach für die Tauglichkeit einer Verfolgungshandlung noch nicht zu fordern ist, daß dem individuell bestimmten Beschuldigten allenfalls auch vorgeworfen werden muß, er habe die Tat als zur Vertretung nach außen Berufener im Sinne des § 9 VStG 1950 zu verantworten. Es war daher auch zulässig, dem Beschwerdeführer erst nach Ablauf der Frist des § 31 Abs. 2 VStG 1950 die spruchgemäße Organstellung vorzuwerfen.

Gemäß § 16 Abs. 4 BV müssen Künetten, die nicht in Felsen oder in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankommt, ausgeführt werden, bei Tiefen von mehr als 1,25 m auf jeden Fall gepölzt werden. Beim Vorliegen von schlechten Bodenverhältnissen oder besonderen Einflüssen, wie Erschütterungen durch Straßenverkehr oder ähnlichen Einwirkungen ist auch schon bei geringerer Tiefe zu pölzen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0205) handelt es sich beim Tatbild der Übertretung nach § 16 Abs. 4 BV nicht um die Pflicht zur Sicherung von Baugruben, Gräben und Künetten während ihres Aushubes, sondern um die Pflicht zur Sicherung fertiggestellter Künetten oder Künettenteile von einer Tiefe über 1,25 m, die nicht in Felsen oder ebenso festem Boden ausgeführt worden sind, unmittelbar im zeitlichen Anschluß an ihre Fertigstellung in Gestalt der unabhängig von einer konkreten Gefährdung der Arbeitnehmer anzubringenden Pölzung.

Da die belangte Behörde entsprechend der Aktenlage nicht davon auszugehen hatte, daß die in Rede stehende Künette noch nicht fertiggestellt gewesen sei, war es von daher gesehen nicht rechtswidrig, die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat unter § 16 Abs. 4 BV zu subsumieren; der Hinweis des Beschwerdeführers auf § 61 Abs. 3 (erster Satz) AAV geht schon deshalb fehl, weil dort von "beim Ausheben" unter anderem von Künetten die Rede ist.

Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer weiters, daß die belangte Behörde die Prüfung unterlassen habe, ob die Künette in einem Boden, dessen örtliche Standfestigkeit an jene von Felsen herankomme, ausgeführt worden sei; der Beschwerdeführer übersieht, daß es sich hiebei um die Aufnahme eines vom Beschwerdeführer beantragten - unzulässigen - Erkundungsbeweises gehandelt hätte, hat doch der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nie konkret eine solche Eigenschaft des Bodens behauptet und haben sich hiefür auch keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben. Im übrigen lag der belangten Behörde als Beweismittel für die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes die diesbezügliche Anzeige des Arbeitsinspektorates vor, welche sogar mit einem entsprechenden Lichtbild untermauert wurde. Einen wesentlichen Verfahrensmangel in dieser Hinsicht vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen.

Aber auch die subjektive Tatseite wurde von der belangten Behörde richtig gelöst. Da zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 16 Abs. 4 BV der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, wäre es gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950 Sache des Beschwerdeführers gewesen, glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine solche Glaubhaftmachung hätte sachverhaltsbezogen der Dartuung bedurft, daß der Beschwerdeführer nicht nur die ihm zumutbare eigene Aufsicht und Überwachung entfaltet, sondern auch eine geeignete Aufsichtsperson im Sinne des § 3 BV zur Kontrolle der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen bestellt habe und es ihm trotzdem nicht möglich gewesen sei, die angelastete Verwaltungsübertretung hintanzuhalten (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/19/0522). Da der Beschwerdeführer nicht einmal behauptet, eine geeignete Aufsichtsperson zur Kontrolle der erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen auf der Baustelle bestellt zu haben, ist sein Vorbringen von vornherein zur Glaubhaftmachung des mangelnden Verschuldens nicht geeignet (vgl. das soeben zitierte hg. Erkenntnis). Der Schuldspruch ist daher frei von Rechtsirrtum.

Aber auch die Strafbemessung ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die belangte Behörde ging diesbezüglich von einem monatlichen Bruttoeinkommen des Beschwerdeführers von S 24.000,-- und einem nicht unerheblichen Vermögen des Beschwerdeführers aus, wobei sie Sorgepflichten für seine Gattin und ein Kind berücksichtigte. Weiters hat die belangte Behörde bei der Strafbemessung fünf einschlägige Vorstrafen des Beschwerdeführers (wegen Verstoßes gegen Arbeitnehmerschutzvorschriften) als erschwerend bei der Strafbemessung herangezogen und in diesem Zusammenhang spezial- und generalpräventive Überlegungen angestellt. Unter Berücksichtigung des erheblichen Unrechtsgehaltes der Tat ist eine Überschreitung des der Behörde eingeräumten Ermessensspielraumes nicht zu erkennen, insbesondere kann vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 21 VStG 1950 keine Rede sein. Weshalb der vom Beschwerdeführer behauptete Umstand, bei der Grabung seien überraschend Kabelstränge angetroffen worden, die ihm vorgeworfene Tat in einem milderen Licht erscheinen hätte lassen sollen, ist nach der Aktenlage nicht erkennbar. Gleiches gilt im Hinblick auf die Unterlassung der Bestellung einer Aufsichtsperson für die vom Beschwerdeführer behauptete Erkrankung am Tattag. Schließlich sei bemerkt, daß die belangte Behörde den Strafrahmen ohnedies nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft hat.

Die vorliegende Beschwerde erweist sich sohin zur Gänze als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.