VwGH vom 17.10.2001, 2001/13/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der M Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Arnold Rechtsanwalts-Kommandit-Partnerschaft in Wien I, Wipplingerstraße 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/73-06/03/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum bis sowie Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und von Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag (sowie damit in Zusammenhang stehende Säumniszuschläge) strittig. Die Vorschreibung betraf die in den Jahren 1994 und 1995 an den wesentlich (zu 95 %) beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer August S. bezahlten Geschäftsführervergütungen.
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, anlässlich einer Lohnsteuerprüfung sei festgestellt worden, dass von den Geschäftsführerbezügen weder der Dienstgeberbeitrag noch der Zuschlag hiezu einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden seien. Ein gegen Einkünfte iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 sprechendes Unternehmerwagnis sei nur dann gegeben, wenn der Leistungserbringer die Möglichkeit habe, im Rahmen seiner Tätigkeit sowohl die Einnahmen- als auch die Ausgabenseite maßgeblich zu beeinflussen und solcherart den finanziellen Erfolg seiner Tätigkeit weitgehend selbst gestalten könne. Eine solche konkrete Behauptung sei im Berufungsverfahren nicht aufgestellt worden. Es sei die Auszahlung der Geschäftsführerbezüge in monatlichen Teilbeträgen nicht bestritten worden, sodass von einer laufenden Gehaltsauszahlung auszugehen gewesen sei. Die freie Zeitdisposition, das Fehlen der persönlichen Abhängigkeit und eine Unterwerfung unter betriebliche Ordnungsvorschriften, Kontrolle und disziplinäre Verantwortlichkeit stünden im Zusammenhang mit der auf Grund der gesellschaftsrechtlichen Beziehung fehlenden Weisungsgebundenheit und seien daher nicht von entscheidender Bedeutung. Die Ausführungen über das Tätigkeitsfeld des Geschäftsführers ließen die Eingliederung in den betrieblichen Organismus der Beschwerdeführerin ausreichend erkennen. Insgesamt gelangte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zur Ansicht, die Beschäftigung des Geschäftsführers weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Mehrheitsgesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Gesellschafter-Geschäftsführer erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er iSd Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahr 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.
Die Beschwerdeführerin erhob gegen den angefochtenen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher ihre Behandlung jedoch mit Beschluss vom , B 1926/99 u.a. ablehnte und sie über nachträglichen Antrag dem Verwaltungsgerichtshof abtrat.
Den am vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00 entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Erkenntnis vom , G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Arbeits- Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom , 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer21, § 19 Anm. 72f). Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0054).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl abermals das oben zitierte Erkenntnis vom ).
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte. Der Umstand, dass die Beschwerdeführerin ihren Sitz in Wien hat, der Betätigungsort des auch ein Einzelunternehmen betreibenden Geschäftsführers August S. aber rund 250 km entfernt sei, steht unter den gegebenen Umständen einer nicht bestrittenen, laufenden Erfüllung der Geschäftsführungsaufgaben nicht entgegen. Ein einnahmenseitiges Unternehmerrisiko ist bei den regelmäßigen Geschäftsführerbezügen von S 40.000,-- monatlich nicht zu erkennen. Aber auch ein Risiko ins Gewicht fallender Schwankungen auf der Ausgabenseite wurde von der Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar dargetan.
Da sich die Beschwerde daher als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am