VwGH vom 12.09.2001, 2001/13/0111
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der B Ges.m.b.H. in W, vertreten durch Mag. Dr. Thomas Keppert, Wirtschaftsprüfer in Wien VI, Theobaldgasse 17/11, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/267-06/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitraum der Jahre 1994 bis 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Ergebnis einer im Unternehmen der beschwerdeführenden Gesellschaft durchgeführten Lohnsteuerprüfung wurde der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Finanzamtes vom der Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) samt Zuschlägen (Handelskammerumlage) nach § 57 Abs. 7 des Handelskammergesetzes aus den ihrer Alleingesellschafter-Geschäftsführerin für den Zeitraum der Jahre 1994 bis 1996 gewährten Vergütungen von jährlich S 400.000,-- vorgeschrieben.
In der dagegen erhobenen Berufung wurde von der Beschwerdeführerin u.a. vorgebracht, dass die Gesellschafter-Geschäftsführerin nicht unmittelbar im Betrieb (Detailhandel mit Textilwaren in fünf Filialen) mitarbeite, sondern nur die Geschäftsführung über habe, weshalb sie auch zu einer persönlichen Arbeitsleistung nicht verpflichtet sei, sondern sich durch wen immer vertreten lassen könne. Die Gesellschafter-Geschäftsführerin unterliege nicht der betrieblichen Regelung der Arbeitszeit, sei keiner betrieblichen Kontrolle unterworfen, habe keinen Anspruch auf Urlaub, Entgeltsfortzahlung im Krankheitsfall und auf Abfertigung; sie unterliege auch keinen Kündigungsbestimmungen. Zeitpunkt und Höhe der Auszahlungen ihres Entgelts bestimme sie selbst. Dass die Gesellschafter-Geschäftsführerin den wesentlichen Teil ihrer Geschäftsführertätigkeit von ihrem Wohnsitz aus erledige, erweise das Fehlen einer organisatorischen Bindung an die Beschwerdeführerin. Mit der Geschäftsführung verbundene Auslagen würden der Geschäftsführerin von der Beschwerdeführerin nicht ersetzt. Auch wenn der Geschäftsführerbezug der letzten Jahre weitgehend konstant gewesen und im konkreten Fall nicht an das Betriebsergebnis angepasst worden sei, müsse der Geschäftsführerbezug doch langfristig mit der Ertragslage der Gesellschaft im Einklang stehen.
In einer am erstatteten Vorhaltsbeantwortung wurde ausgeführt, dass seit dem Jahr 1994 in Art und Umfang der Tätigkeit der Gesellschafter-Geschäftsführerin keine Änderung eingetreten und ein schriftlicher Geschäftsführervertrag nicht geschlossen worden sei, weil dieser von der Alleingesellschafterin ohnehin hätte frei gestaltet werden können. Aus den mit der Vorhaltsbeantwortung vorgelegten Buchhaltungskonten über den Geschäftsführerbezug ergaben sich Auszahlungen von Geschäftsführerbezügen für die Alleingesellschafter-Geschäftsführerin von je S 30.000,-- Anfang Februar, Anfang März und Ende April 1994, von S 60.000,-- Anfang Mai 1994, von S 10.000,-- Ende Mai 1994, von je S 30.000,-- von Anfang Juni 1994 bis Anfang Mai 1995, von S 50.000,-- Anfang Juni 1995, von S 20.000,-- unter dem Titel "Rest GF-Bezug 12/94" Ende Juni 1995, von je S 30.000,-- von Anfang Juli 1995 bis Anfang November 1995, von weiteren S 20.000,-- in der ersten Monatshälfte November 1995, von S 30.000,-- Ende November 1995, von je S 30.000,-- von Anfang Jänner bis Anfang Mai 1996, von S 50.000,-- Anfang Juni 1996, von je S 30.000,-- von Anfang Juli 1996 bis Anfang November 1996 und von S 50.000,-- Anfang Dezember 1996; des Weiteren fanden sich Zahlungen von "SV-Beiträgen 1-3/96 und 7-12/95".
Mit einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wurde der erstinstanzliche Bescheid zum Nachteil der Beschwerdeführerin durch Einbeziehung auch der für die Gesellschafter-Geschäftsführerin getragenen Sozialversicherungsbeiträge und durch Verhängung eines Säumniszuschlages abgeändert. In der Begründung wies das Finanzamt darauf hin, dass die dem Vorbringen der Beschwerdeführerin entsprechende Wahrnehmung der üblichen, kontinuierlich anfallenden Geschäftsführeragenden eine volle Integrierung der Alleingesellschafter-Geschäftsführerin in den Betrieb der Beschwerdeführerin bedinge. Angesichts der regelmäßigen laufenden Auszahlung monatlicher Gehälter von S 30.000,-- an die Gesellschafter-Geschäftsführerin und der im Juni und November jeweils gewährten Zusatzzahlungen werde die Gesellschafter-Geschäftsführerin auch wie ein Angestellter entlohnt, weshalb kein Unternehmerwagnis vorliege. Auch ausgabenseitig sei ein solches nicht erkennbar, zumal die Sozialversicherungsbeträge für die Gesellschafter-Geschäftsführerin von der Beschwerdeführerin getragen worden seien.
In ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz beharrte die Beschwerdeführerin auf ihrem Rechtsstandpunkt und wies zur Abänderung der Entscheidung zu ihrem Nachteil darauf hin, dass sie die Sozialversicherungsbeiträge für die Gesellschafter-Geschäftsführerin ab dem zweiten Quartal 1996 nicht mehr bezahlt habe, welche diese ab diesem Zeitpunkt aus eigenem getragen habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab und änderte den erstinstanzlichen Bescheid durch Einbeziehung der von der Beschwerdeführerin für die Gesellschafter-Geschäftsführerin getragenen Sozialversicherungsbeiträge (unter Berücksichtigung des dazu erstatteten Vorbringens der Beschwerdeführerin in eingeschränktem Umfang) in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag zum Nachteil der Beschwerdeführerin ab. In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Beschäftigung der Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet ihrer gleichzeitigen Eigenschaft als Alleingesellschafterin mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Die Gesellschafter-Geschäftsführerin der beschwerdeführenden Partei erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb sie im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 des Familienlastenausgleichsgesetzes in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen der Geschäftsführerin den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.
In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung der Gesellschafter-Geschäftsführerin "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.
Den am vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00 entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,
.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und
.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Der Beurteilung der belangten Behörde, die Gesellschafter-Geschäftsführerin sei in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert, einem auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und werde laufend entlohnt, haftet auf dem Boden der von der oben zitierten Judikatur entwickelten Grundsätze im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit an.
Soweit die Beschwerdeführerin der Sache nach Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides geltend macht, sei ihr eingeräumt, dass der Begründungsduktus des angefochtenen Bescheides den methodischen Kriterien einer Bescheidbegründung, wie sie der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom , 94/13/0200, dargelegt hat, weitgehend nicht gerecht wird. Zur Aufhebung eines angefochtenen Bescheides führt eine Unzulänglichkeit seiner Begründung aber nur dann, wenn diese Unzulänglichkeit zur Folge hat, dass einem Beschwerdeführer damit die Verfolgung seiner Rechte vor dem Verwaltungsgerichtshof oder diesem die inhaltliche Prüfung einer durch den Spruch des angefochtenen Bescheides bewirkten Verletzung der verfolgten Rechte des Beschwerdeführers verwehrt bleibt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 93/15/0060, mwN., ebenso wie das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0082). Eine solche Relevanz des gerügten Begründungsmangels des angefochtenen Bescheides wird von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt und liegt im Beschwerdefall auch nicht vor.
Dass die belangte Behörde von der Auszahlung regelmäßiger Bezüge an die Gesellschafter-Geschäftsführerin nicht hätte ausgehen dürfen, wie die Beschwerdeführerin vorträgt, trifft nicht zu, weil die oben wiedergegebene Aktenlage der diesbezüglichen Sachverhaltsannahme der belangten Behörde ausreichende Deckung bot. Die gerügte Feststellung einer Überlassung eines Kraftfahrzeuges an die Gesellschafter-Geschäftsführerin entfaltete für die Lösung des Beschwerdefalles keine Bedeutung. Dass die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides durch schablonenhafte Aneinanderreihung von Textbausteinen auch zu Einwänden Ausführungen getroffen hatte, die gar nicht erhoben worden waren (Haftung für Kredite, Vergleich mit dem Einzelunternehmer), war nicht sinnvoll, verletzt aber keine Rechte der Beschwerdeführerin. Wenn die belangte Behörde der Beschwerdeführerin im angefochtenen Bescheid vorhält, nicht "dargetan" zu haben, weshalb eine Eingliederung der Gesellschafter Geschäftsführerin in den Organismus des Betriebes nicht vorliegen sollte, dann war dies eine wenig geglückte Formulierung, weil es nicht der Beschwerdeführerin oblag, das Fehlen einer solchen Eingliederung darzutun, sondern der Abgabenbehörde, diese Eingliederung festzustellen. Eine solche Feststellung hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid durch Übernahme des Vorbringens der Beschwerdeführerin allerdings insoweit ohnehin getroffen, als sie davon ausgegangen ist, dass die Gesellschafter-Geschäftsführerin die Führung der laufenden Geschäfte des Unternehmens der Beschwerdeführerin besorgt. Hiezu ist die Beschwerdeführerin auf die oben zitierte Judikatur zu verweisen, welche in einem funktionalen Verständnis des Begriffes der "Eingliederung in den betrieblichen Organismus" diese Eingliederung mit einer kontinuierlichen und über einen längeren Zeitraum andauernden Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung bereits verwirklicht sieht.
Ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko der Gesellschafter-Geschäftsführerin ist bei der kontinuierlichen Auszahlung regelmäßiger Bezüge an sie im Verfahren nicht hervorgekommen. Aber auch ein Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite der Geschäftsführungstätigkeit ihrer Alleingesellschafterin wurde von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar aufgezeigt. Dass es kein Unternehmerrisiko aus der Geschäftsführungstätigkeit darstellt, wenn der Geschäftsführer seine Sozialversicherungsbeiträge selbst trägt, entspricht der Judikatur (siehe hiezu etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2000/15/0097, vom , 99/14/0339, und vom , 99/14/0270).
Auch zur Darstellung der Abhängigkeit des Unternehmenserfolges von den Entscheidungen des Geschäftsführers und zum Fehlen der klassischen Arbeitnehmervergünstigungen wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Urlaubsund Abfertigungsanspruch muss der Hinweis auf die eingangs zitierte Judikatur genügen, nach welcher die letztgenannten Merkmale zu jenen zu zählen sind, die für die Beurteilung des Vorliegens von Einkünften nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nichts beitragen, und nach welcher das aus unternehmerischen Entscheidungen des Gesellschafter-Geschäftsführers resultierende wirtschaftliche Risiko seiner Gesellschafter- und nicht seiner Geschäftsführereigenschaft zuzurechnen ist.
Die Beschwerde erwies sich damit im Ergebnis als unbegründet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen, wobei der Verwaltungsgerichtshof von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen hat.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am