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VwGH vom 17.10.2001, 2001/13/0098

VwGH vom 17.10.2001, 2001/13/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der F GmbH & Co KG in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in Wien I, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/110-06/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen sowie Säumniszuschlag für den Zeitraum 1994 bis 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin der F. GmbH im Instanzenzug für die Jahre 1994 bis 1996 Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) vorgeschrieben. Begründend wird unter anderem ausgeführt, im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Rechtsvorgängerin der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass der an den mit 50 % an der Gesellschaft beteiligten Geschäftsführer Erich B. ausbezahlte Bezug von S 645.840,-- im Jahre 1994, S 800.000 im Jahr 1995 und S 411.400,-- im Jahr 1996 nicht dem Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unterzogen worden sei, obgleich "die Bezüge laut Konto (z.B. 1996

68.900,--, 68.500,-- und dann dieser Betrag zu den Datumsangaben , und gleichbleibend gebucht wurde) auf eine regelmäßige und laufende Auszahlung zu schließen war". Somit habe sich der Jahresbetrag für 1996 in Höhe von "S 411.000,--" (richtig wohl S 411.400,--) ergeben, der im Jahr 1995 bezogene Jahresbetrag setze sich aus Bezügen in Höhe von 12 mal S 55.575,-- und einer Einmalzahlung in Höhe von S 130.910,--

und der "im Jahr 1994 Bezug aus 12 mal 53.820,--" zusammen.

In der Folge wird im Ergebnis die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet seiner Beteiligung an der Gesellschaft mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Ein Unternehmerwagnis liege nicht, eine organisatorische Eingliederung in den Betrieb aber wegen der auf Dauer seines Gesellschaftsverhältnisses erfolgten Bestellung zum Geschäftsführer schon vor. Der Geschäftsführer Erich B. erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag abzuführen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung des Geschäftsführers Erich B. "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.

Den am vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00 entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom , 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen hat, können deutliche erfolgsbedingte Schwankungen des Geschäftsführerhonorares ein Unternehmerrisiko in der Geschäftsführungstätigkeit begründen, das bei der nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gebotenen Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse den Ausschlag gegen ein Dienstverhältnis bewirkt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0255, und vom , 2000/14/0061). Die Begründung eines Berufungsbescheides hat sich mit dem Berufungsvorbringen in der erforderlichen Weise auseinander zu setzen und vor allem den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt festzustellen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0200).

In der Berufung war in Verweisung auf eine Vorhaltsbeantwortung vom unter anderem geltend gemacht worden, laut § 7 des Gesellschaftsvertrages sei nur für den Fall eines positiven Betriebsergebnisses eine Vergütung der Geschäftsführungstätigkeit vorgesehen. Sonderzahlungen seien nicht vorgesehen. In den Jahren 1989 und 1990 sei tatsächlich mangels Gewinnes keine Auszahlung einer Geschäftsführungsvergütung erfolgt. Die Auszahlung der Vergütung sei erfolgsabhängig. Eine fixe Arbeitszeit sei nicht einzuhalten, Auslagenersätze würden nicht gewährt. Eine Vertretungsmöglichkeit sei gegeben. In den Jahren 1993 und 1994 hätten die anfallenden Arbeiten die frei verfügbaren Kapazitäten des Geschäftsführers überstiegen und es sei eine Vertretung bzw mitwirkende Tätigkeit "laut beiliegender Rechnungskopie" (darin wurde der F. GmbH von einer anderen GmbH ein Pauschale von je S 500.000,-- pro Jahr in Rechnung gestellt) erfolgt. Erich B habe weitere Bezugsquellen, er sei bei einem näher bezeichneten Finanzamt erfasst. Da Erich B. nur unter anderem für die F. GmbH tätig sei, sei er nicht in die Betriebs- und Unternehmensorganisation eingegliedert.

In einer weiteren Vorhaltsbeantwortung wurde abermals betont, dass der Geschäftsführer für seine Geschäftsführungstätigkeit einen "Vorabgewinn in der Höhe von S 500.000,-- jährlich, soferne gedeckt, erhalte. Den Vorabgewinn übersteigende Gewinne werden so wie allfällige Verluste von den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Beteiligung übernommen". Im Nachhinein betrachtet, so in der Vorhaltsbeantwortung weiter, "wäre es wahrscheinlich richtiger, diesen Vorabgewinn auch in der Bilanz nicht als Geschäftsführerbezüge, sondern als Vorabgewinn zu behandeln, da die Ausschüttung ohnedies nur bei ausreichender Deckung erfolgen dürfe und im Fall allfälliger Verluste rückverrechnet wird".

Eine ausreichende Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen im Berufungsverfahren, welches sich auch dahin verstehen ließe, dass die dem Gesellschafter-Geschäftsführer zugeflossenen Beträge vorschussweise gewährte - somit der Gesellschaftereigenschaft zuzurechnende - Gewinnausschüttungen darstellen (auch in diesem Fall bestünde mangels Entlohnung für die Geschäftsführungstätigkeit keine Verpflichtung zur Leistung eines Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen), erfolgte im angefochtenen Bescheid nicht. Die belangte Behörde meinte insbesondere zur Frage des Unternehmerrisikos, gestützt auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, lediglich, dass auch das allgemein behauptete Risiko einer "Bezugskürzung bei einer Verlustsituation" ebenso wenig ein unternehmerspezifisches Risiko bilde wie eine "Kürzung der Bezüge bei einer negativen allgemeinen Wirtschaftsentwicklung". Auch die "Bezahlung eines zu geringen Lohnes" führe grundsätzlich nicht zur Nichtanerkennung des Dienstverhältnisses. Von einer erfolgsabhängigen Entlohnung könne auch deswegen nicht ausgegangen werden, da es in erster Linie Sache der Gesellschafter sei, "eine in ihrer Existenz gefährdeten Kapitalgesellschaft den Fortbestand der Gesellschaft zu sichern", und die Sicherung der Geschäftsführerbezüge erst eine weitere aus dieser Maßnahme resultierende Folge sei. Inwiefern aber ein allenfalls völliges Unterbleiben der Auszahlung eines Geschäftsführerbezuges einer "Bezugskürzung bei einer Verlustsituation" oder einer "Bezahlung eines zu geringen Lohnes" gleichgehalten werden kann, oder inwiefern es sich bei der Beschwerdeführerin um eine "in ihrer Existenz gefährdete Gesellschaft" handelte, zeigt die belangte Behörde in keiner Weise auf.

Allgemein gehaltene Rechtsausführungen und Hinweise auf verwaltungsgerichtliche Erkenntnisse allein, welche mit dem zu beurteilenden Sachverhalt keine Gemeinsamkeit haben, können aber eine ausreichende, auf den konkreten Fall bezogene Auseinandersetzung mit dem Vorbringen im Berufungsverfahren nicht ersetzen.

Soweit die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zur Beschwerde darauf hinweist, dass die von der Beschwerdeführerin verwendeten Termini wie "Vorabgewinn" und "Mitunternehmer" dem Recht der GmbH und dem hiezu geltenden Steuerrecht fremd seien, kommt dem zwar gewisse Bedeutung zu. Dennoch kann damit nicht aufgezeigt werden, dass der angefochtene Bescheid ausreichend begründet ist. Es wäre unter den gegebenen Umständen vielmehr die Aufgabe der belangten Behörde gewesen, unter Mitwirkung der Beschwerdeführerin in Erfahrung zu bringen, wie die Verwendung dieser Ausdrücke im Zusammenhang mit einer GmbH sinnvoll zu verstehen sei, oder bei mangelhafter Mitwirkung der Beschwerdeführerin die daraus unter Wahrung des Parteiengehörs gezogenen Konsequenzen bei der Sachverhaltsannahme aufzuzeigen.

Der angefochtene Bescheid war somit, weil die belangte Behörde durch die Unzulänglichkeit der Gestaltung der Bescheidbegründung Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Beachtung die Erlassung eines anderen Bescheides nicht ausgeschlossen werden kann, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am