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VwGH vom 24.04.1997, 95/15/0175

VwGH vom 24.04.1997, 95/15/0175

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner, Dr. Fuchs, Dr. Zorn und Dr. Robl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde des Ing. L in A, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GA8 - 1756/94, betreffend Jahresausgleich für 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.890,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Lehrer an der Höheren Landwirtschaftlichen Berufslehranstalt in W. Im Streitjahr 1992 unterrichtete er in den Unterrichtsgegenständen Chemisches Laboratorium, Analytik von Nahrungs-, Genuß- und Futtermitteln sowie als Fachsupplierer Chemie und Angewandte Chemie. Er machte im Jahresausgleich für 1992 unter dem Titel Fachliteratur Werbungskosten in Höhe von S 63.534,-- geltend.

Das Finanzamt setzte mit dem Jahresausgleichsbescheid eine Steuergutschrift von S 24.273,-- fest. Es führte in der Bescheidbegründung aus, die Aufwendungen für Fachliteratur seien nur im Ausmaß von 50 % als Fortbildungsaufwendungen anerkannt worden; der Restbetrag sei als "Berufsausbildung (Studium)" anzusehen.

In der Berufung gegen diesen Bescheid brachte der Beschwerdeführer vor, das Finanzamt stütze sich auf Vermutungen, die darauf beruhten, daß er Rechnungen für Skripten der Universität Linz vorgelegt habe. Es sei ihm allerdings ein ordentliches Studium an einer Universität nicht möglich, weil sich sein Beruf als Lehrer zeitlich nicht mit einem ordentlichen Studium vereinbaren lasse. Im ersten Studienabschnitt müßten nämlich Praktika mit Anwesenheitspflicht absolviert werden, die sich über mehrere Tage pro Woche erstreckten. Da der Beschwerdeführer als Lehrer meistens am Nachmittag unterrichte, könne er diese Praktika, die ebenfalls nachmittags oder ganztägig abgehalten würden, nicht besuchen. Die Skripten und die übrige Literatur, deren Anschaffungskosten er als Werbungskosten geltend gemacht habe, dienten dazu, ihn in seinem Fachgebiet Chemie auf den neuesten Wissensstand zu bringen. Die Literatur diene zur Gänze der Berufsfortbildung.

Das Finanzamt übermittelte in der Folge die vom Beschwerdeführer beigebrachte Liste über die mehr als 100 im Jahre 1992 angeschafften Werke dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft und ersuchte um Stellungnahme, welche der in der Liste angeführten Fachbücher in einer einschlägigen Beziehung zur Lehrtätigkeit an der Höheren Landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt stünden.

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft bezeichnete in der Folge (auf Grundlage einer Mitteilung der pädagogischen Abteilung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst) jene Werke aus der Literaturliste, die "in primär einschlägiger Beziehung zu dem gegenständlich unterrichteten Lehrfach (chemisches Laboratorium)" stünden, und brachte zum Ausdruck, daß der Lehrer die sein Fachgebiet und dessen Umfeld betreffenden Entwicklungen ständig beobachten und den Lehrstoff sowie die Unterrichtsmethoden dem zeitgemäßen Stand anpassen müsse.

Mit Berufungsvorentscheidung reduzierte das Finanzamt die Steuergutschrift auf den Betrag von S 11.421,--, wodurch sich aufgrund der vorher höher festgesetzten Gutschrift eine Nachforderung von S 12.852,-- ergab. Die Aufwendungen für Fachliteratur wurden nur mehr mit einem Betrag von S 2.985,-- berücksichtigt. In der Bescheidbegründung führte das Finanzamt aus, aus einer Mitteilung der pädagogischen Abteilung des Bundesministeriums für Unterrichtung und Kunst ergebe sich, daß nur jene Fachbücher, die in der dem Bescheid beigelegten Kopie der Literaturliste besonders gekennzeichnet seien, in primär einschlägiger Beziehung zum unterrichteten Lehrfach stünden. Hinsichtlich der übrigen Werke hätte eine berufliche Notwendigkeit nicht festgestellt werden können. Der Beschwerdeführer habe zwar bestritten, Fachbücher im Zusammenhang mit einem Chemiestudium angeschafft zu haben, er habe jedoch einen Nachweis über den beruflichen Zusammenhang mit der Lehrtätigkeit bisher nicht erbracht.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz verwies der Beschwerdeführer im wesentlichen darauf, daß er die Fachliteratur im Hinblick auf seine Stellung als Lehrer erworben habe. Auch sei die pädagogische Abteilung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst nicht für die pädagogischen Belange seiner Schule zuständig, sondern das Bundesseminar für das land- und forstwirtschaftliche Bildungswesen in Wien (land- und forstwirtschaftliches berufspädagogisches Institut).

Der Beschwerdeführer legte eine Bestätigung des Direktors der Höheren Landwirtschaftlichen Bundeslehranstalt vor, aus welcher sich ergibt, daß die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Fachliteraturaufwendungen solche Bücher und Zeitschriften betreffen würden, die für den Fachunterricht notwendig seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und setzte die Gutschrift in derselben Höhe fest, wie dies in der Berufungsvorentscheidung erfolgt war. Der Beschwerdeführer sei einerseits als Lehrer tätig, andererseits studiere er an der Universität Linz Chemie. Ohne auf die Begründung des Finanzamtes, ein Teil der Fachliteratur stünde mit dem Studium im Zusammenhang, einzugehen, betone der Beschwerdeführer immer wieder, die angeschaffte Fachliteratur diene der beruflichen Fortbildung. Aus § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988 ergebe sich, daß gemischt veranlaßte Aufwendungen, also Aufwendungen mit einer privaten und beruflichen Veranlassung, zur Gänze nicht abzugsfähig seien. Aufwendungen für die Lebensführung seien daher auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgten. Die belangte Behörde stelle nicht in Abrede, daß die im Streitjahr angeschaffte Literatur auch der Berufsfortbildung diene. Es widerspreche jedoch jeglicher Lebenserfahrung und werde vom Beschwerdeführer auch gar nicht in Abrede gestellt, daß die Literatur auch im Zusammenhang mit dem Studium Verwendung gefunden habe. Damit unterliege aber der gesamte Aufwand dem Abzugsverbot. Lediglich die Aufwendungen für jene Werke, die das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in der Literaturliste besonders gekennzeichnet habe, könnten als Werbungskosten anerkannt werden. Hinsichtlich der Berechnung des Jahresausgleiches verweise die belangte Behörde auf die Darstellung in der Berufungsvorentscheidung.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Aufwendungen für Fachliteratur sind dann abzugsfähig, wenn sie im Zusammenhang mit der beruflichen Sphäre stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0052). Wesentlich ist, daß die Aufwendungen eindeutig und ausschließlich in Zusammenhang mit der Erzielung von Einkünften stehen, sohin ihrer Art nach nur eine berufliche Veranlassung erkennen lassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 87/13/0074).

Ein Universitätsstudium dient in der Regel nicht der - zu Werbungskosten führenden - Berufsfortbildung, sondern stellt - der privaten Sphäre zuzuordnende - Berufsausbildung dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 86/14/0025).

Wenn die Anschaffung von Literatur sowohl durch eine berufliche Tätigkeit als auch durch ein Universitätsstudium veranlaßt ist, führt dies gemäß § 20 Abs. 1 Z. 2

lit. a EStG 1988 schon im Hinblick darauf, daß sich die Aufwendungen nicht einwandfrei trennen und diesen beiden Bereichen zuordnen lassen, zur Nichtabzugsfähigkeit der gesamten Aufwendungen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 89/14/0277).

Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer, der angefochtene Bescheid leide deshalb an einem Begründungsmangel, weil er nicht anführe, wie sich die festgesetzte Gutschrift errechne. Der angefochtene Bescheid verweist nämlich auf die in der Berufungsvorentscheidung angestellte Berechnung; die Berufungsvorentscheidung enthält eine klare Darstellung der Berechnung der Gutschrift.

Die belangte Behörde ist im angefochtenen Bescheid in sachverhaltsmäßiger Hinsicht davon ausgegangen, daß der Beschwerdeführer ein Chemiestudium betreibe. Die Fachliteratur sei - soweit der Werbungskostenabzug versagt worden ist - auch für das Universitätsstudium und sohin für Zwecke der privaten Lebensführung verwendet worden.

In rechtlicher Hinsicht leitet die belangte Behörde allein aus dieser Mitveranlassung durch die private Lebensführung die Nichtabzugsfähigkeit der in Rede stehenden Aufwendungen ab.

Der Beschwerdeführer ist im Recht, wenn er sich gegen die das Studium betreffende Sachverhaltsfeststellung der belangten Behörde wendet. Er hat in seiner Berufung vorgetragen, er betreibe kein "ordentliches Studium". Es sei ihm aus Zeitgründen nicht möglich, die für den ersten Studienabschnitt vorgesehenen Pflichtpraktika zu besuchen. Er könne daher der Ansicht des Finanzamtes nicht folgen, wenn dieses einen Zusammenhang zwischen der Anschaffung der Fachliteratur und einem Universitätsstudium herstelle. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid ihre Sachverhaltsannahme darauf gestützt, daß der Beschwerdeführer der Annahme des Finanzamtes betreffend den Zusammenhang zwischen der Fachliteratur und dem Studium nicht entgegengetreten sei. Es liegt daher auf der Hand, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde, weil sie sich im wesentlichen auf ein aktenwidrig angenommenes Nichtbestreiten durch den Beschwerdeführer stützt, der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht standhält.

Die belangte Behörde hat sich im übrigen auch nicht mit dem vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren erstatteten Vorbringen auseinandergesetzt, wonach die pädagogische Abteilung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für die pädagogischen Belange der Schule, an der er unterrichte, nicht zuständig sei.

Die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich bei den Aufwendungen für die Anschaffung von Fachliteratur im Hinblick auf das vom Beschwerdeführer betriebene Studium um Ausgaben für die Lebensführung iSd § 20 Abs. 1 Z. 2 lit. a EStG 1988, beruht somit nicht auf in einem mängelfreien Verfahren ermittelten Sachverhaltsfeststellungen. Diese Auffassung vermag somit den angefochtenen Bescheid nicht zu tragen; von dieser Auffassung ausgehend hat sich die belangte Behörde aber auch mit der Frage des Zusammenhanges der Aufwendungen mit den Einnahmen iSd § 16 EStG 1988 (im Sinne der oben zitierten Judikatur) nicht hinreichend im einzelnen auseinandergesetzt.

Der angefochtene Bescheid ist daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.