VwGH vom 12.09.2001, 2001/13/0115
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der H GmbH in W, vertreten durch Dr. Georg Prchlik, Rechtsanwalt in Wien I., Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/59-06/2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitaum der Monate Februar bis Dezember 1998, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für den Zeitraum der Monate Februar bis Dezember 1998 Geldbeträge an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Handelskammerumlage) unter Berufung auf § 57 Abs. 7 und 8 des Handelskammergesetzes vorgeschrieben.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird zunächst ausgeführt, es seien im Ergebnis einer im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft stattgefundenen Nachschau die je mit 50 % an der Beschwerdeführerin beteiligten Geschäftsführer "ausbezahlten Honorare in Höhe von insgesamt S 252.000,-- für den Zeitraum 2-12/1998 mit dem im Spruch genannten Bescheid mit folgender Begründung DB und DZ-pflichtig gemacht" worden, wobei der daran anschließende Text allerdings nicht die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides, sondern augenscheinlich jene der Berufung wiedergibt, in welcher u.a. geltend gemacht worden war, dass das Entgelt der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer zur Gänze erfolgsabhängig sei und ein fixes Grundentgelt nicht ausbezahlt werde. Sodann wird eine Vorhaltsbeantwortung wiedergegeben, in welcher von der Beschwerdeführerin unter Vorlage der Kontoblätter der Verrechnungskonten der Gesellschafter-Geschäftsführer, in denen auch die getätigten Barauslagen abgerechnet seien, über ein von der Beschwerdeführerin einem der Gesellschafter-Geschäftsführer verzinslich und terminisiert rückzahlungspflichtig gewährtes Darlehen berichtet und ausgeführt wird, dass die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer zahlreiche Ausgabenpositionen, darunter u.a. auch Honorare für eigene Dienstnehmer, selbst zu tragen hätten. Des Weiteren wird in der Bescheidbegründung der Text einer mit den Gesellschafter-Geschäftsführern über ihre Entlohnung mit datierten Vereinbarung (unter Außerachtlassung offenkundiger Schreibversehen) in folgender Weise wiedergegeben:
"Der GF erhält für seine Tätigkeit eine ausschließlich erfolgsabhängige Vergütung. Diese besteht in einem Gewinnanteil, der wie folgt ermittelt wird:
Umsatz, der vom GF realisiert wurde
abzüglich direkt dem GF zurechenbare Einzelkosten abzüglich entsprechend dem Umsatzanteil zurechenbare
Gemeinkosten
abzüglich thesaurierter Gewinn lt. einstimmigem Gesellschafterbeschluss
Falls der GF einen besonders niedrigen Umsatzanteil im Verhältnis zu den übrigen GF in einem Jahr realisiert, so kann vereinbart werden, dass ihm für dieses Jahr ein entsprechend höherer Anteil an Gemeinkosten zugewiesen wird. Jedenfalls ist mindestens ein Anteil von 20 % der gesamten Gemeinkosten vom GF zu tragen.
Der Gewinnanteil wird in den ersten fünf Monaten des folgenden Jahres ermittelt und dem Verrechnungskonto des GF gutgeschrieben. Entnahmen des GF sind nur vom (positiven) Verrechnungskonto entsprechend der Liquidität der Gesellschaft zulässig. Ergibt sich für den GF aus der Berechnung ein Verlust, so ist dieser dem Verrechnungskonto anzulasten. Ein negatives Verrechnungskonto hat der GF bis spätestens 30. September eines jeden Jahres mittels Einzahlung auf das Bankkonto der (Beschwerdeführerin) auszugleichen."
Im Erwägungsteil der Bescheidbegründung wird die Auffassung vertreten, die Beschäftigung der beiden Geschäftsführer der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als wesentlich beteiligte Gesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Die Gesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei erzielten aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb sie im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer seien. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen der beiden Geschäftsführer den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.
Außerhalb allgemein gehaltener Rechtsausführungen lassen sich dem Erwägungsteil der Bescheidbegründung auf den konkreten Sachverhalt des Beschwerdefalles beziehbare Ausführungen noch insoweit entnehmen, als geäußert wird, dass die zitierte Vereinbarung über die Geschäftsführungstätigkeit der Annahme eines Werkvertrages entgegenstehe. "Auch die Gewährung eines Darlehens, die Tragung des Aufwandes von Lebensmittel laut Buchhaltung manifestierten persönlichen Abhängigkeiten der beiden GF entgegen, somit war das Schicksal der Berufung entschieden." Ein tatsächlicher Konnex der "Entnahmen" mit dem Betriebsergebnis sei nicht hergestellt worden. Im gegenständlichen Fall sei die Auszahlung der Bezüge durch Buchung auf das Verrechnungskonto entsprechend dokumentiert worden. Aus der wiedergegebenen Vereinbarung über die Art der Berechnung der Höhe des Bezuges habe "keine Erfolgsabhängigkeit erblickt werden" können, "zumal der thesaurierte Gewinnanteil laut einstimmigem Gesellschafterbeschluss in Abzug von der inzwischen errechneten Zwischensumme gebracht wurde." Ein Nachweis für das Vorliegen eines Unternehmerwagnisses in der Sphäre "des Geschäftsführers" sei nicht erbracht worden. Da der Verwaltungsgerichtshof in der bisherigen Judikatur habe erkennen lassen, dass Bezüge von wesentlich beteiligten Geschäftsführern und Vorstandsmitgliedern im Regelfall dem Dienstgeberbeitrag und der Kommunalsteuer unterlägen, und die Beschwerdeführerin "im Falle des GF keine von dem beschriebenen Regelfall abweichende Gestaltung lieferte", sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung der beiden Gesellschafter-Geschäftsführer "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.
Den am vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00 entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,
.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und
.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen hat, können deutliche erfolgsbedingte Schwankungen des Geschäftsführerhonorares ein Unternehmerrisiko in der Geschäftsführungstätigkeit begründen, das bei der nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gebotenen Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse den Ausschlag gegen ein Dienstverhältnis bewirkt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0255, vom , 2000/14/0061, und vom , 2001/13/0081). Die Begründung eines Berufungsbescheides hat sich mit dem Berufungsvorbringen in der erforderlichen Weise auseinander zu setzen und vor allem den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt festzustellen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0200).
Hinter den in der zuletzt zitierten Entscheidung beschriebenen Anforderungen an eine Bescheidbegründung bleibt die Begründung des hier angefochtenen Bescheides entschieden zu weit zurück. Mit der schablonenhaften Aneinanderreihung von Textbausteinen über die Widerlegung gegen die Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 häufig vorgebrachter Argumente ohne Rücksicht darauf, ob solche Argumente im konkreten Fall überhaupt geltend gemacht worden waren, lässt sich auch auf dem Boden der verwaltungsgerichtlichen Judikatur zur Besteuerung des wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführers ein über den Dienstgeberbeitrag aus der Vergütung für einen solchen Gesellschafter-Geschäftsführer absprechender Bescheid jedenfalls dann nicht tragfähig begründen, wenn von der beschwerdeführenden Gesellschaft ein Sachverhalt vorgetragen wurde, der das Vorliegen der oben aufgelisteten Kriterien für eine Einkünfteerzielung nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 durch den betroffenen Gesellschafter-Geschäftsführer fraglich erscheinen lässt. Einen solchen Sachverhalt hat die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall mit ihrem Berufungsvorbringen zur näher dargestellten Erfolgsabhängigkeit der Vergütung ihrer Gesellschafter-Geschäftsführer aber geltend gemacht.
Eine ausreichende Auseinandersetzung mit diesem Berufungsvorbringen ist im angefochtenen Bescheid ebenso unterblieben, wie die belangte Behörde es vor allem auch unterlassen hat, zur Frage der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Erfolgsabhängigkeit der Geschäftsführerbezüge konkrete Sachverhaltsfeststellungen über die tatsächliche Gestaltung der hier zu beurteilenden Geschäftsführervergütungen zu treffen. Allgemein gehaltene Rechtsausführungen und Hinweise auf verwaltungsgerichtliche Erkenntnisse (zumal zu anderen Sachverhalten) allein können ausreichende, auf den konkreten Fall bezogene Sachverhaltsfeststellungen zu den vom Abgabepflichtigen relevierten rechtserheblichen Fragen nicht ersetzen. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Erfolgsabhängigkeit der Einnahmen ihrer Geschäftsführer mit dem Hinweis auf die vom Verwaltungsgerichtshof im seinem Erkenntnis vom , 94/15/0069, zum Werbungskostencharakter des Arbeitslohnverzichts eines Geschäftsführers angestellten Überlegungen zu bestreiten, ist rechtlich verfehlt (siehe hiezu das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0081). Die rudimentären Andeutungen zur Verneinung einer Erfolgsabhängigkeit der Geschäftsführerbezüge im Zusammenhang mit dem Abzug des thesaurierten Gewinnanteils verschließen sich einem gedanklichen Nachvollzug. Ebenso unverständlich sind die Ausführungen der Bescheidbegründung zu dem einem der Gesellschafter-Geschäftsführer gewährten Darlehen und zur Tragung des Aufwandes "von Lebensmittel" durch die Beschwerdeführerin.
Der angefochtene Bescheid war somit, weil die belangte Behörde durch die Unzulänglichkeit der Bescheidbegründung, die dem Verwaltungsgerichtshof eine Beurteilung der Übereinstimmung des Bescheidspruches mit dem Gesetz nicht ermöglicht, Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Beachtung die Erlassung eines anderen Bescheides nicht ausgeschlossen werden kann, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben; von der Durchführung der beantragten Verhandlung hat der Gerichtshof aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am