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VwGH vom 14.12.1995, 95/15/0176

VwGH vom 14.12.1995, 95/15/0176

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Wetzel und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Traudtner, über die Beschwerde der M in P, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwalt in G, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz vom , Zl. GA 10-549/95, betreffend Einleitung (Erweiterung) eines Finanzstrafverfahrens, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde das gegen die Beschwerdeführerin am eingeleitete Finanzstrafverfahren erweitert, weil der Verdacht bestehe, daß sie als Abgabepflichtige vorsätzlich 1) durch die Nichtabgabe der Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für das Jahr 1993 eine abgabenrechtliche Anzeige-, Offenlegungs- und Wahrheitspflicht verletzt habe, und 2) unter Verletzung der Verpflichtung zur Abgabe von dem § 21 UStG 1972 bzw. 1994 entsprechenden Voranmeldungen eine Verkürzung von Vorauszahlungen an Umsatzsteuer für die Monate April bis September 1993 und Oktober 1994 bis April 1995 in noch festzustellender Höhe bewirkt habe und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiß gehalten und hiemit ein Finanzvergehen nach § 51 Abs. 1 lit. a und § 33 Abs. 2 lit. a FinStrG begangen habe. Zum Vorbringen in der Administrativbeschwerde, die Beschwerdeführerin sei über ihre steuerlichen Verpflichtungen nicht ausreichend informiert gewesen bzw. sie habe jemanden mit der Wahrnehmung buchhalterischer Agenden betraut, heißt es in der Begründung dieses Bescheides, auf Grund der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen zu Betriebsbeginn sei anzunehmen, daß der Beschwerdeführerin ihre abgabenrechtlichen Verpflichtungen bekannt gewesen seien. Die Beschwerdeführerin sei auch nach Einleitung des Finanzstrafverfahrens am ihren umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen weiterhin nicht nachgekommen. Ob sich der begründete Verdacht der Abgabenhinterziehung bestätige, werde im weiteren Verfahren zu klären sein.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 82 FinStrG hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz die ihr gemäß §§ 80 oder 81 leg cit zukommenden Verständigungen und Mitteilungen darauf zu prüfen, ob genügende Verdachtsgründe für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind. Das gleiche gilt, wenn sie in anderer Weise, insbesondere aus eigener Wahrnehmung vom Verdacht eines Finanzvergehens Kenntnis erlangt. Die Prüfung ist nach den für die Feststellung des maßgebenden Sachverhaltes im Untersuchungsverfahren geltenden Bestimmungen vorzunehmen. Ergibt sich, daß die Durchführung des Strafverfahrens nicht in die Zuständigkeit des Gerichtes fällt, so hat die Finanzstrafbehörde erster Instanz das Strafverfahren einzuleiten. Von der Einleitung des Strafverfahrens hat sie unter anderem dann abzusehen, wenn die Tat mangels ausreichender Anhaltspunkte voraussichtlich nicht erwiesen werden kann oder der Verdächtige die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen hat.

Für die auf der Grundlage des § 82 Abs 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden Verdachtsgründen für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. bspw. das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 92/15/0173, 93/15/0132, mwN) folgendes von Bedeutung:

Im Spruch eines Einleitungsbescheides muß das dem Beschuldigten zur Last gelegte Verhalten, das als Finanzvergehen erachtet wird, nur in groben Umrissen beschrieben werden. Die einzelnen Fakten müssen nicht "bestimmt", somit nicht in den für eine Subsumtion relevanten Einzelheiten geschildert werden. In der Begründung des Einleitungsbescheides ist darzulegen, von welchem Sachverhalt die Finanzstrafbehörde ausgegangen ist und welches schuldhafte Verhalten dem Beschuldigten vorgeworfen wird. Der Verdacht muß sich sowohl auf den objektiven als auch auf den subjektiven Tatbestand erstrecken. Für die Einleitung des Finanzstrafverfahrens genügt es somit, wenn gegen den Verdächtigen genügend Verdachtsgründe vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, daß er als Täter eines Finanzvergehens in Frage kommt.

Ein Verdacht kann immer nur auf Grund einer Schlußfolgerung aus Tatsachen entstehen. Ohne Tatsachen - wie weit sie auch vom (vermuteten) Tatgeschehen entfernt sein mögen - gibt es keinen Verdacht. Ein Verdacht besteht, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme der Wahrscheinlichkeit des Vorliegens von bestimmten Umständen rechtfertigen. Verdacht ist mehr als eine bloße Vermutung. Er ist die Kenntnis von Tatsachen, aus denen nach der Lebenserfahrung auf ein Finanzvergehen geschlossen werden kann. Bei der Prüfung, ob tatsächlich genügend Verdachtsgründe im Sinn des § 82 Abs 1 FinStrG für die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens gegeben sind, geht es nicht darum - wie es der Beschwerdeführerin offenbar vorschwebt - schon die Ergebnisse des förmlichen Finanzstrafverfahrens vorweg zu nehmen, sondern lediglich darum, ob die bisher der Finanzstrafbehörde zugekommenen Mitteilungen unter Berücksichtigung der von ihr durchgeführten Vorerhebungen für einen Verdacht ausreichen. Ob jemand das ihm zur Last gelegte Finanzvergehen tatsächlich begangen hat, ist jedenfalls dem Ergebnis des Untersuchungsverfahrens nach den §§ 114 f FinStrG vorbehalten (vgl. neben dem schon zitierten Erkenntnis auch das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 94/15/0159, mwN).

Soweit die Beschwerde den angefochtenen Bescheid deswegen für rechtswidrig hält, weil die belangte Behörde gegen das jedem Staatsbürger zustehende Recht auf Unschuldsvermutung bis zum Nachweis eines Verschuldens verstoßen habe, übersieht sie, daß gerade das mit dem angefochtenen Bescheid eingeleitete (erweiterte) Finanzstrafverfahren klären soll, ob die eingangs umschriebenen Tatbestände erfüllt sind. Dazu gehört auch die Prüfung, ob der Beschwerdeführerin ein tatbestandsmäßiges Verschulden anzulasten ist. Durch die bloße Behauptung, die Beschwerdeführerin habe mit der Wahrnehmung ihrer abgabenrechtlichen Verpflichtungen einen "Fachmann" betraut, wird aber ein solches Verschulden nicht "von vornherein" (besser: unter allen Umständen) ausgeschlossen.

Auch die Verfahrensrügen beziehen sich auf das finanzstrafrechtlich zu beurteilende Verhalten der Beschwerdeführerin und zeigen solcherart nicht auf, daß die belangte Behörde die auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 FinStrG zu lösende Rechtsfrage des Vorliegens von genügenden VERDACHTSGRÜNDEN für die Einleitung (Eerweiterung) eines Finanzstrafverfahrens nicht dem Gesetz entsprechend beantwortet hat.

Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, mußte die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abgewiesen werden.

Im Hinblick auf diese Entscheidung über die Beschwerde erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.