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VwGH vom 18.07.2001, 2001/13/0081

VwGH vom 18.07.2001, 2001/13/0081

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. iur. Mag. (FH) Schärf, über die Beschwerde der L in M, vertreten durch Beck & Dörnhöfer Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, Franz Liszt-Gasse 1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom , Zl. RV/038-06/2000, betreffend Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag für den Zeitraum Jänner 1996 bis Dezember 1998, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden der Beschwerdeführerin im Instanzenzug für den Zeitraum der Jahre 1996 bis 1998 Geldbeträge an Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen unter Berufung auf § 41 Abs. 1 Familienlastenausgleichsgesetz (im Folgenden kurz: FLAG) und an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (Handelskammerumlage) unter Berufung auf § 57 Abs. 7 und 8 des Handelskammergesetzes vorgeschrieben. Der Begründung dieses Bescheides lassen sich außerhalb allgemein gehaltener Rechtsausführungen folgende auf den konkreten Sachverhalt bezogene Sachverhaltsfeststellungen entnehmen:

Im Zuge einer Lohnsteuerprüfung im Unternehmen der Beschwerdeführerin sei festgestellt worden, dass der von der Beschwerdeführerin an ihren Alleingesellschafter-Geschäftsführer ausbezahlte Bezug im Jahre 1996 S 1.300.000,--, im Jahre 1997 S 720.000,-- und im Jahre 1998 S 700.000,-- betragen habe. Der zwischen der Beschwerdeführerin und dem Alleingesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossene Vertrag über die Geschäftsführung sehe vor, dass dem Geschäftsführer als Vorschuss auf seine Entlohnung ein monatlicher Pauschalbetrag zwischen S 30.000,-- und S 100.000,-- ausbezahlt werde, wobei das monatliche Pauschalentgelt zwölfmal im Jahr gebühre, für Zeiträume, für welche auf Kosten der Gesellschaft ein Stellvertreter bestellt werde, jedoch nicht zustehe. Einen Konnex der Vergütungen des Geschäftsführers mit dem Betriebsergebnis der Beschwerdeführerin habe sie nicht darstellen können. Dem Geschäftsführer stehe vertraglich Spesenersatz für seine Geschäftsreisen und ein Firmenwagen zu. Ein auf die Geschäftsführungstätigkeit bezogenes Unternehmerrisiko des Alleingesellschafter-Geschäftsführers sei demnach nicht zu erkennen. Dass dem Geschäftsführer in der eigenen Wohnung getätigte betriebliche Aufwendungen für die Gesellschaft nicht ersetzt würden, stehe dem nicht entgegen. Die laufende Geschäftsführung für den Gewerbebetrieb durch den Alleingesellschafter-Geschäftsführer begründe dessen organisatorische Eingliederung in den Betrieb.

Auf der Basis dieser Sachverhaltsfeststellungen wird im angefochtenen Bescheid die Auffassung vertreten, die Beschäftigung des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft weise ungeachtet seiner gleichzeitigen Eigenschaft als Alleingesellschafter mit Ausnahme der Weisungsgebundenheit sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses im Sinne des § 47 Abs. 2 EStG 1988 auf. Der Alleingesellschafter-Geschäftsführer der beschwerdeführenden Partei erziele aus der Geschäftsführertätigkeit demnach Einkünfte im Sinne des § 22 Z. 2 Teilstrich 2 EStG 1988, weshalb er im Sinne der Bestimmung des § 41 Abs. 2 FLAG in der ab dem Jahre 1994 anzuwendenden Fassung Dienstnehmer sei. Dies habe die Pflicht der Beschwerdeführerin ausgelöst, von den Bezügen des Geschäftsführers den Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag abzuführen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde wird geltend gemacht, dass die Beschäftigung des Alleingesellschafter-Geschäftsführers "sonst alle Merkmale eines Dienstverhältnisses (§ 47 Abs. 2 EStG 1988)" nicht aufweise.

Den am vom Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG gestellten Antrag auf Aufhebung bestimmter, im gegenständlichen Fall zur Anwendung kommender gesetzlicher Bestimmungen hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , G 148/00 u.a., als unzulässig zurückgewiesen, weil er über die vorgetragenen Bedenken bereits in einem anderen Verfahren mit dem Erkenntnis vom , G 110/00, unter Verweis auf sein Erkenntnis vom , G 109/00 entschieden hatte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Zur Auslegung der in der Vorschrift des § 41 Abs. 2 und 3 FLAG angeführten Bestimmung des § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 nach der Abweisung der vom Verwaltungsgerichtshof gestellten Anfechtungsanträge durch den Verfassungsgerichtshof sei zur Vermeidung von Wiederholungen auf die hg. Erkenntnisse vom , 2001/14/0054 und 2001/14/0052, vom , 2001/15/0061, und vom heutigen Tage, 2001/13/0072 und 2001/13/0063, verwiesen. Wie den Gründen der genannten Erkenntnisse entnommen werden kann (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGG), werden Einkünfte nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 vom wesentlich beteiligten Geschäftsführer einer GmbH dann erzielt, wenn - bezogen auf die tatsächlich vorzufindenden Verhältnisse - feststeht,

.) dass der Gesellschafter-Geschäftsführer zufolge kontinuierlicher und über einen längeren Zeitraum andauernder Erfüllung der Aufgaben der Geschäftsführung in den Organismus des Betriebes seiner Gesellschaft eingegliedert ist,

.) dass ihn weder das Wagnis ins Gewicht fallender Einnahmenschwankungen noch jenes der Schwankungen ins Gewicht fallender nicht überwälzbarer Ausgaben trifft und

.) dass er eine laufende, wenn auch nicht notwendig monatliche Entlohnung erhält.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im gegebenen Zusammenhang bereits wiederholt ausgesprochen hat, können deutliche erfolgsbedingte Schwankungen des Geschäftsführerhonorares ein Unternehmerrisiko in der Geschäftsführungstätigkeit begründen, das bei der nach § 22 Z 2 Teilstrich 2 EStG 1988 gebotenen Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse den Ausschlag gegen ein Dienstverhältnis bewirkt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 99/14/0255, und vom , 2000/14/0061). Die Begründung eines Berufungsbescheides hat sich mit dem Berufungsvorbringen in der erforderlichen Weise auseinander zu setzen und vor allem den für die rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt festzustellen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0200).

Die Beschwerdeführerin hat in ihrer Berufung geltend gemacht, die Geschäftsführerbezüge hätten sich seit dem Jahre 1996 deutlich und in ähnlicher Weise rückläufig entwickelt wie das Betriebsergebnis der Gesellschaft. Die Auszahlungen an den Geschäftsführer hätten ihrer Höhe nach monatlich je nach Ertrags- und Liquiditätslage des Unternehmens gewechselt. Die Geschäftsführerbezüge stellten lediglich Vorschüsse dar, die im Falle eines schlechten Geschäftsganges (im Hinblick auf eine nachträglich niedrigere Festsetzung des Geschäftsführerbezuges für das abgelaufene Wirtschaftsjahr) zu einer Rückzahlungsverpflichtung des Geschäftsführers führten, welche für das Jahr 1998 bereits konkret entstanden sei.

Eine ausreichende Auseinandersetzung mit diesem Berufungsvorbringen erfolgte im angefochtenen Bescheid ebenso wenig, wie die belangte Behörde es vor allem auch unterlassen hat, zur Frage der von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Erfolgsabhängigkeit der Geschäftsführerbezüge konkrete Sachverhaltsfeststellungen über die Relation der jeweils festgesetzten Vergütungen zu den Betriebsergebnissen der Gesellschaft und über die Handhabung der Vorschussleistungen an den Geschäftsführer sowie über die tatsächliche Gestaltung der behaupteten Rückzahlungsverpflichtung durch den Geschäftsführer zu treffen. Allgemein gehaltene Rechtsausführungen und Hinweise auf verwaltungsgerichtliche Erkenntnisse (zumal zu anderen Sachverhalten) allein können ausreichende, auf den konkreten Fall bezogene Sachverhaltsfeststellungen zu den vom Abgabepflichtigen relevierten rechtserheblichen Fragen nicht ersetzen. Die von der Beschwerdeführerin behauptete Erfolgsabhängigkeit der Einnahmen ihres Geschäftsführers mit dem Hinweis auf die vom Verwaltungsgerichtshof im seinem Erkenntnis vom , 94/15/0069, zum Werbungskostencharakter des Arbeitslohnverzichts eines Geschäftsführers angestellten Überlegungen zu bestreiten, ist im Übrigen rechtlich ebenso verfehlt wie das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid zur geltend gemachten Rückzahlungsverpflichtung gebrauchte Argument der Rechtsfolgen einer Überziehung des Verrechnungskontos eines Gesellschafters, welches die Gesellschaftereigenschaft des wesentlich beteiligten Geschäftsführers mit seiner Geschäftsführerfunktion verwechselt.

Der angefochtene Bescheid war somit, weil die belangte Behörde durch die Unzulänglichkeit der Gestaltung der Bescheidbegründung Verfahrensvorschriften verletzt hat, bei deren Beachtung die Erlassung eines anderen Bescheides nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG aufzuheben; von der Durchführung der beantragten Verhandlung hat der Gerichtshof aus dem Grunde des § 39 Abs. 2 Z 3 VwGG Abstand genommen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am