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VwGH vom 12.09.2001, 2001/13/0101

VwGH vom 12.09.2001, 2001/13/0101

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der A Gesellschaft m.b.H. in W, vertreten durch Dr. Veronika Cortolezis, Rechtsanwältin in Wien I, Neutorgasse 9/10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/202-06/03/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag sowie Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag strittig. Die Vorschreibung betraf die an den wesentlich (zu 100 %) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlten Geschäftsführervergütungen.

In den - gleich lautenden - Berufungsschriften vom betreffend die Abgabenvorschreibungen für den Zeitraum bis bzw. die Kalendermonate 1-12/96 brachte die Beschwerdeführerin vor, der Geschäftsführer sei auf Grund seiner Doppelfunktion - Alleingesellschafter einerseits und Geschäftsführer andererseits -

weisungsfrei. Er sei nicht verpflichtet, bestimmte Arbeitstage oder -zeiten einzuhalten. Für ihn werde keine Urlaubs- und Krankenkartei geführt. Er werde weder kontrolliert noch überwacht. Die Beschwerdeführerin habe zwar an den Geschäftsführer monatlich einen Betrag von 30.000 S ausbezahlt, der Geschäftsführer habe jedoch keinen arbeitsrechtlichen Anspruch darauf gehabt. Er habe sich vielmehr diesen Betrag als Alleingesellschafter auf Grund des Einkommens der Beschwerdeführerin monatlich überwiesen. Der Betrag sei nur 12 mal (und nicht 14 mal) jährlich ausbezahlt worden. Der Geschäftsführer habe keinen Anspruch auf Urlaub oder Abfertigung

Der Geschäftsführer trage selbst das Unternehmerrisiko der Beschwerdeführerin. Von seiner qualitativen und quantitativen Tätigkeit hingen die Einnahmen der Beschwerdeführerin und in weiterer Folge auch "seine Einkünfte als Alleingesellschafter" ab. Die Tätigkeit des Alleingesellschafter-Geschäftsführers könne insgesamt keinesfalls als "Dienstverhältnis" im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gewertet werden.

In einer Vorhaltsbeantwortung vom gab die Beschwerdeführerin an, dass der Geschäftsführer sowohl für die organisatorische als auch die finanzielle Leitung des Unternehmens alleinverantwortlich sei. Er erhalte einen gewinnabhängigen Bezug. Die monatlichen Auszahlungen seien ein "Gewinnvorab auf den Jahresgewinnanteil". Es bestehe kein Anspruch auf Sonderzahlungen. Der Geschäftsführer erhalte keine Diäten oder Kilometergelder ersetzt. Er sei an keinen fixen Arbeitsort gebunden. Die Pflichtversicherungsbeiträge nach dem GSVG würden vom Geschäftsführer selbst bezahlt.

Der Vorhaltsbeantwortung vom war (zur Frage des Finanzamtes über das Vorliegen eines Vertrages über die Tätigkeit des Gesellschafters bei der Beschwerdeführerin) ein Aktenvermerk vom über eine "Gewinnvereinbarung" beigeschlossen. Demnach sollte der "Gesellschaftergeschäftsführer" bis zu einem Jahresgewinn von 1 Mio S einen jährlichen Gewinnanteil von 240.000 S, bis zu einem Jahresgewinn von 2 Mio S einen jährlichen Gewinnanteil von 360.000 S, bis zu einem Jahresgewinn von 3 Mio S einen jährlichen Gewinnanteil von 480.000 S und über 3 Mio S einen solchen von 600.000 S erhalten. Der Gewinnanteil könne in monatlichen Gewinnvorauszahlungen ausbezahlt werden, wobei nach Feststellung des Jahresgewinnanteils ein allfälliger Ausgleich erfolge. Darüber hinaus dürfe der Geschäftsführer einen firmeneigenen Pkw auch privat nutzen. Der Geschäftsführer habe keinen Anspruch auf die Auszahlung des Gewinnanteils. Die Beschwerdeführerin dürfe vielmehr aus "liquiditäts- oder sonstigen Gründen die Ausbezahlung des Gewinnanteils oder eines Teiles davon verweigern".

Nach einer abweisenden Berufungsvorentscheidung wies die Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz darauf hin, dass der Geschäftsführer seine Einkünfte aus seiner Geschäftsführungstätigkeit als Einkünfte aus einer vermögensverwaltenden Tätigkeit nach § 22 Z. 2 Teilstrich 1 EStG 1988 (und nicht als solche nach Teilstrich 2 dieser Bestimmung) erklärt habe. Die Abgabenbehörde erster Instanz verkenne, dass die Tätigkeit des Geschäftsführers für die Beschwerdeführerin "völlig gewinnabhängig ist, und zwar unabhängig von seiner Stellung als Gesellschafter". Je höher der Jahresgewinn, desto höher sei auch die jährliche "Gewinnbeteiligung" des Geschäftsführers. Der Geschäftsführer schulde "daher sehr wohl einen Arbeitserfolg". Die monatlichen Zahlungen an den Geschäftsführer seien lediglich fakultative "Gewinnvorauszahlungen", die am Ende eines jeden Geschäftsjahres mit dem tatsächlichen Gewinn der Beschwerdeführerin verrechnet würden. Auch daraus sei ersichtlich, dass der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin nicht nur seine Arbeit schlechthin schulde, sondern sehr wohl den Erfolg seiner Arbeit. Von der Tätigkeit des Geschäftsführers hänge der Ertrag der Beschwerdeführerin und "unmittelbar damit zusammenhängend die Höhe der Abgeltung seiner Tätigkeit ab". Gerade die Abgeltung der Tätigkeit des Geschäftsführers sei durch ihren gewinnabhängigen Charakter typisches Merkmal einer selbständigen Tätigkeit.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Dabei vertrat die belangte Behörde im Ergebnis die Auffassung, die Beschäftigung des Geschäftsführers weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Alleingesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses auf. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinn der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag abzuführen. Zur Frage der "Auszahlung der Vergütungen" vertrat die belangte Behörde die Auffassung, dass auch aus dem vorgelegten Aktenvermerk über die "Gewinnverteilung" nicht abzuleiten sei, dass "kein Entlohnungsanspruch, sondern nur eine leistungsorientierte Gewinnbeteiligung bestehe". Nach dieser Vereinbarung sei bis zu einem Jahresgewinn von 1 Mio S eine Vergütung von 240.000 S vereinbart, sodass der Geschäftsführer jedenfalls Anspruch auf eine Vergütung von mindestens 240.000 S habe. Dieser Anspruch bestehe unabhängig vom tatsächlichen Arbeitseinsatz und der Arbeitsleistung, weil eine (weitere) Korrektur nach unten nicht vorgesehen sei. Den Ausführungen der Beschwerdeführungen sei auch nicht zu entnehmen, dass für Zeiten der Nichtleistung (Krankheit, Urlaub, sonstige Verhinderungen) die Höhe der Vergütungen in irgendeiner Weise beeinflusst würde. Dass bei höheren Gewinnen höhere Vergütungen zustünden, ändere an der Beurteilung nichts, weil auch im Rahmen von Dienstverhältnissen stark leistungs- bzw. gewinnorientierte Entlohnungsformen durchaus üblich seien. Auch aus dem Umstand, dass die monatlichen Auszahlungsbeträge gegen den Gewinnanteil aufgerechnet würden, könne die Beschwerdeführerin nichts für sich gewinnen. Sie übersehe dabei, dass dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Gewinnanteil in seiner Eigenschaft als Gesellschafter und Geschäftsführervergütungen in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer zuzurechnen seien. Ein gegen Einkünfte im Sinn des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sprechendes Unternehmerwagnis sei nur dann gegeben, wenn es sich auf die Eigenschaft als Geschäftsführer beziehe. Ein solches aus der Stellung als Geschäftsführer resultierendes Risiko sei weder dem Akteninhalt zu entnehmen, noch aus der Argumentation der Beschwerdeführerin ableitbar. Dass die Beschwerdeführerin angeblich jederzeit die Möglichkeit gehabt hätte, die Auszahlung des "Gewinnanteils" oder eines Teiles davon aus Gründen der Liquidität oder aus "sonstigen Gründen" zu verweigern, entspreche im Übrigen keinem Fremdvergleich und sei nur mit der Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers als gleichzeitiger Alleingesellschafter erklärbar.

Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/0, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00, entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfasssungsgerichtshof wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes der Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Die für die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin wesentliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung ist im Beschwerdefall unbestritten. Dass dem Geschäftsführer das Risiko der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben getroffen hätte, wird auch durch die Beschwerdeausführungen, der Geschäftsführer habe seine "Spesen" selbst zu tragen, nicht konkret dargestellt (die belangte Behörde weist in der Gegenschrift im Übrigen darauf hin, dass der Geschäftsführer in der Einkommensteuererklärung keine Spesen als Betriebsausgaben geltend gemacht habe). In der Tragung der auf den Geschäftsführerbezügen lastenden Sozialversicherungsbeiträge ist kein relevantes Unternehmerrisiko zu sehen (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/15/0188, und vom , 2000/13/0075).

Um dem gerade bei wesentlich beteiligten Gesellschaftern wegen des häufig vorzufindenden Umstandes des Selbstkontrahierens notwendigen Objektivierungserfordernis Rechnung zu tragen, ist der nach außen in Erscheinung tretenden tatsächlichen Abwicklung der Leistungsbeziehung die wesentliche Bedeutung zuzumessen. Die Entlohnung des Geschäftsführers trat im Beschwerdefall in Form einer monatlich (12 mal jährlich) bezahlten Vergütung von 30.000 S zu Tage. Damit war ein kontinuierlich ausbezahlter Bezug gegeben, der ein in der Geschäftsführungstätigkeit gelegenes Unternehmerwagnis nicht erkennen ließ. Zur Beurteilung des in der Tätigkeit eines Geschäftsführers gelegenen Unternehmerrisikos hat bereits die belangte Behörde zutreffend auf die notwendige Trennung der Gesellschafter- und Geschäftsführersphäre aufmerksam gemacht. Folgen einer schlechten Geschäftsführung (und damit auch allfällig verbundene Liquiditätsschwierigkeiten der Gesellschaft) treten auch unabhängig davon ein, ob der Geschäftsführer an der Gesellschaft beteiligt ist oder nicht (vgl. z.B. das bereits zitierte Erkenntnis vom , 2001/14/0054, mwN). Da es auf die tatsächlich realisierte Art der Vergütung der Geschäftsführungstätigkeit des wesentlich beteiligten Gesellschafters (im vorliegenden Fall des Alleingesellschafters) ankommt, ist der im Rahmen des Berufungsverfahrens vorgelegte Aktenvermerk über eine "Gewinnvereinbarung" (die mit ihren "jährlichen Gewinnanteilen" ohnedies auch auf einen - nach der Gewinnhöhe gestaffelten - Fixbezug hindeutet) nicht von entscheidender Bedeutung. Wenn in der Beschwerde "zusammenfassend" vorgebracht wird, es bestehe keine zeitliche oder örtliche Anwesenheitspflicht, kein Anspruch auf Abfertigung oder Sonderzahlungen, keine Urlaubsregelung und kein Anspruch auf Krankengeld sowie eine gewisse Vertretungsmöglichkeit, ist unter Verweis auf die bereits oben zitierte Judikatur (vgl. dazu beispielsweise auch die Erkenntnisse vom , 2000/15/0089, vom , 2001/13/0090, und vom , 2001/13/0150) festzuhalten, dass diese Merkmale nicht bedeuten, dass das Vertragsverhältnis zwischen der Beschwerdeführerin und dem Geschäftsführer nicht als ein "Dienstverhältnis im Sinne des § 22 Z. 2 zweiter Teilstrich des EStG betrachtet" werden könnte. Ob laut Beschwerde im Rahmen einer Kommunalsteuerprüfung (im Übrigen für den hier nicht streitgegenständlichen Zeitraum 1/97 bis 12/98) die Kommunalsteuerpflicht der Geschäftsführerbezüge als nicht gegeben angenommen worden sei, ist schließlich schon wegen fehlender Bindungswirkung ohne Relevanz.

Die Beschwerde zeigt damit insgesamt keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am