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VwGH vom 25.05.1992, 92/18/0045

VwGH vom 25.05.1992, 92/18/0045

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Stoll und Dr. Sauberer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Wildmann, über die Beschwerde des Dr. H in W, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl. MA 63 - Sch 27/91/Str, betreffend Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer wegen der Verwaltungsübertretungen nach

1. § 18 Abs. 1 zweiter Fall ArbIG 1974 in Verbindung mit § 5 Abs. 2 leg. cit. und § 26 Abs. 1 KJBG, 2. § 9 Arbeitszeitgesetz und 3. § 11 Abs. 1 leg. cit. bestraft, weil er es als Vorstandsmitglied und somit als zur Vertretung nach außen Berufener gemäß § 9 Abs. 1 VStG der als Arbeitgeberin fungierenden X-AG mit dem Sitz in W zu verantworten habe, daß

1. die Erfüllung der Aufgaben der Arbeitsinspektoren dadurch vereitelt worden sei, daß trotz Aufforderung vom , dem Arbeitsinspektorat bis spätestens Arbeitszeitaufzeichnungen für alle im Betrieb in W1 im Zeitraum vom bis beschäftigten Arbeitnehmer vorzulegen, für einen namentlich bezeichneten Lehrling bis keine Aufzeichnungen vorgelegt worden seien, 2. die wöchentliche Arbeitszeit einer im Betrieb in W1 beschäftigten, namentlich bezeichneten Arbeitnehmerin von 40 Stunden in der Woche vom bis um mehr als zehn Stunden, nämlich um 17 Stunden, überschritten worden sei und 3. die Arbeitszeit der zu 2. angeführten Arbeitnehmerin am nicht durch eine Ruhepause von mindestens einer halben Stunde unterbrochen worden sei, obwohl die Gesamtdauer der Arbeitszeit mehr als sechs Stunden betragen habe.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:

Soweit sich der Beschwerdeführer auf die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragen beruft, ist er auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 12375/A) zu verweisen. Daß - wie nach dieser Rechtsprechung für das Wirksamwerden der Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten erforderlich - ein aus der Zeit vor der Begehung der dem Beschwerdeführer angelasteten Übertretungen stammender Zustimmungsnachweis des angeblichen verantwortlichen Beauftragten spätestens während des Verwaltungsstrafverfahrens bei der Behörde eingelangt wäre, wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Schon aus diesem Grunde geht sein die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten betreffendes Beschwerdevorbringen ins Leere.

Der Beschwerdeführer ist auch nicht im Recht, wenn er der belangten Behörde vorwirft, rechtsirrtümlich angenommen zu haben, daß ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG nicht gelungen sei. Er habe unter Beweis gestellt, daß die Arbeitseinteilung durch den Filialleiter zu geschehen habe und ebenso die alltägliche Aufschreibung der Arbeitszeit, daß Vollständigkeit, Richtigkeit und Gesetzmäßigkeit der Arbeitseinteilung und Arbeitsaufschreibungen des Filialleiters vom Bezirksinspektor in regelmäßigen, relativ kurzen Intervallen überprüft und dem Filialdirektor für den Fall des Nichtfunktionierens berichtet würden und daß auch der Filialabteilungsdirektor sowohl die Filialleiter wie die Bezirksinspektoren kontrolliere und außerdem er - der Beschwerdeführer - selbst notwendigerweise mit Rücksicht auf die Größe der Aufgabe in längeren Intervallen die Einhaltung aller Verwaltungsvorschriften und natürlich auch der Arbeitszeitvorschriften stichprobenweise überprüfe. Der Anspruch der belangten Behörde an seine Sorgfaltspflicht dahin, daß er hätte beschreiben sollen, welche Maßnahmen der Bezirksinspektor oder der Filialabteilungsdirektor ergreife, wenn es zu Verstößen gegen Verwaltungsvorschriften wie die Arbeitszeitschutzvorschriften komme, sei weit überzogen und auch nicht erkennbar notwendig, weil sich natürlich aus einer Nichteinhaltung von Dienstanweisungen angestelltenrechtliche Konsequenzen ergäben, die auch für den Fall des Vorkommens von Übertretungen, insbesondere wiederholten Übertretungen, zur Anwendung kämen. Es spreche kein Umstand des Beweisverfahrens dafür, daß etwa nur zum Schein ein Kontrollsystem errichtet sei, aber nichts geschehe, wenn festgestellt werde, daß Verstöße gegen Verwaltungsvorschriften geschähen, und habe solches auch die belangte Behörde oder die Unterbehörde nicht festgestellt. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Verwaltungsgerichtshof in ähnlich gelagerten Fällen die bloße Dartuung der Einrichtung eines Kontrollsystems, dessen wesentliche Merkmale in der hierarchischen Gliederung der Verantwortungsträger und der Kontrolle jedes in diese Hierarchie Eingebundenen durch den jeweils Übergeordneten bestehen, zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Arbeitgebers nicht als ausreichend erachtet hat. Damit habe der Arbeitgeber nämlich nur das Existieren eines Kontrollsystems in generell-abstrakter Form glaubhaft gemacht, nicht hingegen auf der Grundlage entsprechenden Tatsachenvorbringens dargelegt, wie dieses Kontrollsystem konkret, insbesondere in der jeweiligen Filiale, funktionieren sollte. Hiezu wäre es erforderlich gewesen aufzuzeigen, welche Maßnahmen im einzelnen der dem betreffenden Filialleiter unmittelbar Übergeordnete im Rahmen des Kontrollsystems zu ergreifen verpflichtet sei, um durchzusetzen, daß jener das gesetzlich zulässige Ausmaß der Arbeitszeit nicht überschreite, und welche Maßnahmen der an der Spitze der Unternehmenshierarchie stehende Anordnungsbefugte vorgesehen habe, um das Funktionieren des Kontrollsystems insgesamt zu gewährleisten, d.h. sicherzustellen, daß die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung arbeitszeitrechtlicher Vorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt also an die unterste Hierarchie-Ebene, nämlich die einzelnen Filialen, gelangten und dort auch tatsächlich befolgt würden (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0095). Auf dem Boden dieser Rechtsprechung, von der abzuweichen sich der Verwaltungsgerichtshof nicht veranlaßt sieht, ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde im Beschwerdefall die die Eignung des skizzierten Vorbringens zur Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens des Beschwerdeführers im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG verneint hat.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war die belangte Behörde - schon aufgrund der VON IHM erhobenen Berufung gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis - berechtigt, den Spruch dieses Straferkenntnisses auch dahin zu modifizieren, daß als Tatort nicht die Filiale in W1 sondern der Sitz des Unternehmens in W2 aufscheint, zumal es bei Verwaltungsübertretungen der im Beschwerdefall vorliegenden Art zur Umschreibung der von einer tauglichen Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG erfaßten bestimmten Tat nicht der Angabe des Tatortes (Sitz des in Filialen gegliederten Unternehmens) bedarf (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/19/0289). Bei dieser Sachlage kann keine Rede davon sein, daß dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid ein "neues, anderes Delikt" angelastet worden sei. Daß die belangte Behörde nicht - wie vom Beschwerdeführer moniert - die vom Arbeitsinspektorat (mit der Begründung, daß das erstinstanzliche Straferkenntnis nicht vom

Magistratischen Bezirksamt für den 4./5. Bezirk, sondern vom

Magistratischen Bezirksamt für den 10. Bezirk zu erlassen gewesen wäre) gegen das erstinstanzliche Straferkenntnis erhobene Berufung zurückgewiesen hat, vermag den Beschwerdeführer in keinem Recht zu verletzen.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.