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VwGH vom 18.07.2001, 2001/13/0090

VwGH vom 18.07.2001, 2001/13/0090

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der S GmbH in W, vertreten durch Dr. Hans-Georg Mondel, Rechtsanwalt in Wien I, Wipplingerstraße 16, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom , Zl. MD-VfR - M 26/98, betreffend Kommunalsteuer für den Zeitraum bis sowie Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Beschwerdefall ist die Vorschreibung von Kommunalsteuer samt Säumniszuschlag für die Jahre 1996 und 1997 betreffend die Geschäftsführerbezüge der an der Beschwerdeführerin beteiligten Gesellschafter Ronald S (Beteilungsausmaß 75 %) und Gerlinde S (Beteiligungsausmaß 25 %) strittig. Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, nach § 2 KommStG seien Dienstnehmer Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinn des § 47 Abs. 2 EStG 1988 stünden sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinn des § 22 Z 2 EStG 1988. Nach den niederschriftlichen Angaben der beiden Geschäftsführer sei von ihrer vollen Eingliederung in den betrieblichen Organismus sowie von einem fehlenden Unternehmerrisiko in ihren Geschäftführerfunktionen auszugehen. Beide Geschäftsführer hätten umfangreiche Aufgabenbereiche inne. Frau Gerlinde S sei für die kaufmännische Leitung, die Personalverrechnung, Personaleinstellung und Entlassung sowie für die Finanzgebarung zuständig, wofür sie ca. 60 bis 80 Wochenstunden aufwende. Herrn Ronald S sei für die kaufmännische und technische Leitung, die Auftragsabwicklung, Akquisition, Finanzgebarung, Baustellenaufsicht, Arbeitsvorbereitung, Offerte sowie für die Abwicklung des technischen Einkaufs zuständig, wofür er ca. 100 Wochenstunden benötige. Beide Geschäftsführer verfügten über eigene Räumlichkeiten im Unternehmen und seien dort täglich anwesend. Der Umstand, dass die Geschäftsführer nicht an fixe und regelmäßige Arbeitszeiten gebunden seien, sei hinsichtlich des wesentlich beteiligten Geschäftsführers "im Lichte des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes (Zl. 98/13/0014-5)" bzw. hinsichtlich der nicht wesentlich beteiligten Geschäftsführerin gemäß § 47 Abs. 2 iVm § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 für das Vorliegen eines Dienstverhältnisses ohne Belang, weil die genaue Regelung der Arbeitszeit, Arbeitspausen, Überwachung der Arbeit bzw. eine disziplinäre Verantwortlichkeit Resultat einer Weisungsgebundenheit seien, deren Fehlen der Dienstnehmereigenschaft eines Gesellschafter-Geschäftsführers nicht entgegenstehe. Im Übrigen sei in den gleich lautenden Geschäftsführerverträgen festgelegt, dass der Geschäftsführer nach den von der Generalversammlung vorgegebenen Richtlinien und im Einzelfall erteilten Weisungen vorzugehen habe, womit insbesondere für die nicht wesentlich beteiligte Geschäftsführerin eine doch weitgehende Weisungsgebundenheit bestehe, sodass die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses in dieser Hinsicht sogar über die Fiktion des § 47 Abs. 2 iVm § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 hinausgingen und demnach "übererfüllt" seien. Das fehlende Unternehmerrisiko der Geschäftsführer ergebe sich daraus, dass sie einnahmenseitig laut Vertrag einen durchschnittlichen Jahresbezug von 700.000 S erhielten. Auf der Ausgabenseite würden den Geschäftsführern sämtliche Ausgaben (Sozialversicherungsbeiträge, geschäftliche Telefonate, Reisekosten, Parkscheine, Porto, etc.) ersetzt und ihnen sowohl die Arbeitsmittel (Büro, Büroartikel) als auch Firmenfahrzeuge zur Verfügung gestellt. Ein wesentlicher Gestaltungsspielraum der Geschäftsführer hinsichtlich des finanziellen Erfolges ihrer Tätigkeit sei daher im Rahmen dieser Funktion nicht ersichtlich, weshalb auch kein der Dienstnehmereigenschaft entgegenstehendes Unternehmerrisiko vorliege. Die sozial- und arbeitsrechtliche Einstufung sei für die steuerrechtliche Beurteilung ohne Bedeutung.

Die Behandlung der gegen den angefochtenen Bescheid vor dem Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom , B 752/00, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Den auch im Beschwerdefall vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall (betreffend den wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer) zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 155/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 109/00, entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Insgesamt stellt nach dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes und der darauf beruhenden Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom , 2001/15/0061, das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird. Ausgehend von diesen Kriterien ist zu beurteilen, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die für ein Dienstverhältnis sprechenden Kriterien im Vordergrund stehen.

Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss. Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für diese Eingliederung.

Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Auch hier kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an. Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich - in seiner Stellung als Geschäftsführer - das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. In die Überlegungen einzubeziehen sind auch Wagnisse, die sich aus Schwankungen aus nicht überwälzbaren Ausgaben ergeben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass es im gegebenen Zusammenhang nur auf das Unternehmerwagnis in Bezug auf die Eigenschaft als Geschäftsführer ankommt. Es kommt nicht auf ein Wagnis aus der Stellung als Gesellschafter oder gar auf das Unternehmerwagnis der Gesellschaft an, weshalb der Haftung für Bankkredite der Gesellschaft keine Bedeutung zukommt (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/14/0028, und vom , 98/15/0200). Es mag sein, dass die in der Beschwerde näher geschilderten Haftungsübernahmen für Kredite der Beschwerdeführerin das wirtschaftliche Wagnis in Form eines "existenzbedrohenden Unternehmerrisikos" auf die beiden Bürgen Ronald S und Gerlinde S übertrugen, ein Unternehmerrisiko in ihrer Stellung als Geschäftsführer wird damit aber nicht angesprochen. Ins Gewicht fallende Einnahmenschwankungen der Geschäftsführerbezüge werden auch nicht behauptet und die Feststellungen im angefochtenen Bescheid betreffend das fehlende Kostenrisiko auf der Ausgabenseite (voller Auslagenersatz) bleiben in der Beschwerde ebenfalls unbestritten. Ob durch die Arbeitsleistungen der beiden Geschäftsführer (Ronald S arbeite durchschnittlich 100 Stunden wöchentlich, Gerlinde S durchschnittlich 60 bis 80 Stunden wöchentlich) ein Verstoß gegen das Arbeitszeitgesetz vorliegt, kann bei der allein nach steuerrechtlichen Maßstäben zu treffenden Beurteilung dahingestellt bleiben.

Der Verwaltungsgerichtshof kann damit nicht finden, dass die belangte Behörde im Hinblick auf die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Beschwerdeführerin, das Fehlen eines relevanten Unternehmerrisikos und die laufende (zumindest jährliche) Entlohnung zu Unrecht die Betätigung des wesentlich beteiligten Geschäftsführers Ronald S als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert hätte. Betreffend die nicht wesentlich (zu 25 %) beteiligte Geschäftsführerin Gerlinde S enthält die Beschwerde keine eigenständigen Ausführungen. Zu dieser Geschäftsführerin wird im angefochtenen Bescheid u. a. ausgeführt, wegen ihrer doch weitgehenden Weisungsgebundenheit seien die Voraussetzungen eines Dienstverhältnisses über die Fiktion des § 47 Abs. 2 iVm § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 hinaus "übererfüllt". Die belangte Behörde hat zwar ihre Einkünfte offenbar unzutreffend (eine Weisungsfreiheit auf Grund gesellschaftlicher Sonderbestimmungen war nach der Aktenlage nicht gegeben) der Bestimmung des § 25 Abs. 1 Z 1 lit b EStG 1988 anstatt dem Grundtatbestand des § 25 Abs. 1 Z 1 lit a leg. cit. subsumiert, in Bezug auf eine mögliche Rechtsverletzungsmöglichkeit durch den angefochtenen Bescheid (auch Bezüge iSd § 25 Abs. 1 Z 1 lit a EStG zählen zur Bemessungsgrundlage nach § 5 KommStG) ist dies aber nicht von Bedeutung (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 99/14/0166).

Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.

Wien, am