VwGH vom 14.12.2000, 95/15/0143
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Meinl und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der K GmbH in W, vertreten durch Cerha, Hempel & Spiegelfeld, Partnerschaft von Rechtsanwälten in Wien I, Parkring 2, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom (Berufungssenat IX) vom , Zl. 6-94/5046/03, betreffend Gewerbesteuer für die Jahre 1988 und 1989,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie das Jahr 1989 betrifft, zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Im Übrigen, betreffend das Jahr 1988, wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 13.010 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, dass es sich bei der Beschwerdeführerin um eine Vermögensverwaltungsgesellschaft im Sinne des § 8 Z. 1 GewStG handelt. Die Beschwerdeführerin ist ein Konzernunternehmen innerhalb einer internationalen Unternehmensgruppe. Ihre Anteile stehen zu 100 % im Eigentum einer inländischen GmbH (im Folgenden: Muttergesellschaft), an der wiederum zwei im Ausland ansässige Gesellschaften zu 90 (im Folgenden: Gesellschaft A) bzw. 10 % (im Folgenden: Gesellschaft B) beteiligt sind. Gesellschaft B bildet die Konzernspitze. Sie ist mit 100 % an der Gesellschaft A beteiligt. An die inländische Betriebsstätte einer ausländischen Tochtergesellschaft der Gesellschaft A vermietet die Beschwerdeführerin in ihrem Eigentum stehende Liegenschaften.
Über die Frage, ob dieser Umstand den Ausschlusstatbestand des § 8 Z. 1 sechster Satz GewStG von der Berechtigung zur Geltendmachung der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrages im Sinne des § 8 Z. 1 zweiter Satz GewStG verwirklicht, geht der zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bestehende Streit.
Die belangte Behörde bejahte diese Frage im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen mit dem Hinweis, dass die Gesellschaft B (Konzernspitze) an der Beschwerdeführerin aufgrund der Beteiligungsverhältnisse mittelbar wesentlich beteiligt sei.
Für das Jahr 1989 erklärte die Beschwerdeführerin aus ihrer Tätigkeit einen Verlust von 326.868 S, wobei sie in der Gewerbesteuererklärung für dieses Jahr auch keine "erweiterte Kürzung für Vermögensverwaltungsgesellschaften gemäß § 8 Z. 1 GewStG" in Anspruch nahm. Die beantragte Kürzung nach § 8 Z. 1 erster Satz GewStG in Höhe von 3 % des Einheitswertes des Grundbesitzes wurde bei der Veranlagung mit einem Betrag von 136.290 S erklärungsgemäß zuerkannt.
In der Beschwerde erachtet sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf "antragsgemäße erweiterte Kürzung des Gewinnes um den Teil des Gewerbeertrages, der auf den Grundbesitz entfällt gemäß § 8 Z. 1 2. Satz Gewerbesteuergesetz" verletzt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zurückweisung der Beschwerde (Gewerbesteuer 1989):
Für das Jahr 1989 fehlt es der Beschwerdeführerin an einer Beschwer, weil für dieses Jahr die Gewerbesteuerveranlagung ohnedies erklärungsgemäß erfolgte (auch keine erweiterte Kürzung nach § 8 Z. 1 zweiter Satz GewStG beantragt wurde). Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen
2. Zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides (Gewerbesteuer 1988):
Gemäß § 8 Z. 1 erster Satz GewStG wird die Summe des Gewinnes und der Hinzurechnungen um 3 v.H. des Einheitswertes des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Nach dem zweiten Satz dieser Gesetzesstelle erfolgt bei Vermögensverwaltungsgesellschaften an Stelle der Kürzung nach dem ersten Satz auf Antrag die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrages, der auf den Grundbesitz entfällt. Gemäß § 8 Z. 1 sechster Satz GewStG darf die Kürzung gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung nicht vorgenommen werden, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder einem Unternehmen dient, an dem die Vermögensverwaltungsgesellschaft oder ein Gesellschafter unmittelbar oder mittelbar (zum Beispiel durch Treuhänder oder durch eine Kapitalgesellschaft) wesentlich beteiligt ist.
Mit der Frage der Auslegung der Ausschlussbestimmung des § 8 Z. 1 sechster Satz GewStG hat sich der Verwaltungsgerichtshof in ähnlich gelagerten Fällen aus Anlass der Erkenntnisse vom , 94/14/0128, und vom , 95/13/0179, bereits befasst und die von der Behörde vorgenommene teleologische Auslegung in Richtung einer Erfassung wirtschaftlicher Naheverhältnisse zwischen Vermögensverwaltungsgesellschaft und mietendem Unternehmer schlechthin mit der Begründung als unzulässig angesehen, dass mit einer solchen Gesetzesauslegung die Grenze des äußersten Wortsinnes der gesetzlichen Beschränkung erweiterter Kürzungen im § 8 Z. 1 sechster Satz GewStG überschritten würde.
Vor dem Hintergrund der in den genannten Erkenntnissen dargelegten Erwägungen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird, konnte auch im Beschwerdefall die Kürzungsbestimmung des § 8 Z. 1 zweiter Satz GewStG nicht nach dem sechsten Satz dieser Gesetzesstelle - wie die belangte Behörde in der Gegenschrift einleitend anmerkt - unter Anwendung "einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise bzw. durch die teleologische Interpretation gestrichen werden".
Dafür, dass jemand als Gesellschafter der Vermögensverwaltungsgesellschaft nach § 8 Z. 1 sechster Satz GewStG anzusehen ist, der nur mittelbar an der Vermögensverwaltungsgesellschaft beteiligt ist, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt (vgl. nochmals die oben zitierten Erkenntnisse). Die Gesellschaft B (Konzernspitze) war somit nicht Gesellschafterin der Beschwerdeführerin im Sinne der zitierten Ausschlussbestimmung, sodass es der Zuerkennung der in Rede stehenden Kürzungsregelung nicht schadete, wenn die Gesellschaft B auch (über die Tochtergesellschaft A) an dem Unternehmen mittelbar beteiligt war, dem der von der Beschwerdeführerin vermietete Grundbesitz diente. Der gesetzlich normierte Ausschlusstatbestand hat eine Beteiligung der Vermögensverwaltungsgesellschaft (oder ihres Gesellschafters) am nutzenden Unternehmen, nicht aber etwa umgekehrt eine Beteiligung des Trägers des nutzenden Unternehmens an der Vermögensverwaltungsgesellschaft zur Voraussetzung.
Der angefochtene Bescheid war somit, soweit er über die Gewerbesteuer für das Jahr 1988 abspricht, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes nach § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994. Stempelgebühren waren lediglich für die Beschwerde und die zur Rechtsverfolgung notwendigen Beilagen (damit dem nach § 28 Abs. 5 VwGG nur in einfacher Ausfertigung vorzulegenden angefochtenen Bescheid) in Höhe von insgesamt 510 S zuzusprechen.
Wien, am