VwGH vom 27.02.2002, 2001/13/0103
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der D GmbH in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10-12, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/241-06/03/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für die Jahre 1994 und 1995, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug aus den ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer bezahlten Vergütungen von 340.000 S (für 1994) und von 720.000 S (für 1995) Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschläge zum Dienstgeberbeitrag vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführerin hatte im Verwaltungsverfahren in Beantwortung eines Vorhaltes zur Beschäftigung ihres Gesellschafter-Geschäftsführers u.a. Folgendes vorgetragen:
Der Geschäftsführer sei für die Kundenakquisition, die Baustellenkontrolle sowie interne Verwaltungsangelegenheiten aller Art zuständig. Die Arbeitszeit stünde im Belieben des Geschäftsführers bzw. gestalte sich je nach Bedarf. Der Geschäftsführerbezug werde "je nach Geschäftslage für das jeweilige Geschäftsjahr bei Bilanzerstellung ermittelt". Der Bezug richte sich grundsätzlich nach der Ertragslage, unterliege aber keinen starren Regeln und werde vom Geschäftsführer selbst bestimmt. Ein Geschäftsführervertrag sei nicht vorhanden. Der Geschäftsführer erhalte keine Sachbezüge und trage die Sozialversicherungsbeiträge selbst.
Ausgehend von diesem von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Sachverhalt wird im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden GmbH weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Alleingesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den angefochtenen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung jedoch mit Beschluss vom , B 1836/99, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Den am vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00, entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0063, sowie vom , 2001/13/0203, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,
.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,
.) dass ihn unter Bedachtnahme auf die Einnahmen- bzw. Ausgabenschwankungen kein ins Gewicht fallendes Unternehmerwagnis trifft und
.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.
Der Beurteilung der belangten Behörde, der Gesellschafter-Geschäftsführer sei in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert, einem auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenen Unternehmerwagnis nicht ausgesetzt und werde laufend entlohnt, haftet auf dem Boden der von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze im Ergebnis keine Rechtswidrigkeit an.
Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall ebenso unbestritten geblieben wie die zumindest jährliche Entlohnung des Geschäftsführers. Dass Schwankungen der Bezüge eines Gesellschafter-Geschäftsführers entsprechend der Ertragslage der Gesellschaft noch keinen Rückschluss auf eine tatsächliche Erfolgsabhängigkeit von der Tätigkeit des Geschäftsführers zulassen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen (vgl. insbesondere das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0091). Vom Gesellschafter-Geschäftsführer frei (wenn auch unter Bedachtnahme auf die Ertragslage der Gesellschaft) verfügte Änderungen der Höhe seiner Bezüge haben mit einem Risiko, wie es für Unternehmer eigentümlich ist, nichts gemein.
Die grundsätzlichen Überlegungen der Beschwerdeführerin, wonach die Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 auf die Einkünfte von Alleingesellschafter-Geschäftsführern generell nicht anwendbar sei, weil die genannte Bestimmung ausdrücklich von einem "Anteil" am Grund- oder Stammkapital spreche, gehen an dem Umstand vorbei, dass auch der Alleingesellschafter-Geschäftsführer einen "Anteil" an der GmbH - nämlich einen solchen von 100 % - besitzt. Dass der Beteiligungshöhe außerhalb der für die gegenständliche Frage außer Betracht bleibenden Weisungsgebundenheit keine Relevanz zukommt, hat der Gerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0063).
Zum Beschwerdevorbringen, für (Allein-)Gesellschafter-Geschäftsführer seien keine lohnsteuerlichen Begünstigungen, keine arbeitsrechtlichen Schutznormen, keine Abfertigungsansprüche und keine Vorrechte im Falle des Konkurses des Arbeitgebers vorgesehen, muss der Hinweis auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes genügen, wonach diese Merkmale zu jenen gehören, die zur Lösung der gegenständlichen Frage nichts beitragen (vgl. dazu in jüngster Zeit das hg. Erkenntnis vom , 2001/15/0063).
Die zum Bestehen eines Unternehmerwagnisses in der Beschwerde angeführten gesetzlichen Haftungsrisken im Zusammenhang mit einer schuldhaften Verletzung der Geschäftsführerpflichten (vor allem der §§ 9 und 80 BAO) begründen kein bedeutsames Unternehmerwagnis, da sie auch jenen Geschäftsführer treffen, der in einem "klassischen" Dienstverhältnis zur GmbH steht (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/13/0203).
Schließlich ändert auch der Umstand, dass der Geschäftsführer die beschwerdeführende GmbH nach den Bestimmungen des Umwandlungsgesetzes in ein Einzelunternehmen umwandeln könnte, nichts daran, dass die GmbH (solange sie nicht umgewandelt wurde) - ungeachtet des Beteiligungsausmaßes - eine von ihrem Geschäftsführer verschiedene juristische Person ist.
Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am