VwGH vom 18.12.1990, 89/08/0244
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Liska und die Hofräte Dr. Knell, Dr. Müller, Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Kommissär Dr. Schnizer-Blaschka, über die Beschwerde der B Gesellschaft m.b.H. & Co KG gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. 5-226 Be 110/4-89, betreffend Beitragsnachverrechnung (mitbeteiligte Partei: Steiermärkische Gebietskrankenkasse in Graz, Josef Pongratz-Platz 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 2.760,-- und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von S 10.110,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom sprach die mitbeteiligte Steiermärkische Gebietskrankenkasse aus, die Beschwerdeführerin sei verpflichtet, die mit der Beitragsnachverrechnung vom in der Höhe von S 16.367,13 vorgeschriebenen Beiträge an die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse zu entrichten; die Beitragsnachverrechnung vom bilde einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides. In der Bescheidbegründung wird ausgeführt, es sei anläßlich einer durchgeführten Beitragsprüfung festgestellt worden, daß für die in der genannten Beitragsnachverrechnung angeführten (10) Personen die jeweiligen Lehrlingsentschädigungen in den Kalendermonaten Jänner und Februar der Jahre 1986, 1987 und 1988 nicht in voller Höhe ausgezahlt worden seien. Deshalb habe die Beschwerdeführerin der bezüglichen Beitragsbemessung nicht die volle, sondern nur eine auf Grund einer verminderten Arbeitszeit herabgesetzte Lehrlingsentschädigung zugrunde gelegt; dies mit der Begründung, daß die betroffenen Lehrlinge der verkürzten Arbeitszeit zugestimmt hätten, diesbezüglich das Einvernehmen mit dem Betriebsrat hergestellt worden sei und auf Grund eines Beschlusses der gemäß § 10 Abs. 4 (richtig: Z. 4) des Kollektivvertrages für Bauindustrie und Baugewerbe (im folgenden: des Kollektivvertrages) zuständigen paritätischen Kommission eine Herabsetzung der Arbeitszeit der betreffenden Lehrlinge auf 30 Wochenstunden zulässig sei. Eine derartige Verkürzung der Arbeitszeit der Lehrlinge sei jedoch nach der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 4 Ob 39/83 (ArbSlg. 10.244 = ZAS 1983, 227, mit einem Kommentar von Andexlinger-Filzmoser), rechtsunwirksam. Daher seien trotz der Einwände der Beschwerdeführerin die Ansprüche der betroffenen Lehrlinge auf die volle Lehrlingsentschädigung für die Zeit des Arbeitsausfalles gemäß § 1155 ABGB aufrecht geblieben; das Unterbleiben der Arbeitsleistung sei ja durch Umstände, die auf Seite der Beschwerdeführerin lägen, verhindert worden. Demgemäß hätten (ausgehend von den gebührenden Lehrlingsentschädigungen) die im Spruch genannten Beiträge nachverrechnet werden müssen.
In dem dagegen erhobenen Einspruch wandte die Beschwerdeführerin ein, es gehe im vorliegenden Fall nicht um die Gültigkeit oder Ungültigkeit von "Lehrvertragsvereinbarungen oder Kollektivvertragsbestimmungen", sondern ausschließlich um den Entgeltanspruch nach § 49 Abs. 1 ASVG. Es frage sich, worauf die Lehrlinge einen Entgeltanspruch für Nichtarbeitsleistung stützten. Unbestritten sei ja, daß die verkürzte Arbeitsleistung nicht einseitig verfügt, sondern mit den betroffenen Lehrlingen vereinbart worden sei. § 1155 ABGB, auf den nach Auffassung der mitbeteiligten Partei der Entgeltanspruch zu stützen sei, sehe vor, daß auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen seien, dem Dienstnehmer das Entgelt gebühre, wenn er zur Leistung bereit, und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers lägen, daran verhindert worden sei. Die Bescheidbegründung lasse jegliche Feststellung vermissen, ob und in welcher Weise diese Tatbestandsmerkmale für den Entgeltfortzahlunganspruch der Lehrlinge verwirklicht worden seien. Die einzige diesbezügliche Feststellung, das Unterbleiben der Arbeitsleistung sei auf Umstände zurückzuführen, die auf Arbeitgeberseite lägen, gehe über eine bloße Behauptung nicht hinaus. Insbesondere werde übersehen, daß es nicht "Arbeitgeberumstände waren, sondern eine Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer, die zur reduzierten Arbeitsleistung geführt hat". Mit dem ersten notwendigen Tatbestandsmerkmal, nämlich der Arbeitsbereitschaft der Lehrlinge, setze sich die mitbeteiligte Partei überhaupt nicht auseinander. Es sei aber unbestritten, daß die Lehrlinge in den maßgeblichen Zeiträumen nur zur vereinbarten reduzierten Arbeitsleistung bereit gewesen seien. Die Annahme des gegenteiligen Falles wäre nämlich geradezu absurd: Wie solle sich jemand, der eine Vereinbarung schließe und sich daran halten wolle, sozusagen für außerhalb seiner Verpflichtung liegende Arbeitsleistungen bereithalten? Zusammenfassend sei daher zu sagen, daß die reduzierte Arbeitsleistung nicht durch Umstände begründet gewesen sei, die auf Arbeitgeberseite gelegen seien, und in keinem Fall eine Leistungsbereitschaft der betroffenen Lehrlinge für weitere Arbeitsleistungen vorgelegen sei. Daher bestehe zumindest nach der Bestimmung des § 1155 ABGB kein Entgeltanspruch. Andere Bestimmungen, die einen Entgeltanpruch für Nichtarbeitsleistungen begründeten, seien nicht genannt worden und der Beschwerdeführerin auch nicht bekannt. In einem Nachtrag zum Einspruch verwies die Beschwerdeführerin überdies auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , 9 Ob A 155/88 RdW 1989, 27 (= INFAS 1989 A 46). Darin bringe der Oberste Gerichtshof zum Ausdruck, daß durch § 8 Z. 1 des obgenannten Kollektivvertrages die dispositive Norm des § 1155 ABGB abbedungen werde, sodaß ein Arbeitnehmer Entgelt für die Zeit der durch Umstände auf Seite des Arbeitgebers verursachten Dienstverhinderung nicht fordern könne. Lege man diese Entscheidung dem Beschwerdefall zugrunde, so werde dem Bescheid der mitbeteiligten Partei die Grundlage entzogen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dem Einspruch keine Folge und bestätigte den bekämpften Bescheid. Zur Begründung berief sich die belangte Behörde ebenfalls auf die zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom . Die im Einspruchsnachtrag zitierte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom habe keinerlei Bezug zu dem der gegenständlichen Beitragsnachverrechnung zugrundeliegenden Sachverhalt, sondern die Abgeltung von Überstunden und Feiertagsarbeiten durch Zeitausgleich zum Gegenstand. Die diesbezüglichen Ausführungen der Beschwerdeführerin gingen daher ins Leere.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, nach der sich die Beschwerdeführerin in ihrem Recht darauf, die Sozialversicherungsbeiträge nur in jenem Ausmaß entrichten zu müssen, denen ein Entgeltanspruch gemäß § 49 ASVG zugrunde liege, und in ihrem Recht auf vollständige Feststellung des Sachverhaltes und auf Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens verletzt erachtet. In Ausführung dieses Beschwerdepunktes wendet sie ein, es fehlten Feststellungen über die tatsächliche Arbeitsleistung der Lehrlinge in den betreffenden Wintermonaten, darüber, daß die Reduktion der Arbeitsleistung mit den Lehrlingen vereinbart worden sei, daß die reduzierte Arbeitsleistung auch mit dem Betriebsrat abgesprochen und von der paritätischen Kommission nach § 10 Z. 4 zweiter Absatz des Kollektivvertrages sanktioniert worden sei. Weiters fehlten Feststellungen hinsichtlich der Arbeitsbereitschaft der von der Arbeitszeitreduktion betroffenen Lehrlinge und darüber, ob die Umstände, die zur Nichtarbeitsleistung geführt hätten, auf Seite der Beschwerdeführerin lägen. Die Verfahrensverletzungen seien auch relevant. Denn selbst wenn man unter Berufung auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom davon ausgehe, daß die mit den Lehrlingen getroffene und "von den Sozialpartnern abgesegnete Vereinbarung" rechtsunwirksam sei, werde dadurch allein ein Entgeltanspruch der betroffenen Lehrlinge noch nicht begründet. Auch das Argument, der Lehrling habe nach den Bestimmungen des Berufsausbildungsgesetzes einen Anspruch auf Beschäftigung, vermöge einen Entgeltanspruch dann nicht zu begründen, wenn der betreffende Lehrling - aus welchen Gründen immer - diesen Anspruch nicht durchsetze oder gar nicht durchsetzen wolle. Andernfalls könnte mit dieser Begründung jeder auch unentschuldigt vom Dienst fernbleibende Lehrling einen Entgeltanspruch für sein unentschuldigtes Fernbleiben begründen. Auch eine rechtsunwirksame Lösung eines Arbeitsverhältnisses verpflichte den Arbeitnehmer zumindest die Rechtsunwirksamkeit aufzugreifen, um in der Folge für die unterbliebene Arbeitsleistung Entgelt nachzufordern. Ein Entgeltanspruch nach § 49 ASVG könne allein aus der Rechtsunwirksamkeit der Auflösung nicht abgeleitet werden. Vielmehr müsse ein Entgeltanspruch bei Unterbleiben der Arbeitsleistung ausdrücklich begründet werden. Gehe man die hiefür in Frage kommenden Bestimmungen durch, so stoße man zwangsläufig auf jene des § 1155 ABGB, die offensichlich für die mitbeteiligte Partei und die belangte Behörde Grundlage des Entgeltanspruchs der betroffenen Lehrlinge sei. Für einen Entgeltanspruch nach dieser Bestimmung sei aber das Tatbestandsmerkmal der Arbeitsbereitschaft konstitutiv. Ohne Arbeitsbereitschaft könne ein Entgeltanspruch auf diese Bestimmung nicht gegründet werden. Diesbezügliche Feststellungen fehlten aber. Dazu komme, daß es auch äußerst fraglich erscheine, ob die Umstände, die zur Nichtarbeitsleistung geführt hätten, der Seite des Dienstgebers zuzurechnen seien, zumal - was hätte festgestellt werden müssen - mit den betroffenen Lehrlingen eine dementsprechende Vereinbarung getroffen worden sei. Dies sei deshalb von besonderer Bedeutung, weil § 1155 ABGB zu den abdingbaren Normen zähle. Andere Bestimmungen als jene des § 1155 ABGB, die einen Entgeltanspruch für Nichtarbeitsleistung begründeten, seien von der belangten Behörde nicht genannt worden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 44 Abs. 1 erster Satz ASVG ist Grundlage für die Bemessung der allgemeinen Beiträge (allgemeine Beitragsgrundlage) für Pflichtversicherte, sofern im folgenden nichts anderes bestimmt wird, der im Beitragszeitraum gebührende auf volle Schilling gerundete Arbeitsverdienst mit Ausnahme allfälliger Sonderzahlungen nach § 49 Abs. 2. Als Arbeitsverdienst in diesem Sinn gilt nach § 44 Abs. 1 Z. 1 ASVG bei den pflichtversicherten Dienstnehmern und Lehrlingen das Entgelt im Sinne des § 49 Abs. 1, 3, 4 und 6. Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG (eine Anwendung der Abs. 3, 4 und 6 scheidet im Beschwerdefall aus) sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst(Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst(Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.
Für die Bemessung der Beiträge ist demnach nicht lediglich das tatsächlich gezahlte Entgelt (Geld- und Sachbezüge) maßgebend, sondern, wenn es das tatsächlich gezahlte Entgelt übersteigt, jenes Entgelt, auf dessen Bezahlung bei Fälligkeit des Beitrages ein Rechtsanspruch bestand. Ob aber ein Anspruch auf einen Geld- oder Sachbezug besteht, ist nach zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Grundsätzen zu beurteilen (vgl. u.a. das Erkenntnis vom , Zl. 88/08/0138, mit weiteren Judikaturhinweisen, vor allem auf das ausführlich begründete Erkenntnis vom , Zl. 81/08/0211).
Im Beschwerdefall ist daher ausschlaggebend, ob die betroffenen Lehrlinge in den Monaten Jänner und Februar der Jahre 1986, 1987 und 1988 nach den für ihre Lehrverhältnisse mit der Beschwerdeführerin geltenden zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Bestimmungen Anspruch auf die jeweils volle oder nur auf eine entsprechend der verkürzten Arbeitszeit aliquote Lehrlingsentschädigung hatten. Darauf, ob die Lehrlinge diesen Anspruch auch gegenüber der Beschwerdeführerin geltend machten, kommt es im sozialversicherungsrechtlichen Zusammenhang nicht an.
Bei der Beurteilung dieser Rechtsfrage ging die mitbeteiligte Partei und ihr folgend die belangte Behörde ohnedies davon aus, daß die betroffenen Lehrlinge in den maßgebenden Zeiträumen nicht während der vollen Arbeitszeit im Betrieb der Beschwerdeführerin beschäftigt und ihnen nur aliquote Lehrlingsentschädigungen entsprechend der verkürzten Arbeitszeit bezahlt wurden. Insofern liegen keine Verfahrensmängel vor. Feststellungen darüber, daß die "Reduktion der Arbeitsleistung" mit den betroffenen Lehrlingen vereinbart, mit dem Betriebsrat abgesprochen und von der im Kollektivvertrag genannten paritätischen Kommission "sanktioniert" worden seien, erachtete die mitbeteiligte Partei und ihr folgend die belangte Behörde - aus rechtlichen Gründen - für nicht erforderlich; darauf wird daher bei der Behandlung der maßgebenden Rechtsfrage einzugehen sein; ebenso auf die Frage der "Arbeitsbereitschaft der Lehrlinge während der Arbeitszeitreduktion" und der Zurechnung der Nichtarbeitsleistungen der Lehrlinge an die Beschwerdeführerin im Sinne des § 1155 ABGB. Bezüglich der beiden zuletzt genannten Fragen wird aber zu beachten sein, daß - nach dem Beschwerdevorbringen - die behaupteten Vereinbarungen "im Hinblick auf das von der Beschwerdeführerin ausgeübte Baugewerbe ... auf Grund der witterungsbedingten Beschäftigungsrückgänge in den Wintermonaten getroffen" wurden.
Der Verwaltungsgerichtshof teilt die Auffassung des Obersten Gerichtshofes (in der mehrfach genannten Entscheidung ArbSlg. 10.244 sowie in jener vom , 9 Ob A 77/87, RdA 1988, 149 = INFAS 1988 A 37) und des Schrifttums (Berger-Rohringer, Berufsausbildungsgesetz, 74; Kinscher, Berufsausbildungsgesetz, 55 f; Andexlinger-Filzmoser, im Kommentar zur Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom , ZAS 1983, 228), daß im Hinblick auf die nach § 9 Abs. 1 BAG bestehende Ausbildungspflicht des Lehrberechtigten, der ein entsprechendes Recht auf ausbildungsdienliche Beschäftigung des Lehrlings entspricht, eine Verkürzung der im Lehrvertrag in Übereinstimmung mit der für den betreffenden Lehrberuf in der Berufsliste festgesetzten Lehrzeit vereinbarten Lehrzeit - von den auch im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmsfällen des § 13 Abs. 1 BAG abgesehen - oder aber eine zum gleichen Ergebnis führende entsprechende Verkürzung der Arbeitszeit der Lehrlinge unzulässig und daher rechtsunwirksam ist. Das gilt nicht nur für einseitige Verkürzungen der Arbeitszeit; vielmehr sind auch solche Vereinbarungen in Kollektivverträgen oder zwischen dem Lehrberechtigten und dem Lehrling nichtig. Demgemäß waren die von der Beschwerdeführerin behaupteten Vereinbarungen mit den Lehrlingen über die Verkürzung der Arbeitszeit in den maßgeblichen Zeiträumen unwirksam; dies - dem OGH
(ArbSlg. 10.244) folgend - auch dann, wenn mit der Bestimmung des § 10 Z. 4 erster Satz des Kollektivvertrages, wonach in den Wintermonaten die Arbeitszeit der Lehrlinge nicht kürzer sein darf als die der übrigen Arbeitnehmer im Betrieb, beabsichtigt gewesen sein sollte, eine Grundlage für eine Verkürzung der Arbeitszeit der Lehrlinge während der Wintermonate zu schaffen. An der Unwirksamkeit der vereinbarten Arbeitszeitverkürzung änderte aus den obgenannen Gründen auch die Zustimmung des Betriebsrates und die "Sanktionierung" durch die entsprechend dem § 10 Z. 4 zweiter Satz des Kollektivvertrages eingerichtete paritätische Kommission nichts.
Der Beschwerdeführerin ist allerdings einzuräumen, daß aus der Unwirksamkeit einer (einseitig angeordneten oder vereinbarten) Verkürzung der Arbeitszeit allein noch nicht der Anspruch des betroffenen Lehrlings, der Arbeitsleistungen nur entsprechend der Verkürzung erbringt, auf die volle Lehrlingsentschädigung abzuleisten ist; dies folgt auch nicht allein aus § 17 Abs. 1 BAG, wonach dem Lehrling eine Lehrlingsentschädigung gebührt, zu deren Bezahlung der Lehrberechtigte verpflichtet ist, weil diese Bestimmung nicht ausdrücklich von den gemäß § 34 Abs. 2 BAG (soweit in diesem Bundesgesetz hinsichtlich des Lehrverhältnisses nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist) anwendbaren allgemeinen Normen des Arbeitsrechts über den Entgeltanspruch bei Unterbleiben der Arbeitsleistung abweicht (vgl. Rebhahn in einem Entscheidungskommentar zu einem ähnlichen Problem in ZAS 1986, 205).
Anspruchsgrundlage für einen Entgeltanspruch eines in dieser Weise betroffenen Lehrlings ist § 1155 ABGB. Danach gebührt dem Dienstnehmer auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seite des Dienstgebers liegen, daran verhindert worden ist; er muß sich jedoch anrechnen, was er infolge Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung erworben oder zu erwerben absichtlich versäumt hat. Verkürzt der Lehrberechtigte "auf Grund der witterungsbedingten Beschäftigungsrückgänge in den Wintermonaten" (und zwar auch dann, wenn ihm dadurch die Ausbildung des Lehrlings und nicht nur die Beschäftigung an Außenstellen unmöglich wird) einseitig die Arbeitszeit des (weiterhin arbeitsbereiten) Lehrlings, so steht dem Lehrling nach dieser Bestimmung ein Anspruch auf die volle Lehrlingsentschädigung zu, weil diese vorübergehende Ausbildungsunmöglichkeit als typisches Betriebsrisiko dem Lehrberechtigten zuzurechnen ist (vgl. Andexlinger-Filzmoser in ZAS 1983, 228, mit weiteren Schrifttumshinweisen; Krejci, in Rummel, ABGB, Rdz 7ff, insbesondere 18 zu § 1155; Schnorr in einem Entscheidungskommentar, ZAS 1988, 169 f). Einen Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung hat der Lehrlings mangels Anwendbarkeit des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes auf Personen, die in einem Lehrverhältnis stehen, nicht (vgl. zum Grund der Ausnahme: OGH, Arb. 10.244 sowie Andexlinger-Filzmoser im Kommentar zu dieser Entscheidung, ZAS 1983, 228). Dem Anspruch eines an sich unter den obgenannten Kollektivvertrag fallenden Lehrlings steht auch nicht die Bestimmung des § 8 Z. 1 lit. a des Kollektivvertrags entgegen, wonach (nur) die Zeit bezahlt wird, in der gearbeitet wurde. Denn unabhängig davon, ob diese Bestimmung als Abdingung des § 1155 ABGB zu werten ist (eine Abdingung dieser Bestimmung ist an sich mangels Anführung in § 1164 ABGB zulässig), ist nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes im Hinblick auf die schon genannten gesetzlichen Wertungen (Unzulässigkeit einer Verkürzung der Arbeitszeit des Lehrlings wegen seines Rechts auf Beschäftigung, Unzulässigkeit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen vorübergehender Ausbildungsunmöglichkeit sowie Nichtgeltung des Bauarbeiter-Schlechtwetterentschädigungsgesetzes) eine Abdingung des § 1155 ABGB im Sinne einer bloßen Bezahlung der tatsächlichen Arbeitszeit - entgegen der Auffassung von Andexlinger-Filzmoser, ZAS 1983, 229 - auch "für die Fälle des zwingenden Ausbildungsausfalles infolge Schlechtwetters" unzulässig (vgl. auch OGH, RdA 1988, 149). Der Hinweis der Beschwerdeführerin in ihrem Einspruchsnachtrag auf die Entscheidung des 9 Ob A 155/88, INFAS 1989, A 46, die nicht einen Lehrlingsfall betraf, ist daher schon deshalb nicht zielführend.
Hätte daher im Beschwerdefall die Beschwerdeführerin die Arbeitszeit der betroffenen Lehrlinge (an deren Leistungsbereitschaft - ohne Bedachtnahme auf die getroffenen Vereinbarungen - zu zweifeln kein Anlaß bestanden hätte) "auf Grund der witterungsbedingten Beschäftigungsrückgänge in den Wintermonaten" in den relevanten Zeiträumen einseitig verkürzt, so wäre - aus den dargelegten Gründen - auch dann, wenn deshalb keine Ausbildungsmöglichkeit der Lehrlinge mehr bestanden hätte, mangels Geltendmachung von Anrechnungen im Sinne des § 1155 ABGB der Anspruch der Lehrlinge auf volle Lehrlingsentschädigung zu bejahen.
Die Beschwerdeführerin bestreitet aber im Hinblick auf die getroffene, wenn auch unwirksame Vereinbarung mit den Lehrlingen sowohl deren Leistungsbereitschaft als auch die Verhinderung ihrer Dienstleistungen durch Umstände auf Seite der Beschwerdeführerin.
Bei der Lösung dieser entscheidenden Streitfrage ist mangels gegenteiliger Behauptungen der Beschwerdeführerin davon auszugehen, daß die Vertragspartner bei ihren "auf Grund der witterungsbedingten Beschäftigungsrückgänge in den Wintermonaten" getroffenen Vereinbarungen von der Zulässigkeit dieser Vereinbarungen ausgingen. Die Lehrlinge waren demgemäß - dies bedarf in Übereinstimmung mit dem Einspruchsvorbringen als offenkundige Tatsache keines Beweises - in den von der Vereinbarung erfaßten Zeiten wegen dieser Vereinbarung nicht leistungsbereit, auch wenn sie ohne diese Vereinbarung leistungsbereit gewesen wären; deshalb wurden auch die Dienstleistungen unmittelbar durch das der Vereinbarung entsprechende Verhalten der Lehrlinge und nur mittelbar durch die genannten Umstände auf Seite der Beschwerdeführerin verhindert. Bei einer solchen nur am Rechtsirrtum der Lehrlinge orientierten, die Nichtigkeit der Vereinbarung selbst aber völlig außer acht lassenden Betrachtung lägen die Voraussetzungen des § 1155 ABGB nicht vor. Diese Sichtweise wird aber nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes dem zu lösenden Problem der Risikozuweisung des konkreten nichtigen Vertrages nicht gerecht. Die Anordnung des § 879 ABGB, wonach unter anderem ein Vertrag, der gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig ist, stellt klar, daß die Rechtsordnung eine ihre Normen mißachtende privatautonome Rechtsgestaltung nicht duldet und demgemäß einen Mißbrauch der Privatautonomie durch die Anordnung der Nichtigkeit der unerwünschten Rechtsgeschäfte verhindert (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 1 zu § 879). Ist ein Rechtsgeschäft nach § 879 ABGB nichtig, so entscheidet über die Rückabwicklung der Zweck der die Nichtigkeit begründenden Norm (Krejci in Rummel, ABGB, Rdz 258 zu § 879). Unter Bedachtnahme auf den obgenannten Zweck der Nichtigkeit einer Vereinbarung über die Verkürzung der Arbeitszeit von Lehrlingen einerseits und auf die eindeutig im Interesse der Beschwerdeführerin und auf deren Initiative getroffenen Vereinbarungen über die Arbeitszeitverkürzungen andererseits kann eine sachgerechte "Rückabwicklung" nur darin bestehen, zu prüfen, ob die Lehrlinge ohne Abschluß der nichtigen Verträge einen Entgeltanspruch nach § 1155 ABGB gehabt hätten. Daß dies aber der Fall gewesen wäre, wurde bereits oben ausgeführt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989.