VwGH vom 19.12.2001, 2001/13/0085
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zehetner, über die Beschwerde der Dr. W GmbH in W, vertreten durch Doralt, Seist, Csoklich Rechtsanwalts-Partnerschaft in Wien IX, Währingerstraße 2-4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , GZ RV/287-06/03/99, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag für 1994 bis 1996, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom wurden der beschwerdeführenden GmbH von den an den Alleingesellschafter und Geschäftsführer Dr. Werner I. in den Jahren 1994 bis 1996 ausbezahlten Bezügen Dienstgeberbeiträge zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag vorgeschrieben.
Nach Erhebung einer Berufung wurde in einer über einen entsprechenden Vorhalt der Abgabenbehörde eingebrachten Eingabe vom ausgeführt, die Beschwerdeführerin betreibe zwei M-Restaurantbetriebe. Zu den häufigsten Tätigkeiten des Geschäftsführers zählten Besuche der beiden Lokale und die Kontrolle der Einhaltung der gesetzlichen, innerbetrieblichen und kundenorientierten Verpflichtungen, Standards und Vorgaben, Besprechungen mit Managern des Lizenzgebers, mit Managern der Bank, mit Mitarbeitern und die Strategieanalyse anhand vorliegender Kennzahlen hinsichtlich der Optimierung ökonomischer Betriebsabläufe. Der Geschäftsführer erhalte ein Honorar zwischen 1,1 und 1,4 Millionen S, welches von ihm in den einzelnen Monaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten "entnommen" worden sei. Es seien weder Sonderzahlungen noch Vergütungen im Krankheitsfalle bezahlt worden. Für die Kontroll- und Firmenfahrten sei dem Geschäftsführer ein Firmenfahrzeug zur Verfügung gestellt worden, welches er auch für allfällige Privatfahrten benützen könne. Er erhalte weder Diäten noch sonstige Spesenersätze. Der Geschäftsführer habe keinen Anspruch auf Abfertigung. In seiner Freizeit - die zehn bis zwölf Wochen ausmache - werde der Geschäftsführer von den beiden Restaurantleitern vertreten.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. In der Begründung dieses Bescheides vertrat die belangte Behörde insbesondere die Meinung, die Ausführungen über die Vertreterregelung und die Arbeits- und Zeiteinteilung ließen die Eingliederung in den betrieblichen Organismus ausreichend erkennen. Die Auszahlung der Geschäftsführerbezüge in zwölf monatlichen Teilbeträgen, auch wenn sie in den einzelnen Monaten zu unterschiedlichen Zeitpunkten "entnommen" worden seien, sei nicht bestritten worden, sodass von einer laufenden Gehaltszahlung auszugehen gewesen sei. Aus dem Umstand, dass Kosten wie Diäten und GSVG-Beiträge nicht ersetzt würden, könne nicht auf ein Unternehmerrisiko geschlossen werden. Merkmale, die sich aus der Eigenschaft als Gesellschafter ergeben würden (wie Unternehmerwagnis auf Grund der Beteiligung, Haftung für Bankkredite) seien nicht maßgeblich.
Den am vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00 entschieden hatte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Im Erkenntnis vom , G 109/00, hat der Verfassungsgerichtshof den Antrag des Verwaltungsgerichtshofes auf Aufhebung bestimmter, auch im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen abgewiesen. Er hat dazu u. a. ausgeführt, dass verschiedene Merkmale eines Dienstverhältnisses, die im Zusammenhang mit einer weisungsgebundenen Tätigkeit Indizien für ein Dienstverhältnis seien, im Fall der - auf die gesellschaftsrechtliche Beziehung zurückzuführenden - Weisungsungebundenheit ihre Unterscheidungskraft verlieren und daher für die Lösung der Frage, ob nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses im Vordergrund stehen, nicht brauchbar sind. Zu den Merkmalen, die in diesem Sinn vor dem Hintergrund der Weisungsungebundenheit ihre Indizwirkung zur Bestimmung des durch eine Mehrzahl von Merkmalen gekennzeichneten Typusbegriffes des steuerlichen Dienstverhältnisses verlieren, gehören vor allem folgende: fixe Arbeitszeit, fixer Arbeitsort, arbeitsrechtliche und sozialversicherungsrechtliche Einstufung der Tätigkeit, Anwendbarkeit typischer arbeitsrechtlicher Vorschriften wie Abfertigungs- und Urlaubsregelung, Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Kündigungsschutz, sowie die Heranziehung von Hilfskräften in Form der Delegierung von bestimmten Arbeiten (vgl. dazu und zu den folgenden Ausführungen insbesondere die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2001/14/0052, 2001/14/0054, und vom , 2001/15/0061, jeweils mwN).
Insgesamt stellt somit das in § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 für wesentlich beteiligte Gesellschafter normierte Vorliegen der sonstigen Merkmale eines Dienstverhältnisses - abgesehen vom hinzuzudenkenden Merkmal der Weisungsgebundenheit - vor allem auf die Kriterien der Eingliederung in den geschäftlichen Organismus der Kapitalgesellschaft und das Fehlen des Unternehmerwagnisses ab.
Die Eingliederung in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Steuerpflichtige auf Dauer einen Teil des rechtlichen bzw. wirtschaftlichen Organismus bildet und seine Tätigkeit im Interesse dieses Organismus ausüben muss (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer21, § 19 Anm. 72f). Die kontinuierliche und über einen längeren Zeitraum andauernde Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung spricht für die Eingliederung (vgl. auch dazu das hg. Erkenntnis vom , 2001/14/0054).
Unternehmerwagnis liegt vor, wenn der Erfolg der Tätigkeit des Steuerpflichtigen weitgehend von der persönlichen Tüchtigkeit, vom Fleiß, von der persönlichen Geschicklichkeit sowie von den Zufälligkeiten des Wirtschaftslebens abhängt und der Steuerpflichtige für die mit seiner Tätigkeit verbundenen Aufwendungen selbst aufkommen muss. Dabei kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse an: Im Vordergrund dieses Merkmales steht, ob den Steuerpflichtigen tatsächlich das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen trifft. Von Bedeutung ist noch das Merkmal der laufenden (wenn auch nicht notwendig monatlichen) Entlohnung. Eine laufende Entlohnung liegt auch dann vor, wenn der Jahresbezug nicht in monatlich gleich bleibenden Monatsbeträgen ausbezahlt wird (vgl abermals das oben zitierte Erkenntnis vom ).
Vor dem Hintergrund dieser in der Rechtsprechung sowohl des Verfassungs- als auch des Verwaltungsgerichtshofes herausgearbeiteten Beurteilung in Bezug auf die Erfüllung der Voraussetzungen des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988, die unter Hinweis auf § 43 Abs. 2 VwGG auch dem gegenständlichen Beschwerdefall zu Grunde zu legen ist, kann der Verwaltungsgerichtshof nicht finden, dass die belangte Behörde im Beschwerdefall die Betätigung des Geschäftsführers zu Unrecht als solche iSd § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 qualifiziert und daraus die Rechtsfolgen hinsichtlich Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag gezogen hätte.
Insbesondere ist der Umstand, dass der Geschäftsführer die Sozialversicherungsbeiträge trägt, für die Frage des Vorliegens eines Unternehmerrisikos für sich allein nicht von Bedeutung (vgl zB die hg Erkenntnisse vom , Zl 2001/13/0045, Zl 2001/13/0101, Zl 2001/13/0111). Auch damit, dass die Reisekosten vom Geschäftsführer selbst getragen werden, hat die Beschwerdeführerin ein solches Unternehmerwagnis nicht dargetan, zumal die belangte Behörde in diesem Zusammenhang zutreffend auf den Umstand hingewiesen hat, dass die umfänglich ungefähr gleichbleibenden Reisekosten bereits mit der Höhe der Geschäftsführerbezüge abgegolten seien.
Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf dei §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am